Dienstag, 17. April 2018
Die seltsame Körperlegierung und der ungebetene Gast im eigenen Körper haben JULIES Leben auf den Kopf gestellt. JULIES Körper reagiert darüber hinaus mit einer sonderbaren Veränderung. Sie wächst nämlich. Ganz im Gegensatz zu IVY, die es gewagt hat, die Seiten zu wechseln und JULIE nun zur Seite steht. Allerdings hat bei ihr eine abnorme Verjüngung eingesetzt. Langsam wird sie kleiner, pubertärer, mit allen Stimmungsschwankungen, die dazu gehören. Derlei Verhaltensweisen sind alles andere als vorteilhaft, wenn dubiose Mächte es darauf abgesehen haben JULIE, IVY und ihren Freund DILLON zur Strecke zu bringen …
Auch in der dritten finalen Folge von ECHO hält TERRY MOORE Überraschungen für den Leser bereit. Das Verhältnis zwischen den anfangs unfreiwilligen Gefährtinnen JULIE und IVY verschiebt sich nicht nur in eine echte Freundschaft, auch das Kräfteverhältnis kippt. War IVY zu Beginn die toughe Frau, die in brenzligen Situationen geholt wurde, die wusste, wo es lang geht und einen klaren Kopf behielt, ist es nun die JULIE, die sich den Gegebenheiten weitaus besonnener stellt und (ein Wortspiel) über ihr altes Ego hinauswächst.
Für JULIE, IVY und DILLON ist es ein traumwandlerischer Roadtrip, ein unwirkliches Szenario, zumal in JULIE eine weitere Seele Zuflucht gefunden hat, ANNIE. Demgegenüber steht eine Reihe von Gegnern, die mit tödlicher Effizienz zu Werke gehen. Ein Killer, der beauftragt worden ist, hinter den Geschehnissen her aufzuräumen, arbeitet mit jener eiskalten Art, die Kinozuschauer (und natürlich auch Leser) in verschiedensten Thrillern über die Jahre hinweg vorgeführt bekamen. Der Mensch am anderen Ende des Laufs wird ausgeblendet, es gibt nur noch das Ziel.
Das gleicht die mysteriösen Faktoren der Geschichte um KAIN, die unwirklich scheinende Gewalt aus. ECHO, als Gesamterzählung, will sich ungern in Schubladen stecken lassen. TERRY MOORE vereint hier Elemente von Thriller, Drama, Mystery und Science Fiction. Neben der spannenden Handlung, die mehr und mehr Fragen klärt, ist die Charakterentwicklung, für die TERRY MOORE als Erzähler ein echter Garant ist, eines der tollen Standbeine der Trilogie. Er schafft feine Dialoge, in die sich stets ein Funke Humor einschleicht. Der Ernst der Situation bleibt erhalten, aber man wird zum Schmunzeln eingeladen. So ist die Verführung, sich auf das Szenario einzulassen, größer, die Hauptfiguren, die gerade über Missverständnisse stolpern, umso sympathischer.
Neben dem normalen Rüstzeug eines Comiczeichners beherrscht TERRY MOORE die kleinen Gesten, die Emotionen seiner Charaktere, die kleinen Blicke, die Enttäuschungen enthüllen, den süffisanten Triumph, heimliche Freude und vieles andere, was mit nur leichten Strichvariationen zu bewerkstelligen ist; für die sich TERRY MOORES Zeichnerkollegen nicht selten aber keine Zeit nehmen. Farbe kann ein Topping sein, kann aber auch ablenken. TERRY MOORE nutzt das Schwarzweiß, um den Blick des Lesers zu fokussieren und ihn noch ein Stückchen mehr als anderswo entdecken zu lassen.
An einer Stelle empfiehlt sich TERRY MOORE als Illustrator für biblische Geschichten; oder auch für mehr als nur fantastische Thriller, wie er sie mit der Reihe RACHEL RISING bewerkstelligte. Im furiosen Finale kracht es gewaltig, doch TERRY MOORE lässt niemals den menschlichen Aspekt außer Acht. Das Schwarzweiß seiner Zeichnungen lässt das Schlussszenario noch bedrohlicher erscheinen. Nicht umsonst lautet der Untertitel der Episode BLACK HOLE. Ein schwarzes Loch verschlingt eben alles.
Es bestätigt sich einmal mehr im Abschluss der Trilogie ECHO: TERRY MOORE versteht sich auf Charakterentwicklung und zieht so seine Leser immer enger an sie heran und so auf geschickte Weise in die Geschichte herein. Nichts ist statisch, alles im Fluss, auch die Figuren, deren Beziehungen sich untereinander verschieben. Mit dieser neuen Konstellation treten sie mit aller zur Verfügung stehenden Hoffnung zum Finale an (die Terry MOORE immer wieder anpiekst und erschüttert). ECHO ist spannende Unterhaltung pur, mit neuen Ideen abseits ausgetretener Erzählpfade. Klasse! 🙂
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C-3PO wurde entführt, ausgerechnet von einer Spezialeinheit des Imperiums. Natürlich würde R2-D2 den Droidenfreund gerne retten und natürlich würde LUKE SKYWALKER seinem Astromech gerne dabei helfen, obwohl ein derartiges Ansinnen einer Wahnsinnsidee gleicht. Zum Zeitvertreib der Reise zückt LUKE ein Tagebuch seines Mentors OBI-WAN KENOBI und erfährt daraus etwas über einen JEDI-MEISTER und sein dessen geheimnisvolles Abenteuer fern des Tempels auf einer vergessenen Welt. Dort hat sich eine merkwürdige Kultur entwickelt, aufgespalten in die Alten und die Jungen, die ängstlich und hasserfüllt aufeinander leben.
Der JEDI-MEISTER macht sich daran, ein vergessenes Geheimnis zu lüften. Die Macht ist bekannt auf diesem Planeten, aber niemand scheint die wahre Kraft dahinter zu kennen. Noch mysteriöser ist das Geheimnis, das die Vorstellung aller Beteiligten sprengt.
JASON AARON verknüpft in seiner Geschichte mehrere STAR-WARS-Charaktere miteinander. Vorneweg natürlich YODA, ohne ihn für LUKE SKYWALKER beim Namen zu nennen, denn wie der STAR-WARS-Fan weiß, lernt der junge SKYWALKER den alten JEDI-MEISTER erst kennen, als das IMPERIUM ZURÜCKSCHLÄGT. Das Rätsel, dem YODA gegenüber steht, könnte ebenso gut eine Aufgabe für einen angehenden JEDI sein. Die Lösung beinhaltet letztlich den Aufstieg in eine höhere Ebene des Verständnisses für die Macht.
Zeichner SALVADOR LARROCA trat lange und sehr erfolgreich als MARVEL-Künstler in Erscheinung. Über viele Jahre begleitete er IRON MAN und die X-Men (und viele, viele andere Helden dieses Comic-Universums). Von MARVEL ist, wie der Comic-Fan inzwischen weiß, der Weg über DISNEY zu STAR WARS nicht weit, deshalb können sich die Fans der größten, filmischen Space Opera aller Zeiten jetzt an der Kunst des sehr auf Realismus bedachten Zeichners erfreuen. Wer den allerersten Auftritt von YODA in besagter EPISODE V gesehen hat, wird die von STUART FREEBORN entworfene Gestalt sofort wieder ins Herz schließen.
YODAS Auftritte zeichneten sich selten durch große Action aus. Der JEDI-MEISTER verhindert Gewalt und übt sie selten aus, es sei denn, er wird dazu gezwungen wie in EPISODE II und III, gegen COUNT DOOKU oder IMPERATOR PALPATINE. Gerade in dieser Geschichte, in der ihm Kinder zeitweilig feindselig gegenüber stehen, hält er sich erst recht zurück. Nicht minder eindrucksvoll fallen Szenen aus, wenn SALVADOR LARROCA den kleinen JEDI-MEISTER vergleichsweise Lebewesen von titanischer Größe gegenüber stellt.
SALVADOR LARROCA hält sich streng an die filmischen Vorlagen, was besonders bei LUKE SKYWALKER auffällt. MARK HAMILLS jugendliche Erscheinung besitzt auch dank der Kolorierung durch Farbkünstler EDGAR DELGADO fast eine dreidimensionale Erscheinung. YODAS GEHEIMER KRIEG lautet der Titel dieses 100. Sonderbandes, in Wahrheit sind die JEDI in dieser verschachtelten SciFi-Geschichte sehr darauf bedacht, Auseinandersetzungen zu vermeiden.
Wer es handfester, weniger philosophisch mag, wird mit dem abschließenden Abenteuer aus dem STAR WARS ANNUAL #2 womöglich besser bedient. Hier gerät PRINZESSIN LEIA in Schwierigkeiten, etwas lockerer gezeichnet von EMILIO LAISO, im Stile eines FRANK CHO, praller und sogar mit einer recht seltenen Unterwassereinlage. Das sieht nicht nur gut aus, birgt auch einige Überraschungen für den Leser.
Ein ruhigeres, höchst realistisch illustriertes Hauptabenteuer, ein eher klassischer Sternenkriegnachschlag. Für jeden ist etwas dabei. YODAS Auftritt ist ein grafisches Zuckerstückchen und eine konsequente Weiterentwicklung des bekannten STAR-WARS-Charakters. Für Fans! 🙂
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Link: SALVADOR LAROCCA zeichnet IRON MAN (Youtube)
Montag, 09. April 2018
Ein alter Bekannter ist zurückgekehrt: DIAMONDBACK sollte eigentlich tot sein. Aber das hielt weder Helden noch Gangster jemals von einem zweiten Anlauf ab. Die DEFENDERS, bestehend aus JESSICA JONES, LUKE CAGE, IRON FIST und DAREDEVIL, sehen sich einem Verbrecher gegenüber, den sie zuerst für einen ganz normalen Ganoven halten. Aber DIAMONDBACK taktiert auf äußerst intelligente Weise und kombiniert seine Züge mit noch größerer Brutalität … Sollte da jemand die Nachfolge des KINGPIN antreten wollen?
Das fetzt ganz einfach. In der DEFENDERS-Story, OHNE SKRUPEL, vereinen sich Thrillerelemente und Superheldenabenteuer auf recht eigene, sehr gute Weise. New York, Manhattan, Hell’s Kitchen und einige Stadteile mehr werden seit Jahrzehnten von MARVEL gefeiert, im Comic, seit einigen Jahren im Film. Hier ist es schmutzig, die Gangster über die Maßen brutal und die Helden von einer Sorte, der man doch nicht unbedingt begegnen möchte. (Die AVENGERS sind doch eh nur Zugereiste.) Die Einheimischen wie besagte DEFENDERS, von denen die Hälfte ohne, die andere mit Kostüm durch die Gegend läuft, liefen nicht umsonst eine Weile unter der Bezeichnung HEROES FOR HIRE.
Diese Miethelden bekommen nun plötzlich sehr persönlichen Ärger. JESSICA JONES ist die erste, die es erwischt. Durch die NETFLIX-Serie, die den Start für ein ziemlich düsteres Filmuniversum legte, hat diese doch früher eher im Randbereich aktive Figur, enormen Auftrieb erhalten. BRIAN MICHAEL BENDIS, als Autor an 14 Folgen der Serie beteiligt, hat vieles von der Pantoffelkinofigur in die Comic-Variante einfließen lassen und er hat gut daran getan. Denn die rebellische Tour, die rotzfreche Art und Weise macht den Charakter von JESSICA JONES zu einem großen Teil aus. Und dort wie hier kann und muss sie gehörig einstecken.
Das hört sich nicht nur brutal an. DAVID MARQUEZ zeichnet und tuscht ein heftiges Szenario, aber das macht er schier grandios! Was hier zu Papier gebracht worden ist, auch und gerade wegen Kolorist JUSTIN PONSOR, ist filmischer Realismus, der alle Beteiligten (wie sie aus den aktuellen Serien mit den Einzelfiguren der DEFENDERS bekannt sind) noch besser als im Pantoffelkino aussehen lässt. Mit Gastauftritten einzelner anderer Charaktere bewirbt sich das Grafikduo praktisch für weitere Miniserien. Selten sahen BLADE und der PUNISHER im Comic so gut aus.
Sehr interessant, interessanter noch als der gewichtige Auftritt von BLACK CAT, ist LINDA CARTER als NIGHT NURSE. Die Nachtschwester füllt eine erzählerische Lücke. Ähnlich wie der Schneider, der sich um die Kostüme der Helden (und der Schurken) kümmert, ist die kleine Klinik der NIGHT NURSE eine Anlaufstelle für verletzte Helden (nicht von Schurken). Wie schwierig derartige Rettungsaktionen sind, zeigt sich an der Wiederbelebung von LUKE CAGE. Ein Held mit unzerstörbarer Haut hat einen unleugbaren Vorteil, allerdings ist er bei inneren Verletzungen deutlich im Nachteil. LUKE CAGE ist nicht der einzige, der die geheime Heilungsstätte im Verlauf der Handlung in Anspruch nehmen muss.
Ein von DAVID MARQUEZ und JUSTIN PONSOR auf Spitzenniveau illustrierter Superheldencomic, der das Zusammenspiel der DEFENDERS in den Mittelpunkt stellt, einem Team, dessen einzelne Mitglieder wunderbar gegensätzlich konzipiert sind. Dieses Quartett ist wirklich füreinander da. Ein brutaler Gegner schweißt zusammen. Angesiedelt in einem bösartigen, nächtlich dunklen New York, einem modernen Mordor, so scheint es, durchzieht die Handlung eine tolle Atmosphäre. In jeder Hinsicht ein Höhepunkt inmitten einer Unmenge von Superheldenabenteuern! Bin begeistert! 🙂
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Wer ist der Mann, der sich nicht an seine Vergangenheit erinnern kann? NASH TULSA? Die bärtige, völlig verwahrloste Gestalt kann es eigentlich nicht sein, denn NASH TULSA ist gestorben. Aber der Mann hat eine Besonderheit. Er besitzt einen direkten Kontakt zum Wald um sich herum. Das Gebiet spricht zu ihm. KIMA, eine DOLLY, etwas naiv, kann sich nur an den Gedanken gewöhnen, folgt dem Fremden jedoch, denn sie hat alle ihre Schwestern verloren und irrt allein umher. Und es ist nur gut, dass sich die beiden gefunden haben, weil der Wald voller Feinde ist: Soldaten und fleischfressende SARXS machen Jagd auf sie …
In der 4. Gesamtausgabe der Science-Fiction-Serie NASH werden die Kapitel 7 und 8 der Reihe zusammengefasst. Aber, einen Augenblick! War NASH nicht verstorben? Äußerst unsanft sogar? Ja, aber er ist nicht der erste, der in dieser Reihe verstarb, außerdem haben die DOLLYS eine Möglichkeit der Wiederbelebung oder Auferstehung entwickelt, die allerdings bei Menschen (die nicht zum Vergnügen gezüchtet wurden) so noch nicht funktioniert haben. Und bei NASH ist das regenerierte Leben nicht sofort auf seiner früheren Entwicklungsstufe. NASH weiß zunächst nur das, was der WALD ihm mitteilt.
Hört sich seltsam an, macht jedoch Sinn, sofern man die bisherigen Folgen kennt. So folgt JEAN-PIERRE PECAU dem modernen Serienkonzept und einem roten Faden, der konsequent weitergesponnen wird und eben auch vor dem Tod des Helden keinen Halt macht. KAPITEL 7, DIE SCHATTEN, beschreibt die langsame Wiederherstellung von NASH, der sich auf das verlassen muss, was er gerade durch eine mystische Macht erfährt. Von seiner Persönlichkeit sind nur Grundzüge seines Charakters vorhanden. Im Kern ist er weiterhin tough. Dieser Abschnitt der Reihe wirkt wie ein Epilog zu den vorangegangenen Episoden, die eine dichte Handlung entwarfen und längst nicht alle Fragen geklärt haben.
So ist denn KAPITEL 8, DER ROTE KRIEG, ein neuer Aufbruch zur Findung der letzten Antworten, insbesondere um die Herkunft von NASHS Tochter AUDREY und ihrer Begabungen, die sie eine ganze Weile zu einer natürlichen Anführerin der DOLLYS machte. Aus dem Urwald in KAPITEL 7 geht es auf die unwirtliche Oberfläche des MARS, im TERRAFORMING begriffen, aber noch lange nicht für eine menschliche Kolonisierung ohne technische Hilfsmittel aufbereitet.
Nach einer regelrechten grünen Hölle wartet nun eine rote Hölle mit völlig veränderten Spielregeln auf NASH und AUDREY. Obwohl noch nicht lange besiedelt haben die Umstände den Menschen hier eine neue Zivilisationsnische aufgezwungen. Außerhalb der Atmosphärekuppeln können sich Menschen bewegen, ein dauerhafter Aufenthalt ist jedoch nicht ratsam. Wer den SciFi-Action-Reißer mit ARNOLD SCHWARZENEGGER, TOTAL RECALL, noch ansatzweise im Hinterkopf hat, wird in der Umsetzung in diesem Comic-Thriller hier und da sicher etwas wiedererkennen.
Der optische Wechsel zwischen den Szenarien der beiden Kapitel ist sehr reizvoll. Ist ersteres noch recht archaisch, ist zweiteres äußerst futuristisch einerseits, weist aber auch Elemente des guten alten Western auf, eine Mixtur, der sich viele SPACE OPERAS der jüngeren Vergangenheit gerne bedienen. Jedes neue Grenzgebiet scheint dazu einzuladen, zu einem neuen Revolverland zu werden. Die Hatz in KAPITEL 8 weist darüber hinaus detektivische Anteile auf, bevor sämtliche Spuren auf einen actiongeladenen Showdown hinauslaufen.
Erste Klasse weiterhin, mit einem sehr breit gefächerten Szenario, toll abgestimmten Kulissen und zwei Hauptfiguren, die wachsen, Vater und Tochter, die voneinander lernen und sich auf sehr sympathische Weise ihrer Aufgabe stellen. Ein tolles Science-Fiction-Abenteuer in diesen Folgen, eine Spitzenreihe insgesamt. Eine feine Arbeit aller Beteiligten, allen voran JEAN-PIERRE PECAU (Autor) und DAMOUR (Zeichner). 🙂
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