Ein vom Krieg gebeuteltes Land. Das einstige Zaire, heute Kongo genannt, hat Völkermord und unvorstellbare Gräueltaten erlebt. Darüber haben sich Waffenhändler als Kriegsgewinnler eine goldene Nase verdient und Waffen an buchstäblich jede Seite in diesen Konflikten verkauft. Und jeder Seite ist es gleich, ob ihr Lieferant auch die anderen aufrüstet, Hauptsache, ihre Mordwerkzeuge funktionieren. Larry B. Max ist in die Höhle des Löwen zur Lösung seines Falls vorgedrungen. Seine Feinde allerdings erwarten ihn bereits.
Es dürfte einer der gefährlichsten Fälle sein, die sich Autor Stephen Desberg da für seinen Helden Larry B. Max vom amerikanischen Finanzamt ausgedacht hat. Hier werden große Geschäfte gemacht. Hintermänner dirigieren Auseinandersetzungen und Kriegsparteien in Gebieten, die scheinbar regierungslos dahin treiben. Warlords bekämpfen sich gegenseitig und massakrieren die Zivilbevölkerung, die es nicht schaffen kann, unbehelligt aus Mord und Totschlag hervorzugehen. Bezahlt wird mit Bodenschätzen: Kupfer, Gold, Kobalt. Der Kongo verzeichnet an der Spitze der langjährigen Kämpfe mehrere Millionen Tote.
Stephen Desberg wandelt mit seinem Thriller KRIEGS-OPTIONEN, dem abschließenden zweiten Teil nach der ersten Hälfte DAS GESCHÄFT MIT DEM TOD, weniger auf den Spuren eines Bond-Abenteuers, als vielmehr auf Kinoreißern wie LORDS OF WAR, der sich thematisch ähnlich bewegt. Stephen Desberg beschreibt ein System, gegen das sein Held nicht gewinnen kann, er kann allenfalls eine Figur aus dem Spiel nehmen. Doch so, wie der Leser die Geschichte verfolgen kann, ist es keine Frage, ob diese Figur ersetzt werden wird, allenfalls lautet die Frage, wann es geschehen wird.
Die Handlung ist hart und kompromisslos. Hier wird niemand in letzter Sekunde gerettet. Wer hier mit einem Fuß im Grab steht, wird mit dem Rest bald folgen. Deshalb findet sich auch hier kein Bond, sondern ein bitterer Realismus, mit dem moderne Thriller heutzutage gerne auftrumpfen. Zweite Chancen gibt es nicht. Die Zeichnungen von Bernard Vrancken stützen die Geschichte nahtlos, sie sind jedoch etwas gnädiger, denn einen Teil des Grauens überlässt Vrancken den fortführenden Gedanken des Lesers. Man weiß zweifellos, was geschehen wird, wird es aber nicht wirklich sehen.
Bernard Vrancken muss nicht sehr viel Action zu Papier bringen, da die Handlung sich in der amerikanischen Politik bewegt, an öffentlichen Orten, wo Intrigen ihren Lauf nehmen oder auf eleganten Empfängen, die als Kulisse für zwielichtige Geschäfte dienen. Das bedeutet, Bernard Vrancken setzt menschliches Miteinander in den Vordergrund. Emotionen, Konstellationen, Atmosphäre erschaffen eine packende Abfolge von Bildern, an denen sich Fans stilistisch ähnlicher Künstler wie Philippe Francq, Colin Wilson oder Marc Bourgne erfreuen können. Durch die erzählerische Dichte Desbergs, fein gewählten Bildausschnitten und Perspektiven erhält der Comic-Fan eine sehr flüssig konstruierte Seitenfolge, die hervorragend zu lesen ist.
Der 16. Band der Reihe I.R.$. ist ein harter Reißer, der an der Charakterstärke der Hauptfigur Larry B. Max rüttelt und ihr einmal mehr einen Schicksalsschlag versetzt. KRIEGS-OPTIONEN, so der Titel der Folge, lebt von einer durchgehenden Bedrohung, die jederzeit zuschlagen kann, und Wendungen, die Larry durch die Handlung hetzen und den Leser demzufolge toll mitziehen. Mit dieser Episode gelingt Autor Stephen Desberg ein echtes Bravourstück in Sachen Comic-Thriller. 🙂
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