Wer aufwacht, sicher ist, umgebracht worden zu sein und nicht weiß, ob sich der Mörder noch in der Gegend herumtreibt, hat ein Problem. Rachel hat dieses Problem. Doch mit ihrer Unsterblichkeit gehen auch Fähigkeiten einher, die es ihr ermöglichen könnten, eine Spur des Unholds zu finden. Im kleinen Städtchen reihen sich seltsame Vorkommnisse aneinander. Malus, der die Hölle auf Erden bereiten will und neben Lilith sein Unwesen treibt, versucht einen gehorsamen Nachkommen heranzuzüchten. Lilith hadert mit sich, zieht sich zurück und wird trotzdem von den Menschen eingeholt, von der alten Feindschaft mit Malus und einer ebenso uralten Freundschaft mit Rachel. Jeder scheint eine letzte, alles entscheidende Konfrontation zu suchen.
Terry Moore löst die einzelnen Knäuel auf. Er macht es weiterhin in Schwarzweiß, so dass allzu blutige Passagen dem Leser immer noch genug Vorstellungskraft abverlangen. Aber Blut ist nicht alles. Terry Moore versteht sich auf Mystery. Das hat er bisher weidlich bewiesen. Aber er versteht sich ebenso auf absurd überdrehten Splatter. Lilith hat hier ihre Momente, aber auch die menschlichen Charaktere können locker mithalten. Terry Moore schafft es hier mit Bravour eine typische CSI-Szene auf die Spitze zu treiben. Mehr Autopsie geht nicht!
Ein Meister der Momentaufnahme. Terry Moore stellt die Beziehungen der Charaktere zueinander hervorragend dar. Ihm gelingen die kleinen Dialoge, die mehr aussagen als bloße Worte, aber er versteht sich auch auf die beinahe wortlosen Szenen. Bestes Beispiel hier ist das noch junge Pärchen Earl und Jet. So zufrieden kann Zweisamkeit aussehen. Und so fein kann sie dargestellt werden. Aber Zweisamkeit bleibt hier die große Ausnahme, denn das Hauptthema dieser 7. Ausgabe mit dem Untertitel STAUB ZU STAUB ist eindeutig Rache. Mittlerweile ist genug geschehen, um (fast) jeder Figur genug Motivation für einen brutalen Akt gegen alles und jedermann mitzugeben.
Lilith ist so eine Figur. Sie besitzt einen Groll gegen den Menschen und alles, wofür diese Art steht. Mitleid ist ihr nahezu fremd geworden. Mitgefühl besaß sie einmal. Das zeigen Rückblicke. Inzwischen ist davon selbst der kleinste Funke erloschen. Gewalt macht den Figuren keinen Spaß. Oft ist es ein Ventil. Wo andere schreien, massakrieren sie. Es ist zu ihrer Natur geworden und geschieht mehr nebenbei. Terry Moore inszeniert derartige Szenen mit voyeuristischer Kälte. Seine Figur Lilith ist ein guter Träger für derlei Szenen, stets zwischen roboterartigen Vorgehen, Selbstkontrolle und einer jahrhundertealten Depression schwankend.
Ein schwarzweißes infernalisches Finale. Irgendwann überspannen selbst die Bösen den Bogen. Dann kracht es. Terry Moore hat seinen Figuren viel Geduld abverlangt. Schließlich präsentiert er das auslösende Ereignis für das Ende und die letzten Auseinandersetzungen. Rache ist ein Gericht, das am besten kalt serviert wird. Genauso hält es Terry Moore. Und gerade die unterdrückte Wut, die Moore Lilith und letztlich auch der Titelfigur Rachel mit auf den Weg gibt, treibt die Spannung im letzten Viertel der Geschichte auf die Spitze. Klasse!
Terry Moore, durchweg ein Meister einer klaren Linie und eines perfekten Tuschestrichs, bringt hier seinen Mystery-Thriller um Rachel und ihre Freunde mit Paukenschlag zum Abschluss. Wer das Genre mag, neue Ideen abseits des Mainstreams sucht, kommt hier auf seine Kosten. Übersetzt gesprochen: RACHEL RISING lechzt geradezu nach einer Serienverfilmung. Gesamtnote: Sehr gut! 🙂
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