Vorbereitungen auf den Krieg. Einen neuen Krieg. Nachdem die Auseinandersetzungen mit der kleinen Armee um Negan zugunsten der Gruppe um Rick ausgegangen war, hat sich mittlerweile ein neuer Feind aufgetan, der nicht weniger unerbittlich ist. Der neue Feind ist außerdem merkwürdig. Die meisten Menschen werfen einen Blick zurück auf die alte, vergangene Zivilisation und wollen die besten Teile davon bewahren, bestenfalls in ein neues Licht setzen. Der neue Feind will all das nicht. Der neue Feind arrangiert sich mit den Toten und lebt das Recht des Stärkeren. Wer sich unterdrücken lässt, hat es nicht besser verdient. Wer sich nicht wehrt, stirbt. Und sollte Ricks Zivilisation eine unsichtbare Grenze überschreiten, ist ein Kampf unausweichlich.
Langsam nähern sich die Zeitschienen der Comic-Vorlage und der Fernsehumsetzung einander an. Wo auf dem Bildschirm der Bösewicht Negan derzeit für Furore sorgt, ist er hier noch ein Gefangener der Gemeinschaft um Rick. Autor und Erfinder von THE WALKING DEAD, Robert Kirkman, hätte nach der dramatischen Auseinandersetzung gegen die Armee von Negan, diesen Halunken auch endgültig auslöschen können. Ricks Leute hatten durch den Tod von Glen genügend Ansporn dazu. Doch aus dem Todesurteil sollte eine lebenslange Haft werden und eine dauernde Mahnung an Rick, endlich einen neuen Weg, fort von der allgegenwärtigen Gewalt zu beschreiten.
Wie sehr Gewalt zur Spirale wird und einen Kreislauf in Gang setzt, der kaum durchbrochen werden kann, hat Robert Kirkman zu einem Kernthema der Serie gemacht. Mit der Apokalypse kehrt nicht einfach der Wilde Westen zurück, sondern das innere Biest wird bei jeder Gelegenheit frei gelassen. Angeblich, weil es nicht anders geht. Absurditäten, Abgründiges, Brutales und Perverses hat seinen Eingang in die nun 26teilige Serie gefunden. Die menschenfressenden Untoten haben auch ihre Hauptbeute, den Menschen, zu Monstern werden lassen. Die oder wir. Auge um Auge. Die einfachen Lösungen waren Programm. Kaum versucht Rick den Kurs zu ändern, legt ihm Robert Kirkman einen gewaltigen Stein in den Weg.
Charlie Adlard, in stilistischer Nähe zu Sean Phillips, einem anderen erfolgreichen Comic-Künstler, hat in Sachen Zombie-Action hier deutlich weniger zu tun als sonst. Wie gesagt, es macht sich bemerkbar, wer das wahre Monster ist. Deshalb liegt der Fokus auf den verfeindeten Parteien, die beide in dichten Szenenfolgen näher beleuchtet werden. Dabei wendet sich Charlie Adlard auch neuen Charakteren zu, so auch Beta, der zweite Mann in der Rangfolge der Flüsterer, dessen Gesicht immer unter der Haut eines Toten verborgen bleibt. Robert Kirkman spielt zwar manchmal mit Stereotypen, aber diesen Bond-Bösewicht, einen typischen Killer und Handlanger, gibt er durch Kleinigkeiten die nötige Tiefe. Und nimmt ihm dennoch nichts von seiner Bösartigkeit.
Gnädiges Schwarzweiß. Ja, es gibt weniger Zombie-Action, aber kaum weniger Horror. Was vielleicht einmal ein Markenzeichen abseits des Mainstreams war, In dieser Hinsicht hatte Charlie Adlard einmal mehr zu tun, jetzt ist die Bedrohung zwar vorhanden, aber ihr Auftreten plötzlicher geworden, schockierender auch, da die beiden Comic-Macher, Kirkman und Adlard, den Leser gelernt haben, in Sicherheit zu wiegen. Entsprechend stärker wirkt die Inszenierung entsprechender Szenen durch Adlard, wären sie von Cliff Rathburn, verantwortlich für die Graustufen, in Farbe getaucht, weil es sich um beinharte Splatterszenen handelt, die der Bildschirmumsetzung in Nichts nachstünden.
Der Wendepunkt ist erreicht. AN DIE WAFFEN lautet der Untertitel der 26. Folge. Der zweite Auslöser für einen Krieg ist nun vorhanden. Robert Kirkman wird sehr bald seine Helden erneut in die Schlacht schicken. Wie er dies hier vorbereitet, ist ein purer Thriller. Heftig, aber sehr spannend. 🙂
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