Mai 1780. In der neuen Welt ist die Landschaft paradiesisch und wild. Viele Neuankömmlinge haben eine Heimat gefunden. Viele haben sich mit den Ureinwohnern des Landes angefreundet und halten Frieden. Aber längst nicht alle, denn die Zwiste aus der alten Welt sind mit über den Atlantik gebracht worden und die Sklavenhaltung hat eine Bewegung von Menschen in Gang gesetzt, die unter persönlichen Gefahren Schwarzen zur Freiheit verhelfen. Einer dieser Menschen ist der junge Mann Eichhörnchen, der mit seiner Frau Rebecca ein Holzhaus in der Wildnis bewohnt. Eines Nachts färbt sich der Mond rot. Eines der ersten Vorzeichen auf das kommende Ungemach …
Der wilde Osten des nordamerikanischen Kontinents wird in Literatur, Comic und Film sehr vernachlässigt. Oft hört man in diesem Zusammenhang nur die Schlagworte Lederstrumpf, Wildtöter oder Chingachgook. Wie vielschichtiger eine Beschreibung dieses Zeitabschnitts sein kann, zeigt die (zu Recht) langlebige Serie DIE PIONIERE DER NEUEN WELT. In der 20. Episode mit dem Titel DIE NACHT DER WÖLFE teilt sich die Handlung in zwei sehr unterschiedliche, aber nicht minder spannende Stränge auf.
Bevor die Sklaverei im amerikanischen Bürgerkrieg zum großen Thema wird, haben sich bereits in dieser hier geschilderten Epoche ein paar tapfere Menschen dazu entschlossen, schwarze Sklaven aus dem Joch zu befreien und in Sicherheit zu bringen. Die Lebensbedingungen dieser ausgebeuteten Menschen sind sehr schlecht und schon die Kleinsten müssen für ihre weißen Herren schuften. Die Bewegung zur Befreiung dieser armen Seelen arbeitet im Verborgenen, zellenartig, nicht jeder weiß von jedem, Tarnnamen schützen und Geheimparolen sollen die einzelnen Anlaufstationen vor Entdeckung bewahren. Die Vorgehensweise von Eichhörnchen und einem Priester mutet vergleichsweise modern an und wie es sich zeigt, haben sie allen Grund sehr vorsichtig zu Werke zu gehen.
Handelskriege. Dieses Wort zeugt vor den hier erzählten Ereignissen von der ursprünglichen Bedeutung. Ist das eine Szenario trotz seiner Gefahr, die ständig mitschwingt, auch ein Hort der Ruhe, vor allem, da seine Akteure sich heimlich, still und leise verhalten müssen, ist das andere Szenario ein offener Krieg der Hudson’s Bay Company gegen die North West Company. Beide haben sich Verstärkung bei den Ureinwohnern gesucht, eine Art von Partnerschaft in beiderseitigem Interesse. Cree bei der North West, Irokesen bei der Bay. Hier geht es niemandem mehr darum, den Feind zurückweichen zu sehen. Hier geht es einzig noch um pure Vernichtung.
Auf der einen Seite bietet sich dem Leser eine eindringliche Handlung, spannend, anrührend, dramatisch. Auf der anderen Seite geht es zur Sache. Barbarisch, hart, grausam. In beiden Fällen zeigt ein wichtiger Erfolgsgarant der Reihe, Comic-Künstler Ersel, wie realistische Zeichnungen diese Zeitperiode transportieren und gut recherchierte Kulissen und Ausstattungen zu einer tollen Atmosphäre beitragen. Die Bilder treffen stets den richtigen Ton, tasten sich fein an die Figuren heran und überreizen die unumgängliche Gewaltdarstellung zu keinem Zeitpunkt.
Auch in der 20. Folge eine junge Serie, die immer neue Themen aus der frühen Phase der nordamerikanischen Besiedlung findet, leicht erzählt wirkt, durch die schönen Zeichnungen beeindruckt und mit jedem neuen Band einen Höhepunkt dieser spannenden Ära setzt. Für Freunde historischer Szenarien uneingeschränkt zu empfehlen. 🙂
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