Eine Jagd ist kein leichtes Unterfangen, wenn die Beute eine größere Stärke, mehr Masse, mehr Wut und … große Hörner besitzt. Aber die Jäger haben keine Wahl. Eine solche Beute ist ein Glücksfall für den ganzen Stamm. Eine List mag helfen, die Beute zu bezwingen. In der Aufregung begeht der kleine Poika, der die Jäger begleiten darf, einen folgenschweren Fehler. Das Leben vor 10.000 Jahren in Britannien besteht aus täglichen Überlebenskämpfen. Geheimnisvolle Wesen lauern in der Welt und in den Träumen. Legenden entstehen schnell. Und wer die Grenzen der Stammesgebiete nicht achtet, provoziert eine gewalttätige Auseinandersetzung.
Ben Haggarty und Adam Brockbank haben ein ungewöhnliches Projekt auf die Beine gestellt, gleichzeitig eines, das darf an dieser Stelle schon gesagt sein, dass gesamter Länge gelungen ist. Offensichtlich ist die Qualität der Grafiken, die weit über das normale Maß hinausgehen. Adama Brockbank arbeitet als Storyboard-Artist (siehe auch Link unten) und im Bereich Production-Design. Die Grafiken seiner Arbeiten zu diversen Harry-Potter-Filmen, Troja, Captain America und vielen anderen sind schlicht großartig zu nennen.
In der Filmproduktion muss dem Ergebnis gemäß, bei Filmen mit fantastischem Hintergrund wie Fantasy oder Comic sowieso, muss mit einer erhöhten Präzision gearbeitet werden, die von Comic-Zeichnern so nicht zur Gänze verlangt werden. Rein technisch betrachtet lassen sich qualitative Vergleiche (nicht thematisch) zu Comic-Produktionen wie THE RED STAR oder GUNG HO ziehen. Adam Brockbank zeichnet ähnlich wie die Comic-Künstler Yanick Paquette und Stuart Immonen (beide bekannt durch ihre Arbeiten für die Ultimativen X-Men). Stilistisch finden sich hier leicht kantige Strukturen, optische Vereinfachungen einiger Figuren. Im mythischen Bereich der Steinzeitmenschen wird diese Stilistik aufgebrochen und glatte, abgerundete Linien sind vorherrschend, wie die Schwäne sehr schön zeigen.
In der Farbgebung findet Adam Brockbank einen feinen Mix aus Flächen, Verläufen und Airbrush. Manchmal erfolgt ein klarer Ausbruch aus einer bewusst künstlichen Darstellung und der Leser darf sich an Grafiken mit fotorealistischem Charakter erfreuen.
Ben Haggarty spielt mit steinzeitlichen Mythen und nutzt jene Fragmente, von denen Schlüsse auf eine religiöse Sicht jener frühen Menschen gezogen werden können. Wandmalereien oder die berühmte kleine Venus von Willendorf mögen Haggarty einerseits für den hier gezeigten Jagdglauben gedient haben (zusammen mit indianischen Mythen neuerer Generationen), andererseits mag die Venus Vorlage für jene bombastische Mutterkreatur gewesen sein, der der Jäger Talja auf seiner Reise zu den Schwänen begegnet. Auf Fantasy muss der Leser hier nicht verzichten, aber er wird nicht einer Fantastik begegnen, die er von den ansonsten üblichen Publikationen her gewohnt ist. Hier herrscht eine Atmosphäre vor, wie sie in Am Anfang war das Feuer gezeigt wurde und der prinzipiell jegliche Romantik fehlt.
In kurzen Episodenschritten entsteht langsam ein Gesamtzusammenhang in MEZOLITH, werden nach und nach die Charaktere genauer gezeigt, ihr Werdegang aufgeschlüsselt. Alles dreht sich in gewissem Sinne um den Jungen Poika, die nicht einmal immer zugegen ist und seine Erfahrungen erweitert, sondern auch aus den Erzählungen der anderen Stammesmitglieder lernt. Wie wichtig derlei Wissen sein kann, wie schnell sich eine Legende in die Wahrheit verkehrt, lernt der Leser in mancher Wendung. Ben Haggarty hat eine neue Möglichkeit gefunden, geheimnisvoll Elemente zu verarbeiten, sehr leicht, sehr menschlich, in einer Rückführung in jene Epoche, als die Grundlagen für jedwede Fantasie entstand und die Grenzen zwischen dem Mythischen und dem Realen noch viel durchlässiger waren.
Eine für Comics lange vernachlässigte Zeitspanne, die hier von Ben Haggarty sehr gründlich, sehr liebevoll, unterhaltsam und packend erzählt wird. Adam Brockbank überträgt die geschilderten Figuren in echte Persönlichkeiten, die sich einer stets gefährlichen Umwelt stellen müssen und gemäß des historischen Entwicklungsstadiums der Menschheit in ihrer Welt aufgehen und sich arrangieren, anstatt mit ihr zu hadern. Sehr gut. 🙂
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