Wie starb der Mann auf dem Seziertisch? Tante Johnny hat eine Spur, als sie den Rachen des Toten untersucht. Sie teilt ihre Gedanken mit Rachel, die zusammen mit Zoe im Obduktionsraum zu Besuch kommt. Die Schlussfolgerungen werfen ein paar schlimme Ahnungen voraus. Sollten sie sich bewahrheiten, dann ist diese Leiche kein einmaliges Ereignis. Entweder ist er der Anfang einer Mordserie oder ist längst ein Glied in einer Kette von Untaten. Beides klingt nicht ermutigend für die erwachsenen Frauen im Raum. Zoe hingegen hat nichts besseres zu tun, als mit der Naht des Y-Schnitts an der Leiche zu spielen …
Böse. Böser. Zoe. Zehn Jahre alt und sehr, sehr böse. Das ist Zoe. Dieses Killermädchen, mit der uralten Seele und dem nicht minder alten Mordmesser, überrascht stets aufs Neue durch seine Kaltblütigkeit. Terry Moore hatte die kleine kaltblütige Killerin in den Mittelpunkt einer witzigen Marketingkampagne rund um RACHEL RISING gestellt. Ein paar schöne Ergebnisse dieser Idee finden sich im Anhang des Comics. Moment! Ein Killermädchen?! Wer die Reihe bislang nicht verfolgt hat, wird vielleicht etwas verwundert sein. Wer es tat, wird ein paar Antworten erhalten.
Zoe ist ein Kind, das bereits seit Jahrzehnten um keinen Tag gealtert ist. Es legt, nicht nur wegen seiner Straftaten, die eine beträchtlich lange Liste bilden, Wert auf Diskretion und will nicht wiedererkannt werden. In Manson, einer amerikanischen Kleinstadt, kann der Tod an jeder Ecke lauern, denn Zoe ist nicht die einzige, die hier ihr Unwesen treibt. Die titelgebende Rachel hat selbst ein beileibe nicht unwichtiges Problem. Sie möchte endliche ihre Mörder finden. RACHEL RISING heißt es nicht umsonst, weil mit der Rückkehr einiger Verstorbener alles anfing. Inzwischen hat sich das Drama immer mehr hochgeschaukelt. Aber ein paar Geheimnisse werden gelüftet, einige bleiben noch im Dunkeln.
Die Geschichte eines Messers kann, wenn das Messer ein gewisses Eigenleben besitzt, für seinen Benutzer unerträglich sein. Autor und Zeichner Terry Moore gelingen viele eindringliche Momente, auch solche, die längerfristig in Erinnerung bleiben. Zu letzteren dürfte die Geschichte des Messers von Zoe gehören. Der Weg seiner Träger über die Jahrtausende wird in einem ganzseitigen Bild enthüllt. Mehr soll nicht verraten werden von dieser feinen Collage, die einen gruselig guten Querschnitt der Klingenentwicklung bildet, gleichzeitig aber genügend Raum lässt für weitere Ausschnitte. Prinzipiell könnte Terry Moore daraus eine ganz eigene Serie, ein Spin-off, entwickeln.
Sammelt Louis wirklich Köpfe? Kann eine Leiche weinen? Wer hat Rachel getötet? Und welches Heilmittel schafft es auf so wunderbare Weise, die irrsinnigsten Verletzungen über Nacht zu heilen? Oder sollte man jede Tasse Kaffee unbedingt leeren? Terry Moore erzählt mitunter mit jener bizarren Atmosphäre, die auch ein David Lynch für sein Twin Peaks verwendet hat. Kleine Ausrutscher zweigen kurz von der eigentlichen Handlung ab, eine winzige Szene, manchmal ohne Worte und schon hat der Leser ein Gefühl für die weitere Handlung. Amüsiert, irritiert, schockiert, ins Herz getroffen.
Ein fünfter Teil der Reihe, der mit blutigem schwarzen Humor und mit einer ebenso großen Portion Traurigkeit einiger Charaktere daher kommt. Die Entwicklung von Rachel und Zoe weiß sehr zu gefallen. Die eine versucht den inneren Riss in ihrer Seele zu kitten, die andere will wenigstens eine Sache, obwohl rein egoistisch bedingt, in Ordnung bringen. Wie schon in STRANGERS IN PARADISE versteht es Terry Moore seinen Charakteren sehr nahe zu kommen. Man beachte nur die kleinen feinen Szenen mit und zwischen Tante Johnny und Earl. Große Klasse! 🙂
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