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Comic Blog


Samstag, 28. November 2015

HACK/SLASH 13 – DIE DUNKLE SEITE

Filed under: Horror — Michael um 8:44

HACK/SLASH 13 - DIE DUNKLE SEITEDas ewige Leben kann ein Fluch sein. Das gilt für die jeweilige Person und für jeden, der das Pech hat, mit zusammen zu treffen. Was haben Cassie und Vlad nicht alles getan, um diesen Slasher endlich unter die Erde zu ringen. Meist dauerte es nicht lange. Dann ist dieses Monster wieder unterwegs, um sein Werk fortzusetzen. Die beiden Jäger des Bösen haben schon viele Killer zur Strecke gebracht. Vielleicht zu viele, weil Cassie und Vlad einfach müde sind und freiwillig bereit sind, eine Nacht in einer Zelle des Polizeireviers zu verbringen. Es hätte funktionieren können, hätten die Polizisten ihren Job etwas ernster genommen. Und hätten sie mehr auf die Worte von Cassie Hack vertraut.

SLASHER. Ein irrer Killer, lebender, untoter oder überhaupt kein Mensch, der ohne bedeutsame Motivation Menschen jagt und tötet. Dabei geht er nicht sehr zimperlich mit seinen Opfern um. Bekannte Vertreter dieser Wesen werden häufig beim Vornamen gerufen, wie Jason, Freddy oder Chucky. Aber es gibt eben auch Jäger, die Jäger jagen und dazu gehören Cassie Hack und ihr hoch gewachsener Freund Vlad. Cassies Mutter war ein Slasher. Vlads gesamte Familie gehört dieser merkwürdigen Spezies an, von denen sich nie sagen lässt, in welcher Gestalt sie demnächst umgehen werden.

Wer die Abenteuer der beiden Monsterkiller verfolgt hat, hat auch nach und nach mehr über die Vergangenheit der beiden erfahren. Nach Lektüre der 13. Ausgabe der Reihe, Untertitel: DIE DUNKLE SEITE, hat der Leser einiges mehr über Vlads Verwandtschaft gelernt, die allesamt Kannibalen sind. Man kann sich seine Verwandten eben nicht aussuchen. Mastermind Tim Seeley, Cassies Erfinder, meldet sich in dieser Ausgabe nur mit einer Geschichte zu Wort. Die Erzählung über Vlads furchtbare Geschwister überlässt er Justin Jordan. Zusammen mit Zeichner Daniel Leister treibt er die Konzeption von Vlad, dessen monströses Aussehen Cassie zu Beginn der Reihe noch schockierte, auf die Spitze. Denn Vlads Erscheinungsbild ist gegenüber seiner Verwandtschaft vergleichsweise harmlos und normal zu nennen.

Grafisch sehr schön geworden ist die Episode um den unsterblichen Killer, gezeichnet von Gastkünstler Emilio Laiso. Sein Titelbild zur Folge HACK/SLASH/REPEAT, feiner noch ausgeführt als der Rest des Horrorthrillers, lässt vermuten, was er auf die Beine stellen könnte, hätte er noch mehr Zeit für seine Arbeit. So aber bleibt eine Folge, die ausgezeichnet getuscht und koloriert, ein Höhepunkt des vorliegenden Bandes ist. Geschrieben von Tim Seeley und Michael Moreci wäre es schön, eine Fortsetzung dieses Abenteuers zu sehen. Seeley und Moreci lassen diese Möglichkeit jedenfalls offen. Obwohl ja nahezu jeder Slasher das Auferstehungsgen in sich trägt.

Auftritt: MERCY SPARX. Jung, hübsch, rote Haut, Hörnchen. Die Teufelin ist nicht die erste Braut, die einen Job für die Gegenseite übernehmen. MERCY SPARX sollte für den Himmel einst abtrünnige Engel jagen. Nun ist sie die nächste in einem illustren Reigen der Gastauftritte in HACK/SLASH. Ihrem Aussehen nach stiftet sie zunächst Verwirrung. Für Cassie Hack und Vlad ist sie nichts anderes als ein weiterer Slasher, die sich bislang auch nicht scheuten, besonders schön daher zu kommen. Die attraktivsten Frauen konnten erst recht brutal sein.

Nun stehen zwei Frauen des gleichen Schlages auf derselben Seite und haben einen Gegner vor sich, der wohl die ungewöhnlichste Kleidung in dieser langen Reihe trägt. (Und es waren sehr ungewöhnliche Auftritte hier zu verzeichnen.) Knackig, gerafft erzählt, mit neuem Team-Up, trifft Cassie hier auf ein Hellgirl. Die Episode könnte vor allem Fans der Serie Supernatural gefallen.

Eine rundum gelungene Weiterführung der Serie, wie mit guten Ideen versehen, durchweg unterhaltsam. Grusel und Spannung wechseln sich mit gut einstudiertem Slasher-Thriller-Spaß ab. Für Fans, die schon ein wenig mehr über Cassie und Vlad Bescheid wissen. 🙂

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Link: Emilio Laiso auf Facebook.

Mittwoch, 25. November 2015

WAISEN – RINGO 2 – NUMMER VIER

Filed under: SciFi — Michael um 16:19

WAISEN - RINGO 2 - NUMMER VIERDer Junge ist krank und benötigt Antibiotika. In einem Land, das den Niedergang der Zivilisation erlebt hat und nur noch von seinen Resten lebt, sind Medikamente ohnehin schwer zu finden. Und Antibiotika sind fast eine Unmöglichkeit. Hätte RINGO nicht eine Idee. Diese führt geradewegs in die Höhle des Löwen, nur ist es diesmal nicht er, der diesen letzten Meter zu gehen hat, sondern der andere Junge, Seba, der die Aufgabe erfüllen wird.

Die römische Pietà. Michelangelo schuf dieses Meisterwerk der Bildhauerei, heute im Petersdom in Rom zu bestaunen. Im Schoße Marias liegt der verstorbene Jesus Christus. Illustrator Emiliano Mammucari hat das Motiv und die Haltung dieser Doppelstatue aufgegriffen und hiernach das Titelbild gestaltet. Der bewusstlose RINGO liegt hier in den Armen einer Krähe, die nur darauf wartet, ihm den Todesstoß zu versetzen. Angesichts der Fortsetzungen ist es kein Geheimnis, dass ihr das (vorläufig) nicht gelingen wird.

Nach einem stürmischen Auftakt im ersten Teil hat sich ein Quartett zusammengefunden, wie es nicht so recht zueinander passen will. Aber RINGO hat keine Wahl. Er hat einer Verstorbenen ein Versprechen gegeben. Außerdem besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass einer von den drei Jugendlichen, die er in Sicherheit bringen will (muss), ein Kind von ihm ist. Damit er sein Versprechen hält, hat seine ehemalige Geliebte ihm verschwiegen, welches Kind seine Gene trägt. Aber, ob nun ein Kind oder drei, es kommt sich fast gleich, denn die Reise sowie die Flucht, die von den Vieren angetreten worden ist, wird durch weniger Personen kaum ungefährlicher.

Zwei Grafikduos teilen sich die Arbeit an der Fortsetzung der Reihe. Diese trägt den irritierenden Untertitel NUMMER VIER. Es ist die Andeutung eines gemeinen, perversen Spiels in der zweiten Hälfte des Science-Fiction-Thrillers. Für mich immer auffallend bei italienischen Comic-Produktion ist der Umstand, wie identisch die Arbeiten von unterschiedlichen Künstlern an einer Reihe ausfallen. Es gibt nur kleine Abweichungen. Hier wird großer Wert auf ein sehr einheitliches Erscheinungsbild gelegt. So ist es beinahe kaum zu bemerken, dass hier unterschiedliche Grafiker am Werk waren.

Die Tuschezeichnungen in der ersten Hälfte, von Carlo Ambrosini und Giovanna Niro (Koloristin), fallen etwas gröber au. Aber der leicht brachialere Strich passt zur Härte der Geschichte, die dadurch noch unterstrichen wird. Und Härte findet sich ausgerechnet da, wo ein heute lebender Leser sie nicht erwarten würde: Rom. Aus der prächtigen Stadt, der ewigen Metropole ist eine untergegangene Stadt geworden. Hier lauert der Tod an jeder Ecke. Hier gibt es nichts umsonst. Hier dient Gewalt dazu, das zu bekommen, was man will. Oder sie macht einigen einfach nur Spaß. Weder Roberto Recchioni, noch Mauro Uzzeo (Autor der zweiten Hälfte) geizen mit entsprechenden Beweissituationen.

Beiden ist zueigen, dass sie mit einem sehr guten Timing erzählen, stets zu überraschen verstehen und es eben doch nicht immer so ist, wie man annehmen könnte. Gerade in der zweiten Hälfte gibt es eine solche Situation, deren Schwenk in eine unerwartete Richtung marschiert, Stichwort NUMMER VIER. Über allem liegt der erzählerische und optisch sehr eindrucksvolle Untergangsgrusel. Wie die beiden Grafikteams dies inszenieren, liegt toll auf der Linie meist verfilmter Szenarien. Kulturelle Überreste liegen herum, vergammeln, werden ausgeschlachtet oder einfach nicht mehr beachtet und gepflegt. Ein schönes Beispiel ist der ehemals hochmoderne Zug, der irgendwo in einem Wald von den Schienen entgleiste und nun liegt und verrottet.

Eine Reise durch ein erkennbares und doch so unterschiedliches Italien. Es ist interessant, den Untergang der Welt einmal auf einem anderen Kontinent zu sehen, als immer nur in den USA. Darüber hinaus sorgen das Szenario und seine Charaktere, auch die Widersacher, für ein ungewöhnliches Spannungsniveau mit teils wuchtiger Dramatik. Tolle Weltuntergangsstimmung! 🙂

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Dienstag, 24. November 2015

CAP HORN 4 – Der Prinz der Seele

Filed under: Abenteuer — Michael um 16:28

CAP HORN 4 - Der Prinz der SeeleIm Sturm entdecken die Männer auf dem Dampfer ein weitaus kleineres in Seenot geratenes Segelboot. Die Überlebenschancen des Skippers und seines Hundes sind bei diesem Seegang verschwindend gering. Der Kapitän des Dampfschiffes hingegen hält die Chancen für groß genug und will das Boot, dessen Mast gebrochen ist, links liegen lassen. Doch er hat die Rechnung ohne einige seiner Passagiere gemacht. Der Skipper wird gerettet, sogar der Hund, dennoch endet die Episode tragisch. Selbst das Nachspiel, obwohl von einer gewissen Schadenfreude getragen, hat einen bitteren Nachgeschmack.

Christian Perrissin und Enea Riboldi haben sich eines ungewöhnlichen Szenarios angenommen, das in jedwedem Medium, ob nun Roman, Film oder Comic sehr stiefmütterlich behandelt wird. Ja, sogar Dokumentationen zu diesem Thema und Flecken auf der Weltkarte sind nicht sehr breit gefächert, wiegt man sie gegen andere, weitaus populärere, fachlich aufbereitete Informationen auf. In Feuerland entwickelte sich eines jener vielen Dramen, mit denen Ureinwohner auf dem ganzen Globus zu kämpfen hatten, wenn der weiße Mann, meist Europäer, sich anschickte, sich auch noch das letzte Stück Ödnis nutzbar zu machen.

Kurz vor dem Ende des 19. Jahrhunderts bietet sich ein merkwürdiger Anblick. Man sucht als Leser nach Vertrautem, aber die Landschaft, vom Ozean einmal abgesehen, wirkt seltsam. Karg einerseits, mit einer Vegetation, die sich irgendwie wehrt andererseits. Für den Helden der Geschichte, Johannes Orth, einem angeblich Schweizer Bürger, birgt sie große Gefahren, in der Vergangenheit ebenso wie in der Gegenwart. Verluste sind vorprogrammiert und es ist nicht abzusehen, ob die Hauptfigur das Ende überhaupt überleben wird. Die Geschichte muss als Drama bezeichnet werden. Sie ist kein rechtes Abenteuer, tendiert oberflächlich in die Richtung jener Geschichten, die ein Jack London schrieb. Ein Held findet sich über die Mühsal des Lebens irgendwann selbst.

Oder er findet überhaupt zu einem Leben, nachdem er sämtliche Brücken hinter sich abgebrochen hat. So wie hier, denn Johannes Orth ist auf der Flucht vor sich selbst, vor angeblichen Freunden, vor Feinden, die ihn nur zu gern für ihre Zwecke benutzen wollen. Mehr darüber zu sagen, hieße nur allzu viel darüber zu verraten. Christian Perrissin erzählt sehr melancholisch. Er berichtet über viele tragische Augenblicke, von Aussichtslosigkeit, von Aufgabe, von Menschenverachtung und in der Tat ist der eingangs geschilderte Untergang und die Dezimierung der Yamana, einer Ureinwohnerzivilisation, sinnbildlich für den menschlichen Wahnsinn. Aus 3000 wurden binnen weniger Jahre 300, getötet von eingeschleppten Krankheiten und Seuchen.

Enea Riboldi (Zeichner) und Helene Lenoble (Farben) zeigen ein fein realistisch lebendiges Bild dieser vergangenen Epoche. Hier wurde sehr viel Wert auf Authentizität gelegt. Majestätische Landschaften im Hintergrund, Schiffe kämpfen mit der Urgewalt des Meeres, prächtige Schiffe liegen vor Anker und dem entgegen gesetzt werfen bei einen grafischen Blick ins alte Argentinien, einer europäisch anmutenden Bastion in Südamerika. Präzise Striche, charakterstarke Figuren werden von einer kräftigen, verträumten Kolorierung ergänzt. Filmisch gesprochen wurde ein schönes Tageslicht eingesetzt. Nächtens bettet ein Blaugrau ein leuchtendes Orange der Flammen ein. Kurz, in der Nacht geht der freundlich ausgeleuchtete Eindruck des Landes komplett verloren.

Ein sehr gelungener Blick in ein völlig anderes Kapitel der zivilisatorischen Vergangenheit. Fern allen Mainstreams erzählen Christian Perrissin und Enea Riboldi von einem Mann, der alles verloren hat und bereit ist, den letzten Ausweg zu nehmen. Doch irgend etwas hält ihn immer wieder davon ab. Toll illustriert! Band 4 schließt die Geschichte von CAP HORN ab. 🙂

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Oder bei Finix Comics.

Samstag, 21. November 2015

FRANKA 10 – GANGSTERFILM

Filed under: Thriller — Michael um 11:59

FRANKA 10 - GANGSTERFILMFranka wollte nichts weiter, als einer Freundin einen Gefallen zu tun. Einen Abend lang den Kurierdienst übernehmen. Es hätte eine leichte Aufgabe sein können. Hätte Franka nicht neben diesem rosafarbenen Cadillac gehalten. Hätte Franka nicht das Telefongespräch angenommen. Hätte sie nicht … Aber Franka ist eben Franka. Sie kann einfach nicht anders und hilft, wo Not am Mann ist. Oder besser gesagt, an der Frau. Gloria Gold, der weibliche Star des Films Gangwar 55, ist in großen Schwierigkeiten. Echte Gangster schrecken vor nichts zurück, um ihrer habhaft zu werden. Darüber hinaus wird Frankas Freundin Marilla entführt. Eins führt zum anderen und bald kann Gloria Gold neben Franka beweisen, ob sie die Action auch im richtigen Leben hinbekommt.

Henk Kuijpers, der Meister des Wimmelbildes, begibt sich in die Welt des GANGSTERFILMs. Und Welten gibt es hier wirklich zu entdecken. Die wahre Welt besteht neben den Filmsets, teuren Inneneinrichtungen und miniaturisierten Kulissen. Was es alles auf den Seiten neben der eigentlichen Handlung zu entdecken gibt, ist immer aufs Neue ein Fest. Henk Kuijpers ist ein Garant für fragile Bilder, von einer tollen Fantasie getragen und technisch wie auf das Papier gestanzt. Hier gibt es keinerlei Fehler, keine Hast. In fein angelegten Perspektiven bildet er mit besonderer Leidenschaft Automobile ab, die gerade in einem 50er-Jahre Ambiente für eine schöne Atmosphäre sorgen.

Stilistisch hat Henk Kuijpers seine FRANKA-Optik gleich zu Beginn der Reihe gefunden und konsequent durchgehalten. Die Grafik, angelegt auch für kleinste Bilder, fängt das Auge ein und führt es mit seinen klaren Formen hervorragend durch die Szenen und Sequenzen. Amsterdam ist ein hervorragender Schauplatz mit seinen schmalen Straßen und Gassen, den Kanälen und der nächtlichen Atmosphäre, die von einem im Licht vieler Vergnügungsmöglichkeiten strahlenden Glanz getragen wird.

Die Parodie auf die Filmindustrie im Sinne von Hollywood, bei den Dreharbeiten der Fortsetzung von Gloria Golds Blockbuster, folgerichtig Gangwar 56 genannt, zündet mit der Dichte der Szenerie perfekt. Die demolierten Automobile, Paradebeispiele von amerikanischen Straßenkreuzern der 50er Jahre, würden, wäre es ein tatsächlicher Film, automobilen Enthusiasten Tränen in die Augen treiben. Die Handlung wird sehr flott vorangetrieben. Auch hier passt der Vergleich zum Film wieder, denn ein Zeitaufschub wird nicht geduldet. Wendung jagt auf Wendung. Seitenweise werden stets neue Kulissen präsentiert, schlägt FRANKA Kapriolen, flieht, ist auf der Jagd, prügelt sich und arbeitet detektivisch geschickt.

Die Auflösung des Falles ist logisch und erschöpfend. Weil Henk Kuijpers vielleicht etwas zu schnell war, gibt es anschließend noch eine Kurzgeschichte, Ehrlicher Eddy, kurz, knackig, mitten im Nachtleben, wo Franka sich in dieser Ausgabe am wohlsten zu fühlen scheint.

Eine Abenteuer mit dem besonderen Großstadtflair von Amsterdam und der perfekten Parodie auf die hollywoodsche Traumfabrik. Hier ist FRANKA am besten aufgehoben. Mit der gewohnten Perfektion von Henk Kuijpers zu Papier gebracht. Sehr schön. Empfehlenswert. Neueinsteiger könnten mit dieser Folge für die Serie Feuer fangen. 🙂

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Donnerstag, 19. November 2015

TYKKO der Wüstensohn – Band 3

Filed under: Abenteuer — Michael um 13:52

Die Legenden von Troy - TYKKO der Wüstensohn - Band 3 - Die Hügel der hundert TempelEine Sandwolke kündigt Verfolger an. Anfänglich glaubt Tykko noch an eine Reiterschar, die da so närrisch auf sich aufmerksam macht. Leider ist es nur ein Verfolger. Leider, denn der Verfolger ist gigantisch, ein Sandegel, der sich durch die Wüste bohrt wie ein riesiger Wal durch die Meeresfluten. Tykko spornt Nigro, sein Reittier an und um Haaresbreite gelingt die Flucht auf ein Felsplateau. Und ausgerechnet dieser Fluchtpunkt erweist sich als das vorläufige Ziel der Reise.

Die Hügel der hundert Tempel sind ein faszinierendes Labyrinth, in dem unterschiedliche Verehrungen aufeinanderprallen. TYKKO, der Wüstensohn, hat hier eine Aufgabe zu erledigen. Magie soll ins Leben, so wie es eben nur auf TROY möglich ist, zurückgerufen werden. Das System, wie es bislang vorherrschend war, soll beendet werden, begünstigte es doch nur einige Wenige und machte die Mehrheit abhängig. TYKKOs Auftrag führt zu einer schwierigen Prüfung, die für ihn eigentlich unmöglich zu absolvieren ist.

Christophe Arleston, hier mit Unterstützung durch Melanyn, hat verschiedenste Strömungen innerhalb der Weltenstruktur von TROY abgehandelt. Jedem menschlichen Einwohner eine magische Fähigkeit mitzugeben, bündelt dieses Universum im Kern, erleichtert dem jeweiligen Subjekt nur nicht unbedingt immer das Leben. Vor dem Hintergrund mittelalterlicher Gesellschaften, mit Trollen und Monstern versehen, sogar ins ferne Weltall hinein, konnte der Leser bisher dieses Universum erkunden. Mit der Abenteuergeschichte um TYKKO verschlägt es den geTROYen Fantasy-Fan in eine Welt, in der sich persisches Märchenambiente ausbreitet, gepaart mit modernen Einflüssen aus der Spielewelt.

Dies ist der dritte Band der Reihe. TYKKO hat sich inzwischen sehr weiterentwickelt, nachdem einige Gefahren erfolgreich bewältigt worden sind. Einfacher machen es ihm Arleston und Melanyn hier kaum. In den Hügeln der hundert Tempel warten Menschenfresser, diverse Kulte und insbesondere einer, der mit Männern wahrhaftig auf dem Kriegsfuß steht und scharf bewacht wird. Hier wurde der Fantasie freien Lauf gelassen, Klischees eingeflochten, Überraschungen eingewoben, so dass etwas wie ein Jahrmarkt der Kulte entstanden ist, immer ordentlich voneinander separiert.

Eine großes Lob für eine sehr atmosphärische Farbgebung ist dem Koloristen Cyril Vincent zu zollen. Aber es ist noch mehr als das. Die Farbgebung ist hier thematisch wunderbar konzipiert worden und dem 1001 Nacht Szenario fein angepasst. Etwas milchig, pastellig, wie mit Gouache und Kreide zu Papier gebracht, ist es organisch und leuchtend. Hinzu kommt eine tolle Feinarbeit, bis ins kleinste Bild hinein. Grandiose Kulissen aus der Wüstenlandschaft oder später im Inneren der Tempel bringen ein Fantasy-Gefühl auf die Seiten, wie es durch die Sandoptik auch nahe eines Wüstenplaneten ist. Gerne glitzert es hier in der Finsternis oder werden Untote der Dunkelheit entrissen.

Wohin kein Mann gehen darf … da kann ein Eunuch hinein, wenn er sich auch tarnen muss, damit seine männliche Vergangenheit nicht auffällt. Aber nicht jeder will auf diese Weise an den Wachen vorbei schleichen. Tykko findet eine andere Möglichkeit. Keramidas, Zeichner von TYKKO, gestaltet ein spannen eindringliches Finale, vor allem mit einem höchst interessanten Wachhund namens Kurgän, der stellvertretend für die teils putzigen, teils überzogen gefährlichen Lebewesen, Tiere in diesem Teil von TROY. Hier schließt sich ein grafischer Kreis zu den Lebewesen in TROLL VON TROY, als habe sich Keramidas ein wenig an die Arbeit seines Kollegen Jean-Louis Mourier angelehnt.

Ein schönes Märchen, ein wenig persischer Mythos, ein wenig Computerspieltheatralik und Action, ganz viel TROY und schon entsteht eine weitere Nische in dieser wundersamen Welt unter der Regie von Christophe Arlestons nie erlahmender Fantasie. Klasse, aber die Kenntnis der ersten beiden Teile ist zum besseren Verständnis des dritten Teils Pflicht. 🙂

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Freitag, 13. November 2015

Walt Disneys Weiße Weihnacht

Filed under: Comics für Kinder — Michael um 9:05

Walt Disneys Weiße WeihnachtGenug mit dem Konsum! Donald Duck beschließt, für die Weihnachtstage dem Kaufrausch den Rücken zu kehren und den wahren Kern von Weihnachten neu zu entdecken. Weitab von Entenhausen will er mit seinen Neffen in einer lauschigen Hütte, inmitten von verschneiter Landschaft, ein echtes Weihnachten feiern. Eines, das vom Miteinander geprägt ist und sich nicht am Wert der Geschenke bemisst. Doch die Hütte ist eiskalt. Der Ofen will nicht zünden. Ein Weihnachtsbaum ist im Tiefschnee weder leicht zu finden, noch zu transportieren. Am Ende liegt sogar ein Bär im Bett …

Wieder ist ein Jahr vergangen und die neue Weihnachtsausgabe mit vielen festlichen Geschichten aus den Walt-Disney-Archiven ist erhältlich. Neben altbekannten Gesichtern geben sich auch ein paar eher seltenere Gäste die Ehre. Wie eingangs beschrieben, ist das Chaos auch an den Weihnachtsfeiertagen für so manchen Disney-Helden vorprogrammiert, aber natürlich geht es (meistens) gut für alle Beteiligten aus. Meistens? Na, Donald Duck ist eben nicht immer ein Glückskind. Aber dieser hat neben seinen Neffen, Oma Duck und Onkel Dagobert einen deutlichen Schwerpunkt in dieser Ausgabe.

Besonders turbulent wird, wenn der Geist der Weihnacht durch einen Störenfried in die Flucht geschlagen wird. Hexenwahn im Hochgebirge heißt es, wenn zwei Erzfeinde aufeinander prallen. Onkel Dagobert und Gundel Gaukeley sind durch ein kleines Geldstück scheinbar untrennbar miteinander verbunden. Der Glückstaler, jenes Kleinod im Duckschen Geldspeicher, ist das beständige Ziel der ganz in schwarz gewandeten Hexe und nimmt sie so sehr in Anspruch, dass sie sich bereits am Rande eines Nervenzusammenbruchs befindet. Mit den kräftigen Linien von Marco Palazzi entspinnt sich eine winterliche Episode, in der mit der Erfolglosigkeit Gundels auch das Mitleid für die Hexe wächst. Denn diese will wirklich nichts weiter, als sich zu entspannen. Optisch modern, standfest gezeichnet.

Hansi Hase, Gevatter Bär und Gevatter Fuchs sind seltene Gäste in Sonderausgaben und gerade das macht die hier vorliegende Episode, Baumschmucktrick so besonders, obwohl sie gegenüber anderen Geschichten relativ kurz ausfällt. Dafür ist es jedoch ein beinahe kleines Märchen, ganz im Sinne der alten Fabel von Fuchs und Hase. Gevatter Bär ist eine sehr schön gelungene Figur, angesiedelt zwischen eben jenen natürlichen Feinden, mit einem etwas dümmlichen Gesichtsausdruck, wie ihn Goofy einmal besaß, aber inzwischen lange verloren hat.

Der zweite unerwartete Gast ist Jose, der Papagei, eher bekannt aus den Drei Caballeros. Der gute Papagei kommt aus einem Land, in dem Schnee Mangelware ist und eigentlich nie vom Himmel fällt. Um an ein Date zu gelangen, wünscht er sich nichts sehnlicher als die berühmte Weiße Weihnacht, ein Wunsch, der ihm alsbald leid tut. Bas Heymanns zeichnet sich für den Weihnachtscasanova verantwortlich. Die Geschichte um diesen Casanova ist deshalb bemerkenswert, weil sie ohne Hektik, ohne Streitigkeiten auskommt. Ganz auf Katastrophen im Umfeld des Weihnachtsfestes ganz sie aber auch nicht verzichten.

Die großen und kleinen Katastrophen, hausgemacht oder von außen an die Helden herangetragen, bilden häufig den Anlass zu einer Wettlauf, damit der Heilige Abend doch noch gelingen kann. Meistens gelingt die Kurve zum glücklichen Ende erst auf der letzten Seite des Abenteuers und kaum mehr als drei Bilder zuvor. Besonders spektakulär schafft es wieder einmal Gundel Gaukeley für Chaos zu sorgen. Wünsch Dir was! lautet der von Vicar sehr klassisch gestalteten Geschichte vor verschneiter Kulisse und gehört für mich zu den schönsten Abenteuern dieses Bandes.

Schöne Details: Manchmal ist es eine Wendung oder nur ein Bild. Der kleine Donald Duck (gerade einmal so alt wie seine Neffen) freut sich über eine roten Lokomotive zu Weihnachten. Tick, Trick und Track betätigen sich als Feuerwehrleute oder Donald Duck rettet ein Kind das Leben. Das sind nur einige wenige Beispiele, die den Leser immer wieder vereinnahmen und für das rechte Weihnachtsgefühl sorgen.

Eine schöne Zusammenstellung weihnachtlicher Geschichten, mit der richtigen Mischung aus Gefühl und Action. Nicht nur für Disney-Fans zur Einstimmung auf das Fest geeignet. 🙂

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Donnerstag, 05. November 2015

BUDDY LONGWAY Gesamtausgabe 1 – Chinook

Filed under: Abenteuer — Michael um 19:16

BUDDY LONGWAY Gesamtausgabe 1 - ChinookDie Jagd war gut. Buddy Longway hat eine Menge Felle gesammelt und kann sich getrost auf dem Weg zurück in die Zivilisation machen. Und damit fängt der Ärger auch schon an. Als er das Fort erreicht, wird er Zeuge, wie mehrere Männer eine Frau verprügeln. Buddy Longway schreitet ein und entreißt sie ihren Peinigern. Erst nach einer kurzen Flucht stellt er fest, dass es sich bei der Geretteten um eine Indianerin handelt. Chinook, wie die junge Frau mit Namen heißt, hat nur einen Wunsch. Sie möchte zurück zu ihrem Volk, den Sioux. Buddy Longway ist noch nicht lange genug in der Wildnis, um zu wissen, dass Indianer nicht gleich Indianer ist. So hält er es zunächst für eine gute Idee, sie zu einem Dorf der Crow zu bringen. Wie falsch er damit liegt, soll er allzu schnell merken.

Ein Klassiker ist zurück, im neuen Gewand, mit redaktionellem Teil versehen, entführt die erste Gesamtausgabe von BUDDY LONGWAY zurück in jene Tage, als Publikationen wie YPS einen gehörigen Anteil des Wegs für den Trapper ebneten und ihn einer großen Leserschaft bekannt machten. Der schweizerische Comic-Künstler Claude de Ribaupierre, Künstlername DERIB schuf diesen geradlinigen Trapper 1973. Der Wilde Westen ist eine unberührte Natur, weit und schön. BUDDY LONGWAY ist ein Mann, der diese Welt bestaunt, ihre Ureinwohner genauso wie die Schönheit der Landschaft. Aber er besitzt auch die nötige Ehrfurcht, um sich nicht allzu leichtsinnig in dieser Umgebung zu bewegen. Darüber hinaus hat er das Herz am rechten Fleck, eine echte Sympathiefigur also.

Von Anfang an verfolgt DERIB einen realistischen Strich, der jedoch bei den Augen seiner Figuren endet. Hier wird immer noch mit dem klassischen Augenoval gearbeitet, wie sie sogar ein Asterix besitzt. DERIB verzichtet aber auf das Weiße im Auge. So abstrahiert er sein Westernabenteuer zunächst minimal. Das Kennenlernen von CHINOOK, letztlich der Beginn einer der schönsten und längsten Liebesgeschichten der Comic-Historie (durchaus einer Reihe mit Prinz Eisenherz und Aleta). Nach wie vor ist es selten, dass das Leben einer für eine Comic-Reihe erfundenen Figur derart lang beschrieben und entwickelt wird. Entstanden ist ein Familienleben, das einen Anteil nehmen lässt an den schönen Momenten, den Erlebnissen, den Gefahren.

Und davon gibt es reichlich. Indianer sind in dieser Hinsicht nur ein Beispiel und diese sind für BUDDY LONGWAY wenigstens berechenbar. Wenn weiße Ganoven ins Spiel kommen, packt einen der Nervenkitzel. In typischer 70er-Jahre-Manier, wie sie auch der Thriller jener Zeit kannte, halten mit dem Auftreten der jeweiligen Outlaws Brutalität und nicht selten auch Wahnsinn Einzug. Das dritte Abenteuer in diesem Band, Gefährlicher Besuch beginnt vergleichsweise heiter. Die Familie gedeiht. Buddy geht in seinem Leben mit Chinook und seinem Sohn Jeremiah auf, zu den Sioux bestehen gute Beziehungen. Das Glück ist ihnen hold, bis die Fremden auftauchen und sich eine Situation entspinnt, wie sie bedrohlicher kaum sein könnte und den vorherigen Sequenzen völlig entgegen steht.

Allein. Sind die ersten beiden Abenteuer, Chinook und Der Feind noch im Stile eines Mark Twain sehr gut für jugendliche Leser geeignet, auch vor dem Hintergrund der zeitlichen Einordnung betrachtet, ändert sich mit der dritten Geschichte und ihrer Ernsthaftigkeit in Erzählung und Grafik auch ein Stück weit die Zielgruppe. Sie wird größer, ein All-Ager. Mit der vierten Geschichte, Allein, festigt DERIB diesen Status. Der Beginn ist klassisch zu verstehen. BUDDY LONGWAY wandelt hier auf den Spuren eines Robinson Crusoe und eines Jeremiah Johnson (was er von der Handlung bereits vorher tat).

Grafisch ist DERIB auf der jeweiligen Höhe seiner Zeit. Ob er mit seinem gekonnten Tuschestrich und der leichten Kolorierung nun anfänglich noch GREG näher ist oder im weiteren Verlauf einem JEAN GIRAUD und was einem besser gefällt, muss am Ende jeder Leser selbst entscheiden. Fakt ist, dass DERIB seiner Westernserie mit einem vollkommen realistischen Strich langfristig wohl eine größere Erfolgschance eingeräumt hat. Er hat recht behalten. Allein könnte kaum näher an der Hauptfigur sein und eindringlicher auf die Gefühle von BUDDY LONGWAY eingehen.

Ein wunderbares Westernepos erlebt hier seinen Neubeginn, das lässt sich nicht anders sagen. BUDDY LONGWAY ist ein Comic-Held, der die Leser sehr nahe an sich und seine Familie, sein Leben heran lässt, man könnte sagen, die besondere Welt der Trapper erlebbar macht. DERIB ist mit BUDDY LONGWAY etwas ganz besonderes gelungen. Für Western-Freunde neben anderen großen Namen wie BLUEBERRY oder JERRY SPRING ein absolutes Muss.

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Mittwoch, 04. November 2015

ASTERIX 36 – Der Papyrus des Cäsar

Filed under: Comics für Kinder — Michael um 19:10

ASTERIX 36 - Der Papyrus des CäsarEberesche. So lautet das Baumzeichen von Asterix und Obelix. Die Vorhersage und die Ratschläge interessieren den kleinen blonden Gallier kaum. Obelix hingegen ist schockiert über den Text, den ihnen Sputnix aus der Gallischen Revue vorliest. Andere haben eine bessere Baumvorhersage, die allerdings bei ihnen nahestehenden Personen mitunter auf wenig Gegenliebe stößt. Troubadix soll seine Talente ausleben? Wer im Dorf soll das gut finden? Da ist ein kleines Chaos sofort im Gange. Das große Chaos ist auch nicht fern, denn die Römer machen sehr bald wieder Ärger, denn da will sie doch tatsächlich ein Diktator namens Cäsar aus der Historie tilgen.

Der Gallische Krieg. Eines ist sicher: Cäsar hat mit dieser Lektüre Unsterblichkeit erlangt und Generationen von Lateinschülern immerhin verärgert, um es freundlich zu formulieren. Aber wie konnte es zu diesem Werk kommen? Was geschah damals, als Cäsars Erinnerungen an ein fragwürdiges militärisches Unternehmen auf den antiken Markt kamen? Diese Antwort gibt der 36. Band der Reihe ASTERIX mit dem schönen Titel Der Papyrus des Cäsar. Heutzutage glaubt niemand mehr an wahrheitsgemäße Aussagen in den Medien. Aber wie war das damals? Wurden in der Antike auch schon Details ausgelassen und Berichte geschönt? Ja, lautet die Antwort. Denn Cäsar hat in seinem gallischen Krieg das Dorf der unbeugsamen Gallier schlichtweg unter den Tisch fallen lassen.

Jean-Yves Ferri (Text) und Didier Conrad (Zeichner) berichten nun schon zum zweiten Mal aus der Welt der Gallier, nachdem sie das gewichtige Comic-Erbe einen Band zuvor von Albert Uderzo (und dem lang verstorbenen Rene Goscinny) übernommen haben. Denn aus der Geschichte, Der Papyrus des Cäsar wird klar, dass nur die mündlichen Überlieferungen der alten Druiden dafür verantwortlich ist, dass den unbesiegbaren Galliern und ihrer wahren Geschichte doch noch zu ihrem Recht verholfen wird.

Tradition erkannt und fortgeführt. Ferri und Conrad liefern mit Der Papyrus des Cäsar ein ASTERIX-Abenteuer ab, dass mit den cäsarianischen Einflüssen der Vergangenheit spielt. Die Lorbeeren des Cäsar, Streit um Asterix, Der Kampf der Häuptlinge fallen mir bei der Lektüre des 36. Bandes sofort ein. Enge Berührungen zur römischen Kultur krempeln hinter den Kulissen das Leben der Gallier ein Stück weit um und ein gesellschaftlich unsinniges Phänomen stiftet ordentlich Verwirrung in den Reihen der Unbeugsamen.

Abseits der hauptsächlichen Handlung erscheint eines Tages der Briefträger Rohrpostix mit der neuesten Gallischen Revue. Neben den Neuigkeiten hat sie auch das aktuelle Horoskop für die unter verschiedenen Baumzeichen (nicht Sternen) geborenen Gallier parat. Die Vorhersagen stören den dörflichen Frieden ebenso wie die Zweisamkeit einiger Beziehungen. Herausragend (eine meiner Lieblingsfiguren) ist Methusalix, der aufgrund seines Horoskops eins aufs Dach bekommt, weil seine Frau, sowieso viel jünger, wenig begeistert über neue Eroberungen ihres Mannes ist. Und die Ratschläge aus den Bäumen sorgen für einen am Boden zerstörten Obelix.

Verbindungen zur Gegenwart entstehen nicht nur durch die Geschichte der unbeugsamen Dorfgemeinschaft. Aktuelle Bezüge geben der Handlung einen satirischen Einschlag. Der Drang, Bücher zu schreiben, wird thematisiert. Anhand der neuen Figur des Polemix, eine Anspielung auf Whistleblower allgemein und Julian Assange im Besonderen, die hier ihren Gastauftritt absolviert, wird mit dem Umgang mit Geheimnissen und ihrer Vertuschung gespielt. Im Prinzip werden Asterix und Obelix hier zu einer Art Geheimagenten. Auf diese Weise gibt es ein Wiedersehen mit dem Karnutenwald (siehe: Asterix und die Goten). Und mehr als das. Zur Freude des Lesers geht es tief hinein in die urtümliche Landschaft.

Didier Conrad hat den Strich von Albert Uderzo verinnerlicht und er darf einen (nach langer Zeit mal wieder) durchgeknallten, besser ausgedrückt, hyperaktiven Miraculix zu Papier bringen, der aktiver als sonst in solchen Situationen üblich ins Geschehen eingreift. Schöne ländliche Ausblicke und ein Cäsar, wie er schon in den Anfängen leibte und lebte lassen nostalgische Gefühle aufkommen. Kuriositäten wie das Kurznachrichtensystem und das Notprotokoll geben Conrad die Gelegenheit einige für die Reihe sehr ungewöhnliche Szenen zu zeichnen.

In der Tradition angelangt: So darf es weitergehen. Uderzo hätte es nicht anders gemacht. Ferri und Conrad setzen natürlich stark auf Fans und wahrscheinlich gibt es keinen Franzosen und nur vergleichsweise wenige Europäer, die mit ASTERIX nichts anfangen können und so kein Vorwissen mitbringen. Schön gestaltet, treffend erzählt. Einzig hätte dem feinen Postskriptum ruhig eine komplette Seite eingeräumt werden dürfen. Ansonsten: Top! 🙂

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Dienstag, 03. November 2015

ISNOGUD 1 – PRÄSIDENT ISNOGUD

Filed under: Cartoon — Michael um 20:32

ISNOGUD 1 - PRÄSIDENT ISNOGUD60 Piaster für eine Sitzung bei Freut? Das ist zu viel. ISNOGUD will lieber mit 60 Peitschenhieben bezahlen und macht einen der schlimmsten Fehler seines Lebens. Aus der Folter wird eine befohlene Enthauptung, doch auf dem Richtblock kann Freut noch mit dem Henker, Dikhör mit Namen, ein Wörtchen reden. So gelingt es ihm, Dikhör davon zu überzeugen, sein Leben, sein ganzes Dasein einmal zu überdenken und eine neue friedvollere Richtung einzuschlagen. Die Hinrichtung ist vorerst abgesagt. Eigentlich alle Hinrichtungen, denn ein Ersatzhenker ist nicht leicht zu finden.

PRÄSIDENT ISNOGUD feuert eine satirische Breitseite auf ein modernes Gesellschaftsbild. Politik, Wahlen, Selbstfindung, Verweigerung um der Verweigerung willen, Revolution, Querelen im Nahen Osten, Manipulation der Massen und Propaganda … Nicolas Canteloup und Laurent Vassilian schießen mit so geballter Kraft gegen die kleinen und großen Katastrophen gesellschaftlichen Wahnsinns, dass man kaum weiß, wo einem hinterher der Kopf steht. Es beginnt im Kleinen. ISNOGUD, der seine Macht darauf begründet, jeden, der ihm nicht gehorchen will (oder dessen Nasenspitze ihm nicht passt), einen Kopf kürzer machen zu lassen, verliert völlig unerwartet, seinen Mann fürs Grobe, den Henker. Dank eines gewissen Freut hat der Henker plötzlich keine Lust mehr auf seinen Job.

Tohuwabohu und ein Feuerwerk an Gags. Der Kalif will sich wählen lassen. Warum auch nicht. Er ist der einzige Kandidat. Umfragen fallen stets zu seinen Gunsten aus. Plötzlich wollen die Leute aber Auswahl. Da muss Isnogud ran. Den will bestimmt keiner wählen, gilt er doch als verschlagen und gemein. Aber ein Großwesir kann auch anders. Und es wird den Leuten nach dem Mund geredet, alles gefällt. Als wäre das nicht genug, ist da noch die Sache mit dem Fes-Bock.

Fes-Böcke wollen sich miteinander anfreunden und Schweine kwiekern munter vor sich hin. Ganz Bagdad ist im Wandel begriffen. Nicolas Tabary hat alle Hände voll zu tun, den cholerischen ISNOGUD in Szene zu setzen. Nicolas Canteloup und Laurent Vassilian lassen mit ihrer textlichen Vorlage aber auch keine Pause. Längen gibt es nicht, Ruhephasen ebenso wenig. Die Witze kommen zeilenweise. Ist der eine vorüber und hat gezündet, start die Einleitung zum nächsten oder ein Running Gag nimmt erneuten Anlauf.

Zwei Sympathiefiguren und Gastauftritte. Hatte Prince (wenn er gerade mal wieder so heißt) jemals einen Auftritt in Comics (bei den Simpsons vielleicht), aber in einem europäischen Comic dürfte das kaum der Fall gewesen sein. Jedenfalls klären Canteloup, Vassilian und Tabary die Abwesenheit des kleinen Sangesmannes auf ihre ganz eigene Weise. Nebenbei erhält ein Klassiker der Comic-Kunst seine persönliche Seelenberatung. Nicht zu vergessen: Freut. Die Psychoanalyse, sollte sie wie hier, Kriege verhindern helfen, müsste größere Beachtung verdienen. So aber ist sie für eine Menge Kalauer gut, denen selbst ein Sensenmann sich nicht entziehen kann.

Das Titelbild verrät den Zeichenstil perfekt. Wer die alte Serie bisher verfolgt hat, wird keine Überraschungen erleben. Nicolas Tabary ist der Linie treu geblieben, die sein Vater Jean Tabary, der ISNOGUD-Veteran, vorgegeben hat. Seit dem 28. Abenteuer ist der Junior dabei. An ISNOGUD wurde nichts mehr verändert. Der Strich ist knackig, fett. Viele Figuren sind zum Knuddeln, besonders die Tiere. Mancher Figur leuchtet ein kleiner, harmloser Irrsinn aus den Augen. ISNOGUD, zeitweilig ohne Turban unterwegs, verliert äußerlich einen Teil seiner Autorität, nur mit kurzen Haaren, da mag das Mundwerk noch so groß sein. Interessant ist die Verkündung des Wahlergebnisses zum relativen Schluss, denn Hochrechnungen werden nicht auf eine Tafel geworfen, vielmehr fällt die Präsentation des Ergebnisses viel anschaulicher aus. Damit wäre man wieder beim Thema Autoritätsausstrahlung.

Eine Gag-Parade im Sauseschritt. Würde ISNOGUD es auf den Punkt bringen, hieße es: Lach oder stirb (durch den Henker). Keine Zeit zum Luftholen. Das ist tolle französische Komödie in der Tradition von Louis de Funes oder Pierre Richard. Klasse. 🙂

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