Blackdog war lange Zeit verschwunden, draußen auf See und obwohl der Glaube an die Unbesiegbarkeit dieses Piraten groß ist, scheint es nach so vielen Gefahren und derart langer Zeit nicht mehr wahrscheinlich, den Piratenkapitän irgendwann einmal wiederzusehen. Aber Blackdog lebt und er hat einen guten Grund dafür. Der berühmt berüchtigte Diamant von Kashar ist ein mächtiges Motiv. Der Edelstein zieht die Menschen in seinen Bann, macht sie verrückt. Nur einer hat dieser furchtbaren Kraft widerstanden: Blackdog. Wo andere dem Irrsinn und Machtfantasien verfallen, kann Blackdog den Diamanten in Besitz nehmen. Gäbe es bloß nicht immer wieder Menschen, die glaubten, über ähnliche Fertigkeiten zu verfügen.
Blackdog ist im Laufe der Handlung zu einem Mythos geworden und selbst der Leser hätte annehmen können, diese Figur nur noch in den Legenden dieses Abenteuers vorzufinden. Doch tatsächlich hat der Vater von Raffy, dem allein gelassenen jungen Piratennachwuchs, überlebt. In bester Lage befindet er sich allerdings nicht. Der Untertitel des fünften Bandes der Reihe, Kannibalen, deutet schon ein paar der Schwierigkeiten an, in den sich die Helden dieses Abenteuers wiederfinden. Autor Jean Dufaux gehört nicht zu jenen Erzählern, die etwas aussparen, wenn es dazu dient, die Spannungsschraube anzuziehen und was könnte mehr an den Nerven zerren, als die Vorstellung lebendig gefressen zu werden?
Penilla, der Zauberer, ist der gruselige Höhepunkt dieser Geschichte. Er ist die einzige Person auf der Insel der Kannibalen, der den Stamm lenken kann. Comic-Künstler Jeremy entwirft einen Schamanen, dessen Gesichtsumwandlung einen Totenschädel imitiert. Abgeschnittene Nase und zugefeilte Zähne sorgen neben Schminke für den nötigen Effekt. Die Augen leuchten und geschlitzte Pupillen lassen die Figur noch unwirklicher erscheinen. Nichtsdestotrotz ist sie ein Mensch mit irdischen Begierden, ganz vorneweg die Gier nach Macht, wie Penilla im eigenen Tagtraum erleben muss. Denn der Diamant von Kashar zeigt jedem den ureigensten Wunsch, bevor er ihn in den Wahnsinn treibt.
Nach den bisherigen Ereignissen auf der Insel Puerto Blanco, die noch längst nicht vorüber sind dank Raffy, ist der hauptsächliche Erzählwechsel auf die Kannibaleninsel ein tiefer Einschnitt. Comic-Künstler Jeremy gestaltet eine Atmosphäre, die einem Horrorfilm gut zu Gesicht stehen würden. Warme Grautöne werden einem feurigen Rot gegenübergestellt. Eine mittelblaue amerikanische Nacht geht langsam in eine hellrote Dämmerung über. Blutrot ist die Gewaltfantasie des Zauberers. Kurzum, Farben verbreiten hier ein gehöriges Maß an Grundstimmung. Aber das normale Tageslicht ist trügerisch. Denn ist die optische Gefahr gebannt, lässt Jean Dufaux die Handlung noch einmal so richtig zuschlagen.
Das Blatt wendet sich. Jean Dufaux versteht es geschickt, die Neugier des Lesers anzuheizen. Es wird eine Ankündigung gemacht und dann gerät diese aufgrund diverser Ereignisse fast in Vergessenheit, in Wahrheit wird schleichend eine unbekannte Figur eingeführt und allein der Reaktion der übrigen Charaktere wird das Unbehagen, ein ängstlicher Respekt dieser Figur bereits deutlich. Der Rote Falke, nur kurz zu sehen (aber in einem tollen Portraitbild), scheint den gleichen Schrecken zu verbreiten wie Blackdog. Das lässt angesichts des Cliffhangers am Ende für die Fortsetzung wieder eine neue Handlungsrichtung erwarten.
Ein Soundtrack zu dieser modernen Piratengeschichte müsste harte Rockklänge haben, je nach Szene ein wenig Punkrock, wenn die Gefahr dem Leser regelrecht ins Gesicht springt. Jean Dufaux und Jeremy lassen es in der fünften Folge von BARRACUDA richtig krachen. Horror trifft Piraterie. Ein Knaller, weiter so. 🙂
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