Man stelle sich vor: Da ist das Haus gerade fertig gebaut. Man hat sein Bestes gegeben, denn die Angebetete soll schließlich und vor allem beeindruckt werden. Bei der folgenden Feier ist die gesamte Verwandtschaft anwesend und diese feiert … wie Trolle eben feiern. Und am Ende ist von dem neuen Haus nur noch Kleinholz übrig. Kein Wunder, dass Pröfy daraufhin den Blues bekommt. Seine Freundin Waha, vom Verhalten her eine echte Trollin, von der Abstammung her jedoch menschlich, versucht ihn aufmuntern. Gelingen will ihr das nicht. Und dem Dorfzauberer auch nicht. Und dann ist Pröfy ja nur ein Halbtroll. Sein Vater war ein Mensch. Vielleicht kann seine menschliche Seite behandelt werden? Vielleicht liegt da der Fehler, der Blues begraben?
Wo der Trollzauberer versagt, muss ein Menschendoktor her. Sigismond Leid befragt seine Patienten gerne auf einer Couch liegend. Also, die Patienten liegen und er sitzt gleich daneben in einem Sessel und macht sich Notizen. Da werden Fragen nach der Kindheit und dem Verhältnis zu Exkrementen aufgeworfen, allesamt wichtig für das geistige Wohl. Natürlich sind da noch die Eltern, als letzte Lösung. Was aus Mama wurde, ist bekannt. Aber Papa? Wo ist der abgeblieben? Aus der Praxis des Therapeuten geht es geradewegs auf eine lange, abenteuerliche Suche, wie sie sich ein Christophe Arleston so gerne ausdenkt.
Aber es ist noch mehr als das. In gewisser Weise wandelt Christophe Arleston einige Schritte in den Spuren eines Rene Goscinny, der bereits in Kampf der Häuptlinge das Wunder der Psychtherapie thematisierte und einen Freudschen Klon auf Asterix und Obelix losließ. Arleston geht natürlich noch eine Spur weiter. Seine Anleihen bei dem weltbekannten Psychoanalytiker aus Wien sind weitaus größer, nicht zuletzt durch die bissige grafische Umsetzung durch Jean-Louis Mourier, der dem Arzt ganz besonders, wenn es um Kacka geht, eine übertrieben ehrgeizige Mimik verleiht.
Herzerfrischendes Miteinander. Trolle sind bekanntlich für einander da. Gehen sie auch sonst mit allem anderen Getier, den Menschen sowieso, recht unschön um, haben sie einen durchweg großen Gemeinschaftssinn. Allein diese Eigenschaft reichte schon als Grundlage für eine Komödie. Christophe Arleston mischt noch den Liebesfaktor mit hinein und eine ordentliche Portion verkopfter Heilslehre. Trolle sind zum Knuddeln (das zeigt auch das diesmal das besonders geniale Titelbild von Jean-Louis Mourier) und der Beweis wird gleichfalls angetreten. Mehr wird hier nicht verraten, nur, dass es für einen Menschen ab einer bestimmten Intensität zu sehr verstörenden Momenten führen kann.
Der traurige Pröfy: Wenn jemals die Traurigkeit ein Gesicht hatte, dann wohl jenes von Pröfy, dem Halbtroll. Oft haben Arleston und Mourier (und natürlich der Top-Kolorist Claude Guth) den Leser in Städte und irrsinnige Ländereien entführt. Hier bleiben sie eher im kleinen Kreis. Dafür werden die Charaktere, die Eigenarten der Trolle mehr in den Mittelpunkt gestellt und mit Pröfy im Zentrum herrlich herausgearbeitet. Selbst Wasser kann diesen in Lethargie versunkenen Troll nicht mehr schrecken. Und das will etwas heißen. Liegt Pröfy erst einmal auf der Therapiecouch, legt Mourier mit feinen Mimiken des Erkrankten los und so bleibt für den Leser kein Auge trocken (bei Pröfy ebenfalls nicht).
Es menschelt bei den Trollen. Pröfys menschliche Seite bedarf einer Behandlung, die Psychotherapie greift ein und zeigt, was sie kann. Und da es eine Komödie ist, zeigt sie noch viel mehr von dem, was sie nicht kann. Lacher garantiert. Sehr schön! 🙂
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