Aufräumen. Waschen. Essen. Alles ganz brav und in der richtigen Reihenfolge. Für ein zappeliges Kind wie Nävis, dem Stillsitzen, lange Zuhören ein Gräuel ist, kann es kaum etwas Schlimmeres geben. Aber was unternimmt man nicht alles, wenn der ansonsten geliebte Lehrer, väterliche Freund und Aufpasser, der Roboter Nisob auf ein gewisses Maß an Disziplin drängt und man doch lieber das neue Computerspiel ausprobieren möchte? Gedacht, getan und bald wird die Nacht zum Tag und vor den Augen der kleinen Nävis entsteht ein völlig neues Leben, großartig bevölkert und soooo spannend … Wer kann da schon mit dem Spielen aufhören?
Computerspielsucht! In einer Welt, die nicht nur voller Gefahren steckt, in der Spielzeug Mangelware ist und neue Spielkameraden nur höchst selten den Weg von Nävis kreuzen, kann das Angebot einer komplett neuen Welt, in der man als Regent verehrt wird, höchst verlockend erscheinen. Nävis stellt sich einer neuen Aufgabe. In einer Welt, in der es bisher keine Veränderungen gab, soll sie regieren. Da stellen sich Fragen, die niemand aus ihrem Umfeld beantworten zufriedenstellend kann. Die Erzähler Jean David Morvan, Jose Luis Munuera und Philippe Buchet spielen sehr humorvoll mit einem modernen wie auch ernsten Thema. Nävis versinkt immer mehr in einer künstlichen Welt, während die echte Welt sich große Sorgen macht und sich schließlich fragt, wo Nävis überhaupt abgeblieben ist.
Jose Luis Munuera hat viel zu tun, denn eine Welt ist nicht genug. Um die kleine Nävis im Spiel nicht zu überfordern, werden sämtliche Spielfiguren als anthropomorphe Tiere dargestellt. Die auf zwei Beinen einher laufenden tierischen Untertanen sind ein knuffeliger Haufen, der wie im Mittelalter ein beschauliches Leben lebt (damals war es freilich nicht ganz so beschaulich). Immerhin ist es elendig genug, um Nävis dazu zu veranlassen, eine Veränderung der Lebensart herbeizuführen.
Chaos vorprogrammiert. Nävis, wie immer in ihrer Kindervariante genial von Munuera zu Papier gebracht, gibt gleich zu Beginn einen Vorgeschmack auf ihre spielerischen Eigenschaften. Regeln werden gemacht, damit sie gewinnen kann. Möglichst kompliziert, damit der einzige Mitspieler, die kleine sprechende Raubkatze Houyo, sie nicht vollends merken kann, weil, ist die Erklärung der Regeln einmal vorbei, ist auch schon das Spiel gelaufen und Houyo hat verloren. Wird jemand wie Nävis mit solchen Vorstellungen vom Spielen auf eine virtuelle Welt losgelassen, darf sich der Leser auf ein rundum gelungenes Spektakel freuen.
Denn neben der eigentlichen Welt gibt es in der virtuellen Welt Veränderungen, die andeuten, wie breit das Spektrum von Jose Luis Munuera ist. Mit der Darstellung seiner Figuren lässt er Parallelen zur Stilistik von Harald Siepermann (Alfred J. Kwak) erkennen. Eine verspielte Strichführung, in der der Striche einer ausgerundeten Linie folgen, schaukeln, und harte Schnitte verpönt sind. Munuera kann hier bereits seine mittelalterlichen Ambitionen zeigen, die er mit der Serie Zauber auslebt. Fans von Garulfo werden auch die wilde Aktion vor Burgenkulisse in der zweiten Hälfte des Abenteuers mögen.
Eine leicht erzähltes Abenteuer mit der wie immer quirligen Nävis. Eine kleine Lektion gibt es gleich dazu, ob gewollt oder ungewollt. Versiert und mit dem richtigen Dreh toll gezeichnet von Jose Luis Munuera. Macht Spaß! 🙂
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