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Comic Blog


Montag, 31. August 2015

THE WALKING DEAD 23

Filed under: Mystery — Michael um 17:18

THE WALKING DEAD 23 - Dem Flüstern folgt der SchreiSie folgen dem Erkundungstrupp langsam. Die Männer zu Pferd machen sich keine Sorgen. So lange sie schnell als die Untoten sind, besteht nur eine geringe Gefahr. Aber niemand hätte damit gerechnet, dass Zombies inzwischen in der Lage sind, den Menschen Fallen zu stellen und Stichwaffen zu benutzen. Als die Falle zuschnappt, ist die Überraschung groß und kurz sieht es so aus, als würde niemand die furchtbare Attacke überleben. Paul Monroe wehrt sich mit der Kraft und der Behändigkeit des Verzweifelten. Es gelingt ihm sogar, einen der Angreifer gefangen zu nehmen.

Wenn eine Zivilisation stirbt, die Bedingungen für sie nahezu unmöglich geworden sind, sollte dann auf Biegen und Brechen versucht werden, sie neu aufzubauen? Oder gibt es am Ende einen Neuanfang auf einem völlig anderen Weg? Mit dieser Frage beschäftigt sich Robert Kirkman zu einem großen Teil im 23. Band der Reihe THE WALKING DEAD mit dem Untertitel Dem Flüstern folgt der Schrei. Während sich die Gesellschaft um den ehemaligen Polizisten Rick Grimes an der alten Ordnung orientiert, sogar expandiert, weil man gelernt hat, wie der allgegenwärtigen Bedrohung durch die Untoten zu begegnen ist, haben sich andere, solche, die sich nicht hinter einer Umzäunung verschanzen, gelernt, wie es ist, da draußen dauerhaft und in Koexistenz mit den Zombies zu überleben.

Aber die Gefahren werden durch Organisation nicht geringer, nur fassbarer. Und die Gefahren kommen nicht nur von außen. Wer die bisherige Arbeit von Robert Kirkman verfolgt hat, weiß, dass es der Autor wie andere seiner Zunft (Stephen King ist hierfür ebenfalls ein gutes Beispiel) gerne erst einmal an einzelnen Stellen schwelen und brodeln lässt, bevor der Ausbruch mit einem Knall erfolgt. Carl Grimes, Ricks Sohn, hat in der Wildnis seine Vorstellung von Gerechtigkeit gelernt. Es Faustrecht zu nennen, wäre noch untertrieben. In die Atmosphäre des Wilden Westens gesellt sich eine gehörige Portion Eine Mann sieht rot. Es handelt sich um eine Sequenz, bei der man als Leser hin und her gerissen wird, auf wessen Seite man hier stehen soll.

Zumal die Bedrohung innerorts noch von einer anderen Seite ausgeht. deren Unzufriedenheit sich bald zu einer Attacke aus dem Hinterhalt verdichtet. Diese gerät vor der großen Bedrohung fast ins Hintertreffen. Die nahende Gefahr ist hier auf jeder Seite fühlbar, nachdem der 22. Band eine Einleitung zu diesem vorläufigen Gipfel im Handlungsstrang geführt hat. Sie zeigt sich in konkreten Überfällen und Morden. Sie zeigt sich im merkwürdigen Verhalten der Besucherin Lydia, die ganz anders aufgewachsen ist als Carl, der Gefallen an ihr entwickelt. Sie zeigt sich in der Feigheit eines machtgierigen Gesellen, der bereit ist über sein Maulheldentum hinauszuwachsen und einen Mord zu begehen.

Und Rick Grimes? Der wird im Augenblick nicht benötigt und hat auch gar keinen Auftritt. Rick ist zu einer lebenden Legende geworden, einem Vorbild aus der Ferne, der sich seinen Halbruhestand verdient zu haben scheint. An seine Stelle ist (vorübergehend) Maggie getreten, die mit einem Nachzügler des langen Handlungsstrangs, Jesus (Spitzname von Paul Monroe), die Verantwortung über eine Siedlung übernommen hat. Erste Handelsrouten sind so entstanden, ein weiterer Beleg für den betriebenen Wiederaufbau. Wie schwierig der Spagat zwischen privaten Belangen und einer Führung einer Gemeinschaft ist, lernt sie, ähnlich wie Rick einst, schmerzlich kennen. Als Leser befürchtet man kurzzeitig, Robert Kirkman habe sich erneut vorgenommen, sich von einem weiteren Standardmitglied der Serie zu verabschieden und es sich doch noch im letzten Augenblick anders überlegt.

In gewohnter grafischen Qualität von Charlie Adlard (mit einem schönen Interview zum Schluss) getragen, erzählt Robert Kirkman in eine völlig neue Richtung. Die Wanderschaft ist endgültig beendet. Jetzt gilt es, das einmal Zementierte in einer großen Gemeinschaft gegen eine neue Kultur zu verteidigen. Gleichzeitig werden spannende Weichen für kommende Entwicklungen gestellt. Sehr gut. 🙂

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Mittwoch, 26. August 2015

FEUER UND STEIN 1 – PROMETHEUS

Filed under: SciFi — Michael um 17:39

FEUER UND STEIN 1 - PROMETHEUSDer Planet LV-223 sollte ein steiniger, öder Haufen im Weltall sein. Nach der Landung des Raumschiffs Perses präsentiert sich der Crew eine Planetenoberfläche, auf der es vor Leben nur so wimmelt. Ein Dschungel breitet sich vor dem Suchtrupp aus, dicht und von merkwürdigen Kreaturen bevölkert. Auffallend sind die skelettartigen Strukturen, starke Kiefer und ausgeprägte Zahnreihen. Kämpfen gehört in dieser evolutionären Stufe zur Tagesordnung, ganz gleich auf welchem Niveau die Lebewesen angesiedelt sind. Ameisentrupps unterschiedlicher Arten bekriegen sich bis zur Ausrottung. Büffelgroße vierbeinige Tiere sind von einem unbekannten Gegner hingeschlachtet worden. Aber das wahre Geheimnis dieses Planeten wartet noch auf die Entdecker.

PROMETHEUS. Als Ridley Scott nach Jahrzehnten wieder zum Alien-Universum zurückkehrte, bekam das Genre des Science-Fiction-Horrors, das abseits der Aliens vor sich hin gesiecht hatte, einen neuen Anstoß. Im Medium Comic lebten Aliens und Predators schon länger ein sehr aktives Leben, aber die Tiefe, die Hintergrundinformationen fehlten. Einzelheiten brachten ein deutlicheres Bild, dennoch blieben die Wesen in ihrer Gesamtheit nebulös. Die Konstrukteure, jene sehr intelligenten Wesen, die offensichtlich (laut des Kino-SciFi-Reißers PROMETHEUS) etwas mit der Artenvielfalt auf der guten alten Erde zu tun haben, brachten einen Baustein mehr ins Bild. Aber gemäß der alten Weisheit, dass mehr Antworten noch weitere Fragen hervorbringen, bieten diese neuen, technisch mächtigeren Gegner auch mehr Risiken und Gefahren als jemals zuvor.

Autor Paul Tobin und Zeichner Juan Ferreyra haben die Gelegenheit genutzt, um dem Leser die ungeheure Macht der Konstrukteure mit allerlei Ideen und Ansichten zu vermitteln. Darf man das Alien ganz offensichtlich als ein Endprodukt der Experimentierfreude der Konstrukteure bezeichnen, breitet sich mit dem erwähnten Dschungel eine sehr breite Palette von evolutionären Eingriffen dieser interplanetaren Frankensteine aus. Juan Ferreyra trifft diese Welt mit einem ungeheuer plastischen und einem Gefühl für die filmischen Originale, dass besonders Fans erfreut sein werden.

Aliens unter Wasser. Schwimmende und tauchende Aliens durften bereits die Leinwand bevölkern. Eine Art jedoch, die dem Wasser auch angepasst ist, ist neu. Juan Ferreyra überträgt das Konzept dieser Wesen, das nach wie vor großartige Design von H.R. Giger auf die unterseeischen Kreaturen, mischt eine Spur Ichtyosaurus hinzu, so dass man sich bei dieser optischen Perfektion auch einmal ein entsprechendes Unterwasserabenteuer erzählt bekommt.

Mitgebrachter Horror. Seit dem ersten Ausflug in dieses Horror-Universum, ALIEN, weiß der Zuschauer, wie gefährlich der Umgang mit Androiden werden kann. Paul Tobin spinnt den Faden fort, den Ian Holm (auch bekannt als alter Hobbit) 1979 auf die Kinoleinwand brachte. Im Jahre 2219, rund 125 Jahre nach der Handlung des Kinofilms PROMETHEUS, reist die Menschheit immer noch mit Androiden, ihre psychische Reife scheint jedoch keine Stabilität erreicht zu haben. Mehr noch scheint ihre Physiologie dazu angetan, von außerirdischen Stimuli angeregt zu werden. So entsteht schließlich ein Gegner, den die Menschen noch nicht kannten. Einerseits von der gleichen Gefährlichkeit wie ein Alien (wird auch von ihnen akzeptiert), andererseits von der gleichen Intelligenz wie ein Mensch, macht diese Figur während der Geschichte eine erstaunliche Wandlung durch. Das Stichwort Frankenstein passt hier hervorragend.

Es gibt immer einen, der stärker ist. Paul Tobin teilt dieses Fazit mehrmals mit, meist ganz nebenbei in einer mit vielen Wendungen erzählten Geschichte, die durch ihre grafische Gestaltung weit über den Durchschnitt bekannter SciFi-Comics herausragt. Hier dürfen Fans des Genres bedenkenlos zugreifen. 🙂

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Freitag, 21. August 2015

BALTIMORE 1

Filed under: Horror — Michael um 16:11

BALTIMORE 1Lord Henry Baltimore erlebt die Schrecken des Ersten Weltkriegs hautnah auf schlammigen und blutüberströmten Schlachtfeldern mit. Eines Nachts, dem Tode nah, schlägt das Grauen mit aller Macht zu. Der Mann, der glaubte, dem Tod längst ins Augen geblickt zu haben, steht plötzlich dem Übernatürlichen gegenüber: Vampire. Die Kreaturen fallen des Nachts über die Schlachtfelder her und berauben die bereits Verstorbenen und die tödlich Verletzten ihres Blutes. Baltimore will sich nicht kampflos ergeben, will nicht als Nahrung für dieses Ungeheuer dienen. Mit letzter Kraft bäumt er sich auf und ergreift ein in der Nähe liegendes Bajonett. Ein Hieb mit der langen Klinge hinterlässt eine tiefe Wunde im Gesicht des Angreifers. Die Monster ziehen sich zurück. Vorerst.

Mike Mignola schrieb vor einigen Jahren zusammen mit Christopher Golden über Lord Baltimore, den standhaften Zinnsoldaten, der einbeinig durch die Welt streift, immer auf der Suche nach dem Bösen, um es endgültig aus dieser Welt zu vertreiben. Die Geschichte wurde nun mit Zeichner Ben Stenbeck und Kolorist Dave Stewart, einem Veteranen in den geistigen Welten von Mike Mignola in eine reine Comic-Form übertragen. Bereits damals steuerte Mike Mignola Illustrationen in seiner gewohnten Manier zum Baltimore-Universum bei. Ideen zum Aussehen dieser Schauermär existierten also schon.

Eine düstere Epoche, obwohl historisch nur kurz an Jahren, breitet sich vor dem Leser aus. Aus der Verteidigung gegen einen Vampir wird eine Kampfansage und der Ausbruch eines noch zerstörerischen Krieges gegen die gesamte Menschheit. Eine starke Schattengebung zeichnet die Arbeiten von Mike Mignola seit langem aus. Da er grafisch seit Jahren kürzer tritt, sind ihm Künstler gefolgt, die seine Visionen stilistisch ähnlich auszuführen vermögen, ohne ihre eigene künstlerische Identität zur Gänze aufzugeben. Ben Stenbeck trifft den Ausdruck Mignolas, ohne dessen abstrakten Vorgaben zu sehr zu befolgen. Stenbecks Arbeiten sind realistischer, lassen den Zuschauer näher an das Grauen dieser gezeigten Welt heran.

Atmosphärisch findet sich der Leser in der guten alten Zeit der Horrorunterhaltung wieder. Es fühlt sich nach Hammer Productions an, nach Edgar Allan Poe und H. P. Lovecraft, nach Ray Harryhausen. Mike Mignola hat neben seiner Begeisterung für übernatürliche Legenden häufig bewiesen, wie sehr er klassische Erzählumgebungen einer modernen Kulisse vorzieht. So bewegt sich Ben Stenbeck bildhaft in Gegenden, in den Dracula gleich hinter der nächsten Ecke hervorspringen könnte. Die Riesenkrabben am Strand können als Hommage an Ray Harryhausen verstanden werden oder als Hinweis auf eine denkwürdige Szene, die Stephen King für den Revolvermann erdacht hat.

Direkt und überhaupt keine Anspielung mehr ist der Auftritt von Edgar Allan Poe selbst, wenn auch nur als Kopf. Ebenso ist der Auftritt des Roten Todes ein weiterer Hinweis auf den Gruselmeister und sein Schaffen, das Mignola und Golden hier zitieren wie auch weiterentwickeln.

Moderne Monster, interessante Neuerfindungen und die gruseligsten Nonnen, die je eine Horrorerzählung bevölkerten. Wenn das Böse um seine schlechten Qualitäten weiß, sich selbst der Bestrafung zuführt, dann entstehen starke Momente, gruselige, gepaart mit Traurigkeit. Natürlich sind die hier auftretenden Wesen, von klassisch (Vampire, Werwölfe) bis kultig anders, auch brutal und gehen nicht gerade zimperlich mit ihrer Beute um. Aber im Zuge einer reduzierten Darstellung wird auch nicht jedes Detail von Ben Stenbeck hervorgezerrt. Wichtiger ist die Gestaltungsfreude, mit der die Horrorgestalten entworfen werden. Von der Arbeit Mike Mignolas her ist der Fan bereits in dieser Hinsicht verwöhnt. Stenbeck muss sich hinter dem Meister nicht verstecken. Zahlreiche Entwurfsskizzen bieten einen Blick auf die Entstehung mancher Figuren. Dabei sieht der Leser, wie gut sich Stenbeck auf jedwedem grafischen Terrain zu bewegen versteht, ob es nun Monströses ist oder ein neu auftretender menschlicher Charakter. Besonders eindrucksvoll sind jene Untoten, die mit Tiefsseetauchanzügen bewehrt ihre Ziele angreifen.

Der Feind meines Feindes ist nicht mein Freund. So könnte man angesichts der Figur von Vater Andre Duvic behaupt, eines Richters der Neuen Inquisition, sich sich gleichfalls auf der Jagd befindet. Gnadenloser noch als Lord Baltimore ist es eine Frage der Zeit, bis die beiden sozusagen ein grandioses erstes Finale bestreiten, bevor Baltimore dem eigentlichen Ziel seiner eigenen Jagd begegnet. Sind die Akte bis dorthin schon sehenswert, bietet der Schluss eine fiebrig spannende Atmosphäre, die über eine weite Strecke bis zum Ende gehalten wird.

Eine prachtvoll gruselige Erzählung, sehr komplex, mit einer charakterlich verhärteten Hauptfigur, deren Ausstrahlung man sich dennoch nicht entziehen kann. Viktorianisches Flair mit modernen Anklängen, stark mit gekonntem Wissen für das Tempo einer Handlung erzählt. Sehr schön. 🙂

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Dienstag, 18. August 2015

ASTERIX – IM LAND DER GÖTTER

Filed under: Comics im Film — Michael um 16:35

ASTERIX - IM LAND DER GÖTTERJulius Cäsar hat vieles versucht, damit endlich das ganze Gallien zu befriedet wird. Soldaten sollen das Gebiet um das Dorf der unbeugsamen Gallier abschotten. So recht gelingen, will ihnen diese Aufgabe aber nicht. Da verfällt der römische Diktator auf eine List. Wenn den Galliern nicht mit Gewalt beizukommen ist, dann vielleicht mit römischer Lebensart? Kurz darauf sind einmal eine ganz andere Art von Römern in den Wäldern rund um das Dorf unterwegs. Eines Tages stolpern Asterix und Obelix auf der Jagd über eine Schnur, die sich alsbald als das Werk von Landvermessern herausstellt. Der junge und ehrgeizige Architekt Quadratus setzt alles daran, um das Projekt mit Namen LAND DER GÖTTER zu einem Erfolg werden zu lassen.

Sie sind wieder da! Nach Zeichentrickfilmen und Realfilmumsetzungen haben ASTERIX und OBELIX den Sprung in den Animationsfilm geschafft. Die liebevolle Adaption in ein weiteres tricktechnisches Medium ist den Machern, die selbst mit den Abenteuern der Gallier aufgewachsen sind, vollends gelungen.

Little Italy. Römische Lebensart will in Gallien zuerst nicht gelingen, da niemand, der das aufregende Leben in der Hauptstadt gewöhnt ist, irgendwo weit weg in die gallischen Wälder ziehen möchte. Ein Trick sorgt für die Belebung des ganzen Wohnprojekts, nachdem viele Schwierigkeiten beim Bau überwunden wurden. Die römischen Zivilisten haben einen nicht unwesentlichen Anteil am Erfolg dieser Komödie. DIE TRABANTENSTADT, der 17. Band der ASTERIX-Reihe, war die Vorlage dieses Leinwandabenteuers. Die neuen Mieter dieser weißen Hochhäuser inmitten alter Baumbestände. Dort wurden sie nicht ganz so individuell in Szene gesetzt.

Allein die von gallischer Seite betriebenen Vertreibungsversuche und die Reaktionen der Römer, in immer schnellerer Folge gezeigt, sind ein ziemliches Vergnügen. So schlecht die Witterung für die Gallier ist, so ist es für die Römer immer noch ein Zuckerschlecken, sogar erfrischend im Vergleich zur brütenden Hitze und Trockenheit in Rom. Vor all der gelungenen Atmosphäre wie dem Colosseum, der Trabantenstadt und natürlich dem fein reproduzierten Dorf sind die Zivilisten eine breit lächelnde Horde Touristen, die aus dem Dorf und den Galliern das machen, was jeder Tourist weltweit in Ferienhochburgen antrifft: Die ewig gleichen Angebote in zigmal den gleichen Läden, stapelweise nebeneinander angeordnet.

Der Einfallsreichtum von Rene Goscinny, der damals die Comic-Vorlage schrieb und all die kleinen Anspielungen auf die moderne Welt einbaute, war immens und trifft auch heute noch ins Schwarze. Haben sich auch viele Neuerungen im menschlichen Beisammensein ergeben, so ist umso mehr erhalten geblieben und bildet die Grundlage dessen, was heute als Innovation gepriesen wird. Das Werk Albert Uderzos, seine eindeutige Handschrift in der Gestaltung lustiger Figuren, ihre Gesichtszüge findet sich fantastisch gut übertragen in den animierten Galliern wieder. Und nicht nur dort. Die Wildscheine, mit Mimik und Grunzen über ihr Wohlbefinden Auskunft geben (und ihre Ängste, einer finalen Teilnahme am Bankett der Gallier zu entgehen), sind ein Augenschmaus für sich und hätten auch einen eigenen Ablegerfilm verdient.

Das Bonusmaterial sei jedem ans Herz gelegt, der gerne hinter die Kulissen von Filmproduktionen schaut, denn die Arbeitsweise bei einem Trickfilm dieser Art unterscheidet sich doch in weiten Teilen von der eines Realfilms. Die Schauspieler, besser gesagt die Sprecher, nehmen ihre Texte vor allem anderen auf. Die Animation orientiert sich an ihrer Ausdrucksweise. So haben im Original die Schauspieler eine viel stärkere Möglichkeit sich einzubringen, als es bei der Synchronisation hierzulande zum Beispiel der Fall ist. Eine gute Planung, die Umsetzung der gezeichneten Vorlagen, der einst von Albert Uderzo entworfenen Figuren und noch einiges mehr runden die Zusatzinformationen ab. Die Komplexität der Produktion eines solchen Films nötigt dem Zuschauer einen ordentlichen Respekt ab.

Die deutschen Sprecher von Asterix und Obelix sind mit Milan Reschel und Charly Hübner bekannt, aber sie treten zugunsten des Films deutlicher in den Hintergrund, als es früher der Fall war. Fans von Zeichentrick und Animation wissen, wie oft mit landesweit bekannten Schauspielern und ihren Stimmeinsätzen bei derartigen Produktionen geworben wurde. Peschel und Hübner verstehen zweifelsohne ihr Handwerk, aber eine Produktion wie diese braucht nicht von Stars erobert zu werden. Hier wird solide und einfühlsam jede Figur gesprochen, sie werden aber nicht vereinnahmt.

Ein tolles Abenteuer aus der Goscinny-Ära, eine tolle Umsetzung in moderne Animation, ohne den tollen von Udero entworfenen Figuren etwas von ihrer Originalität zu nehmen. Hier und dort etwas erweitert und verfeinert, ohne den Humor des Originals zu verfremden. Mit feinem Humor ebenso gewürzt wie mit Klamauk, für jeden ist etwas dabei. ASTERIX – IM LAND DER GÖTTER ist ein echter Familienfilm einerseits und eine filmische Umsetzung des gallischen Comic-Helden andererseits, die jeden Fan der Reihe zufrieden stellen sollte. 🙂

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Link zur offiziellen Film-Homepage: www.asteriximlanddergoetter.de

Freitag, 14. August 2015

SPIROU und FANTASIO Gesamtausgabe 3

Filed under: Klassiker — Michael um 9:37

SPIROU und FANTASIO Gesamtausgabe 3 - Reisen um die ganze WeltAndere Länder, andere Sitten. In Afrika liegen die Löwen mitunter auf den Schienen und blockieren den Verkehr. Da ist es dann auch die Aufgabe des Lokführers die Großkatzen mit aufgespanntem Regenschirm zu verscheuchen, damit die Fahrt fortgesetzt werden kann. Pips, das Eichhörnchen, beweist Mut, indem es einen wilden Elefanten zu Fall bringt, artistisch und flink. Auch danach ist es allzu schnell bereit, für seine beiden menschlichen Freunde in die Bresche zu springen. Doch Elefanten sind das Eine, menschliche Feinde das Andere, besonders, wenn diese in der Überzahl sind. Und so kann Pips erst wieder mit seinen Talenten punkten, als es an die Befreiung von Spirou und Fantasio geht.

Aktion Nashorn. So lautet der Titel des ersten Abenteuers der beiden Helden in dieser dritten Folge der Gesamtausgabe. Interessant ist es zu sehen, wie zunächst nichts darauf hindeutet, die Geschichte könnte jemals etwas mit einem Nashorn zu tun haben. Erst mit dem Eintreffen auf dem afrikanischen Kontinent steigt die Wahrscheinlichkeit für ein Zusammentreffen mit diesem urwüchsigen Tier. Das Geheimnis der Erzählweise, dass alles möglich ist und alles zu jeder Zeit und immer passieren kann, wird auch hier fortgesetzt. Ein einmal angelegter Handlungsort kann flugs wechseln.

In Afrika bedient sich Franquin einiger Klischees, aber darüber sollte im Sinne einer zeitlichen Einordnung innerhalb der Comic-Geschichte getrost hinweg geschaut werden. Die Handlung ist durchweg humorvoll, niemals gehässig und darin liegt auch ein weiteres Geheimnis des Erfolgs von Spirou + Fantasio verborgen. Warum Aktion Nashorn? Das soll nicht verraten werden. Nur eines: Es hat mit einem der ungewöhnlichsten Verstecke zu tun, die jemals in einer Geschichte aufgetaucht sind. Ganz gleich in welcher.

Champignons für den Diktator. Hat es irgendwann einen Comic-Titel gegeben, der mehr Neugier auf seinen Inhalt gemacht hat? Aber mehr noch: Fantasio drängt sich mehr und mehr in den Vordergrund. Spirou ist zwar der hauptsächlich namensgebende, doch scheint der Kollege durch sein humoristisches Potential mehr zum Spielen einzuladen, als es der ewige Page macht. Fantasio, sozusagen der Pierre Richard des Comics darf in Aktion Nashorn ersten Frauenkontakt haben, denn mit Steffani hält auch Frauenpower in die Serie Einzug. In Champignons für den Diktator ist Fantasios Vetter Zantafio wieder mit von der Partie und, ohne etwas zuviel zu verraten nach so langer Zeit, in der das Album auf dem Markt ist, in Der doppelte Fantasio ebenfalls.

Es lässt sich ohne Zweifel behaupten, dass Fantasio unter Andre Franquin ein wichtiger Motor der Abenteuer dieser Reihe wurde. Optisch haben die beiden Helden und ihr Umfeld das Erwachsenenalter erreicht. Sämtliche Rückstände aus frühen Comic-Tagen sind eliminiert. Obwohl es später noch deutliche Veränderungen in der Stilistik gab, existiert hier bereits eine zeitlose Form, die sich ebenfalls über die Jahrzehnte hätte retten können. Gummihafte Langmännchenfiguren, in diesen Bänden auf ein proportional schönes Maß reduziert, wandelten sich im Lauf der Zeit zu noch ausgeprägterem Gestaltendesign, das in der Bewegung mehr hippiehaft schlotternd wirkte.

Frankreich und das Radrennen: In Der doppelte Fantasio kommt auch Franquin nicht um dieses Thema herum. Natürlich nicht, ohne sich ausgiebig lustig darüber zu machen. Fantasios Anmerkung, nicht verstehen zu können, wieso ein blödes Rennen in den Bergen veranstaltet wird, ist nachvollziehbar. Gleich darauf gerät mit dem Erreichen des Gipfels alles aus dem Ruder. Am Ende ist Fantasio rückwärts fahrend sogar schneller als der Rest des Feldes im dritten hier vorliegenden Abenteuer Der doppelte Fantasio.

Automobilliebendes Land: Mit einem kurzen Abriss automobiler Geschichte kündigte der Verlag die Ausgabe von Aktion Nashorn an. Betritt hier nicht nur mit Steffani eine Frau die Bühne öfter wiederkehrend die Serie, ein Fahrzeug mit eigenwilligem Design, der Turbot, modern selbst nach heutigen Gesichtspunkten, darf den autobegeisterten Leser zu genauerem Hinsehen verführen. Der Turbot besitzt einen Hauch Futurismus, möglichst wenige äußere Elemente, besticht durch eine glatt wirkende, raketenähnlich Oberflächenstruktur. Der kreisrunde Kühlergrill ist ein Kernelement und selten, in der Realität versteht sich, wurde er so gut ins Fahrzeugdesign eingepasst wie hier. Kurzum: Hier wurde fast nebenbei ein Fahrzeugklassiker geschaffen, der nie auf der Straße fuhr, dafür aber umso denkwürdiger ist.

Abwechslungsreich: Reich an Ideen und Schwung. Unvorhersehbar und die Spannung stets haltend. Wenn eine Geschichte stets aufs Neue lesbar ist, selbst nach der x-ten Lektüre noch mitreißt, spätestens dann ist ein echter Klassiker entstanden. Franquin ist dieses Kunststück gelungen, mit charmanten Figuren und zeitlosen Plots. Toll! 🙂

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Dienstag, 11. August 2015

NÄVIS 5 – Prinzessin Nävis

Filed under: SciFi — Michael um 9:36

NÄVIS 5 - Prinzessin NävisAufräumen. Waschen. Essen. Alles ganz brav und in der richtigen Reihenfolge. Für ein zappeliges Kind wie Nävis, dem Stillsitzen, lange Zuhören ein Gräuel ist, kann es kaum etwas Schlimmeres geben. Aber was unternimmt man nicht alles, wenn der ansonsten geliebte Lehrer, väterliche Freund und Aufpasser, der Roboter Nisob auf ein gewisses Maß an Disziplin drängt und man doch lieber das neue Computerspiel ausprobieren möchte? Gedacht, getan und bald wird die Nacht zum Tag und vor den Augen der kleinen Nävis entsteht ein völlig neues Leben, großartig bevölkert und soooo spannend … Wer kann da schon mit dem Spielen aufhören?

Computerspielsucht! In einer Welt, die nicht nur voller Gefahren steckt, in der Spielzeug Mangelware ist und neue Spielkameraden nur höchst selten den Weg von Nävis kreuzen, kann das Angebot einer komplett neuen Welt, in der man als Regent verehrt wird, höchst verlockend erscheinen. Nävis stellt sich einer neuen Aufgabe. In einer Welt, in der es bisher keine Veränderungen gab, soll sie regieren. Da stellen sich Fragen, die niemand aus ihrem Umfeld beantworten zufriedenstellend kann. Die Erzähler Jean David Morvan, Jose Luis Munuera und Philippe Buchet spielen sehr humorvoll mit einem modernen wie auch ernsten Thema. Nävis versinkt immer mehr in einer künstlichen Welt, während die echte Welt sich große Sorgen macht und sich schließlich fragt, wo Nävis überhaupt abgeblieben ist.

Jose Luis Munuera hat viel zu tun, denn eine Welt ist nicht genug. Um die kleine Nävis im Spiel nicht zu überfordern, werden sämtliche Spielfiguren als anthropomorphe Tiere dargestellt. Die auf zwei Beinen einher laufenden tierischen Untertanen sind ein knuffeliger Haufen, der wie im Mittelalter ein beschauliches Leben lebt (damals war es freilich nicht ganz so beschaulich). Immerhin ist es elendig genug, um Nävis dazu zu veranlassen, eine Veränderung der Lebensart herbeizuführen.

Chaos vorprogrammiert. Nävis, wie immer in ihrer Kindervariante genial von Munuera zu Papier gebracht, gibt gleich zu Beginn einen Vorgeschmack auf ihre spielerischen Eigenschaften. Regeln werden gemacht, damit sie gewinnen kann. Möglichst kompliziert, damit der einzige Mitspieler, die kleine sprechende Raubkatze Houyo, sie nicht vollends merken kann, weil, ist die Erklärung der Regeln einmal vorbei, ist auch schon das Spiel gelaufen und Houyo hat verloren. Wird jemand wie Nävis mit solchen Vorstellungen vom Spielen auf eine virtuelle Welt losgelassen, darf sich der Leser auf ein rundum gelungenes Spektakel freuen.

Denn neben der eigentlichen Welt gibt es in der virtuellen Welt Veränderungen, die andeuten, wie breit das Spektrum von Jose Luis Munuera ist. Mit der Darstellung seiner Figuren lässt er Parallelen zur Stilistik von Harald Siepermann (Alfred J. Kwak) erkennen. Eine verspielte Strichführung, in der der Striche einer ausgerundeten Linie folgen, schaukeln, und harte Schnitte verpönt sind. Munuera kann hier bereits seine mittelalterlichen Ambitionen zeigen, die er mit der Serie Zauber auslebt. Fans von Garulfo werden auch die wilde Aktion vor Burgenkulisse in der zweiten Hälfte des Abenteuers mögen.

Eine leicht erzähltes Abenteuer mit der wie immer quirligen Nävis. Eine kleine Lektion gibt es gleich dazu, ob gewollt oder ungewollt. Versiert und mit dem richtigen Dreh toll gezeichnet von Jose Luis Munuera. Macht Spaß! 🙂

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Donnerstag, 06. August 2015

MANOS KELLY

Filed under: Klassiker — Michael um 18:58

MANOS KELLYALAMO. Ein amerikanischer Albtraum. Eine kleine Bastion, bemannt mit Teaxanern, die den unbedingten Willen zur Unabhängigkeit besitzen, stellt sich der anrückenden mexikanischen Übermacht unter dem Befehl des Generals Santa Anna. Ein kleiner Junge erlebt die Schrecken dieser langen Schlacht. Die Eltern kommen im Kampf ums Leben. Das Kind versucht sie zusammen mit einem schwarzen Sklaven aus den Flammen zu befreien. Der Junge verbrennt sich fürchterlich, als er die glühenden Holzstücke mit bloßen Händen beiseite räumen will. Die Mexikaner rufen ihn nach der Schlacht Manos Quemadas, verbrannte Hände. Seinen richtigen Vornamen erwähnt der Junge niemals wieder.

Antonio Hernandez Palacios dürfte bei Lesern, die sich noch an Comic-Zeiten erinnern, in denen PRIMO eine Rolle spielte, nostalgische Gefühle auslösen. EL CID und der hier vorliegende MANOS KELLY waren Serienhöhepunkte dieses Magazins. Nun endlich liegt eine Gesamtausgabe des Westerns vor, der viele Facetten jener Region beleuchtet, die durch den Krieg der Vereinigten Staaten mit Mexiko in den Besitz der Amerikaner überging. Es beginnt mit einer Kurzgeschichte, die auf sehr aufschlussreiche Weise das Leben im Niemandsland beleuchtet. Nahe eines Brunnens, der seit jeher jedem, der an ihm vorüber zieht, zur Verfügung steht, hat sich ein Siedlerehepaar niedergelassen. Dieses Verhalten ist ein Affront gegen jeden anderen aus der Gegend. So lassen Widerstände nicht lange auf sich warten.

Ein meisterliches kleines Szenario erschließt den Charakter von MANOS KELLY. Gleichzeitig wird dem Leser ein sehr intensiver Blick auf die Lebensumstände in den Grenzländern des Westens geboten, in denen die blanke Natur zum Feind werden kann. Bisons und Indianer, authentisch dargestellt, lassen die Geschichte größer erscheinen, als sie eigentlich ist. Antonio Hernandez Palacio zeigt hier sein enormes Können als Schwarzweiß-Comic-Künstler. Feinste Striche meißeln die Landschaften und die Gesichter, geben den Figuren Konturen. Palacios spielt mit Licht und Schatten und erzeugt besonders mit den Auftritten der Indianer emotionale Momente.

Ein Spanier im Wilden Westen ist ein albenlanges Abenteuer und der eigentliche Auftakt des Western-Charakters MANOS KELLY. Wie in anderen Serien jener Tage erfolgte eine effektreiche, aber zuweilen psychedelisch wirkende Kolorierung, in der die wunderbare Tuschetechnik von Palacio leider verloren wirkt. Auch ist die Farbgebung zu diesem Zeitpunkt bei Palacio noch nicht derart technisch versiert, wie sie es ab dem dritten Abenteuer Das goldene Grab einmal sein wird. In der Gesamtausgabe lässt sich die Veränderung in der Arbeitsweise des Künstlers, der nicht nur zeichnet und malt, sondern seine Szenarien außerdem schreibt, sehr gut ablesen.

In Ein Spanier im Wilden Westen agieren Tusche und Farbe noch gegeneinander, Farbe überlagert sogar den sorgsamen Tuschestrich. Im zweiten Abenteuer, Der Goldberg, wiegen sie einander bereits auf, bevor sie im dritten Teil wirklich Hand in Hand aufgetragen werden und Palacio die bildhaften Bestandteile zu einem Ganzen verarbeitet. Durch die Strichtechnik, wie auch den Farbauftrag beginnt seine Technik der eines Paolo Serpieri zu ähneln. Im Realismus Comic-Künstlern wie Rafael Mendez (Hombre) nahestehend, werden sich bestimmt auch Fans dieses Zeichners für Palacio begeistern.

Obwohl für das zweite Abenteuer einige Farbfilme nicht vorlagen und nur der Schwarzweißstrich erhalten blieb, bietet gerade diese Geschichte eine der waghalsigsten Fluchten, die es in einem Western jemals zu bestaunen gab. Wie verberge ich meine Spur vor einer mich verfolgenden Horde indianischer Krieger? Die Antwort, die hier geboten wird, kann vor den mordernsten Erzählungen bestehen und würde, gäbe es eine entsprechende Renaissance des Westerns, auf der Kinoleinwand nachhaltig in Erinnerung bleiben. So kann man nur den Western-Freunden empfehlen, jene Sequenz zu lesen, die eine Flucht mit einem halsbrecherischem Höhepunkt beschreibt.

Der Cayuse-Krieg ist eine Arbeit von Antonio Hernandez Palacios, die die schöpferische Tätigkeit des Künstler auf einem Höchststand abbildet. Man fühlt sich optisch in eine Mischung aus Italo-Western und Jack-London-Erzählung hineinversetzt. Der Strich von Palacios ist einmal mehr gewachsen, beinhaltet nach heutigen Gesichtspunkten auch Anmutungen eines Ausdrucks von Namen Richard Corben und Enki Bilal. Die Hitze des Westens weicht einer lebensfeindlichen Winterlandschaft. Die zweite Hälfte ist ein über die Maßen spannend erzählter Akt, ein echter Pageturner.

Ein beeindruckendes Western-Epos, mit einer greifbaren Hauptfigur, ungewöhnlich dicht aufgebaut, grafisch insgesamt opulent gezeigt von einem Meister seines Fachs. Für Westernfreunde diesen spannenden Klassiker neu oder wieder zu erleben. 🙂

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Sonntag, 02. August 2015

KICK-ASS 3

Filed under: Superhelden — Michael um 19:38

KICK-ASS 3Wo die Liebe hinfällt, erwachsen andere Prioritäten. Als Superheld zu agieren, wird zweitrangig. Auch die Befreiung einer alten Freundin kann da schon mal hintenan gestellt werden. Dabei ist es nicht einmal böse Absicht. Wo das Herz spricht, versagt der Verstand und die Vernunft. Dave Lizewski ist ein Superheld. Der Name seines Alter Egos lautet KICK-ASS. Inzwischen hat er eine unbestrittene Bekanntheit erlangt und ist der kriminellen Unterwelt mehr als nur ein Dorn im Auge. Nach einer kleinen Ruhephase, in der beide Seiten, Helden und Gangster, ihre Wunden geleckt und neue Kräfte gesammelt haben, übernimmt nun ein neuer Halunke die Führung der organisierten Kriminalität. Plötzlich haben KICK-ASS und seine Kollegen einen Gegner, dessen Brutalität selbst bei seinen eigenen Leuten berüchtigt ist.

Der finale Tritt in den Arsch. KICK-ASS macht das Triple voll. Und das Ende hat es in sich. Jugendliche Superhelden in einer Welt, die von Superhelden träumt. Wo die Industrie rund um das Thema mit Comics, Filmen und Merchandising boomt, aber wahre Helden Mangelware sind. In diese Welt ist KICK-ASS eingeschlagen wie eine Bombe und hat schnell Vorbildcharakter bekommen. Vorbild? An der Seite von HIT-GIRL lernt jemand wie KICK-ASS nur eines. Es werden keine Gefangenen gemacht.

Autor Mark Millar und Star-Zeichner John Romita Jr. verabschieden sich von KICK-ASS mit einem würdigen Finale, das die einzelnen Charaktere in den Comic-Ruhestand entlässt. Die besonders wichtigen jedenfalls. Für einige kommt es knüppeldick. Gewalt hat in der Welt der Superhelden von Anfang an ein Zuhause. Die sehr deutliche Darstellung, über einen gewissen Codex hinaus, wurde vor vielen Jahren zu den Akten gelegt. Dennoch schien diese Gewalt, die sogar Tote im engeren Kreis der Helden zur Folge hatte, nie ganz so ernst zu nehmen zu sein. Bei den verkleideten Helden wie KICK-ASS verhielt es sich komplett anders. Hier waren es eben Jugendliche, Normalbürger, die es mit ernsthaft fiesen Verbrechern zu tun bekommen.

Superhelden in Ausbildung. Nicht nur KICK-ASS lernte, wie in dieser Ausgabe, noch dazu. In Rückblicken erfährt der Leser mehr aus den Zeiten von Hit-Girls Ausbildung durch ihren Vater. John Romita Jr., der den perfekten Zeichenstil zwischen Comic und Realismus gefunden hat, gelingt die Verniedlichung seiner Figuren einerseits, um andererseits im nächsten Augenblick mit Schrecken von Mord und Totschlag im Mafiamilieu aufzuwarten. Selten war Zynismus im Comic besser getroffen als hier. Auf der Basis von Mark Millars Textvorlage und mit einem guten Tuscher (Tom Palmer) sowie einem Koloristenduo (Dean White, Michael Kelleher) können die Bilder ihre Wirkung zu einhundert Prozent entfalten.

Eines der großen Merkmale von John Romita Jrs. Bildern neben seinen szenischen Qualitäten ist die Vermittlung von Emotionen. Vielleicht liegt hier sein Geheimnis, das ihn auch verlagsübergreifend tätig werden lässt und ihn aber auch lange an diverse Einzelhelden gefesselt hat. In seinen Grafiken liegt eine intuitive Wucht. Er ist nicht der exakteste Grafiker im Business, aber sicher einer derjenigen, in dessen Bildern echte Leidenschaft übertragen wird. Das erklärt zum einem überwiegenden Teil den Erfolg von KICK-ASS. Mark Millar ist ein bewiesenermaßen talentierter und großartiger Erzähler (WANTED, SECRET SERVICE), aber ohne die Mitarbeit von John Romita Jr. hätte KICK-ASS niemals so gut funktioniert.

Es leben die Psychopathen: HIT-GIRL und Walter White, Verzeihung, Dr. Alex White. HIT-GIRL wird im Gefängnis einer psychiatrischen Untersuchung unterzogen. Ihr neuer Arzt, Dr. Alex White, ist optisch eine eindeutige Anlehnung an Mr. White aus Breaking Bad und szenisch gleichzeitig eine Verbeugung an gegenüber dem Patienten-Arzt-Verhältnis von Sarah Connor und Dr. Silberman in Terminator 2. HIT-GIRL ist nicht nur ein gandenloser Rächer, zufällig auf der richtigen Seite des Gesetzes, sonst wäre sie einfach nur ein Killer, sie ist auch ungewöhnlich intelligent und emotional abgebrüht. So besitzt das Duell zwischen ihr und Dr. White einen außergewöhnlichen Charme und ist einer der Höhepunkte des Finales.

Erste Hälfte: Der Leser hat Zeit, um sich zu verabschieden und die Helden auch von anderen Seiten kennen zu lernen. Zweite Hälfte: Millar und Romita Jr. lassen es wieder krachen. Eine Superheldengeschichte, die das Genre ähnlich aufgeräumt hat wie Watchmen von Alan Moore. Sehr gut. Nur leider schon vorbei … aber HIT-GIRL ist ja noch da. 🙂

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