Montag, 29. Juni 2015
Neue Besen kehren gut. Neue Vorgesetzte nicht immer. Weil neue Ideen auch über das Ziel hinausschießen können, falls Arroganz und mangelnder Durchblick sich die Hand geben. So macht Generalinspekteur Nichtsalsverdrus einen riesigen Fehler, als er beschließt, sich mit den unbesiegbaren Galliern anzulegen. Der obligatorische Angriff auf das Dorf, von dem ihm nur zaghaft abgeraten wird, gipfelt anfangs noch in einer Welle von Krankmeldungen, die von dem Bürokraten aus Rom, dem es nur um seine Karriere geht, schnell durchschaut wird. Die Attacke wird ausgeführt, doch selbst die bezogene Prügel führt nicht zur Besinnung. Im Gegenteil …
Eine Liebeserklärung an Frankreich mit all seinen menschlichen Eigenarten und einer reichhaltigen Küche und einer Vielzahl von Delikatessen. Gleichzeitig schufen Rene Goscinny und Albert Uderzo mit dem sechsten Band der ASTERIX-Reihe eine der schönsten Figurenpräsentationen der Comic-Geschichte. Die Römer hatten, nicht zum ersten und nicht zum letzten Mal, eine ungeheuerliche Idee, nämlich die Gallier in ihrem Dorf einzusperren, damit der Unsinn mit der Unbesiegbarkeit langsam aber sicher der Vergessenheit anheim fällt. Nur lassen sich unbesiegbare Gallier nicht so einfach einsperren. So entsteht eine folgeschwere Wette.
Ein Jubiläum: Seit 1965 ist Idefix dabei. Obwohl Idefix im Schlussbild triumphierend einen Knochen davonträgt, sieht es zunächst nicht danach aus, als wäre hier ein dauerhafter Begleiter von Asterix und Obelix auf die Welt gekommen. Denn der kleine weiße Hund, der so ausdauernd neben den Lokalen und Geschäften, die von den beiden Galliern besucht werden, zu warten versteht, wird anfangs ziemlich von Asterix und Obelix ignoriert. Erst wieder im Dorf der unbesiegbaren Gallier angekommen, macht er mit einem Wuff-Wuff auf sich aufmerksam und erhält eine wohl verdiente Belohnung für die ganzen Mühen, die er bei der Tour de France ebenfalls auf sich genommen hat.
Der hier noch namenlose Idefix zeigt das Verhalten mancher herrenloser Hunde, die insbesondere in südlichen Touristengebieten den Menschen auf der Suche nach Nahrung hinterherlaufen. Hinter der Ausdauer des kleinen Hundes verbirgt sich, wie der Leser nach einer Vielzahl weiterer Abenteuer weiß, noch mehr. Ganz offensichtlich hatte Idefix in Obelix etwas mehr als nur einen Nahrungslieferanten erschnüffelt. Der Leser wusste es zuvor schon, schließlich war der kleine Hund für ihn bereits seit Asterix und Kleopatra hierzulande bekannt. Anzeichen von Charakter, später viel deutlicher und gerne in Sequenzen auch herausgestellt, zeigt Idefix früh. Gegen die Römer thront er nach dem Kampf auf dem Berg der Besiegten, bleibt stets an der Seite seines zukünftigen Herrchens.
Erste Annäherung im Hintergrund. Vorne hagelt es eine Backpfeife, im Bildhintergrund gibt es eine Streicheleinheit. Die Sanftheit, die Obelix hier an den Tag legt, stellt den Beginn einer wunderbaren Freundschaft dar. Idefix schaffte es schnell mit den Helden zusammen aufs Titelbild und rückte sogar stärker ins Zentrum des Interesses, etwa wenn er dem spanischen Häuptlingssohn (Asterix in Spanien) als tröstender Kamerad zur Seite steht und hilft, dessen Bockigkeit zu mildern (was nur zeitweilig gelingt, wie der Leser weiß). Vergleicht man den frühen Idefix mit seiner heutigen Variante, nach einem evolutionären Vorgang, den viele Comic-Figuren durchmachen, hat er zusammen mit Asterix und Obelix einen guten Teil seiner ursprünglichen Knuffeligkeit und Knubbeligkeit verloren. Mit mehr Kontur und mehr Gesicht kann der heutige Idefix viel besser schauspielernd ins Geschehen eingreifen.
Eines der Geheimrezepte von ASTERIX ist der Vergleich mit der Gegenwart, die für den Leser zum Zeitpunkt, als die Tour de France entstand, schon wieder Vergangenheit ist. Nichtsdestotrotz haben einige Gesetzmäßigkeiten und Lebensarten überdauert. Im redaktionellen Anhang wird auf die französischen Wirtschaftswunderjahre eingegangen, in denen sich diese Phänomene entwickelten (und die sich bis heute gehalten haben). Und die Tour de France selbst wurde zum Rezept. Reisen innerhalb und außerhalb des Landes haben sich schnell durchgesetzt, das Kennenlernen spezifischer Weggefährten ist mittlerweile fester Bestandteil. Einige der Figuren sind unvergesslich.
Uderzos Originalzeichnungen und Obelix als Marke. Nicht nur die gepriesene Umsetzung von Goscinnys Vorgaben ist bemerkenswert, sondern auch die überaus präzise Tuschearbeit Uderzos, dem es gelingt, auf einer einzigen Seite das Lebensgefühl Lutetias auf Papier zu bannen. Es wimmelt, es ärgert sich, es lebt regelrecht im gezeigten Straßenverkehr, der die Verhältnisse eines modernen Paris auf die Vergangenheit überträgt, als Pferdefuhrwerke und Ochsenkarren einander das Wegerecht in den Straßen und Gassen der antiken Großstadt streitig machen. Obelix wird darüber hinaus von vorn, hinten und seitlich präsentiert und somit als Marke amtlich vorgestellt. Für den Leser vergnüglicher ist der Stammbaum des properen Galliers, dem noch einige charakterstarke Nachfahren folgten.
Auch in der Menge der bislang erschienen Abenteuer immer noch einer der Höhepunkte der Serie, die gleichzeitig den ungeheuren Erfolg erklärt. Der feine satirische Blick auf die Menschen, Marotten und Zustände eines Landes ist stets pieksend wie liebevoll, nie streng, immer humorig und augenzwinkernd und die Einführung eine der feinsten Nebenfiguren der Comic-Geschichte dürfte zu den sinnigsten und schönsten gehören, die das Medium zu bieten hat. Ganz, ganz toll. 🙂
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Samstag, 20. Juni 2015
1865. Kap von La Hague. In einem neuen Kohlekraftwerk produziert Frankreich Energie, um mit den neuartigen Glühbirnen den Westen des Landes künftig beleuchten zu können. Die Zukunft ist in der Gegenwart angekommen. Die Besucher, auf einem eigens geführten Kurs durch die Anlagen, kommen aus dem Staunen nicht heraus. Einer interessiert sich noch ein wenig mehr für das Innenleben des riesigen Komplexes. Er macht sich alleine auf den Weg, sondert sich vom Rest der Gruppe ab und entdeckt bald das, wegen dem er die gefährliche Mission auf sich genommen hat. Der Fund bleibt nicht die einzige Überraschung für den verkleideten Mann. Kurz darauf starrt er in die Mündung einer Schusswaffe.
Frankreich rüstet zum Angriff auf das Britische Königreich. Autor Fred Duval betreibt mit dem HAUTEVILLE HOUSE 11 eine Zuspitzung der Ereignisse. Die Akteure stellen allesamt vor schwierigen Entscheidungen, denen sehr bald Taten folgen, die in für den Leser dramatisch krachenden Auseinandersetzungen münden. Das Titelbild von Manchu gibt einen Hinweis auf die Auseinandersetzung in der zweiten Hälfte des vorliegenden Abenteuers. Einfallsreiche Maschinen, kriegerisch genutzt, schreiten, fliegen, rasen in die Schlacht. Aber das ist nur die eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite bringen sich die Figuren schachgleich in Stellung, wird spioniert, während Gefühle hinten angestellt und den Umständen untergeordnet werden müssen.
Fred Duval orientiert sich mit dem Fortgang der Ereignisse an reale Begebenheiten des Zweiten Weltkriegs. Im Gegensatz zur originalen Historie haben sich die Machtverhältnisse deutlich verschoben, auch ist die Technik in vielerlei Hinsicht ihrer (genauer: unserer) Zeit voraus. Es ist eine Atmosphäre, die mittlerweile deutlich über den oft und gern herangezogenen Jules Verne und seine Ideen hinaus führt. Man möchte die Hintermänner mit einem Dr. Mabuse vergleichen. Sie gipfeln im Kaiser Napoleon III. und einem grimmigen Wissenschaftler. Beide können ohne technische Hilfsmittel einem halbwegs normalen Leben nicht mehr nachkommen. Entmenschlicht geradezu treiben sie wie ein unseliges Zwillingsgespann ihre mörderischen und größenwahnsinnigen Pläne voran.
Victorianisches Aufrüsten. In einer industriell revolutionären Epoche lassen auch die Waffen nicht lange auf sich warten. Hier finden sich Parallelen zu Erzählungen von Alan Moore, The League Of Extraordinary Gentlemen. In Fabrikhallen, die das Auge einfangen, gestaltet Zeichner Thierry Gioux, einen Ansatz einer bald aus allen Nähten platzenden Kriegsmaschinerie. Einen Vorgeschmack erhält der Leser in der zweiten Hälfte, wenn Gioux filmisch zeigt, wozu die manchmal bizarre Technik bereits zu diesem Zeitpunkt in der Lage ist. Ein zigarrenförmiges Luftschiff allein mag nicht sonderlich bedrohlich wirken. Eine Armada hingegen kann schon das Fürchten lehren und mit seinen Waffenarsenalen großen Schaden anrichten.
Die schöne technische Ausstattung gefällt weiterhin mit einer strikten Designlinie. Nicht nur Luftschiffe, die der Leser bereits sehr früh in der Serie bewundern durfte, reihen sich in die technischen Spielereien ein. Eine Lokomotive, ein Monster auf Schienen, ein neumodisches Motorrad, Angriffsraketen, Raketenrucksäcke, Flügelmenschen oder jenes gigantische Angriffsvehikel, das so auch in einer Hollwood-Produktion aufmarschieren könnte, bevor ein amerikanischer Archäologe ihm den Garaus macht. Hier sind es Truppen des HAUTEVILLE HOUSE, die mit allen Mitteln und voller Siegeswillen zur Tat schreiten.
Steigerungen von Abenteuer zu Abenteuer. Auffällig ist die sehr gelungene und schöne Anzahl von Wendungen, die einen die Geschichte in einem Rutsch durchlesen lassen. Sehr ausgewogen fällt die Mischung aus persönlichen Anekdoten und Aktionseinlagen aus. Fred Duval behält seinen Einfallsreichtum bei und überrascht mit einem feinen Cliffhanger und einem ganz besonderen Stargast. Sehr gut. 🙂
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Dienstag, 16. Juni 2015
John Tiffany befindet sich in Mexiko City. Er sitzt gerade bei einer Mahlzeit im Restaurant, als ein Mann den Raum betritt und bei Tiffany die Neuigkeit wach hält, man habe ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt. In dieser ungewohnten Situation behält John Tiffany die Nerven, was leider noch nichts an der noch ausstehenden Lösung des Problems ändert. Denn es bleibt nicht bei einem Jäger und schon lange nicht bei einer Kanone. Kurz darauf wird Mexiko City zur Kulisse einer wilden Verfolgungsjagd. Die Verfolger sind gut. Sie sind schnell. Sie kennen sich mit Feuerwaffen aus und sie sind in Mexiko zuhause. Aber John Tiffany ist in allem etwas besser und ihm ist egal, wo er sich befindet.
JOHN TIFFANY ist ein Lebemann, einer, der das Milieu mag, in dem er verkehrt, obwohl er dies nicht offen zugeben würde. Seinem Verhalten nach zu urteilen, ist er eher zufällig auf der richtigen Seite gelandet. Es hätte auch anders kommen können. Vielleicht sind es die vier guten Menschen, die er auf der Habenseite verbucht, die ihn in der Spur halten. Nur leider, John Tiffany kämpft noch mit diesem Gedanken, muss einer dieser vier Menschen, denen er bislang vertraut hat, ihn jüngst für ein horrendes Kopfgeld (das wohlgemerkt auf seinen eigenen Kopf ausgesetzt war) verraten haben. Stephen Desberg, ein Comic-Autor, der thematisch sehr breit aufgestellt ist, greift hier eine Sorte von Beruf auf, die relativ selten in Thrillern, häufiger in Western abgerufen wird. Doch, wie es sich nach wenigen Seiten zeigt, haben Kopfgeldjäger einiges zu bieten.
JOHN TIFFANY ist ein markiger Charakter, der mit den Zügen eines Hollywood-Schauspielers ausgestattet ist (Jon Hamm). Er liebt schnelle Autos, Nutten, da er die Frauen auf diese Weise so aussuchen kann, wie sie ihm gefallen. Und manchmal bekommt er mehr und anderes, als er erwartet hat. Er hat auch ein Gewissen. Reverend Lovejoy, dem Aussehen nach mit Morgan Freeman verwandt, rückt die schlechten Gedanken Tiffanys wieder ins rechte Licht. Wenn es ihm nützt, lässt Tiffany auch schon mal alle Fünfe gerade sein, andernfalls würde er sich nicht mit einer bekennenden Rassistin wie Dorothy Parker abgeben, die allein schon durch ihr äußere Erscheinung deutlich macht, dass sie ein Fan von Sarah Palin ist. Dank Dan Panosian sind die Figuren sehr gut diversen Vorbildern nach empfunden. Stilistisch eigen, technisch zwischen flott und haargenau bestens abgewägt, geben die Bilder das Thrillerszenario für den Leser bestens wieder.
Dan Panosian erinnert technisch ein Stück weit an Tacconi (Gentlemen GmbH), Philippe Francq (Largo Winch) und Eduardo Risso (100 Bullets). Wie die Innenseiten beweisen gehört Panosian in diese Riege hinein, da er wie seine Kollegen es beherrscht, bereits sehr ausdrucksstark in einer reinen Schwarzweißvariante seiner Grafiken zu sein. Panosian zeichnet etwas kantiger als Tacconi, liebt aber ebenso den organischen Tuschestrich. Er ist bei aller Intuition so exakt wie Francq und hat nicht selten ein ebenso gutes Händchen für Licht und Schatten wie Risso. Mit letzterem Kollegen teilt sich Panosian auch das Talent und Auge für besonders gemein aussehende Gangster oder auch, wie hier, Terroristen.
Stephen Desberg hat einen Halunken erschaffen, ganz im Sinne eines Parker von Donald E. Westlake, nur eben auf der richtigen Seite des Gesetzes stehend. Ein Männerbild, das immerhin in der erwähnten Inkarnation verschiedene Verfilmungen über mehrere Jahrzehnte verteilt überlebt hat. Stephen Desberg gibt diesem männlichen Archetypen noch eine ordentliche Prise Sympathie und Menschlichkeit mit, so dass es absolut schwer ist, sich dem Charme von JOHN TIFFANY zu entziehen. In einer anderen Epoche wäre JOHN TIFFANY roter Korsar oder Musketier geworden.
Die Handlung bewegt sich rund um den Erdball, packt beständig tagesaktuelle Themen an, legt eine prima Mischung zwischen der Action Mann gegen Mann und einigen Sequenzen hin, die den Halunken JOHN TIFFANY zu einem verzweifelt liebenden Mann machen, der sich wie jeder andere auch in eine unglückliche Liebe verrennen kann. Allerdings hat auch nicht jeder Mann ein derartiges Pech aus einem großen Korb Äpfel den schönsten herauszufischen, auf den jemand anderes jedoch bereits Anspruch erhebt. Nicht nur das. Der Konkurrent hat auch genügend Fäuste zur Verfügung, damit seine Argumente regelrecht eingehämmert werden.
Der Auftakt des Vierteilers ist ein kugelrundes Szenario mit einer gut aufgestellten Hauptfigur. Stephen Desberg zieht alle Thrillerregister, weiß, wie und wann er den Leser packen kann: Knarren, schnelle Wagen, schöne Frauen, ein smarter Held mit Herz. Das passt! 🙂
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Samstag, 13. Juni 2015
Schimpansen sind weniger wert. Schimpansen müssen arbeiten. Orang-Utans denken. Gorillas kämpfen und sorgen für Ordnung. Die Affengesellschaft ist streng untergliedert. Jeder ist an dem Platz, an den er gehört. Eine große Katastrophe, die Affenstadt heimsucht, rüttelt an den Grundfesten dieser Ordnung. Lange schon schwelte ein Konflikt. Nicht alle waren mit dieser über die Jahrhunderte gewachsenen Ordnung zufrieden. Affe tötet niemals Affe, Affe sperrt Affe ein. So sehr der Affe die Relikte einer vergangenen menschlichen Zivilisation ablehnt, verbirgt, leugnet, so sehr ist er doch bereit, viele ihrer Regeln und Verhaltensweisen zu übernehmen und gleichzeitig alles zu verteufeln, was angeblich menschlich ist. So lange Mensch nur ein dummes, stummes Wesen ist, geht diese Taktik auf. Aber was wäre wenn es Menschen gibt, die jene lange Periode nach dem großen Krieg überdauert haben … Menschen von einst.
Eine Zeitenwende, die sich gut in die bestehenden Kinoabenteuer einfügt. Taylor, der Astronaut, der so viel Unruhe in die Affengesellschaft brachte, ist noch nicht gelandet, dennoch herrscht ein gewisser Unmut. Affe tötet zwar nicht Affe, von Gleichberechtigung sind Gorillas, Orang-Utans und Schimpansen aber weit entfernt. Die Autoren Gabriel Hardman und Corinna Bechko unterwerfen die Affengesellschaft weiteren Katastrophen, lassen einen geheimnisvollen Feind auftauchen und stellen Doktor Zaius, jenes unerbittliche Ratsmitglied, das später dem Astronauten Taylor das Leben schwer machen wird, zunehmend in den Mittelpunkt eines apokalyptischen Szenarios. Am Ende, hieran kann kein Zweifel bestehen, ist die Motivation von Zaius gegenüber den Menschen absolut nachvollziehbar.
Katastrophen. Ein großes Wort und leicht dahin gesagt. Das sich hier abspielende Feuerwerk, in einer Inszenierung, ganz im Geiste der Originalkinoserie, die zwar effektiv war, trotzdem auf ihr Budget Rücksicht nahm, bricht wie ein erbarmungsloser Sturmwind über die Affenstadt und die Umgegend ein. Die Zerstörung nimmt auf niemanden Rücksicht, weder auf Affen noch Menschen. Die Verzweiflung der Affen wird in verschiedenen Sequenzen gezeigt. Neben der großen, alles übergreifenden Katastrophe sind die persönlichen einiger Figuren die traurigsten und runden letztlich den Charakter von Doktor Zaius noch weiter ab. Der Orang-Utan bewahrt eine seltsame Ruhe, unter der es brodelt und dank seines kühlen Kopfes und seiner Intelligenz übernimmt er die Führung in einer Struktur, in der es sich beweist, dass Gorillas mit Haudrauf-Mentalität bei weitem nicht die perfekten Anführer sind.
Die Art der Zeichnungen von Damian Couceiro erinnern stellenweise an einen sehr frühen Mike Mignola (Fafhrd und der graue Mausling), als dieser noch lange nicht seinen reduzierten Stil gefunden hatte. Und sie führt mit ihren feinen Linien, einem stilisierten Ausdruck, in dem nichts unnötig hinzugefügt wird, in einen steten Lesefluss. Die Augenführung wird nur so lange aufgehalten, bis die Dialoge erfasst sind. Das hat bestenfalls einen filmischen Charakter und baut die Atmosphäre der alten Filmserie packend in einen modernen Comic ein. Das optische Szenario ist durchweg dramatisch düster. Weltuntergangsstimmung herrscht farblich in der ersten Hälfte vor (schöne Kolorierung von Darrin Moore), während die zweite Hälfte in einer shakespeareartigen Grundhaltung aufgeht, nicht nur mit Überraschungen aufwartet, sondern sich stark auf die Figuren konzentriert.
Gabrel Hardman und Corinna Bechko greifen Aspekte des zweiten Teils der damaligen fünfteiligen Filmreihe auf, als es hieß: Rückkehr zum Planet der Affen. Damals fing die zweite Folge schon die Science-Fiction-Auffassung der 70er Jahre ein, etwas schriller in seinen Effekten, etwas poppig gruseliger in seiner Optik, als es zuvor gehandhabt wurde. Damian Couceiro findet auch hier den richtigen Strich, damit diese alte Dystopie gut in die Neuzeit hinübergerettet wird. Das Stichwort lautet hier: Strahlenverseuchung. In einer grafischen Ausrichtung, die etwas reduziert, funktioniert das ausgezeichnet.
Tolle Fortsetzung der ZEITENWENDE, stimmig in die Gesamtgeschichte des PLANETEN DER AFFEN eingegliedert, ein Wiedersehen mit alten Bekannten wie Doktor Zaius, Cornelius, Zira und anderen inklusive. Feine Zeichnungen von Damian Couceiro fangen die Originalatmosphäre ein. Die Kenntnis des ersten Teils ist Pflicht. Nicht nur, aber ganz besonders für Fans dieser SciFi-Universums. 🙂
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Donnerstag, 11. Juni 2015
Manchmal wächst zusammen, was zusammen gehört, obwohl die Beteiligten sich dessen gar nicht bewusst sind. Herr Grimmig, seines Zeichens Pressefotograf, ist zu lange im Geschäft, um sich von einem Grünschnabel etwas vormachen zu lassen. Und schon gar nicht will er mit einem zusammenarbeiten. Zu seinem Unglück hat nicht er, sondern sein Chef, Herr Vorschnell, das letzte Wort in dieser Angelegenheit. LUC JUNIOR hat nämlich eine hervorragende Idee, damit die kleine Tageszeitung DER SCHREI mehr Leser gewinnt. Dafür braucht es nur eine ungewöhnliche Reportage. Warum also nicht den Lesern einmal erzählen, wie das Leben eines Pressefotografen aussieht? Herr Grimmig ist nicht nur nicht von dieser Idee angetan, er versucht auch Luc möglichst schnell loszuwerden, indem er mit einem sehr langweiligen Hobby prahlt. Da macht Luc eine spannende Entdeckung.
Das Fenster zum Hof gibt des Ausschlag. Der Versuch von Herrn Grimmig den Jungen Luc loszuwerden, gipfelt in einem Kriminalfall der lustigen Sorte. Das Comic-Dream-Team Albert Uderzo und Rene Goscinny hatten vor ihrem riesigen Erfolg mit ASTERIX noch weitere Figuren erfunden und ebenso liebevoll beschrieben und bebildert (so z.B. Pitt Pistol und den wunderbaren Umpah-Pah). Hier bringen sie ein ausgewogenes Trio aus dem Jungen Luc, dem Pressefotografen Herrn Grimmig und Lucs Hund Alfons an den Start. Eine Redaktion zum Thema zu machen und Reporter für Geschichten zu verwenden, ist nicht nur ein bekannter Ansatz aus der großen comicalen Zeit der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts, er liefert auch die besten Ausgangspunkte für ständig neue Abenteuer, denn für einen Reporter, so die grundsätzliche Aussage jener Tage, ist alles möglich.
So liest sich die Liste der Abenteuer aus heutiger Sicht fast schon wieder modern. Amerika war damals ein beliebtes Reiseziel für Neugierige, aber Luc, Grimmig und Alfons verschlägt es zudem in gefährliche Situationen mit Knackis, südamerikanischen Ureinwohnern, den Marsmenschen und schiffbrüchig auf hohe See. Letztere Geschichten müssen ohne Hund Alfons auskommen. Festgestellt sei jedoch, dass die beiden Comic-Macher bereits zu jener Zeit eine Vorliebe für schwarzweiße Hunde hatten, wenngleich Alfons mehr in die Kategorie Deutsche Dogge fällt, während Idefix, der ständige Begleiter von Obelix mehr den zwergwüchsigen Hunden zuzuordnen ist.
Offensichtlich ist die Tatsache, dass Goscinny und Uderzo die Geheimzutaten für eine feine, abwechslungsreiche und humorvolle Geschichte sehr früh beherrschten. Ein geordnetes Unterfangen schlägt schnell in Chaos um. Zwei bis drei Individuen stellen sich der Gefahr. Alfons fallen hier und dort entsprechend wichtige Aufgaben zu, manchmal darf er sich auch damit begnügen, mit einer Zwingernachbarin zu flirten. Da tuckern die beiden mit stürmischen 35 km/h quer durch die Vereinigten Staaten oder kehren mit einer fliegenden Untertasse zur Erde zurück. Als Cineast fühlt man sich an Komödien und Szenarien erinnert, die erst in den 70er und 80er Jahren die französischen Leinwände eroberten. Als spezielle Zutat, die in ASTERIX zu einem Markenzeichen wurde, ist der Einsatz karikierter echter Menschen, hier in Form von Morris und Goscinny höchstselbst.
Albert Uderzo, ein großes Zeichentalent, darf hier weitere Auszüge aus seinem Schaffen präsentieren. Koloriert sind seine Seitenbildern schön anzuschauen, doch die rein getuschten Arbeiten, die hier bestaunt werden dürfen, hinterlassen noch mehr Eindruck und vermitteln noch stärker das Können, mit dem Uderzo damals zu Werke ging. Neben den Beschreibungen eines lange zurückliegenden Künstlerlebens, Musterarbeiten gibt es einen Ausflug von Uderzo in ein realistisch ausschauendes Comic-Abenteuer zu begutachten. Großwildjäger Bill Blanchart wandelt auf den Thrillerspuren von Serien wie Bruno Brazil, die auch diese Richtung einschlugen. Hier versuchten Goscinny und Uderzo das Zusammenspiel auf diesem Terrain. Für Uderzo war es auch eine Art Probelauf, so empfahl er sich für Die Abenteuer von Tanguy und Laverdure, die er wenige Jahre später an der Seite von Jean-Michel Charlier zeichnete.
Ohne Tretboot in Seenot. Rene Goscinny hat sich mit seinen Ideen beinahe als Visionär erwiesen. Die spätere reale Abenteuerlust der Entdeckungsreisen und die Erprobung menschlicher Leistungsfähigkeit wird hier schön mit Freiwillig schiffbrüchig vorgeführt. Gleichzeitig veralbert hier besonders (auf ganzer Länge sowieso) den Sensationsjournalismus, der keine Mittel und Wege scheut, um eine Story abzuliefern, die dazu dient, die Auflage zu steigern.
Zwei Riesentalente dürfen hier von neuen und alten Lesern wieder entdeckt werden. Der Humor ist auch noch Jahrzehnten jung, die technische Kulisse weckt nostalgische Gefühle, die Zeichnungen selbst, die Erzählungen sind jung geblieben, sind perfekt. An den Mustern zu ihrer Entwicklung ist eine Arbeitsweise erkennbar, die heute noch aktuell ist. 🙂
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Dienstag, 09. Juni 2015
Golden City, die schwimmende Stadt auf dem Meer, hat nicht nur Freude. Schon häufiger war sie das Ziel von Begehrlichkeiten. Nun soll sie der Rache wegen im Meer versinken. Ein ausgeklügeltes Attentat soll dafür sorgen. Der Plan ist schnell entworfen, die Chance erkannt, der Attentäter angeheuert. Eigentlich kann nichts mehr schief gehen. Eigentlich … Der junge Daytona weiß von alldem nichts, noch will er mit dergleichen Plänen etwas zu tun haben. Sein Ziel ist die Teilnahme am neuen riesigen Rennvorhaben GOLDEN CUP, das einmal rund um die Welt führt. Mitmachen kann jeder, Profis und Amateure, auch solche, die Profiunterstützung haben. Daytona kann sich dank seines Trainers auf mehrere alte Herren des Motorsports stützen, die in ihren goldenen Tagen, jeder auf seinem Gebiet, eine Menge Preise und Rennen gewonnen haben.
Ein Spektakel, in jeder Hinsicht. Daniel Pecqueur, der zusammen mit Nicolas Malfin das GOLDEN-CITY-Universum erfunden hat, liefert mit GOLDEN CUP sozusagen ein Prequel zur ersten Serie ab. Statt des später im Zentrum stehenden Industriemagnaten Harrison Banks steht seine Mutter im Zentrum der Macht. Aber ein junger Rennfahrer namens Daytona rutscht immer weiter, ohne es zunächst recht zu bemerken, in die Intrigen und Machtspielchen hinein. Das größte Rennen, das jemals stattgefunden hat, in einer Welt, die dank des Verlusts von Erde an die See eine enorme Veränderung erfahren hat. Die Reichen haben sich ihre Rückzugspunkte geschaffen, zu denen auch GOLDEN CITY gehört. Die Armen hausen in den Resten der alten Welt und viele von ihnen kennen es nicht einmal mehr anders.
Alain Henriet darf mit Daytona einen klassischen jungen Helden zu Papier bringen. Drahtig, sympathisch, andere begeisternd, ein Luke Skywalker in anderem Gewand, nur nicht ganz so schüchtern, was Frauen betrifft. Die scheinen ihm ebenso zuzufallen wie das Autofahren. Sitzt er hinter dem Steuer, erfolgen die nötigen Verhaltensweisen automatisch. Ein kleiner Vorgeschmack dieses Instinkts zeigt sich während des Trainings, das letztlich nur einen Bruchteil dessen andeutet, was auf den Leser noch zukommen wird. Mit einem leicht mangaesken Gesicht ist Daytona die perfekte Projektionsfläche auch für jüngere Leser.
Großartiges Design. Die beiden Künstler Alain Henriet und Manchu liefern mit dem versammelten Fahrzeugen eine Design-Praline nach der anderen ab. Ein herausragendes Merkmal von GOLDEN CUP wie von GOLDEN CITY sind die höchst exakten Zeichnungen mit einer ebensolchen Kolorierung. Hochglanz, Rundungen, knackige Farben, Bilder wie Skizzen aus der Zukunft verwöhnen das Auge regelrecht. Die Startreihe der am Rennen teilnehmenden Fahrzeuge ist beeindruckend orchestriert mit grundverschiedenen Formen und auffallenden farblichen Designs. Der Auftakt des Rennens, passend zum Wortspiel Orchester, erinnert an die Aufgaben, die ein Spieler in einem Computerspiel absolvieren müsste, in einem Parcours mit höchstem Schwierigkeitsgrad. In perfekt choreographierter Action erlebt der Leser den Beginn des GOLDEN CUPS wie auf einer Kinoleinwand.
Daniel Pecqeur verbeugt sich mit dem Duo Daytona und dem alten Stirling Sullivan vor ähnlichen Teams, die sich zuvor dem Rennen als solchem verschrieben haben. Es gibt eine Erkennen von Parallelen, aber auch das eindeutig größere Entdecken von Kleinigkeiten abseits der Rennstrecke, dort, wo all die Vorbereitungen zur Sabotage dieses gigantischen Unterfangens laufen. Für Freunde sehr technischer Grafiken sind diese Szenarien ganz besonders lesenswert. Nicht nur ein Bösewicht treibt sein Bemühen voran. Ein weiterer, dem Leser bereits bekannter, hat sich ganz seiner Rache verschworen und dank seiner Schwester, kommt er diesem kalt servierten Gefühl ein solides Stück näher. Mehr soll nicht verraten werden, aber zweifellos spielt Daniel Pecqeur mit einigen Gegebenheiten, die bereits ähnlich auf unserem Planeten zu finden sind.
Glasklare Sci-Fi mit ebensolcher Optik. Daniel Pecqeur baut die Spannung vor dem Rennen spitze auf und lässt es mit den ersten Zusammenstößen richtig krachen. Perfekt illustriert vom Team Henriet, Schelle, Rosa und Manchu. Wer schon GOLDEN CITY mochte, liegt mit GOLDEN CUP goldrichtig. 🙂
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Donnerstag, 04. Juni 2015
Die Tote liegt auf dem Rücken in der mit Wasser gefüllten Badewanne. Ihre Augen sind weit aufgerissen, sekundäre Geschlechtsmerkmale ragen aus der Wasseroberfläche. Die Umstände lassen auf einen Unfall schließen. Doch Inspektor Romane Pennac hat eine andere Vermutung. Leider liegt sie mit ihrer Annahme nicht im Trend der Ermittlungen. Offensichtlich soll die Tote als Unfallopfer durchgehen und weitere Fakten, die auf einen anderen Hergang hindeuten, sind gar nicht erwünscht. Pennac, die als einzige Weiße und auch noch als Frau einen schlechten Stand auf dem Pariser Polizeirevier hat, gelingt es schließlich noch, ihren Chef auf ihre Seite zu ziehen. Da naht bereits der nächste Fall, weitaus ungewöhnlicher als der vorherige.
Die Welt hat sich selbst geschafft. Die westliche Welt ist unter GRÖSSER, HÖHER, SCHNELLER, WEITER zusammengebrochen. Einwanderer aus Afrika haben ihren Platz in Europa und Amerika eingenommen. Weiße, wie die junge Polizistin Pennac werden eingestellt, um möglichen Vorwürfen wegen Rassismus vorzubeugen. Vieles, was einst zur Normalität des Alltags zählte, ist zu etwas Besonderem geworden. Fliegen gehört dazu. Von den Tagen, als es zu Dumpingpreisen erschwinglich für nahezu jedermann war, ist man nun weit entfernt. Öl ist eine Kostbarkeit. Und nicht nur aus diesem Grund sind Autos im Straßenbild Mangelware. Das Pferd erobert sich den mangelhaften Asphalt zurück. Die Reparatur der Schlaglöcher ist durch die öffentliche Hand kaum bezahlbar.
Hoffnungsschimmer durch neue Technologien. Allerdings werden auch Begehrlichkeiten krimineller Art geweckt. Inspektor Pennacs Bruder arbeitet für einen Konzern, der die Methanproduktion revolutioniert und ein Vielfaches der üblichen Mengen produzieren kann. Pennac hätte sich nie dafür interessiert, hätte nicht eine ominöse Botschaft dafür gesorgt, ihr eine Reise in die Vereinigten Staaten zu bescheren. Die Erzähler Leo und Corine Jamar bauen den Spanungbogen langsam auf. Wer bisherige Veröffentlichungen von Leo kennt, weiß, dass er sich gerne herantastet und der Umgebung seiner Geschichten einen hohen Stellenwert beimisst. Entsprechend darf sich die veränderte Erde entfalten, durch die Aktionen ihrer Menschen, aber eben auch in hohem Maße durch die Blicke auf jene Welt, wie sie uns heute in mancherlei Hinsicht so düster vorhergesagt wird. So bebildert, erhöht sich die Aussagekraft von derlei Vorhersagen dramatisch, vor allem, da sie nicht mit den zerstörerischen Ideen eines Roland Emmerich daherkommen, sondern allenfalls ein, zwei Schritte näher an den viel beschworenen Abgrund.
Fred Simon zeigt seine Kunstfertigkeit bereits auf dem Titelbild. Die Feinarbeit dort setzt sich nahtlos im Innenteil fort, feinste Striche, wie sie auch Leo selbst bevorzugt (wenn er gleichzeitig die grafische Arbeit übernimmt). Allerdings verlässt Fred Simon im Gegensatz zu Leo bei der Darstellung der Menschen den Realismus. Körperlich orientiert er sich schon am Original, in den Gesichtern spielt er gerne mit einer leichten Karikatur, setzt verschiedene Stilmittel ein, europäische wie asiatische und mischt dies zu einem ganz eigenen Werk. Die Rückentwicklung oder auch Reanimation bestehender Technik liefert tolle Vorlagen für die Bebilderung dieser Zukunft. Bei der Ankunft Pennacs in New York werden viele Leser bestimmt sofort an kubanische Straßenansichten denken, sind doch viele Fahrzeuge aus den 50er Jahren umgerüstet worden, um mit anderweitig verfügbaren Treibstoffen als Öl gefahren werden zu können.
Liebevolle Umsetzung. Von Paris hinaus in die Welt. Der Schluss schmeißt den Beginn komplett um. Wer zu Anfang noch einen Krimi in leicht futuristisch desolater Kulisse erwartete, wird mit dem Schluss gehörig überrascht. Plötzlich steht der Leser einem globalen Fall gegenüber, der Anklänge von Seaquest nicht verhehlen kann (Stichwort: Darwin). Eine liebevoll gezeichnete und erzählte Schlusssequenz ist nicht nur toll zu lesen und anzuschauen, sie macht auch sehr neugierig auf die Fortsetzung.
Der gelungene Anfang eines dystopischen Thrillers in der nahen Zukunft, realistisch genug erzählt, um möglich zu werden. Leo und Corine Jamar streuen viele unterhaltsame Details ein, die Augen aufzumachen lohnt sich in den Kulissenansichten, denn es gibt viel zu entdecken, eine Art gezeichneten Subtext. Fred Simon zeichnet in einer Mischung aus Manga-Style und Herge, erfrischend klar und exakt. Für Freunde feiner SciFi-Szenarien sehr zu empfehlen. 🙂
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Mittwoch, 03. Juni 2015
Ein Plan will gut vorbereitet sein, ein Spitzel gut bezahlt, dennoch ist es hilfreicher seinen Auftraggeber auch zu kennen. Je gefährlicher die Aufgabe zu werden droht, desto wichtiger kann solches Wissen sein. Furchtlos geht KOGARATSU seinem Treffen mit dem Kunden entgegen und ist am Ende überrascht, wer da in der Hütte auf ihn wartet. KOGARATSU zeigt tatsächlich eine Gemütsregung, die etwas an Schüchternheit erinnert. Zurückhaltung ist auch sonst seine Art, aber wenn es um sein Privatleben geht, wird er auf ungewohnte Weise unsicher. Da ist es gleich besser, sich hinter einer grantigen Fassade zu verstecken und die helfende Frau an seiner Seite mit ihrem Spott ins Leere laufen zu lassen.
Nach einem sehr düsteren und mysteriösem 13. Abenteuer ist KOGARATSU wieder geradliniger und mit klar umrissenem Auftrag unterwegs. Die Rettung des Jungen TARO ist echte Samurai-Arbeit und es benötigt Ehre, Hinterlist und Mut, auch eine Spur Glück, um ans Ziel zu gelangen. KOGARATSU wird mit seiner Vergangenheit konfrontiert und erhält eine Rettungsmission zugeteilt, weil er der einzige ist, dem die junge Frau Ishi noch trauen kann. Ein Kind ist in das Zentrum politischer und wirtschaftlicher Machtspiele geraten. Die Atmosphäre versetzt den Leser sofort in Sphären von Shogun oder Lone Wolf und Cub. KOGARATSU, mit stählernem Charakter versehen und durchaus ein Einzelgänger, hat in dieser Folge außerdem einen Sidekick, den Jungen nicht mitgerechnet.
Bosse entwirft mit dem titelgebenden TARO ein ganz normales Kind, das einfach nur zu seiner Mutter will und gelernt hat, Erwachsenen zu misstrauen. So stehen für KOGARATSU nicht nur die Rettungsaktion auf dem Plan, vielmehr will auch ein wenig Erziehungsarbeit geleistet werden. Gegen einen Gegner wie Daimyo Zenjiro, dem eine große Truppe zur Verfügung steht, damit er des Jungen wieder habhaft wird, braucht es denn auch eine hohe Nervenstärke, um diese Aufgaben in Ruhe zu erfüllen. Ein Samurai verfällt nicht in Panik. KOGARATSU ist ein Paradebeispiel für diese These.
Der Tuschestrich von Künstler Michetz ist weich, pinselartig aufgetragen für die Schatten und erinnert, wenn er nicht ganz so exakt an einen sehr frühen Jean Giraud. Michetz lässt gerne etwas aus, abstrahiert ein wenig in den japanischen Gesichtern, karikiert die Bösewichter ein wenig wie den Gegenspieler von KOGARATSU, Daimyo Zenjiro, der einer Fantasie von James Clavell (Shogun) entsprungen sein könnte. KOGARATSU ist nicht gerade der große Lächler, er ist mehr ein japanischer Clint Eastwood. Sein Kontrahent Zenjiro lächelt häufiger, sein Gesicht ist sehr aussagekräftig gestaltet. Als tragende Rolle ist hier viel mehr Schauspiel abzulesen. Sympathisch macht ihn das natürlich nicht, aber sehr interessant. Bereits früh enthüllt sich Zenjiros wahrer Charakter und die Menschenverachtung, mit der er zu Werke geht.
Das Farbenspiel, über die gesamte Länge des Abenteuers hinweg, schafft zu Beginn die Atmosphäre eines Westerns. Orange, Rot und Brauntöne vermitteln die Hitze über dem Land, bevor es dunkler wird und KOGARATSU in der Nacht zuschlägt und andere Lichter maßgeblich werden. Orangegelbe Laternen erhellen wie Sterne auf dem Fluss die Nacht. Schnelle filmische Perspektivwechsel ziehen den Betrachter in die dramatische nächtliche Jagd hinein. Danach gibt es eine farbliche Verschnaufpause. Inhaltlich menschelt es kurz, Begegnungen setzen Wendepunkte. KOGARATSU und TARO lernen einander zu respektieren und schließlich zu mögen.
Eine sehr runde Geschichte mit schönen Wendungen und der Figur des Jungen TARO, der ein tolles Gegengewicht zu KOGARATSU bildet und diesem so ein paar ganz neue Seiten abgewinnen kann. Stimmungsvoll illustriert und geschickt erzählt. 🙂
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