Ein guter Tag zum Sterben. Kalimbo, der Elefantenbulle, ist alt. Er hat ein langes Leben gelebt und nun gilt es, seine Familie vor den Folgen seiner greisen Tage zu verschonen und den Elefantenfriedhof aufzusuchen, wo er in Ruhe sein Ende erwarten kann. So ein Weg quer durch die afrikanische Steppe ist weit. Kalimbo hat viele Tiere kennen gelernt, sein Ruf eilt ihm längst voraus. Dem alten Elefantenbullen macht niemand mehr etwas vor. Makoussa, ein alter Löwe, bietet dem wuchtigen Freund an, ihn auf seiner letzten Wanderschaft zu begleiten.
Didier Crisse (Autor) und Fred Besson (Zeichner, Kolorist) sind mit Atalante zu einem der Traumduos unter den Comic-Machern aufgestiegen. Konnte man bislang in Atalante einen Hang zu Disney-Design nur entdecken, ist das Vorbild König der Löwen, überhaupt die ganze tierische Seite des großen amerikanischen Unterhaltungskonzerns deutlich sichtbar. Wer den Löwen auf dem Titelbild sieht, wird sofort vergleichen. Das schadet aber in keiner Weise, denn Crisse und Besson ringen dem Thema eine Qualität ab, die sich nicht vor den Kinovorbildern verstecken muss, eher übernimmt sie in gedruckter Form selbst Vorbildfunktion.
Hier gibt es keinen Unterschied zwischen der grafischen Qualität von Titelbild und Innenseiten. Der erste Auftritt von KALIMBO, weit entfernt von Herde stehend, mit stechendem Blick, abweisend, damit ihm auch ja niemand folgt und der Abschied leichter fällt, ist einfach toll inszeniert. Die weißen Augenbrauen sind das I-Tüpfelchen auf dem Design des Elefantenbullen, der insgesamt so perfekt gestaltet ist, dass man seinen grummelnden Tonfall vom Papier her zu hören vermag. Das ist sicherlich übertrieben formuliert, es ist aber angesichts des unwahrscheinlich griffigen Entwurfs der Titelfigur eine für mich gute Beschreibung.
Mata-Mata. Der erste Band von KALIMBO präsentiert das Lied der Savanne in einem großen Teil seiner Bandbreite. Neben dem Motto Fressen und gefressen werden geht es natürlich auch um die ungeheure Vielfalt und Menge von Tieren, die Afrika zu bieten hat. Gnu-Herden werden für die übrigen Bewohner der Savanne zum Großereignis, dem man sich besser nicht in den Weg stellt. Didier Crisse vergisst über der realen Grundlage die Märchenhaftigkeit des Szenarios nicht. Die Tiere warten auf einen Gleichmacher, der das Prinzip von Gefressen und gefressen werden beendet. Die Bezeichnung dieser mythischen Figur: Akimba.
Problem: Nicht jeder will einen Gleichmacher. So mancher, frei nach George Orwell und passenderweise seiner Farm der Tiere, ist gleicher als gleich. Und so ist die Jagd auf Mata-Mata eröffnet. Das ginge für das kleine Zebra dieses Namens böse aus, gäbe es nicht, ganz klar, KALIMBO. Besonders Fred Besson darf nun mit seinen Bildern Gegensätze, Grundsätze, Missverständnisse und Widersprüche in dieser Tierwelt herausarbeiten.
Eines der schönsten Missverständnisse ist die Begegnung zwischen Kalimbo (Elefant) und Drogba (Nashorn). Mehr soll auch dazu nicht gesagt werden. Es ist ein Hingucker, es ist spaßig und komplettiert auch ein wenig die hintergründigen Fragen rund um das Alter. Wenn Tiere vermenschlicht werden, fließen logischerweise auch menschliche Fragestellungen mit ein. Diese Szene ist nur eines von vielen Kabinettstückchen, die Crisse und Besson gelingen. Ein fast schon obligatorisches Making-of im Anhang rundet den Blick auf das Können von Besson ab.
Eine Geschichte, die Spaß macht und für eine schöne Leserunde geeignet ist. Von Didier Crisse märchenhaft erzählt, von Fred Besson mit traumwandlerischer Versiertheit gezeichnet. Ein optischer wie auch technischer Augenschmaus. Die Fortsetzung darf kommen! 🙂
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