Essen. Ein Land aus Nahrungsmitteln. Traumhaft. Ein Schlaraffenland. Für die kleine Nävis bringt dieser Traum aber noch etwas ganz anderes mit sich, nämlich Hunger. Also wird flugs aufgestanden, wie kleine Kinder nun einmal sind, und der Kühlschrank angesteuert. Doch der Angriff auf die gesammelten Leckereien inmitten des Aufbewahrungsmöbels gipfeln in einem Chaos, wie es, natürlich, auch nur kleine Kinder verursachen können, ohne rot zu werden. Leider gibt es noch ein Missgeschick, das dafür sorgt, dass Nävis diese Nacht nicht so schnell vergessen wird. Durch einen unglücklichen Aufprall hat sich ein Milchzahn gelockert. Nach kurzem Wackeln verabschiedet er sich endgültig.
Nun sind Zähne ein besonders wichtiges Gut des Menschen. Und sie sind kostbar. Denn nach altem Brauch gibt es für einen Milchzahn ein Geschenk. LATITZOURY ist ein Wesen, das für verloren gegangene Zähne immer eine Gabe übrig hat. Nävis freut sich schon. Prompt reift in ihr ein für Kinder furchtbarer Gedanke. Was wäre, wenn ihr das Geschenk gar nicht gefällt? Da macht man sich besser gleich auf den Weg und teilt Latitzoury mit, was man am liebsten hätte.
Lange bevor NÄVIS in SILLAGE als außergewöhnliches Wesen auftauchte und in zahlreiche Abenteuer verstrickt wurde, war sie ein Kind unter der Obhut eines liebenswerten Roboters und einer sprechenden Raubkatze. NÄVIS ist nicht die erste Comic-Figur, deren Jugendabenteuer zu Papier gebracht wurden. Die Aufregung, die hier gezeigt wird, ist humorvoller als zu ihren erwachsenen Zeit, aber nicht weniger spannend, denn Bedrohungen können sehr unterschiedliche Gesichter haben: LATITZOURY. Zu dritt haben sich Jean David Morvan, Jose Luis Munuera (auch als Zeichner hier tätig) und Philippe Buchet an die Erzählung der Handlung gesetzt. Es sind Erlebnisse, wie Kinder sie sich im Traum ausdenken könnten, nur, dass das berühmte Monster nicht im Schrank lebt, sondern weit entfernt und Zähne auf der Speisekarte stehen hat.
Jose Luis Munuera besitzt als Comic-Künstler viele Stärken. Eine davon ist sicherlich der Umgang mit Figuren, die sich gummiartig verbiegen können. Ein Vergleich zu Spielzeugfiguren, die ein Drahtgeflecht in ihrem Inneren haben, liegt nahe. Die Formgebung, die ihm durch diese Technik gelingt, besitzt eine große Dynamik, so dass Bewegungen auf sehr gelungene und cartoonige Weise Geschwindigkeiten simulieren.
Glänzende Hommage! Ob beabsichtigt oder nicht, mit dem Vogel Tori gelingt Jose Luis Munuera eine tolle Verbeugung vor Orville, dem berühmten Albatros aus den Tricklfilmen um das Mäuseduo Bernard und Bianca. Tori landet (ganz besondere Ähnlichkeit), startet und fliegt so halsbrecherisch wie sein entfernter Vetter aus dem Hause Disney. Gleichzeitig ist Tori eine jener Nebenfiguren, die den Geschichten um NÄVIS generell Volumen verleihen, für Überraschungen sorgen und noch mehr zu den Figuren gehören, denen man als Leser ganz einfach gerne zusieht. Und Munuera gelingen solche Figuren am laufenden Band.
Eine ungewöhnliche Zahnfee. Das Titelbild verrät das seltsame Wesen bereits namentlich und illustrativ. Als Monster dürfte es zu den merkwürdigsten Kreaturen in der Science-Fiction-Komödie gehören. Sein Speiseplan komplettiert diese Einschätzung. Groß, grün, auf dünnen Beinchen unterwegs, mag man an einen außerirdischen Bären denken, der anstelle von Honig eine andere Leibspeise besitzt. Außerdem dürfte LATITZOURY, will man diesen Namen auf das grüne Wesen anwenden, wohl die Kreatur sein, die optisch auch in einem Anime auftreten könnte. Auch die etwas träge, behäbige Verhaltensweise passt dazu.
Klein-NÄVIS macht auf ihre kindliche Art ebenso viel Spaß wie die erwachsene Variante. Bis auf ihre beiden Begleiter ziemlich auf sich gestellt, kann sie als einziger Mensch einen ganzen Planeten auf den Kopf stellen. Dank Jose Luis Munuera liegt hier ein hervorragender Comic für Kinder und Junggebliebene vor. 🙂
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