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Comic Blog


Mittwoch, 31. Dezember 2014

Die Zeitbrigade 2 – Die große Armada

Filed under: SciFi — Michael um 11:26

Die Zeitbrigade 2 - Die große ArmadaEine Unterbrechung des Geschichtsverlaufs löst eine Panik im Hauptquartier aus. Sobald eine Warnmeldung ertönt, ist Eile angesagt. Wer sich nicht rechtzeitig im Schutzraum in Sicherheit bringen kann, könnte in den nächsten Augenblicken sehr schnell aus der Historie getilgt werden. Kaum ist die Katastrophe an den Überwachern der Zeitlinie vorbeigegangen, wird das gesamte Ausmaß des Eingriffs in die Zeitlinie sichtbar. Der Schock wird noch größer, als die Erkenntnis über die erforderlichen Korrekturmaßnahmen deutlich wird. Von Montcalm und Kallaghan, den beiden Zeitagenten, die sich bereits in der dafür geeigneten Zeitzone aufhalten, hängt nun das bekannte Schicksal der Welt ab.

Was wäre, wenn? Die Manipulatoren stellen sich diese grundsätzliche Frage nicht. Ihre Agenten haben sich in die Geschichte geschmuggelt und greifen an wichtigen, entscheidenden Punkten der Geschichtsschreibung ein und verändern den Ablauf der Historie. Wenn die Reiche Südamerikas nicht von europäischen Eroberern besiegt werden, könnten daraus unberechenbare neue Abläufe entstehen. Die große Armada wird gebaut, allerdings auf der falschen Seite des Atlantiks. Und es stehen sich auch nicht Spanier und Engländer auf den Weltmeeren gegenüber. Vielmehr schickt sich ein aztekisches Heer an, seinerseits den Atlantik zu überqueren und dem alten Europa das Fürchten zu lehren.

Kris (Autor) und Bruno Duhamel (Zeichner) fahren mit ihrem im besten Sinne wahnwitzigen Szenario fort, in dem es zu irrsinnigen Verwicklungen in der Zeitgeschichte kommt. In diesem zweiten Band von Die Zeitbrigade, der den ersten Zyklus abschließt, finden sich viele tolle Ideen und Wendungen, gerade im Zusammenhang mit einem Teil der Welt der im Medium Comic stark vernachlässigt wird.

Tenochtitlan, Hauptstadt des Aztekenreiches, im Jahre 1493, eine Macht in Südamerika spielt mit Superlativen. Nicht nur eine Expedition mit einer gewaltigen Flotte steht an, auch soll diese Offensive mittels eines gigantischen Opfers mit der Gunst der Götter gesegnet werden. Dafür stehen 80.000 Menschen auf den Brücken zur Hauptstadt Schlange, Kriegsgefangene wie auch Freiwillige. Das Titelbild zeigt genau die Mischung aus Zeitreisekomödie und ernstem Science-Fiction-Abenteuer, wie sie ich auch durch den gesamten zweiten Band zieht. Denn wenn die Auswirkungen auf die Zeitlinie greifen, werden im Hauptquartier der Zeitagenten keine Gefangenen mehr gemacht. Die einzige Frage, die sich noch stellt, ist: Wer überlebt?

Kris und Brunoi Duhamel lieben den großen Auftritt und das Einflechten kultureller Einzigartigkeiten. Zu letzterem gehört Tlachtli, ein besonderes Ballspiel der Azteken, das hier nicht nur zum reinen Vergnügen der Zuschauer ausgeführt wird. Der große Auftritt hingegen findet sich in der Schlacht, in der zwei Armeen auf aztekischem Grund gegeneinander anrennen. Das ist nicht nur dank der Actionszenen großes Kino, sondern auch wegen der verschachtelten Ereignisse am Rand, weil die Agententätigkeiten auch vor dem Zusammenprall zweier Heere nicht enden.

Grafisch ist der flotte Strich von Bruno Duhamel nur zu loben. Will man eine optische Verwandtschaft herstellen, findet der Comic-Fan diese bei Zeichnern wie Andre Franquin, Jean-Claude Mezieres oder Guy Davis. Hier ist die Tusche schnell aufgebracht und formt cartoonige, unverwechselbare Hauptcharaktere nach. Bei den Nebenfiguren entwirft Duhamel ein zivilisatorisches Erscheinungsbild. Das Schöne am Szenario ist, dass der Leser es zwar mit einer indianischen Kultur zu tun bekommt, diese sich aber völlig den weitaus mehr bekannten nordamerikanischen Erscheinungsformen entzieht. Hier entsteht der Science-Fiction-Look schon durch die Fremdartigkeit der Mode und Architektur. Es finden sich Pyramiden, die allerdings durch ihre Stufenform ein absolutes Alleinstellungsmerkmal gegenüber den ägyptischen Varianten besitzen. Kurzum, das bildhafte Szenario nimmt den Blick des Lesers auf jeder Seite gefangen.

Humor ist, wenn man trotzdem raucht. Sitten und Gepflogenheiten eines anderen Volkes, werden vom Gast erst recht klaglos hingenommen, will er besonders freundlich und höflich sein, oder sich einfach für die Gastfreundschaft revanchieren. Das kann beim aztekischen Vergleichsstück zum nordamerikanischen Kalumet merkwürdige körperliche Befindlichkeiten befördern. Da rangieren optischer und leiser Worthumor nebeneinander, rückt besonders die Figur des Stuart Montcalm näher, den unerfahrenen Zeitagenten. Denn Kris und Bruno Duhamel rücken ihn hier mehr in den Fokus als seinen bärbeißigen Kollegen Daggy Kallaghan.

Klassische wie auch zeitlose Comic-Unterhaltung mit einem Duo, das sich sehr gern wieder auf der medialen Bühne blicken lassen darf. Feiner Humor, ein verwandter und gleichzeitig eigener Comic-Stil machen die mit dem zweiten Band abgeschlossene Geschichte erst recht für Comic-Publikum interessant, das besonders fantastischen Themen zugeneigt ist. 🙂

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