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Comic Blog


Freitag, 31. Oktober 2014

Spirou und Fantasio Gesamtausgabe 1

Filed under: Klassiker — Michael um 9:53

Spirou und Fantasio Gesamtausgabe 1Es war einmal ein Page, der zu einer herausragenden Comic-Figur wurde. An der Seite seines Freundes Fantasio erlebte dieser ganz in roten Stoff gewandete Spirou die unglaublichsten Abenteuer. Und so richtig groß begann alles mit einer Erbschaft. Doch zuvor waren die kleinen Geschichten, zu denen Jije den Grundstein legte und nachdem das Fundament stand, übergab er die Zeichenfeder an Franquin. Diesen Wechsel konnten die Leser anhand des vollendet kopierten Strichs zunächst nicht einmal bemerken. Zurück zur Erbschaft, im wahrsten Sinne des Wortes: Franquin, der am Beginn seiner Zeichnerkarriere war, machte die Figuren Spirou, Fantasio und das Eichhörnchen Pips zu den seinen.

Wie wird es enden? Die Frage lässt sich zu Beginn eines dieser alten Abenteuer nicht beantworten. Einzig lässt sich mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit vermuten, dass es gut ausgehen wird. Denn auf Fridolin, wie Spirou hierzulande auch einmal in längst vergangenen Tagen hieß, warteten noch weitere Geschichten. In der Mitte der 40er Jahre des letzten Jahrhunderts schwang noch ein durch schwarzweiße Slapstick-Streifen inspirierter Humor in Spirous Abenteuern mit durch. Es fällt nicht schwer, in den gummiartigen Verrenkungen der Figuren die schlaksigen Bewegungen eines Tramps mit Bowler und Spazierstock wiederzuentdecken.

Alles geht! Radar, der Roboter ist ein weiteres Beispiel für die Goldgräberstimmung jener Tage. Alles konnte ausprobiert werden, Geschichten entstanden wie aufs Geratewohl ersonnen. Ein weitaus weniger breites Spektrum, als es heutzutage vorhanden ist, ließ größere Spielräume. Die Abenteuerlichkeit, mit der Spirou und Fantasio nicht nur mit einem verrückten Wissenschaftler, sondern auch mit seiner Kreatur, Radar, konfrontiert werden ist maßgeblich für die gesamte Reihe geworden. Denn der Grundgedanke, Alles geht!, zieht sich bis heute durch Handlungen.

Aufregung, Aufregung, Aufregung! Diese ist ein besonderes Merkmal der Geschichten jener Tage. Ein wenig Ruhe, Zwischenentspannung, ist sehr selten. Bei den Abenteuern auf Albenlänge dringt der episodenhafte Charakter der einzelnen Abschnitte durch. Ein Höhepunkt jagte den nächsten. Das legte sich bereits etwas in Spirou bei den Pygmäen. Der Humor kümmerte sich damals, wie heute sicher einige bemängeln werden, nicht um Political Correctness.

Das Album Spirou im Wilden Westen konnte hingegen fröhlich mit den Vorurteilen spielen, ohne dass es jemanden stören musste. Wo im alten Europa die Kultur die Zivilisation fest im Griff hatte, herrschten in Amerika abseits der großen Städte noch die rauen Sitten des Wilden Westens. Franquin konnte auf den Spuren von Jijes Western-Erzählungen wandeln, den, aus heutiger Sicht, Western von gestern einfließen lassen. Betrachtet man sich einzelne Szenen, darf der Cineast sich fragen, ob hier nicht auch ein Robert Zemeckis für den dritten Teil der Zurück in die Zukunft Trilogie in dieses Abenteuer gespinkst hat. Oder so manches gehört vielleicht schon zu den Urtümlichkeiten eines Westerns, ist Allgemeingut geworden. Franquin hat zu seiner Verbreitung sicherlich einiges beigetragen.

Schmuggel, so der Titel der letzten in der ersten Gesamtausgabe vorliegenden Episode, zeigt eine deutliche Veränderung im Vergleich zu den ersten Schritten von Spirou unter Franquins Feder. Die Proportionen der Figuren werden noch genauer aufeinander abgestimmt, die Zeichnungen wirken weniger zappelig als in den Anfangstagen. Bis in die kleinste Nebenfigur hinein wird auf ein stimmiges Äußeres geachtet. Die Choreographie der Slapstick-Szenen wurde perfektioniert ( Stichwort: Motorrad verliert seinen Beiwagen, samt Mitfahrer).

Die Anfänge eines Zeichners, eine Entwicklungskurve, die stetig nach oben weist. Ein interessantes Werk Comic-Geschichte, schöne Comic-Abenteuer aus der Frühzeit einer Figur, die den Comic-Markt erobert hat, wie nur wenige es geschafft haben. Franquin zeigt, wie fein ein Künstler zu arbeiten versteht, wenn aus einem Lehrling langsam ein Meister wird. Toll! 🙂

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