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Comic Blog


Freitag, 31. Oktober 2014

Spirou und Fantasio Gesamtausgabe 1

Filed under: Klassiker — Michael um 9:53

Spirou und Fantasio Gesamtausgabe 1Es war einmal ein Page, der zu einer herausragenden Comic-Figur wurde. An der Seite seines Freundes Fantasio erlebte dieser ganz in roten Stoff gewandete Spirou die unglaublichsten Abenteuer. Und so richtig groß begann alles mit einer Erbschaft. Doch zuvor waren die kleinen Geschichten, zu denen Jije den Grundstein legte und nachdem das Fundament stand, übergab er die Zeichenfeder an Franquin. Diesen Wechsel konnten die Leser anhand des vollendet kopierten Strichs zunächst nicht einmal bemerken. Zurück zur Erbschaft, im wahrsten Sinne des Wortes: Franquin, der am Beginn seiner Zeichnerkarriere war, machte die Figuren Spirou, Fantasio und das Eichhörnchen Pips zu den seinen.

Wie wird es enden? Die Frage lässt sich zu Beginn eines dieser alten Abenteuer nicht beantworten. Einzig lässt sich mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit vermuten, dass es gut ausgehen wird. Denn auf Fridolin, wie Spirou hierzulande auch einmal in längst vergangenen Tagen hieß, warteten noch weitere Geschichten. In der Mitte der 40er Jahre des letzten Jahrhunderts schwang noch ein durch schwarzweiße Slapstick-Streifen inspirierter Humor in Spirous Abenteuern mit durch. Es fällt nicht schwer, in den gummiartigen Verrenkungen der Figuren die schlaksigen Bewegungen eines Tramps mit Bowler und Spazierstock wiederzuentdecken.

Alles geht! Radar, der Roboter ist ein weiteres Beispiel für die Goldgräberstimmung jener Tage. Alles konnte ausprobiert werden, Geschichten entstanden wie aufs Geratewohl ersonnen. Ein weitaus weniger breites Spektrum, als es heutzutage vorhanden ist, ließ größere Spielräume. Die Abenteuerlichkeit, mit der Spirou und Fantasio nicht nur mit einem verrückten Wissenschaftler, sondern auch mit seiner Kreatur, Radar, konfrontiert werden ist maßgeblich für die gesamte Reihe geworden. Denn der Grundgedanke, Alles geht!, zieht sich bis heute durch Handlungen.

Aufregung, Aufregung, Aufregung! Diese ist ein besonderes Merkmal der Geschichten jener Tage. Ein wenig Ruhe, Zwischenentspannung, ist sehr selten. Bei den Abenteuern auf Albenlänge dringt der episodenhafte Charakter der einzelnen Abschnitte durch. Ein Höhepunkt jagte den nächsten. Das legte sich bereits etwas in Spirou bei den Pygmäen. Der Humor kümmerte sich damals, wie heute sicher einige bemängeln werden, nicht um Political Correctness.

Das Album Spirou im Wilden Westen konnte hingegen fröhlich mit den Vorurteilen spielen, ohne dass es jemanden stören musste. Wo im alten Europa die Kultur die Zivilisation fest im Griff hatte, herrschten in Amerika abseits der großen Städte noch die rauen Sitten des Wilden Westens. Franquin konnte auf den Spuren von Jijes Western-Erzählungen wandeln, den, aus heutiger Sicht, Western von gestern einfließen lassen. Betrachtet man sich einzelne Szenen, darf der Cineast sich fragen, ob hier nicht auch ein Robert Zemeckis für den dritten Teil der Zurück in die Zukunft Trilogie in dieses Abenteuer gespinkst hat. Oder so manches gehört vielleicht schon zu den Urtümlichkeiten eines Westerns, ist Allgemeingut geworden. Franquin hat zu seiner Verbreitung sicherlich einiges beigetragen.

Schmuggel, so der Titel der letzten in der ersten Gesamtausgabe vorliegenden Episode, zeigt eine deutliche Veränderung im Vergleich zu den ersten Schritten von Spirou unter Franquins Feder. Die Proportionen der Figuren werden noch genauer aufeinander abgestimmt, die Zeichnungen wirken weniger zappelig als in den Anfangstagen. Bis in die kleinste Nebenfigur hinein wird auf ein stimmiges Äußeres geachtet. Die Choreographie der Slapstick-Szenen wurde perfektioniert ( Stichwort: Motorrad verliert seinen Beiwagen, samt Mitfahrer).

Die Anfänge eines Zeichners, eine Entwicklungskurve, die stetig nach oben weist. Ein interessantes Werk Comic-Geschichte, schöne Comic-Abenteuer aus der Frühzeit einer Figur, die den Comic-Markt erobert hat, wie nur wenige es geschafft haben. Franquin zeigt, wie fein ein Künstler zu arbeiten versteht, wenn aus einem Lehrling langsam ein Meister wird. Toll! 🙂

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Montag, 27. Oktober 2014

JOMMEKE 8 – Die Paradiesinsel

Filed under: Comics für Kinder — Michael um 20:21

JOMMEKE 8 - Die ParadiesinselEs sollte ein schöner Inselausflug werden. Nachdem das Schlimmste überstanden schien und der Kapitän den Kindern ihren kleinen Trick verziehen hatte, wäre der kurze Aufenthalt auf der Paradiesinsel zur Krönung der Reise geworden. Hätte das Schiff seine Weiterfahrt nicht ohne sie fortgesetzt. Aber die Kinder, allen voran Jommeke sind findig und lassen sich nicht unterkriegen. Mit tollen Ideen und der Hilfe neuer, ungewöhnlicher Freunde richten sie sich in ihrem neuen Leben ein. Aber bis es so weit ist, müssen die Kinder so manche Hürde nehmen. Die Feststellung, wie schwierig das Miteinander mit ungezähmten Ziegen sein kann, ist nur der Anfang.

Die Paradiesinsel aus der Reihe JOMMEKE beschreibt einen alten Kindertraum. In der Vergangenheit hatte die Serie bereits in Deutschland ihren Auftritt unter dem Titel Peter und Alexander. JOMMEKE selbst entstand 1955, zum Beginn der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts folgte der deutsche Auftritt der liebenswerten Comic-Figur und seiner Freunde. Es ist eine Erzählkultur, die sich in die Hochzeiten einer Enid Blyton einreiht, als Kinder Abenteuer erlebten, die Bösen jedoch stets ausmanövriert werden konnten und alles irgendwie ohne Gewalt auskam.

Der Zeichner Jef Nys schuf den blonden Jungen Jommeke und seinen Freund Filiberke, immer begleitet vom grünen Papagei Flip. Seit seiner Geburt hat Jommeke bereit in über 250 Alben seine Abenteuer erlebt. Im Rahmen der Kinderabenteuer könnte man ihn aufgrund der Strichführung auch einen jugendlichen Tim nennen (ohne Struppi, dafür mit einem schwarzen Puddel namens Pekkie an seiner Seite). JOMMEKE ist ein tolles Beispiel für die gute alte Comic-Zeit, deren Konzepte sich hervorragend zeitlos bewähren. Hier wird Spannung über Spaß und Einfallsreichtum aufgebaut. Im übertragenen Sinn verarbeitet Jef Nys den Robinson-Gedanken weitaus kindgerechter als es ein Johann David Wyss mit der Schweizer Familie Robinson vermochte.

Jef Nys arbeitete mit einfachen Figuren und befolgte die Regeln jener Tage, denen sich auch überseeische Figuren wie Micky Maus unterordneten. Eine Grundfigur erfährt diverse Abwandlungen, denn eine sympathische Konstruktion benötigt nicht viele Veränderungen. Blond, schwarze Haare, etwas andere Kleidung, Schleifchen, lange oder kurze Hosen zu allgemein dünnen, leichten Strichen schaffen im Nu ein Comic-Universum mit einer Vielzahl von Charakteren, die man durch diese Vereinheitlichung gleich ins Herz schließen mag. Jef Nys hatte viele Ideen, wie er diese kleinen Abenteurer in Szene setzen konnte.

Ein Hund imitiert einen Menschen, ein Chor aus 420 Papageien und Affen bewirtschaften eine beispielhafte Siedlung. Humor entsteht hier mit leichter Hand und sichtlicher Freude an komischen Situationen. Den Auftakt des Abenteuers bildet ein Gewinnspiel. Hierzu müssen Fragen beantwortet werden. Filiberke, der unbedingt den Hauptgewinn möchte, holt sich Hilfe bei der Beantwortung der Gewinnspielfragen bei seinem Freund Jommeke. Hier wird noch richtig nach der richtigen Lösung gesucht. Den schnellen Weg per Mausklick gab es noch nicht. Allerdings sind die Fragen auch so schwer, dass selbst ein gewiefter Junge wie Jommeke ins Schwitzen gerät. Hier mag sich ein Lächeln angesichts einer gewissen Nostalgie einstellen. Andererseits wird auch das Internet beileibe nicht jede Antwort auf die sehr unterschiedlichen Fragen parat haben.

Tiere sind ein Trick, den Jef Nys anwendet, um geradezu seitenweise fröhlich zu fabulieren. Derart beschrieben, mag sich eine der Regeln in Die Paradiesinsel etwas geschwollen anhören, aber natürlich wird hier auch munter überzogen. Und es darf ein jeder herausfinden, welche tierischen Helfer ihm oder ihr am Besten gefallen. Die vielen Papageien sind zugegeben meine Favoriten.

Für Kinder geschrieben, lustig, spannend, abwechslungsreiche Unterhaltung, von großer Fantasie angetrieben. Ein Klassiker, der die Jahrzehnte zu recht überdauert hat und jung geblieben ist. 🙂

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Link: Trailer zu JOMMEKE

Freitag, 17. Oktober 2014

Fantastic Four 3 – Planet der Zukunft

Filed under: Superhelden — Michael um 20:22

Fantastic Four 3 - Planet der ZukunftWenn sich drei der schrecklichsten Ungeheuer zusammen schließen, um die Fantastic Four zu besiegen, kann das nur das Ende der ungewöhnlichsten Familie aller Zeiten bedeuten. Wenn sich diese Ungeheuer aber untereinander misstrauen und Ränke schmieden, kann diese Uneinigkeit eine Chance sein. Annihilus eröffnete den Fantastic Four die Gefahren der Negativ Zone. Kang überlistete die Zeit. Und Doktor Doom will seinen ärgsten Rivalen, Mr. Fantastic alias Reed Richards, einfach nur am Boden sehen, besser noch unter der Erde. Diesmal könnte es ihm sogar gelingen.

Das Ende? Nur von dieser Serie. Weitere Folgen von Marvels First Family stehen bereits in den Startlöchern. Die Fantastic Four, die Fantastischen Vier sind ein ziemlich einzigartiges Konzept innerhalb der Superhelden-Universen. Über die Jahre hinweg haben sie es nicht einfach gehabt. Immer waren andere erfolgreicher, dabei bieten kaum andere Superhelden derart vielfältige Möglichkeiten an Superhelden-Action, Science Fiction, sogar Fantasy und Comedy.

Matt Fraction und Karl Kesel greifen in die Vollen, fahren nicht nur drei der gefährlichsten Gegner der Fantastic Four auf, die kleine Superhelden-Familie ist auch noch von der Auflösung bedroht. Im wahrsten Sinne des Wortes. Als würden Doktor Doom, Kang der Eroberer und Annihilus nicht genügen, verlieren die Helden nicht nur ihre Kräfte, sie wenden sich auch gegen sie. Besonders drastisch, auch optisch, muss Ben Grimm, das berühmte Ding diese Erfahrung machen. Der Held, der keiner Prügelei aus dem Weg geht, muss hilflos mit ansehen, wie sich seine Steinhaut zuerst abschält und anschließend die Epidermis auflöst. Selbst Johnny Storm, die Fackel, kann kaum noch Witze darüber machen.

Wer die ersten beiden Folgen verpasst hat, kann hier den Anschluss kaum noch finden. Nicht nur die originalen Fantastic Four, die sich auf eine Zeitreise begeben haben, treffen hier auf den Leser, eine Ersatzvariante vertritt die Vier so lange in der Heimat. Zusätzlich greift eine alternative Realität, die eine besondere Variante der Fantastic Four bereit hält. Wenn diese Formation mit der Stammbesetzung zusammen in Aktion tritt, können sich die Fans der F4 auf einen sehr ungewöhnlichen Reigen freuen. Denn auch der gute Doktor Doom erfährt eine Transformation.

In einer Fernsehserie bedeutete das von Fraction und Kesel angewendete Konzept: dran bleiben, dran bleiben, dran bleiben. Wer einmal wegschaut, eine Seite überblättert, könnte schon den Faden verlieren. Die Autoren haben eine sehr komprimierte Handlung entwickelt. Fast fühlt man sich, um bei diesem Vergleich zu bleiben, an Fernsehserien erinnert, die vor der vorzeitigen Absetzung stehen und auf den letzten Drücker noch recht viel zur Aufklärung der bisherigen Handlungsfäden einbauen wollen.

Grafisch führt Mark Bagley den Abschluss an. Der Zeichner, der mit dem Ultimativen Spider-Man Marvels Ultimativem Universum zum Durchstarten verhalf, überzeugt hier weiterhin in einer Stilistik, die eine Mischung aus dem Strich eines Alan Davis und des viel zu früh verstorbenen Mike Wieringo darstellt. Beide sind Top-F4-Veteranen und Mark Bagley reiht sich auf das Beste in die Gruppe dieser feinen Illustratoren ein. Mit Raffaele Ienco kommen feinere Strukturen ins Spiel. Das erinnert mitunter an Richard Corben, mehr mit Realismus versehen als bei Bagley, nicht so gedrungen wie bei Corben. In der zweiten Hälfte des vorliegenden Bandes kann er besonders mit vielen gelungenen Actionszenen überzeugen.

Ein feiner Abschluss, zumindest vorläufig. Die Fantastic Four sind einfach anders, mitunter trauen sich die Autoren hier mehr, weil sie auch sehr viel mehr Spielraum haben. Eine Achterbahnfahrt, zum Mitzittern für F4-Fans bestens geeignet. Die Kenntnis der ersten beiden Bände ist Pflicht. 🙂

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Donnerstag, 16. Oktober 2014

Walt Disneys Fröhliche Weihnachten

Filed under: Comics für Kinder — Michael um 19:19

Walt Disneys Fröhliche WeihnachtenWeihnachten ist nicht nur das Fest der Liebe und der Besinnung auf das Wesentliche. Es ist auch ein Fest der Ruhe. Doch kann es in der Nähe von Donald Duck jemals richtige Ruhe geben? Ist der Erpel nicht zu quirlig und viel zu leicht zur Weißglut zu bringen? Das Angebot, eine Hütte von Onkel Dagobert über die Weihnachtstage nutzen zu dürfen, hätte ihm bereits seltsam vorkommen sollen. Eine derartige und noch dazu freiwillige Großherzigkeit kann unmöglich so gemeint sein, wie sie Donald und seinen drei Neffen zunächst erscheint. Und tatsächlich hat die Sache einen Haken. Zwar ist alles für ein schönes Weihnachtsfest in der Hütte vorhanden. Aber für alles muss kräftig in die Tasche gegriffen werden.

Am Ende wird alles gut. Es ist ja nicht nur Weihnachten, sondern es ist auch eine Walt-Disney-Geschichte. Auf dem Weg dahin darf es allerdings durchaus sehr turbulent zugehen. Besonders in diesem Band, Walt Disneys Fröhliche Weihnachten, wird diese Aussage mehrmals bewiesen. Heißer Trank und kalte Füße heißt es in einer Geschichte, die den Leser mit nimmt auf eine kleine Freizeitveranstaltung, in der es im Schnee einen Diamantring zu finden gibt. Fast alle, die einen Schnabel haben, sind hier vertreten. Die drei Pfadfinder vom Fähnlein Fieselschweif, bekannt auch als Donalds Neffen Tick, Trick und Track, wollen lieber ihr Geld mit einem Geschäft verdienen, als auf pures Glück (oder Technik wie Onkel Dagobert) zu setzen.

Kalte Füße holen sich die Suchenden, den heißen Trank werden die drei Neffen anfangs aber trotzdem nicht los. Das hat etwas von der Rasanz einer Slapstick-Komödie wie Eine total total total verrückte Welt. Jeder Versuch, es hier anfangs richtig zu machen, kann und muss einfach scheitern. Jane Gilbert (Text) und Vicar (Zeichnungen) bekommen dennoch die Kurve, indem Verlust oder Sieg, je nachdem, des einen zum Stein des Anstoßes des anderen werden. Weihnachten spielt hier, eine Ausnahme, eine untergeordnete Rolle. Schnee darf hier als verbindendes Element gesehen werden.

Herzliche Tierwelt. Pluto und Jiminy Grille spielen nicht gemeinsam in einer Handlung, sondern treten getrennt in Kampf dem Weihnachtsbaum und Wie ein hungriger Wolf auf, aber dafür gehören ihre Episoden bestimmt zu den schönsten im vorliegenden Band Fröhliche Weihnachten. Plutos Schwäche ist gleichzeitig seine Stärke. Pluto spricht nicht. Alles, jede Gemütsregung drückt sich nur über Haltung und Mimik aus. Wenn er also mit den Backenhörnchen aneinander gerät, weil Backenhörnchen nun einmal nicht in einen Weihnachtsbaum gehören, wird das beinahe zu einem Lehrgang für Komik, Kari Korhonen sei Dank, denn er entdeckte einen Zeichentrickfilm aus den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts wieder und schrieb ihn zu einer Comicgeschichte um.

Jiminy Grille, bekannt aus Pinocchio trifft in seiner Geschichte nicht nur auf einen hungrigen Wolf, einem einfachen, nicht jenem von den drei kleinen Schweinchen. Dafür begegnet er Klopfer (aus Bambi) und später noch den Sieben Zwergen (aus Dornröschen). Es ist ein kleines Abenteuer über einen kleinen Mann, dem schließlich, bei aller Wintersnot, geholfen wird. Kurz und knackig wird hier das Thema Freundschaft und Mitgefühl zur Weihnachtszeit beschworen.

17 kleinere und größere Geschichten beschwören den Kern von Weihnachten, den Weihnachtsmann manchmal vorneweg. Dieser hat seinen feinsten Auftritt an der Seite von Minnie Maus. Existiert der gemütliche Mann im hohen Norden wirklich? Minnie ist nicht die erste, die sich diese Frage stellt. Unter dem Schutz eines Amuletts verfällt sie in ein im Schnee in tiefem Schlaf, nur um wenig später gerettet in einem warmen Bett zu erwachen und die Begegnung ihres Lebens zu haben. In diesem neueren Abenteuer, in dem einmal mehr eine Randfigur ihre Hauptrolle hat, gibt es einen Blick hinter die Kulissen des Weihnachtsgeschehens, leiser und komisch erzählt. Im nachfolgenden Einseiter mit Donald Duck ist es nicht minder komisch, aber Donald Duck eben) deutlich brachialer.

Eine sehr schöne, sehr abwechslungsreiche Sammlung von weihnachtlichen Erzählungen, sogar Aufgabenstellungen (was wünscht sich Donald Duck zu Weihnachten?). Geschichten für Junge und jung Gebliebene, die auf ihre heitere Art auch die Jugend erhalten helfen (meine Meinung), wenn nicht ganzjährig, dann wenigstens zu Weihnachten. 🙂

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Mittwoch, 15. Oktober 2014

HOLMES 1 – Abschied von der Baker Street

Filed under: Mystery — Michael um 21:31

HOLMES - Erster Band - Abschied von der Baker StreetSherlock Holmes ist verstorben. Bei den Reichenbachfällen fiel er im Kampf gegen seinen schlimmsten Feind. Wirklich? Nicht nur der Tod seines Freundes gibt Dr. Watson Rätsel auf. Die Merkwürdigkeiten mehren sich. Als Dr. Watson im ehemaligen Domizil in der Baker Street eintrifft, ist er zunächst ebenso schockiert wie alle anderen Anwesenden. Zwar kann ihn Wiggins, der sich in der Nachfolge des Meisterdetektiven sieht, beruhigen, da die Wohnung ganz offiziell gelehrt wurde. Aber die Böden und Wände wurden nachträglich von Einbrechern aufgerissen, ganz offensichtlich auf der Suche nach etwas, das sich nicht in den sonstigen Hinterlassenschaften von Sherlock Holmes befand. Was kann das gewesen sein?

Abschied von der Baker Street. Noch mitgenommen vom Tode seines Freundes hatte Dr. Watson anderes im Sinn, als noch einmal in die Baker Street zurückzukehren. Zu viele Erinnerungen liegen dort begraben, wie er bei einem kurzen, aber schmerzvollen Besuch feststellen muss. Luc Brunschwig erfasst mit der ersten Folge von HOLMES ein grundlegendes Gefühl, das auch den Erzählungen von Arthur Conan Doyle zueigen ist. Der Einstieg erfolgt zu jenem Zeitpunkt, der die Sherlock-Holmes-Fans immer noch zu schockieren vermag, so oft aus der Persepktive von Dr. Watson davon berichtet wird.

Was geschah nach dem Tod von Sherlock Holmes? Luc Brunschwig verknüpft in diesem Band mit eben dieser Frage noch eine weiterer nicht weniger wichtiger Fragen. Woher kam Sherlock Holmes? Wie konnte ein derart gefährlicher Feind wie Professor Moriarty so lange unentdeckt bleiben? Wer war Sherlock Holmes eigentlich und was verheimlichte er selbst seinem besten Freund? … Nun, offensichtlich ist immerhin Sherlocks Bruder Mycroft der Ansicht mehr gewusst zu haben.

Ist der Leser zu Beginn noch ein ebensolch gefestigter Anhänger des genialen Detektivs, wenn nicht des genialsten überhaupt, beginnt sich das Bild langsam zu wandeln. Zweifel entstehen. Der Leser erfährt Indizien, an Beweise will man einfach noch nicht glauben, die ein immer schlechteres Fazit unter die letzten Tage des deduzierenden Kriminalisten ziehen. Cecil überträgt das Manuskript von Luc Brunschwig in graue und braune Farbschattierungen, die den Charakter jener Epoche sehr schön transportieren und sicherlich die von alten Fotografien her gewohnten Eindrücke jener Tage einfangen.

Mit einem Handlungsstrang ist es nicht getan und so wird der Leser in Zeiten mit zurückgenommen, in denen die Eltern von Sherlock Holmes zueinander fanden. Zur deutlichen Abgrenzung ändert sich hier die Farbstimmung. Das Heim des späteren Meisterdetektiven ist ein gutes, doch Luc Brunschwig lässt Probleme leise anklingen. Ärger ist die Charakterschilderung von Sherlock Holmes, denn frühzeitig offenbaren sich finstere Charakterzüge, gleichzeitig werden hier die Wurzeln für spätere Verhaltensweisen gelegt. Das dürfte besonders den hart gesottenen Fans der Figur gefallen, denn Luc Brunschwig ist hier respektvoll und schlüssig mit der Figur von Arthur Conan Doyle umgegangen (der hier in anderer Funktion sogar einen Gastauftritt hat).

Nicht nur ein Abschied von der Baker Street. Es gibt eine Reihe von anrührenden Momenten, die bis an das Grab von Sherlock Holmes führen. Eine literarische Figur öffnet ihre Geheimnisse und offenbart mittels ihres Lebens ein ganz eigenes Rätsel, das nun seine Nachfolger lüften müssen. Die Geschichte nimmt den Leser, insbesondere den, der die Originalfigur lieben gelernt hat, langsam gefangen. Luc Brunschwig wirft ein Netz aus und geleitet seine Leser in immer engeren Bahnen hin zum Zentrum. Hier wächst die Spannung aus dem Rätsel, aus den vielschichtigen Charakteren und auch aus der Möglichkeit, mehr von Dr. Watson zu erfahren.

Ein abschließendes Fazit könnte lauten: So hätte es auch Arthur Conan Doyle selbst gemocht und falls er dazu gedrängt worden wäre, hätte er seinem Sherlock Holmes einen solchen Lebensepilog bescheren können. Ganz im Geiste des Originals, stimmig illustriert, mit einem Händchen für die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts. Sehr schön. 🙂

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Sonntag, 12. Oktober 2014

George A. Romeros EMPIRE OF THE DEAD 1

Filed under: Horror — Michael um 17:55

George A. Romeros EMPIRE OF THE DEAD - Erster AktSie war Polizistin. Das hat sie nicht vergessen. Und sie weiß auch noch zwischen Gut und Böse zu unterscheiden. Menschen zu fressen, ist böse. Menschen können böse sein. Und da draußen gibt es noch etwas anderes, das böse ist. Es ist kein Mensch. Es ist kein Zombie. Sie junge Frau hieß Xavier. Sie gehörte zur SWAT. Ihr Verlust fiel auf, doch fand man sie erst heute. Ihre ruhige Art, auch die merkwürdige Idee, eine Pistole verwenden zu wollen, macht sie zu einer Anwärterin für Experimente. Penny Jones ist Wissenschaftlerin und sie hat genau nach einem Untoten wie Xavier gesucht. Aber Xaviers Verstand funktioniert gut genug, um zu beschließen, sich nicht unterkriegen zu lassen.

Als George A. Romero die lebenden Toten in die Nacht entließ, waren die Dämmerung und der darauf folgende Tag bestimmt noch nicht eingeplant. Der Jahre später dank einiger populärer Videospiele einsetzende Hype um diese Kreaturen war ganz bestimmt nicht vorherzusehen. Aber immerhin nutzte der Erfinder dieses Genres die Gelegenheit und kehrte auf die Bühne der Horrorkreativen zurück. Nach filmischen Fortsetzungen seines Untotenuniversums wagt Romero mit seinem EMPIRE OF THE DEAD als nächster Filmschaffender den Schritt ins Medium Comic und führt dort seine Geschichten fort.

ERSTER AKT. George A Romero verschließt sich eines weiteren Hypes nicht und führt diese in seiner neuen Horrormär zusammen: Zombies und Vampire. Die Welt hat die Existenz der Menschenfresser als alltäglich hingenommen, in die Normalität aufgenommen. Wenn nun noch Vampire existieren sollten und weitaus länger ihr Unwesen trieben, wäre dies zur Aufrechterhaltung einer gewissen Ordnung unzweifelhaft ein Desaster. Dabei leben diese Kreaturen mitten unter den Menschen und besetzen sogar Machtpositionen. Die Ordnung muss noch aus einem anderen Grund aufrecht erhalten werden. Vampire wollen nicht nur Macht, sondern auch Nahrung. Zombies haben das Gleichgewicht der Lebenden und Toten empfindlich gestört und sind zu Nahrungskonkurrenten geworden.

George A. Romero konzentriert sich zuerst auf seine Untoten und knüpft dort an, wo er bereits in LAND OF THE DEAD die ersten Schritte unternahm. Zombies verdummen nicht gänzlich, bewahren sich neben einem Erinnerungsvermögen an ihre ursprüngliche Existenz auch ein minimales Bewusstsein, bei dem einen mal mehr, bei dem anderen weniger. Auch die Menschen sind bereit diesen Umstand anzuerkennen und nützen ihn für ihre Zwecke: einer neuen Form des Gladiatorenkampfes zur Unterhaltung der Massen. Zombies gegen Zombies.

Alex Maleev ist einer jener Zeichner, die einen sehr intuitiven, sehr dokumentarischen Strich haben. Der schnelle Moment wird hier eingefangen Die Welt ist ein dunkler Ort. Selbst am Tage voller Schatten. Die Menschen jagen sich selbst und die Untoten in den Gassen, in den U-Bahn-Schächten, in der ehemals vor Leben überquellenden Metropole New York. Das hat beinahe expressionistische Züge. Die Hingeworfenheit mancher Szene schützt vor zu viel Details und lässt den Betrachter einige Einzelheiten vervollständigen, falls dieser als Fan des Genres mit ähnlichen Szenen bereits in Berührung kam.

Vampire sind gut. Zombies sind besser. Einige Vampire haben ihre Position noch nicht begriffen. Manche Zombies begreifen sehr wohl. Der Mensch ist stärker. Und selbst ihre untoten Cousins instrumentalisieren sie. Hier werden sie zu Resteverwertern degradiert. Da die Menschheit nichts von der Existenz der Blutsauger erfahren soll, entsorgen die Zombies die noch nicht vollkommen verstorbenen Opfer der Vampire. Hier kämpft sich schwarzer Humor nach vorne, der ansonsten zugunsten einer sehr ernsten, düsteren Atmosphäre nicht weiter in Erscheinung tritt.

Eine konsequente Weiterentwicklung der Welt nach einer Zombieapokalypse, wie sie George A. Romero bereits an anderer Stelle beschrieb. Die Zutat Vampire ist neu, gut eingearbeitet, ein Genre-Mix, über den bisherige Puristen entscheiden müssen, ob er ihnen gefällt oder nicht. Romero vermischte die mittlerweile beiden klassischen Kreaturenarten in moderner Erzählweise und baut Komplexität auf, die sich, das ist bei den Erzählsträngen zu erkennen, in der Fortsetzung noch stärker ausweiten lassen wird. Spannender Horror, in dem bestimmt auch etwas düstere Science Fiction verborgen ist. 🙂

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Freitag, 10. Oktober 2014

Lustiges Taschenbuch – Weihnachtsgeschichten

Filed under: Comics für Kinder — Michael um 19:19

Lustiges Taschenbuch - WeihnachtsgeschichtenDa wollen die Kinder schon kein Geld zu Weihnachten und doch verlangen sie zu viel von Onkel Dagobert. Ein Weihnachtsfest draußen vor seinem Geldspeicher! Als ihn die Anfragen zu überrollen drohen und noch mehr Leute etwas von ihm wollen, nimmt Onkel Dagobert die Beine unter den Arm und flieht in ein Antiquitätengeschäft. Ein Märchenbuch nimmt seine Aufmerksamkeit gefangen. Aufklappbilder versetzen ihn augenblicklich in eine andere Welt. Die Figuren scheinen zum Leben zu erwachen und ehe es sich Onkel Dagobert versieht, haben die Helden der Geschichte ihn schon auf ihrer Reise mitgenommen.

Weihnachten bei Donald Duck und Micky Maus und all ihren Freunden und Verwandten ist selten so ähnlich wie bei uns. Oft geraten sie ausgerechnet an diesen besonderen Tagen des Jahres in Schwierigkeiten, die den sonst üblichen Abenteuern und Alltagsproblemen noch den sprichwörtlichen Stern auf die Tannenspitze setzen. Die eingangs erwähnte Geschichte über Onkel Dagoberts Erlebnisse im Antiquitätengeschäft sind ein sehr gutes Beispiel, wie ein etwas anderes Weihnachten bei den Ducks und Mauses aussehen kann. Die doppelte Handlung, einerseits jene, die Onkel Dagobert erlebt und jene, die das Buch ihm vorliest, ergänzen einander. Am Ende, damit verrate ich nichts Neues, wird das Herz des alten Knausers erweicht, denn Weihnachten ist gerade hier immer Weihnachten, mit all seinen Vorteilen und nur denen.

Micky Maus war schon vor langer Zeit der Meister des Phantastischen. In Fantasia geriet er zum Zauberlehrling, später tat er es dem guten alten Jack gleich und kletterte die Bohnenranke entlang in den Himmel hinauf. Hier ist er zurück in Asgardland, mit Goofy an seiner Seite und erlebt Abenteuer mit einem Drachen und fliegt auf einem riesigen Insekt durch das All. Das ist über die Maßen fantasievoll, sucht selbstverständlich seine Anlehnungen in moderner Fantasy, greift aber auch ganz besonders auf alte Mythen und Märchen zu. Nicht zuletzt musst Goofy eine Prinzessin wach küssen. Wer hätte so etwas dem alten Tollpatsch zugetraut?

Heldenhaft darf ein Supergoof nicht fehlen, Micky Maus trifft zum Fest seinen alten Widersacher Kater Karlo, aber am schönsten in dieser Ausgabe die Einsätze eines Onkel Dagobert. Donald Duck kann so richtig schön aus der Haut fahren, aber perfekt grantig sein, das schafft nur der alte Herr mit dem Geldspeicher. Großneffe Diddi, dreimal so anstrengend wie Tick, Trick und Track, entführt Onkel Dagobert kurzerhand zum Weihnachtsfest, eher zufällig und wohlmeinend, nichtsdestotrotz wird der gemeinsame Aufenthalt in einer Ferienhütte für den alten Herrn arg stressig.

Modernere Zeichenstile, gerade bei Micky Maus, zu beobachten, etwas forscher, peppiger, runder, mit dickeren Strichen bewahren den guten alten Geist der Disney-Welt, wie er den Leser in Entenhausen und Umgebung schon seit Jahrzehnten begleitet.

Eine schöne Einstimmung auf das Weihnachtsfest, auch ein prima Geschenk. Die Temperaturen spielen zwar noch nicht mit, aber Schnee ist zum Genießen der feinen Erzählungen, die mit viel Abwechslung daher kommen, nicht notwendig. Die Geschichten mit Onkel Dagobert sind die Spitzenreiter. Ausgerechnet der Geizhals, geboren aus einer Geschichte von Charles Dickens, hat das weiteste Herz. 🙂

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Mittwoch, 08. Oktober 2014

HERR LEHMANN

Filed under: Biographie — Michael um 19:17

HERR LEHMANNDer Schneider-Jürgen ist tot. Aber nichts Genaues weiß man nicht. Der Erwin hat es den anderen erzählt. Und jetzt rätselt man, woran der Schneider-Jürgen gestorben ist. Und eigentlich rätselt man nur deshalb, weil dieser Rainer an der Theke, der immer Kristallweizen trinkt, dem Schneider-Jürgen ähnlich sieht. Der Kerl, von dem man nichts weiß (außer der Tatsache, dass er ein Kristallweizen nach dem anderen trinkt), könnte von der Polizei sein und auf der Suche nach Drogen. Die Polizei tut sich jetzt in den Kneipen in West-Berlin um, hört man, also vielleicht ist der Kerl von der Polizei. Herrn Lehmann wird die Diskussion zu bunt, steht auf, geht hin und fragt einfach nach.

Herr Lehmann ist in gewisser Weise ein Philosoph. Er hat in seinem 30jährigen Leben Erkenntnisse gesammelt, zuletzt lange hinter dem Tresen. Einwände, passende und unpassende Antworten, Urteile und mitunter zutreffende Vorurteile gibt er gerne zum Besten. Irgendwie muss das Umfeld von Herrn Lehmann begriffen haben, dass Herr Lehmann ein etwas anderer Zeitgenosse ist. Eigentlich möchte er viel lieber Frank gerufen werden. Schließlich ist das sein Vorname. Aber Herr Lehmann hat sich zu Herrn Lehmanns Leidwesen durchgesetzt. Sven Regener schrieb den Kultroman um Herrn Lehmann, der die letzten Tage kurz vor dem Mauerfall in West-Berlin erlebt.

Alles beginnt mit einem fremden Hund, der Herrn Lehmann nach einer langen Nacht auf dem Bürgersteig aufhält und nicht vorbei lassen will. In schwarzweißen Bildern, mit aquarellierten Graustufen hat Comic-Künstler Tim Dinter den Roman in einer Graphic Novel eingefangen. Es ist ein großes West-Berlin, seltsam leer manchmal, in dem so mancher in Herrn Lehmanns Bekanntenkreis sich treiben lässt, von Kneipe zu Kneipe. In dieser Szene, deren Netz über den kapitalistischen Teil Berlin verwoben ist, stößt Herr Lehmann also auf diesen Hund. Nach Momenten der Angst wird eine Lösung gefunden, wie er mit diesem knurrenden und offensichtlich auf Konfrontation eingestellten Ungetüm fertig werden kann. Er macht den Hund betrunken.

Die Geschichte beschreibt ein Lebensgefühl. Nicht nur ein einzelnes. Es bildet sich aus einer ganzen Gruppe heraus, in deren Mittelpunkt, ob er will oder nicht (meistens will er nicht), Herr Lehmann steht. Wenn Not am Mann ist, in einer der Kneipen, die sein Boss besitzt, dann wird Herr Lehmann gerufen. Und Herr Lehmann kümmert sich. So ist die Bezeichnung Herr Lehmann nicht nur schnoddrig dahin gesagt, sie ist auch eine offenkundige Form des Respekts. Gibt es Probleme? Keine wirklichen. Na, gut, man fliegt als Hetero (und als Frau) mal aus einer Schwulenbar raus. Frauen kennen im Bereich Verliebtsein verschiedene Schattierungen. Herr Lehmann kannte bisher nur eine.

Und dann? Kommen eben doch echte Probleme und Veränderungen. Eine davon ist die 30. Denn die bezeichnet plötzlich das Alter von Herrn Lehmann. Karl bekommt echte Schwierigkeiten, solche, die Herrn Lehmann überraschen, aber denen er sehr gefasst begegnet und weitaus besser, als es die anderen in seinem Umfeld machen. Tim Dinter setzt die Erzählung um Herrn Lehmann in sehr klare Bilder um, die besonders ans Herz gehen, wenn der einmal lieb gewonnene Karl Schwierigkeiten macht. Die Gesichter der Figuren bleiben prägnant, gut erkennbar, in einem Bildausschnitt, der an das Pantoffelkino erinnert.
Eine der schönsten Szenen, auch eine, die Herr Lehrmann selbst in Schwierigkeiten bringen kann, ist, als er (weil er wieder einmal jemandem einen Gefallen tut) in der DDR, Ost-Berlin, mit 500 Westmark erwischt wird. Die einfache Darstellung, zusammen mit dem feinen Dialog, ist rundum gelungen und zeigt gleichzeitig, wie man’s macht.

Eine sehr umfangreiche Adaption des Erfolgsromans von Sven Regener ins Medium Comic. Als Graphic Novel von Tim Dinter gezeichnet, funktioniert der Witz, die Melancholie und Nostalgie der Handlung auch hier ausgezeichnet. Wer den Roman verpasst hat, lieber in optischen Kapiteln liest, wird den ganz eigenen Charme von Herrn Lehmann auch auf diesem Wege lieben lernen. 🙂

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Montag, 06. Oktober 2014

SPAWN: THE RECALL

Filed under: Comics im Film — Michael um 20:46

SPAWN: THE RECALLDie Hexe lebt zurückgezogen mit ihrem Sohn, auf der Flucht, immer auf der Flucht vor Entdeckung. Sie ahnt nicht, dass ihr kleiner Junge eine deutlich bessere Sicht auf die Halbwelt hat als sie. Bei einem normalen Einkauf in einem noch gewöhnlicheren Supermarkt zieht sich die Schlinge um die beiden ganz langsam zusammen und eine machtvolle Kreatur betritt das Diesseits.

Atmosphäre steht im Mittelpunkt. Ein quirliger Supermarkt versinkt plötzlich in düstere Stille. Die Besorgnis der Mutter wird endlich geweckt, ihr Sohn, der kleine Michael, ist verschwunden. Michael Paris, der Regisseur des Fan-Films um den Höllenkrieger SPAWN, beginnt mit einer Halbweltszene, deren Aufnahmetechnik an jene Sichtweisen erinnert, die auch ein Beutlin besaß, wenn er den einen Ring überzog. Die Realität verschwimmt, scheinbar entflammt, verwaschen wie bei einer Fata Morgana. Dann ist alles normal, Alltag. Bevor die Realität bricht.

Natürlich wartet man auf den Auftritt von SPAWN, der das Besondere an diesem Fan-Film ist. Seit der Kinoproduktion von 1997, die hinter den Möglichkeiten zurückblieb, die die Vorlage ihr bot, warten Fans dieser von Todd McFarlane erfundenen Figur auf einen neuen Auftritt. Dieser hier, inmitten von Supermarktregalen, ist kurz, aber eindrucksvoll und höchst gelungen.

Plötzlich geht das Licht aus. Das Böse hat die Jagd eröffnet, doch der Beschützer ist nah. Wie im kürzlich beschriebenen Fanfilm zu The PUNISHER endet auch hier leider alles mit einem Beginn. Jetzt kann es losgehen, mag man nach diesen leider nur wenigen Minuten denken. Jetzt darf SPAWN zeigen, was er kann. Einziger Trost: In kleinem Rahmen machen hier unabhängige Filmemacher vor, wie eine Comic-Umsetzung wirken könnte, wenn schon nicht auf der der Kinoleinwand, dann wenigstens im Fernsehen. Sehenswert!

SPAWN: THE RECALL auf youtube

Donnerstag, 02. Oktober 2014

THE PUNISHER – DIRTY LAUNDRY

Filed under: Comics im Film — Michael um 10:00

THE PUNISHER - DIRTY LAUNDRYDer Punisher, Frank Castle mit bürgerlichem Namen, lebt in einem alten Kastenwagen. Sein normales Leben liegt lange hinter ihm. Seinen Rachefeldzug hat er augenscheinlich ebenfalls zu den Akten gelegt. Eines Morgens, in einer von Gott verlassenen Gegend, einem verfallenen Stadtteil, sucht er einen Waschsalon auf. Ein kurzer Blick genügt, um die Lage in dieser Straße zu erkennen. Eine Bande drangsaliert die paar Menschen, die hier leben. Frauen werden vergewaltigt, Kinder zu Drogendealer und Junkies herangezogen. Wer etwas dagegen zu unternehmen sucht, wie etwa der alte Big Mike, endet im besten Fall im Rollstuhl. Frank Castle, der Punisher, sieht die Gewalt und das Elend, aber er hat gelernt, darüber hinweg zu sehen, als ginge ihn das alles nichts mehr an.

Drei Filme über den PUNISHER konnten in der Vergangenheit auf sich aufmerksam machen. Eine sehr frühe Version mit Dolph Lundgren, eine ambitionierte Variante mit Thomas Jane und eine an moderneren Comics angelehnte Version mit Ray Stevenson. Regisseur Phil Joanou holte den Schauspieler Thomas Jane gut acht Jahre nach der Hollywood-Version des Themas für einen Fan-Film in die Rolle des einsamen und verbitterten Bestrafers zurück.

Innerhalb des Marvel-Universums ist diese Figur integriert, aber auch seltsam fehl am Platz. Sie verfügt über keinerlei Superkräfte, allenfalls über einen enormen inneren Antrieb und sie tötet ihre Feinde. Auge um Auge, Zahn um Zahn, ist das einzige Gesetz, dem dieser Charakter folgt. Punisher ist der Dirty Harry oder Paul Kersey des Comics. Um der Figur im Film möglichst nahe zu kommen, ohne sie lächerlich zu machen, brauchte es einen Schauspieler wie Thomas Jane.

Fanfilme haben häufig den Nachteil, dass sie als genau das zu erkennen sind und ihnen die nötige Professionalität und glaubwürdige Darsteller fehlen. THE PUNISHER – DIRTY LAUNDRY wartet nicht nur mit dem einstmaligen Hauptdarsteller Thomas Jane auf, in einer Nebenrolle gibt sich auch noch Ron Perlman die Ehre, Filmfans sattsam von erfolgreichen Filmen und Serien wie Hellboy und Sons Of Anarchy her bekannt. Die beiden Schauspieler sorgen nicht nur mit ihrer Darstellung für die Qualität des Films. Die Besetzung sorgt mit intensivem Spiel allgemein für Erstaunen.

Zehn Minuten dauert der Film und die Art der Erzählung könnte auch die Einleitung zu einer kompletten Hollywood-Variante sein, jedenfalls wäre dies nach der starken wie auch gegen Ende sehr brutalen Sequenz fast zu erwarten. Der Schluss, der auch der Startschuss zu einem Comeback dieses Rächers sein könnte, enthüllt schließlich auch seine Identität. Einer der besten Fanfilme im Marvel-Universum!

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