Im November ist Kälte keine Überraschung. Wie sehr sie Spider-Man zu schaffen macht, ist allerdings selten. Einen Wagen der Seilbahn aufzufangen, wird zu einem noch übermenschlicheren Akt, als er ohnehin schon ist. Und das ist erst der Anfang. Ein Sturm zieht herauf, die Menschen bereiten sich mit Hamsterkäufen darauf vor, verbarrikadieren sich. Andere wiederum müssen genau in diese Kälte hinaus, Spider-Man natürlich, die Feuerwehr aber ebenfalls. Der Spinnenmann greift ein, obwohl er es extrem eilig hat, denn seine Beweggründe sind sehr persönlicher Natur, persönlicher denn je!
Zurück zu den Wurzeln. Während der einstige Erzfeind Spider-Mans im neuen Marvel-Universum, MARVEL NOW!, den Körper von Peter Parker übernommen und beschlossen hat, der beste und effektivste Spider-Man aller Zeiten zu werden, haben sich einige Autoren und Comic-Künstler dem Original angenommen. Allen voran hat David Morrell eine Doppelfolge geschrieben. Der Rambo-Erfinder und Autor von Romanen, denen eine gewisse Unheimlichkeit zugrunde liegt, erzählt hier eine stürmische Geschichte, in der die Elemente selbst zu Spider-Mans größtem Hindernis werden.
Frost heißt dieses Abenteuer. Menschlichkeit steht hier bei Morrell im Vordergrund. Peter Parker hat an der Erkenntnis zu knabbern, dass er ein Mensch ist, der trotz seiner Gabe und seiner körperlichen Sondereigenschaften, ganz normale Schwächen erfahren kann. Eine davon ist die Kälteempfindlichkeit, die ihn hier sehr hart trifft, aber zu seinem Glück seinen Spinnensinn nicht beeinflusst. Inmitten eines Blackouts und Schneesturms muss Peter Parker ein Ziel erreichen und sich gleichzeitig entscheiden, was ihm am wichtigsten ist.
Das schwarze Haus könnte auch der Titel einer Gruselgeschichte sein, bezeichnet hier jedoch die nächste Doppelfolge, in der sich alles um eine ziemlich spezielle Einrichtung für Superganoven dreht. Denn hin und wieder könnten sich Leser gefragt haben, woher die Gauner nicht nur ihre Kleidung beziehen (wurde einmal geklärt), ihre Ausrüstung (wird auch zeitweilig beantwortet), sondern wo sie ihre Verwundungen auskurieren, wenn ihnen wider Erwarten die Flucht gelingt. Wohin wendet sich so ein Erzganove, der schwer verletzt ist und einen sicheren Unterschlupf braucht? Autor Joe Casey beschreibt dieses Gangsterkrankenhaus und bringt Spider-Man in eine schier unglaublich gefährliche Situation.
Im Kampf mit Firebrand wird die freundliche Spinne von nebenan bis zur Unkenntlichkeit verletzt. Was zunächst tragisch ist, stellt sich alsbald als Glück im Unglück heraus, denn so wird Spidey anfänglich nicht erkannt und kann undercover agieren. Eine ungewöhnliche Situation, von Timothy Green in eindringlichen, starken Strichen gezeichnet, vergleichbar mit einem frühen Mike Mignola, realistisch zwar, aber schon mit einer Spur Abstraktion reduziert.
In kürzeren Abenteuern wird es privater, heiter bis dramatisch, nett verwoben mit der Wirklichkeit, mit echteren Problemen und weniger Superschurken. Spider-Man war schon ein gern gesehener Gast bei den Fantastischen Vier. Andersherum verhält es sich ebenso. New Yorker halten eben zusammen. So ist es kein Wunder, dass Johnny Storm, die Fackel, bei Peter Parker auftaucht und um Hilfe bittet. Klingt nicht normal? Doch am Ende stellt es sich genau als ein solch normales Problem heraus. Und dabei sieht es anfangs noch danach aus, als stehe der Weltuntergang vor der Tür und zentriere sich nun in Mary-Janes Wohnzimmer. Eine feine Erzählung, die am Ende nur noch von zwei Kurzgeschichten übertroffen wird.
Mit Kindern hat Spider-Man nicht nur in seiner Funktion als Lehrer an einer Schule zu tun. Auch im täglichen Heldenleben begegneten sie ihm schon, teils auf die schiefe Bahn geraten, teils als Bewunderer. Casey Mitchell hat es nicht leicht, eigentlich ähnlich schwer wie Peter Parker, als dieser noch nicht von einer radioaktiven Spinne gebissen worden war. Mit dem Hosenbund am Baseballkorb aufgehängt zu werden, ist noch eine der harmloseren Demütigungen, die er über sich ergehen lassen muss. Aber was wäre, wenn man einen Freund wie Spider-Man hätte? Bald zeigt sich, wie schwer es ist, eine derartige Behauptung in die Tat umzusetzen. Eine schöne Kurzgeschichte, die beweist, dass diese Form besonders im Comic funktionieren kann, da ein Bild tatsächlich manchmal mehr sagen kann als tausend Worte.
Ein toller Querschnitt mit Abenteuern des klassischen Spider-Man, weitgehend ohne die ganz bösen Ganoven, dafür sehr viel mit einem sehr herzlichen Peter Parker, der einer der besten Gründe dafür ist, warum die Superheldenfigur zu einer der populärsten weltweit wurde. Sehr schön. 🙂
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