Max, Werner und Hanna sind in die Fliegerei verliebt. Obwohl sie noch nicht selbst in die Lüfte aufsteigen können, ganz einfach weil sie zu jung dafür sind, verbringen sie viel Zeit damit, Modellsegelflugzeuge möglichst weit fliegen zu lassen und kleine Raketen in den Himmel zu schießen. In diesen Tagen, in Schlesien in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts, sind die Vorboten eines nahenden Umschwungs erschreckend spürbar. Einen Krieg sehen weitaus weniger Menschen heraufziehen. Das Fliegen besitzt noch Unschuld, trotz der Erfahrungen aus dem Ersten Weltkrieg. Voller Staunen beobachten die drei Kinder, engste Freunde, ein neu entwickeltes Segelflugzeug am Himmel und wünschen sich nichts sehnlicher, als selbst am Steuer einer solchen Maschine zu sitzen.
Jahre später. Die Freunde sind erwachsen. Und Max hat Schlesien rechtzeitig verlassen und ist in die Vereinigten Staaten ausgewandert. Der Krieg hält die Welt in seinem Griff. Max ist Flieger geworden und schießt nun den Feind über dem Pazifik ab. Dummerweise gibt es ein Problem. Seine Ähnlichkeit mit seinem alten Schulfreund Werner bringt ihn in große Schwierigeiten, denn plötzlich hält man ihn für einen deutschen Spion.
Die Welt war noch kleiner geworden. Alte Freundschaften überbrückten tausende von Kilometern. Heimat und Loyalitäten verschoben sich. Am dramatischen Beispiel von Max Kurtzman erzählt der Comic-Veteran Yann (Yann le Pennetier) abseits seiner eher lustigen Szenarien ein Kriegsdrama, in dem die Fliegerei neben den drei erwähnten Freunden der vierte Hauptdarsteller ist. Alain Henriet, der bereits mit dem futuristischen Szenario Golden Cup sein Händchen für sehr technisch zu behandelnde Stoffe bewiesen hat, bildet die 30er und 40er Jahre, vor dem Krieg und während des Krieges, mit klaren Linien und größtmöglicher Akkuratesse ab.
Neben der Leidenschaft für Fliegerei beleuchtet Yann das Geflecht im Krieg, geheimdienstliche Aktionen, das Aufwachsen vor dem Krieg in einem nationalsozialistischen Regime, mit seinen Folgen für das tägliche Leben, die damit einhergehenden Bedrohungen. Einer der zentralen Punkte der Geschichte ist Hanna Reitsch, dem Vorbild einer historischen Figur nachempfunden. Schnell wird deutlich, wie sehr sie den Wunsch zu fliegen über alles andere stellt und sich auch nicht von der propagierten Überlegenheit der Männer gegenüber Frauen kleinkriegen lassen will. Beispielhaft sind Szenen, in denen sie gegen ihren Freund Werner im Wettkampf antritt oder später im Krieg die Me 163 in einem Versuch gegen die Alliierten führt.
Yann überlässt historische Genauigkeit den Gelehrten und erzählt frisch von der Leber weg und erstellt sich ein Szenario, ähnlich wie es ein Jack Higgins in Der Adler ist gelandet vollbrachte oder ein Alistair MacLean mit Agenten sterben einsam. In Sachen historischer Thriller befindet sich Yann in bester Gesellschaft und steht seinen Kollegen auch in nichts nach. Durch die geschilderte Freundschaft der drei, den frühzeitigen Einstieg in ihre Jugend, auch die erzählte Entzweiung durch die Judenverfolgungen, denen Max und sein Vater weichen, werden viele Motive der Figuren haarklein und überzeugend dargelegt.
Krieg über dem Pazifik. Max‘ zweites Leben, jenes fern des Geburtsorts, beginnt im Jahr 1944 mit der Attacke von japanischen Kamikazefliegern. In dramatischen Bildern inszeniert Alain Henriet den kurzen Luftkampf mit dem japanischen Feind, der nichts anderes erreichen will, als das eigene Flugzeug in die Rümpfe der amerikanischen Schiffe zu bohren. Der Leser erfährt so früh vom fliegerischen Geschick des Max Kurtzman und seiner Herkunft, die ihm wenig schmeichelhaft von seinen Kameraden vorgehalten wird. Wer glaubt, es gehe voller Action weiter, sieht sich schnell getäuscht. Die Darstellungen der einzelnen Charaktere und Lebenswendepunkte überwiegen. So verdichtet sich dieser Thrillers erst so richtig zur perfekten Mischung aus Drama und Fliegerabenteuer.
Spannender Auftakt! Yann begibt sich einmal mehr auf neue Pfade und vermag auch weit abseits von Funnys zu überzeugen. Dank der überaus exakten und fein kolorierten Bilder entsteht ein sezierender Einblick in jene Zeitspanne. 🙂
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