Colonel Olrik gefällt sich nicht in der Rolle des Opfers, war es doch meist so, dass er um die Oberhand rang. Aber der Colonel kann nicht vergessen, wie er vor einiger Zeit Opfer und Versuchskaninchen des berüchtigten Professor Septimus‘ war. Noch immer verfolgen ihn die Bilder von damals, bilden sich aus dem Dunst verdrängter Erinnerungen bedrohliche Gespenster und keiner kann sich erklären, wieso das so ist und warum es gerade jetzt geschieht. Derweil geht Professor Mortimer einer Erfindung, dem Telezephaloskop, des alten Feindes Septimus auf den Grund. Leider sind die Ergebnisse zu vernachlässigen. Ein Treffen mit seinem alten Freund Francis Blake könnte Rat bringen.
Das gelbe M wirft seinen langen Schatten. Eines der am besten in Erinnerung gebliebenen Abenteuer der beiden Helden Blake und Mortimer, Das Gelbe M, erlebt hier eine Art Epilog. Die Geschichte ist rätselhaft, eine Rückschau zu besagtem Klassiker nicht ausdrücklich notwendig. Die Atmosphäre schwankt zwischen dem Grusel einer Geschichte von Lovecraft und, moderner, den rästelhafteren Episoden der Serie Akte X.
Mysteriös. Männer tauchen auf, schleichen durch ein heruntergekommenes Viertel und sterben auf eine merkwürdige Art und Weise. Zuvor reden sie Sätze, die nach Anbetung klingen, seltsamer aber kaum sein könnten und kaum Rückschlüsse auf die Hintergründe zulassen. Erst die Identität der Männer eröffnet eine neue Spur, die Blake und Mortimer jedoch noch ratloser zurücklässt. Ein Komplott, wohl verborgen geschmiedet, wird vor dem wahren Geheimnis fast zur Nebensache.
Jean Dufaux kann als Comic-Autor auf eine große Bandbreite von Genres zurückblicken, in denen er seine Erzählungen gefunden hat. Piraten, Wikinger, Gangster, eine Spur Erotik sind zu finden, gerne historisch, gerne etwas fantastisch. Mit Blake und Mortimer nimmt er ein ordentliches Erbe in Empfang, an dem nicht nur E. P. Jacobs als Erfinder arbeitete, sondern auch ein Thriller-Spezialist wie Jean Van Hamme.
Jean Dufaux greift das Grundelement der Reihe, nennen wir es das außergewöhnliche Mysterium, auf und verschachtelt die einzelnen ungelösten Geheimnisse auf modern popkulturelle Art. Um beim Beispiel Akte X zu bleiben: Hinterher sind nicht unbedingt alle Fragen beantwortet, dafür bleibt man mit dem Wissen zurück, dass es für Blake und Mortimer noch sehr zu tun geben wird.
Die Grafiken, gezeichnet von Antoine Aubin und Etienne Schreder, weichen selbstverständlich nicht von der klassisch bekannten Form der Reihe ab. Hier gibt es keine Experimente. Was gut war, ist gut und soll nicht verfälscht werden. Es gibt nur wenige Serien mit wechselnden Zeichnern, die ihren Charakter dennoch über die vielen Jahre so toll erhalten haben. Etienne Schreder setzt seine Arbeit an der Reihe, begonnen unter Van Hamme, fort. Klare, präzise Formen, ergänzt mit einfachen Farbaufträgen, die allenfalls von etwas Wangenröte durchbrochen werden.
Schwarz gekleidete Männer mit Bowlern und Regenschirmen. Die Bedrohung durch gut konservativ gekleidete Herren ist keine Erfindung von Jean Dufaux. Zeitweilig mag man glauben, dass hier die grauen Herren nicht weit sind, oder jene, die einen Plan überwachen, den es einzuhalten gilt. Ein schönes Beispiel für eine Figur, die, tritt sie einzeln auf, harmlos scheint, aber schnell bedrohlich wird, wenn sie sich massenhaft in Szene setzt. Professor Septimus gibt es hier nicht zu knapp. Über den bekannten stechenden Blick hinaus ist er eines Gruselelemente dieses Abenteuers.
Jean Dufaux zieht die besonders dunklen Seiten der Serie in den Vordergrund. London wird zum Versteck eines Mysteriums, von dem niemand eine Ahnung hatte. Grafisch auf gewohntem Niveau ermitteln Blake und Mortimer auf ebenso gewohnt britische Weise. Fein. 🙂
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