Rom hat die Kriegsmaschinerie vervollkommnet und hat sich zur Herrin der bekannten Welt aufgeschwungen, doch immer noch, entgegen eigener Ansicht, ist sie mit jenen Barbaren gleichzusetzen, die sie so gerne beschimpft und abwertet. Als die Legionäre über das germanische Dorf herfallen, lautet die Losung: Kein Pardon! Die Soldaten töten jeden. Männer, Frauen, sogar Kinder. Quintus, Heerführer, geht beispielhaft voran und tötet selbst das letzte noch lebende Kind. Ein Römer nimmt sich, was er will. Diesem Spruch entsprechend verhält er sich und diese Wesensart ist es, die Germanen neimals die römische Herrschaft akzeptieren lassen wird. Kommandant Marcus erntet an der Spitze seiner kleinen Truppe die Früchte dieses Hasses, der ihn beinahe das Leben kostet. Derweil spielt Arminius, der Germane, der eine römische Erziehung genoss und das Leid seines Volkes kennt, sein doppeltes Spiel weiter. Mit dem Wissen um den nächsten römischen Schachzug sammelt er seine germanischen Getreuen und rüstet zum Befreiungsschlag.
Ein bekanntes Stück Geschichte neu erzählt. Mit den Fakten der Geschichtsschreibung vermischt, lässt Enrico Marini einen Wendepunkt in der Historie des Römischen Reiches neu erstehen. In BUCH IV hat es die Freunde Marcus und Arminius, den gebürtigen Römer und den in Rom aufgewachsenen Germanen, nach Germanien verschlagen, wo der Kampf gegen aufrührerische Einheimische neue Höhepunkte gebärt. Zur Herrschaftszeit des ersten römischen Kaisers Augustus gelangen die Kriegszüge zu neuen Weihen. In Germanien, gegen zerstrittene Stämme, kann das effektivste Militär jener Zeit mit Disziplin und Technologie punkten. Selbst die gesammelten Berserker des Feindes, eine brüllende Meute, die den Tod nicht fürchtet, kann auf Dauer nichts gegen diese Kriegsmaschine ausrichten. Der römisch erzogene Arminius erkennt folgerichtig, dass Feuer nur mit Feuer bekämpft werden kann.
Die Germanen müssen ihr Verhalten, ihre Taktik ändern, um den Sieg davontragen zu können. Enrico Marini, Autor, Zeichner und Kolorist in Personalunion, erzählt in der vierten Folge nicht nur von jenen Kämpfen, die er wie in kleinen Schlachtengemälde zu inszenieren vermag, er schildert auch sehr leidenschaftliche Auseinandersetzungen und Intrigen im Leben der (wie man jetzt sagen sollte) ehemaligen Jugendfreunde Marcus und Arminius. Die beiden treffen sich nicht mehr im Frieden, allzu deutlich sind die Differenzen und Marcus erkennt sehr bald, was Arminius vorhat. Die Qualität der Titelgrafik zieht sich durch den gesamten Band und Enrico Marini beweist auf jeder Seite mit Talent, Technik und Komposition, wie eine gute Comic-Ballade über ein historisches, antikes Thema auszusehen hat.
Mit leichter Aquarellfärbung tauchen die Bilder in Lichter und Schatten, hinter denen ein gutes Auge für die perfekte Beleuchtung einer Szene steht. Das beste Beispiel hierfür ist im vorliegenden Band die Sequenz, in der Arminius seinen Führungsanspruch unter den Stämmen untermauert. Bei der nächtlichen Zusammenkunft, vor dunkelblauen Hintergründen, schwarzen Pflanzenprofilen, schält sich, erhellt von flackernden Fackeln, ein archaischer Versammlungsplatz aus der Dunkelheit. Aus der Diskussion wird schließlich ein Zweikampf, die eine göttliche Entscheidung verlangt. Für das Auge steht diese spannende Szenerie, während Enrico Marini eine zweite erzählerische Ebene einfügt, im Hintergrund, wo Marcus zu Werke geht und dort den Spannungsherd schürt.
Enrico Marini hält seine eigenen hohen Ansprüche der Qualität in Wort und Bild aufrecht. Tragödien am Rande der großen historischen Linien erzeugen eine hohe Dichte der Erzählung, in der dem Leser ein größeres Wissen zugestanden wird als den beiden Helden Marcus und Arminius. Ein bildgewaltiges Epos, vermischt mit modernen Erzähltechniken, für jeden Fan von Rom-Abenteuern ein heißer Tipp! 🙂
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