Der Kauf einer Pistole ist nicht schwierig. Es müssen nur genügend Dollars zur Verfügung stehen, dann ist alles zu haben. Schwieriger hingegen wird es, wenn so eine Pistole auch ihrem Verwendungszweck zugeführt werden soll: Schießen. Als Anfänger sollte man sich vergewissern, ob das neu erworbene Stück auch geladen ist. Das ist die erste Regel. An das Gewicht der Pistole gewöhnt man sich, auch das Zielen erfordert nur Ruhe und etwas Sorgfalt. Selbst jemand, dessen Hand so zittrig ist wie jene, die sich auf den Rücken des Waffenhändlers richtet, wird irgendwann ruhiger werden. Wenn die Pistole dann noch geladen wird, steht einer erfolgreichen Benutzung eigentlich kaum noch etwas im Weg.
Luc Brunschwig, Autor der Geschichte um Warrens Schwur, spitzt im vierten und letzten Teil der Handlung, den Thriller dramatisch zu. Bei einer Kinopremiere haben sich auch amerikanische Ur-Einwohner eingefunden, die alles andere als begeistert über den Film sind. Inmitten dieser Demonstration, die zwar aufgebracht, aber gewaltfrei verläuft, befindet sich auch jener junge Mann, der bereit ist, mit einem Schuss sein Leben für immer zu verändern und das eines anderen für immer zu beenden. Plötzlich eskaliert die Situation in eine Richtung, die niemand, am allerwenigsten der junge Mann selbst vorhergesehen hat. Und eine weiße Katze kreuzt das dramatische Geschehen, beobachtend zuerst nur bis zu jenem verhängnisvollen Moment.
Servain, der Zeichner des Album-Thrillers, ist ein Minimalist. Mit starkem skizzenhaften Strich wirft er den Leser in die Szene. Der Strich hebt sich auch nicht von der Machart des Titelbildes ab. Es sind klare Szenen, ohne Experimente. Hier wird den Sehgewohnheiten des Lesers, genauer des Zuschauers gefolgt, allerdings ohne dabei auf die große Leinwand zu schielen. Servain bedient sich gerne den unterschiedlichen Gesichtsausdrücken der Figuren und ihm gelingen hierbei viele schöne Subtexte. Beispielhaft in diesem Zusammenhang ist auch wieder das Titelbild für die etwas weniger auftretenden Posen, die ihrerseits Informationen transportieren.
Die Kolorierung von Delphine Rieu nimmt sich stark zurück, imitiert eine natürliche Farbgebung, die eher hell als dunkel ist. Das Düstere arbeitet die Handlung selbst heraus. In einer erdigen Farbpalette, die sich aus Gelb, Rot, Braun und Ocker entlehnt, finden sich die Hauptfarben. Farbliche Ausflüge in andere Farbkulissen sind da beinahe störend. Eine Szene, auf einer öffentlichen Toilette mit gelbgrünen Licht als Grundtendenz, fällt optisch sehr aus dem Rahmen. Andererseits, vielleicht ein bewusster Trick, rücken solche Szenen auch verstärkt ins Bewusstsein, da gerade hier, um als Beispiel dabei zu bleiben, eine folgenschwere Entscheidung für den Rest der Handlung fällt.
Im vierten abschließenden Band sind Vorkenntnisse erforderlich. Manche Vierteiler oder Trilogien erleichtern einen Einstieg, erzählen eher lose, Luc Brunschwig hingegen nutzt den Platz und breitet seinen Thriller konsequent über die gesamte Distanz auf. Die Auflösung ist nach wie vor spannend zu lesen, doch wer die Vorgeschichte nicht kennt, für den bleiben zu viele Fragen offen.
Ein sehr dichter Abschluss, der sich keine Längen erlaubt, der jede Szene ausnutzt. Luc Brunschwigs Geschichte liegt nun endlich abgeschlossen auf dem deutschen Markt vor. Ein Thriller mit einem seltenen Thema, leicht zugänglichen Figuren (bis auf jenen, um den sich alles dreht und der auch das Titelbild schmückt). 🙂
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