Die Tränen der Bienen. Ein seltsamer Name, aber ein wichtiges Kleinod, eine seltene Flüssigkeit und nun ist sie verschwunden. Erwan muss sie unbedingt wiederfinden. Doch wo soll er suchen? Wo ist der Nachlass seines Mentors mit den kleinen Phiolen geblieben? Die Lösung ist bald gefunden. Gemeinsam mit Pauline macht er sich auf den Weg. Soll Gaelle für die kurze Weile auf die kleine Blanche aufpassen? Was soll schon passieren? Eigentlich verstehen sich die beiden ja ganz gut. Aber Blanche ist kein normales Kind. Und Gaelle ist … sie ist eben Gaelle. Neugierig.
Geht die Welt unter? Eine Reise entpuppt sich langsam aber sicher als der Prolog zu ungeheuren Ereignissen, die an der Existenz der menschheit zu rütteln beginnen. Die Ausmaße der Idee von Regis Loisel waren im ersten Band der Reihe Der große Tote in keiner Weise absehbar. Selbst mit dem Wissen des dritten, also vorhergehenden Bandes trifft die Handlung den Leser im vierten Band, Sombre völlig überraschend. An der Seite der beiden Frauen, Pauline und Gaelle, ist zunächst ein Streit zu beobachten. Aus einer Eifersüchtelei heraus kommt es zu einer Aussprache und im nächsten Augenblick tritt die Katastrophe ein.
Das Titelbild spielt mit dieser Katastrophe, in der es sich Gaelle nicht verkneifen kann, um ihre Ente zu trauern, nur um sich bald schon über einen anderen Klassiker, eine Vespa, zu freuen. Viel mehr Grund zu Freude gibt es allerdings nicht. Denn vor den kleinen Weltuntergang haben Loisel und Co-Autor JB Djian Rätsel platziert. Eines davon heißt Blanche und ist die kleine Tochter von Pauline. Eigentlich hätte Pauline niemals schwanger sein dürfen, immerhin gehört nach menschlichen Maßstäben auch ein Vater dazu. Alsbald ist deutlich, dass Blanche ein Kind der kleinen Welt ist, ein Mischwesen. Die Bedrohung, die von der Kleinen ausgeht, ist zurückhaltend, aber spürbar. Und was dem Leser vorenthalten wird (bisher jedenfalls), malt er sich in entsprechenden Farben aus.
Vincent Mallie verleiht den Bildern eine schöne Leichtigkeit, wie es der Comic-Fan von Bildern, die Regis Loisel selbst gestaltet hat, her kennt. Vincent Mallie arbeitet aber noch eine Spur realistischer und gibt seinen Charakteren ein hohes Maß an Lebendigkeit mit, die besonders in der Menschenwelt funktioniert. Die Wesen der anderen Welt sind schwieriger zu durchschauen. Sie sind durchaus fantasievoller zu nennen, aber ihre Mimik fällt auch durch geringere Möglichkeiten auf. Hier findet eine Orientierung an gängigen außerirdischen Physiognomien statt. Die Konzentration der vorliegenden Handlung, des 4. Bandes, liegt auf den Menschen, die hier zu einem Spielball geworden sind, ohne es so recht zu bemerken. Der feine Strich, der ihre Gefühle sehr gut beschreibt und dem begleitenden Text beinahe einen Ton gibt, wird durch eine tolle Kolorierung gestützt.
Hier ist Lapierre ein großes Lob zu machen, denn die Natürlichkeit der Farbgebung, gerade in Land und Stadt ein Tageslicht auf das Papier zu zaubern, macht besonders aus den ländlichen Abschnitten der Erzählung ein kleines Juwel. Da ist nicht zu viel und zu wenig gemacht worden, sondern es passt alles wie das berühmte I-Tüpfelchen. Die Farbflächen sind niemals glatt. Es finden sich selbst in den scheinbar hellsten Flächen noch farbliche Unruhen, so dass hier auch eine simulierte Natürlichkeit des Farbauftrags entsteht.
Jetzt wird es aber mächtig spannend. Nicht nur die Welt geht unter, es zieht auch noch ein Krieg auf. Die Abschnitte, leicht episodenhaft, packen immer mehr, da sich das Rätsel langsam entwirrt und die Spieler aus der Deckung kommen. Klasse. 🙂
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