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Comic Blog


Sonntag, 29. September 2013

GUERILLAS – Band 1

Filed under: Thriller — Michael um 10:30

GUERILLAS - BAND 1Vietnam, 1970. Als Frischling in diesen so fremden Krieg zu kommen, der mit nichts vergleichbar ist, das sich die Vereinigten Staaten von Amerika zuvor aufgebürdet haben, ist wie ein Trip in einen schlechten Traum. Dschungel, schlecht gelaunte Kameraden, die einem Frischling das Leben zur Hölle machen und ein unsichtbarer Feind machen das Soldatenleben zu einer Belastung, die 24 Stunden am Tag andauert. Längst sind sich die Spitzen in der amerikanischen Führung bewusst, wie wertvoll der Mensch ist und wie ratsam es wäre, den amerikanischen Nachwuchs zu schonen und andere Mittel und Weg der Kriegsführung zu finden. Jemand anderes soll für die Vereinigten Staaten von Amerika gegen den Kommunismus Krieg führen. Jemand, der entbehrlich ist.

GUERILLAS entführt den Leser in einen Tier-Thriller der besonderen Art. Experimente mit Tieren, auch Primaten, wurden schon thematisiert, doch noch nicht im Einklang mit der amerikanischen Geschichte, wie es hier geschieht. Leider verrät das Titelbild (so gut es auch ausschaut) schon den Kern der Handlung, wenngleich natürlich die Einzelheiten der Geschichte noch tiefer reichen. Brahm Revel, aus der Animationsbranche kommend, hat mit GUERILLAS einen Comic geschaffen, der sich nicht nur mit einem amerikanischen Alptraum befasst, sondern gleichzeitig auch die Mythen unverständlicher Experimente einfügt, von der Sorte, die zum Beispiel ein Mike Mignola in das Deutsche Reich verfrachtete. Aber so ist es auch kein Wunder, dass die maßgeblich am Experiment beteiligten Wissenschaftler Deutsche sind.

Grafisch schwankt Brahm Revel, der hier nicht nur schreibt, sondern auch zeichnet, zwischen einem Darwyn Cooke, einem Charlie Adlard und einem John Buscema. Nimmt er sich anfangs in dem aus drei Kapiteln bestehenden Dschungeldrama noch zurück, wird er im Verlauf deutlicher, ausgefeilter und zeigt seinen eindeutigen Schwerpunkt der Geschichte: die Schimpansen. Stilistisch wirkt die Arbeit von Brahm Revel bis zum Erscheinen der Affen wie eine europäische Graphic Novel. Die Ernsthaftigkeit hat beinahe einen dokumentarischen Charakter. Mit den Schimpansen ändert sich alles.

Von da an ist die Handlung nicht nur fantastischer, sie weiß auch durch den ersten Erzählstrang um die Affensoldaten zu begeistern, die den Neuen erst einmal in ihrer Gruppe aufnehmen und in die Schranken weisen. Brahm Revel verwendet starke, zuweilen dicke schwarze Striche, zielsicher aufgebracht und nur einen einzigen Grauton zur Schattierung. Aber mehr braucht es nicht. Jedes Gesicht ist individuell, jedes Bild komponiert, der passende Anblick herausgerissen. Markant ist seine Darstellung von Dynamik, schnellen Bewegungen und Action. Hier gibt es Parallelen zu moderneren Zeichentrickbildern, die Revels Vergangenheit im Animationsbereich geschuldet sein können.

Eine Art Negativ-Tarzan: wenn der Held der Geschichte gezwungen ist, mit den Schimpansen zu kooperieren, werden natürlich Erinnerungen an den Affenmenschen wach. Das ist eine Erzählung, die auch einem Edgar Rice Burroughs eingefallen sein könnte. Sie hat etwas Fantastisches, sie weist Horrorelemente auf, Science Fiction, Thriller und Kriegsdrama. Das ist eine Mischung, die stets das präsent hat, was gerade benötigt wird, um die Handlung weiterzubefördern. Und mit den Schimpansen allein ist es nicht getan. Brahm Revel baut auch noch einen Jagdhund ein, einen weiteren Primaten, der auf seine Art für Spannung sorgt.

Mal ein ganz anderes Konzept, neu und sicherlich auch mutig, einen solchen Comic anzugehen und gerade deshalb mehr als nur interessant. Angelegt auf drei Bände verspricht der Auftaktband noch sehr viel mehr. Schön stimmungsvoll gezeichnet in Schwarzweiß und Graustufe. 🙂

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Link: www.elrevel.com (Link zur Homepage von Brahm Revel)

Samstag, 28. September 2013

THE WALKING DEAD 18 – Grenzen

Filed under: Horror — Michael um 10:26

THE WALKING DEAD 18 - GrenzenNegan steht vor dem Tor. In seinem Tross bewegt sich ein immenses Gefolge mit Lastwagen, die allesamt nur darauf warten, ihren Anteil in der kleinen Kolonie hinter Rick Grimes zu plündern. Was wird Rick unternehmen? Diese Frage stellen sich die Männer und Frauen innerhalb der kleinen umzäunten Siedlung und können es kaum fassen, als nichts geschieht und Rick die Fremden tatsächlich gewähren lässt. Sogar als die Medikamente gestohlen werden, so dringend benötigt, hält Rick seine eigenen Leute davon ab, sich zu wehren. Und gerade dieses Verhalten, so durchdacht es auch ist, beschwört beinahe eine Katastrophe herauf.

Grenzen: Es gibt keine mehr. Die nächste Generation in der Erfolgsreihe THE WALKING DEAD wird langsam erwachsen. Der Sohn von Rick Grimes, der sich zahlreichen Prüfungen unterwerfen musste und schon lange kein Kind mehr ist, macht neue Erfahrungen, die ein neuer Psychopath für ihn bereithält. Carl Grimes, Ricks Sohn, hat sich zu einer der bemerkenswertesten Figuren der Reihe entwickelt. Anfangs war er noch ein Kind, doch spätestens seit er glaubte, Probleme mit Waffengewalt lösen zu können, auch bei Menschen, als alles um den kleinen jungen herum zum Teufel ging, hat Autor Robert Kirkman hier einen Comic-Charakter regelrecht heranreifen lassen. Nun, im 18. Band der Reihe THE WALKING DEAD mit dem Untertitel Grenzen, fällt Carl Grimes eine wichtige Rolle zu. Ein Pulverfaß trifft auf ein Pulverfaß, ließe sich auch sagen.

Robert Kirkman gehen nach so langer Zeit die Ideen innerhalb der Serie nicht aus. Der neue Feind ist unberechenbar. Er steckt Schläge ein und lacht. Er tötet mit einem Lachen im Gesicht. Er ist immer auf seinen Vorteil bedacht. Wenn er Gnade walten lässt, hat er dafür einen Grund. Der Blick, den er dem Betrachter auf dem Titelbild des 18. Bandes schenkt, mit einer Art finsteren Milde, spricht Bände und ist nur die Spitze eines Eisbergs. Kirkman verarbeitet die psychopathischen Auswüchse von Negan, dem feindlichen Anführer, auf eindrucksvolle wie auch stets unerwartbare Weise. Sehr langsam kristallisiert sich das Bild einer Gemeinschaft heraus, die sich gegen diese Kreatur wehren könnte. Doch die Mauern aus Angst, die dieser Mann um sich herum gebaut hat, die nun niemand mehr zu überwinden vermag, sind inzwischen viel zu hoch.

Liebe ist die Motivation. Rick Grimes, der einen enormen Wandel im Laufe der Serie erfahren hat, der Angehörige verlor, Freunde, selbst in die Irre geleitet wurde und sich nur mühsam wieder gefangen hat, gerät erneut an den Rand der Beherrschung, als es so aussieht, er habe auch noch seinen Sohn verloren. Insgesamt kann Robert Kirkman die sich hier offen zeigende Dramatik über die volle Länge der Handlung ziehen und schafft so einen neuen Höhepunkt der Reihe, der seine Kraft schon lange nicht mehr aus dem Kampf gegen die lebenden Toten zieht. Denn diese stehen bei den realen Gefahren der Geschichte mittlerweile in der zweiten Reihe. Ein Zombie will fressen, ist langsam und nähert sich gerne im Rudel. Zombies sind berechenbar. Menschen in dieser apokalyptischen Welt sind es nicht. Kirkman beschreibt, wie schnell sich das Blatt wenden kann.

Charlie Adlard ist als Künstler in der beneidenswerten Position, sich über einen langen Zeitraum bestimmten Charakteren widmen und seinen Stil perfektionieren zu können. Rick Grimes und Gefährten kennt er nun aus dem FF, allerdings der Leser ebenfalls und so ist das Erscheinen neuer Figuren auch immer spannend mit anzuschauen. Mit dem Jesus-Charakter, der freilich nur wie der Erlöser aussieht, und Negan wurden zwei spannende Neulinge auf dem Feld platziert. In diesem Band kommt der seit langem ungewöhnlichste Charakter hinzu. Ezekiel, ein weiterer biblischer Name, tritt königlich auf und hat sogar Begleitung. Auch diese macht neugierig auf weitere Auftritte.

Adlard pflegt einen leisen Zeichenstil. Er zeichnet den Kern einer Szene, eines Augenblicks. Großes Theater innerhalb eines Bildes, wie bei manchen Kollegen, gibt es nicht. Handlung geht hier auch vor Bild, doch soll damit die Leistung von Charlie Adlard und seines grafischen Kollegen, dem Koloristen Cliff Rathburn keineswegs geschmälert werden. Im Gegenteil, ist THE WALKING DEAD doch stark dafür verantwortlich, dass der Schwarzweiß-Comic auf dem Comic salonfähig geworden und geblieben ist und gezeigt hat, wie erfolgreich mit diesem Mittel gearbeitet werden kann.

Die Spannungsschraube zieht in diesem im Prinzip neuen Zyklus innerhalb der Reihe enorm an. Nach der Einleitung im vorherigen Band marschiert Robert Kirkman nun mit großen Schritten weiter und reißt den Leser mit. Auch mit Band 18 weiß die Serie noch zu überraschen. Sehr gut! 🙂

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Freitag, 27. September 2013

Key Of Z

Filed under: Horror — Michael um 17:37

Key Of ZDas Yankee-Stadion ist ein kleines Dorf geworden. Mit seiner Architektur ist es ein natürliches Fort. Doch wer innerhalb dieses und anderer Forts dieser Art unterkommen will, muss neuen Regeln gehorchen. Regeln, die von Verbechern aufgestellt wurden und die nun die Oberhand haben. Miniaturstaaten sind entstanden. Jeder ringt um einen Vorteil. Verhandlungen werden begangen, Hinterhalte gelegt. Der Krieg ist nicht kalt. Er ist zu jeder Stunde heiß. Skrupel gibt es keine mehr. Doch die Opfer sind meist immer noch die Unschuldigen.

Wenn die Zivilbevölkerung verloren ist, das Militär vernichtend geschlagen wurde, behalten nur noch jene eine Ordnung aufrecht, die zuvor schon in einer gewissen Forma organisiert waren: Gangs. In einem großen Ausschnitt der Welt, dem, was von New York übrig geblieben ist, haben sich verschiedene Gruppen herausgebildet, die den mageren Rest einer Weltstadt unter sich aufzuteilen versuchen. Natürlich geht aus auch um Vorherrschaft. Wer kann sein ehemalige Stadion zum neuen Olymp innerhalb des Chaos machen? Claudio Sanchez und Chandra Echert nehmen sich den menschlichen Untergang vor und beschreiben einen schön schaurigen Big Apple. Hierin bewegen sich die letzten Überlebenden auf der Suche nach Gegenständen, die noch irgendeinen Wert haben könnten.

Die Arbeit für die falsche Seite brachte der Familie von Ewing den Tod. Seither hat er beschlossen, dass selbst in einer Welt, in der Gevatter Tod allgegenwärtig ist, Rache immer noch ein angenehmes Ziel bedeutet und außerdem eines ist, das die Zeit ausfüllt. Die beiden Autoren haben sich neben dieser Rachegeschichte noch einen weiteren Aspekt ausgedacht, der dieser Zombiegeschichte Spannung verleiht. Ewing hat eine Eigenschaft seiner Mundharmonika entdeckt, die ihm ohne die Apokalypse niemals aufgefallen wäre. Der Effekt ihrer Klänge auf die Untoten kommt einem Rattenfängerphänomen gleich und geht sogar noch einen Schritt weiter.

So entsteht für den Leser eine Art Spiel mir das Lied vom Tod im wahrsten Sinne des Wortes in Zombieland. Dank der Zeichenkünste eines Aaron Kuder sind die Bilder, die auch zum Teil eine Freundschaft beschreiben, sehr schön anzuschauen, obwohl das im Zusammenhang mit einer Zombiegeschichte ungewöhnlich formuliert sein mag. Aber eine gute Technik ist eine gute Technik und diese beherrscht Aaron Kuder hervorragend. Mit seinem Zeichenstil ordnet er sich in die Reihe ähnlich penibler Zeichner ein wie Geof Darrow (Hard Boiled) oder Juan Jose Ryp (Frank Millers Robocop). Wer sich also mit diesen Zeichenstilen gut unterhalten fühlt, liegt hier schon einmal richtig.

Darüber hinaus ist der Charme der Erzählung, angesiedelt zwischen Italowestern und Tarantino-Stil, bei einer härteren Gangart zu finden. Das hat auch etwas von den Romero-Streifen vergangener Tage, in denen ziemlich geradlinig erzählt wurde. In den Kampfszenen gegen die Untoten finden sich atmosphärische Bilder, wie sie auch erwähntem Zombieland entsprungen sein könnten (ohne den Humor) oder auch dem Remake von Dawn Of The Dead (hier ebenfalls ohne den wenigen Humor). Grafisch besticht Aaron Kuder durch die hohe Individualität seiner Figuren und einer filmischen Sicht auf das Geschehen, eine gelungene Choreografie seiner Kampfszenen inklusive.

Das ist insgesamt nichts für schwache Nerven. Der Niedergang der Welt wird gruselig gut mit einigen sehr eindeutigen Bildern dokumentiert. Ein Pärchen hat auf einer Parkbank den gemeinsamen Selbstmord begangen. Das Wrack eines Hubschraubers hängt in der Freiheitsstatue. Ein leerer Schädel liegt wie Touristenmüll im Central Park. Eine Bibliothek, ein ehemaliger Hort des Wissens, wird zum Ort eines Kampfgeschehens. Wo die Geschichte auf Augenhöhe mit einem Italowestern balanciert, weisen die Bilder eine höhere Dichte auf. Ganz so, als habe ein italienischer Altmeisterregisseur das Szepter über der Handlung geschwungen.

Das sieht gut aus, das geht ab und baut auch für das Genre neue Ideen ein, liest sich flüssig und ist perfekte Zombie-Unterhaltung. Aaron Kuder ist als Zeichner eine sehr gute Entdeckung. Hoffentlich sieht man von ihm noch mehr, gerne auch in diesem Genre. 🙂

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Montag, 23. September 2013

DEDE 4

Filed under: Thriller — Michael um 10:21

DEDE 4 - Und dann Ruhe in ParisAls Privatdetektiv muss Dede auch darauf vorbereitet sein, dass es hin und wieder hart auf hart kommt. Ziemlich ramponiert, von zwei Halunken verschleppt, kommt Dede bei seinem geheimnisvollen Gegenspieler an. Dieser, ein sehr alter Mann, hat kein Mitleid für seinen Gast und verfügt über noch weniger Gewissen. Für ihn zählt nur der Fund der Mumie, doch die ist, von zeitweiligem und unerwünschtem Auftauchen einmal abgesehen, und bleibt verschwunden. Und eigentlich sollte man über ihr verschwinden auch erfreut sein, denn wer sie sah, sah danach gar nichts mehr, weil die Mumie offensichtlich eine Art Fluch folgt und verschiedene Menschen meuchelt. Dede schert das wenig. Er leckt seine mannigfaltigen Wunden und kann sich immerhin über die Hilfe seiner neuen Nachbarin freuen, eine Medizinstudentin, die seine Verletzungen leidlich pflegt.

Erik schickt Dede in die zweite Runde um die Jagd auf eine abhanden gekommene Mumie, die sich sehr energisch gegen ihr Auffinden wehrt. Der Privatdetektiv, der so mürrisch gegen die Möglichkeit eines ehemals ägyptischen, in Bandagen gewickelten Untoten aufbegehrt, bekommt von einer Stippvisite der Mumie nicht einmal etwas mit. Es sind solche und andere Begebenheiten, die auch die Fortsetzung von Mumien sind auch nur Menschen locker und mit tatsächlicher französischer Leichtigkeit vor dem Leser ablaufen lassen. Da findet sich ein wenig des Humors, der auch schon Komödienklassiker beförderte und auch hier, obwohl von einem Saarländer adaptiert, hervorragend funktioniert. Natürlich ist es auch eine Karikatur von Kino-Mumien-Höhepunkten jünger zurückliegender Jahre.

Und dann Ruhe in Paris, so lautet der Untertitel des vierten Bandes der Reihe DEDE. Es ist düsterer als sein Vorgänger. Es regnet in Paris. Es ist dunkel und hinter den Kulissen gärt es. Erik hat sich eine kleine, gerne angesehene Technik angeeignet, die er für eine szenische Abfolge verwendet. Er setzt eine Szene komplett in ein Bild, von links nach rechts geschaut, beleuchtet er verschiedene Blickwinkel, so dass zum Beispiel aus einem Dialog eine sehr dynamische Grafik wird. Er geht sparsam mit dieser Technik um. Das garantiert bei ihrem Einsatz eine beständige Wirksamkeit. Es funktioniert auf unterschiedlichsten Ebenen. In Massenszenen, in kleinen Nebenepisoden, die nur eine Person aufweisen entsteht ein schöner Eindruck. Selbst Dedes Prügelei mit einer Mumie gerät so zu einer spaßigen Angelegenheit.

DEDE und die Frauen. Liebt er sie oder liebt er sie nicht? Die eine? Die ihn immer wieder besuchen kommt? Gefühle? Für Dede scheinen Gefühle etwas zu sein, dass man verbirgt und allenfalls nur über Umwegen preisgibt. Erik gibt DEDE in den richtigen Momenten Tiefe mit, verleiht ihm den nötigen Charakter, um auch noch auf weitere Folgen neugierig zu machen, in denen vielleicht jene Nebenfiguren noch einmal viel wichtiger werden können. Aus Lesersicht wäre es ihnen zu wünschen, da es Erik selbst in kleinen Szenen gelingt über Text und Bild reiche Informationen zu transportieren, die Charakter runder und interessanter zu machen.

Ein seltsames Geheimnis lüftet sich. Aber war es wirklich ein Geheimnis oder nur eine Fehlinterpretation? Für Dede stellt sich natürlich die Frage, ob es das alles wert war. Immerhin geht für ihn alles gut aus, das darf verraten werden, denn er ist die Hauptfigur. Für alle anderen jedoch … Eine spannend komödiantische Geschichte. Erik hält mit seinem Detektiv Deschamps das Detektiv-Genre im Comic am Leben, so wie es sich für einen leichten Krimi gehört. 🙂

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Sonntag, 22. September 2013

DEDE 3

Filed under: Thriller — Michael um 18:43

DEDE 3 - Mumien sind auch nur MenschenDer Fall ist zunächst außergewöhnlich zu nennen. Dede wird zum Museum gerufen. Jemand ist ausgebrochen. Drei mannshohe Glasvitrinen stehen vor dem Detektiv. Eine davon ist zerbrochen. In den beiden anderen stehen Mumien. In der dritten befand sich ebenfalls eine. Dede mag nicht glauben, was man ihm seitens der Museumsverantwortlichen auftischen will. Eine Mumie soll lebendig geworden sein? Also, bitte! Das ist doch wohl ein Ding der Unmöglichkeit! Sogar in Paris, wo vieles möglich ist. Dede jedenfalls, Detektiv Deschamps mit Langnamen, macht sich an die Arbeit.

Im dritten Band, dem Auftakt zu einer Doppelfolge, begibt sich Erkis Detektiv Deschamps auf die Pfade des Unheimlichen. Aber Dede gehört zu den Ungläubigen. Je wahnwitziger die Geschichte ist, die ihm aufgeschwatzt werden soll, umso misstrauischer wird er. Der aus der Werbung kommende Autor und Zeichner der Reihe, Frank Erik Weißmüller, weiß, wie er den Beginn eines Comics gestaltet, um eine möglichst hohe Aufmerksamkeit beim Leser zu erreichen. So teilt sich der Anfang der Kriminalgeschichte örtlich auch nicht in Paris mit, sondern nimmt den Leser mit nach Ägypten, zusätzlich in die Vergangenheit, hin zu einer Ausgrabungsstätte, die kein Glück verheißt.

Der nächste Aufenthalt, im vollkommenen Gegensatz, zeigt das frühmorgendliche Aufwachen in Dedes Bett und seine Sicht auf das Geschehen (hier soll nicht zu viel verraten werden). Dede ist ein Mensch, der ein wenig gammelig vor sich hinlebt, Unordnung produziert und erträgt, nicht gerade pfleglich mit sich umgeht, auch ungesund lebt, immerhin nicht raucht und einen Kaffee, der furchtbar schmeckt, nur trinkt, weil ihm dieser von jemandem serviert wird, den er mehr als nur gut leiden kann. Mürrisch ist er auch zu nennen, etwas wortkarg, viel zu groß für sein kleines Auto ist er sowieso und das Warten bei einer Observation vertreibt man sich am besten mit der Nahrungsaufnahme. Je mehr, je besser und so passt er immer schlechter in sein kleines Auto. Erik, so der für die künstlerische Tätigkeit verwendete Kurzname des Autors und Zeichners in Personalunion, erzählt mit trockenem Humor.

Der Zeichenstil wartet mit ausdrucksstarken Linien auf, die weniger gemalt, vielmehr geschnitten wirken. Oft lässt Erik Unterbrechungen in den Linien zu, so dass die Figuren die Wirkung einer flüchtig zusammengesetzten Form erzielen, ohne dies negativ klingen lassen zu wollen. Denn in Strichtechnik und Form hat Erik einen sehr schönen und wieder erkennbaren Strich geschaffen, der sich völlig auf diesen Ausdruck verlässt (zu Recht) und nur mit einer minimalen Kolorierung einher läuft. Blasse Farbtöne, rötlich, bläulich, bräunlich, grau und einige mehr (so, wie es das Titelbild auch vermittelt) imitieren eine dunkle Serie, wie es die Detektivfilme in der Schwarzweißära auch waren.

Spannend: Der Leser weiß, dass es keine lebenden Mumien gibt. Auch Dede weiß, dass es keine lebenden Mumien gibt. Nur die Mumie selbst scheint sich dieses Umstandes nicht bewusst zu sein, da sie munter unterwegs ist. Und obwohl sie dieses Flair der Gefahr hinterlässt, gibt es auch noch Halunken, die jenes ägyptische Schmuckstück, aus welchen Gründen auch immer, ebenfalls in ihre Hände bekommen wollen. Dede hat also alle Hände voll zu tun, um überhaupt lebend aus der Geschichte herauszukommen. Das ist durchweg unterhaltsam und wird mit einigen privaten Anekdoten des Detektivs gewürzt. Dede besitzt (weiche) Ecken und Kanten (die seiner ungesunden Lebensweise geschuldet sind) und dennoch ist dieses Raubein sympathisch.

Ein schöner dritter Band, in dem sich Autor und Zeichner Erik auf eine Doppelfolge einlässt. Doch ist der Auftakt so schön illustriert, so fein illustriert, dass man die nächste die Handlung abschließende Folge gerne erwartet. 🙂

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Freitag, 20. September 2013

SARIA 1 – Die drei Schlüssel

Filed under: Mystery — Michael um 11:22

SARIA 1 - Die drei SchlüsselDer alte Mann liegt im Sterben. Er weiß, dass es nicht mehr lange dauern wird. Die wenige Zeit, die ihm noch zur Verfügung steht, will er nutzen, um seiner Tochter ein Erbe zu übergeben. Schrecklich ist es, doch darf es nicht in die falschen Hände fallen. Zu lange hat er es gehütet, um nun einen Fehler zu begehen. Saria übernimmt das Geheimnis und flieht. Bei ihrer Rückkehr, unter falschem Namen, erwirbt sie sich den Respekt des Volkes, ist sie doch dazu bereit, sich für die einfachen Menschen einzusetzen, Gräueltaten von ihnen abzuwenden und nicht selten unter Einsatz ihres eigenen Lebens. Aber Luna, wie sie sich nun nennt, geht zuweilen zu hohe Risiken ein.

Venedig, wie es niemand kennt. Eine Legende versetzt die Mächtigen der Stadt in Furcht und gleichzeitig dürsten sie nach ihr. Drei Schlüssel gibt es für die Engelspforte, doch jeder öffnet den Weg für ein anderes Ziel. Mit einem gelangt man in die Hölle. Mit einem anderen findet man die Schwelle des Paradieses. Der dritte Schlüssel führt einen ins Nichts. Doch welcher Schlüssel bewirkt was? Das ist die große Frage. Autor Jean Dufaux liebt das fantastische Element einer Erzählung. Mal gibt er dieser Liebe mehr, mal gibt er ihr weniger nach. In diesem von ihm beschriebenen Venedig kommt dem Leser, selbst wenn er nicht allzu viel über die Lagunenstadt weiß, vieles bekannt vor, denn Dufaux bedient sich an historischen Strukturen aus verschiedenen Epochen und vermischt sie mit einem grauenvollen Mythos.

In eine mittelalterliche Stimmung hinein bohrt sich eine Endzeitatmosphäre, die ein wenig an die Geschichte um Druuna erinnert, jene ordentlich sexuell aufgeheizte Science Fiction Handlung von Paolo Serpieri, dessen Zeichnungen einen hohen Wiedererkennungswert haben. Das Abgleiten in diese endzeitliche, auch gruseligen Szenarien lässt ihn auch wieder Mischwesen (einen ziemlich grausamen Engel) und einiges an Glibber und Kabeln in die Bilder einbauen. Körperlicher Verfall am lebendigen wie auch toten Objekt ist bei Serpieri ein beständiger Spielball, den er meisterlich beherrscht. Seine Strichtechnik, einen Körper, wie auch immer geartet, auf das Papier zu meißeln, als arbeite er im Stile einer Radierung, so dass ein enormer Realismus erreicht wird, ist sicherlich nicht einzigartig, findet sich aber höchst selten.

Einerseits bietet sie den Vorteil für Serpieri unbequeme Stellen zu verschleiern, andererseits nutzt er die Technik auch, um besondere Strukturen herauszuarbeiten. Das ist geschickt gemacht, wie auch wunderschön anzuschauen, denn durch seine eigene Kolorierung, leicht und lasierend aufgetragen, entsteht ein feines und fragiles Volumen, dem der Stil alter Fotografien anheftet oder auch die gute alte Theaterinszenierung. Dies wird umso deutlicher, betrachtet man die inneren und äußeren Kulissen alter venezianischer Paläste, auch gewöhnlicher Häuser, der Kanäle und auch jener Konstruktionen, die so typisch für Serpieri sind und in denen er seinen Hang nach überbordenden Details ausleben kann.

Aber es gibt auch Eindrücke, die einen wünschen lassen, Serpieri möge sich einmal des Steampunks oder eines orientalischen Themas mit all seiner grafischen Wucht annehmen. Anklänge sind hier vorhanden, leider sind sie nur Seitenlinien und zunächst nicht so relevant. Inwieweit sie mehr Bedeutung in einer Fortsetzung der Handlung erlangen, wird sich zeigen. Frauen: Serpieri kann nicht ohne sie und er hat eindeutig eine Frau zu seiner Ikone erkoren. Sie findet sich in Gesicht und Körper stets wieder. Einige Merkmale ändern sich, die Haarfarbe zum Beispiel, doch letztlich von Druuna lassen, kann er nicht.

Aber mehr noch: Im Handlanger des Bösewichts, einer merkwürdigen kirchlichen Eminenz, wird der historisch interessierte Leser eine Art Duce, einen Mussolini wiedererkennen. Sogar die Uniformierung desselben und seiner Untergebenen, mit einem Fez erinnert an jene faschistischen vergangenen Tage, die in dieser Erzählung in einem Venedig aufleben, in dem in Teilen der Handlung auch ein Storm auftauchen könnte. Mit dem Erscheinen des Molochs nimmt Jean Dufaux entsprechende Anleihen bei der nach ihrem Helden benannten klassischen SF-Abenteuerserie.

Eine düstere Geschichte, mehr Horror als Fantasy oder Science Fiction. Mythologisch gewürzt und grafisch aufwändig von, im wahrsten Sinne des Wortes, Comic-Künstler Paolo Serpieri umgesetzt. Jean Dufaux weiß die Spannung auf die Fortsetzung mit großem Geschick zu schüren. 🙂

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Dienstag, 17. September 2013

Marsch der Krabben 2

Filed under: Cartoon — Michael um 19:37

Marsch der Krabben 2 - Das KrabbenimperiumDie Quadratkrabbe ist dem untergehenden Schiff entkommen. Sie hat einen Bogen geschlagen, den sie nicht hätte schlagen dürfen, da Quadratkrabben keine Bogen schlagen. Sie gehen geradeaus. Sonst nichts. Und für die meisten Quadratkrabben ist das gut so. Ein kleiner Ausrutscher birgt das Potential der Revolution in sich. Für die kleine Krabbe, der dieser Ausrutscher gelang, ist diese Möglichkeit zunächst völlig unglaubhaft. So wie sie erst einmal kaum glauben kann, was sie da gerade getan hat. Der Auflauf um sie herum ist groß, denn eigentlich will auch sonst niemand seinen Augen trauen. Doch die Beweise sind unleugbar. Ein Anfang vom Ende? Oder nur eine Episode, an die sich am nächsten Tag niemand mehr erinnert?

Taschenkrebse spielen nicht mit Quadratkrabben. Das muss unterbunden werden, so lange sie noch klein sind. In der zweiten Runde von Marsch der Krabben wird es noch dramatischer. Nachdem die Quadratkrabben festgestellt haben, dass sie von der geraden Linie, den beiden unterschiedlichen Richtungen, in die sie immer gelaufen sind, abweichen können, haben sich unterschiedliche Fraktionen gebildet. Im Verbund der Quadratkrabben selbst gibt es jene, die nur zu gerne in jede beliebige Richtung laufen möchten. Aber nicht wenige Quadratkrabben sind nicht bereit, die alte Tradition aufzugeben. Unterstützung erfahren sie hierbei von den Taschenkrebsen, denn die Angst vor Veränderungen innerhalb der natürlichen Hierarchien ist groß.

Arthur De Pins ist mit dieser Geschichte, einem völlig neuen Thema ein moderner Klassiker gelungen, der gerade mit der zweiten Folge einmal mehr seine Qualität beweist. Taschenkrebse spielen nicht mit Quadratkrabben. Es ist eine Kindheitserinnerung der Quadratkrabbe Mond, die mehr oder weniger ergeben auf ihr Schicksal, den Kochtopf wartet. An ihrer Seite befindet sich ein Taschenkrebs, dem die Prozedur in der Küche vom Hörensagen bekannt ist und den Vorgang so hinnimmt, wie er eben kommt. Endgültig nämlich. Arthur De Pins spielt mit den Schicksalen seiner Figuren, liebevoll, mit der Zuneigung eines Autoren, der ein Kinderbuch schreibt und sich doch in Wahrheit in der Fabel mit ausgezeichnetem Erzählgeschick bewegt.

Der Autor, der hier gleichzeitig als Illustrator tätig ist (wie auch in seinen Werken Lieblingssünden und Zombillenium), verwendet einen grafisch einfachen wie auch eindrucksvollen Stil. Flächige Farbträge, feine Strukturen, zerbrechlich wirkende Figuren, generelle Farbspiele und Linien und Begrenzungen, die sich durch ihre Farbgebung stets einfügen und nicht einfach schwarz und somit sperrig sind. Da lächeln einem als Leser ein wenig ausgefallenere Zeichentrickgrafiken entgegen. Man könnte es auch Experimente nennen, die sich nur wenige trauen, da sie die bekannten optischen Comic-Pfade verlassen, sprichwörtlich gegen den Strom schwimmen. Aus jeder Seite oder sogar Doppelseite entwirft Arthur De Pins eine Komposition aus Form und Farbe. Und ganz nebenbei ist das Zusammenspiel von Text und Bild ein humoriger Hochgenuss.

Die Abenteuer der kleinen Krabben werden umfangreicher, die Schauplätze unterschiedlicher. Menschen mischen sich vermehrt (eher ungewollt) ein. Die Hauptattraktionen, die Quadratkrabben, erklären sich in vielen kleinen Episoden. Es ist herrlich anzusehen, wenn die neue Beweglichkeit auch neue Möglichkeiten bietet. Wenn die Bereitschaft zur ungehemmten Nahrungsaufnahme nur durch den Drang nach ungehemmter Paarungsbereitschaft übertroffen wird und die kleinen Krabben sich dabei, mangels Übung, sehr ungeschickt anstellen. Den Gipfel des Kabinettstückchens stellt dann der Kommentar zweier beobachtender Möwen dar.

Die Haupthandlung, der rote Faden, mündet in die große Katastrophe, die so nicht vorhersehbar war und in der hier geschilderten Monumentalität ein ziemliches Feuerwerk abbrennt. Und es ist auch dieses Überraschungselement, das die Geschichte von Arthur De Pins zu einer ebensolchen Überraschung im Medium Comic werden lässt.

Selten hat ein Comic wie hier so viele neue Maßstäbe gesetzt und so viele vorbildhafte Vorlagen geschaffen. Die Krabben sind jetzt schon Kult. Wer nach dieser Lektüre bei seinem nächsten Aufenthalt am Strand nicht sämtliche Meerestiere mit anderen Augen sieht, dem ist nicht mehr zu helfen. 🙂

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Sonntag, 15. September 2013

John Lord 2 – Wilde Menschen

Filed under: Thriller — Michael um 11:00

John Lord 2 - Wilde MenschenEs ist kein Dschungel, nur ein Treibhaus, eine Simulation inmitten der Zivilisation. Doch hier fühlt sie sich wohl. Hier darf sie so sein, wie sie mag, wie sie es gelernt hat. Und ihr unfreiwilliger Gastgeber lässt sie, unterstützt sie sogar. Sie legt irgendwann die Waffen ab, zieht ein Kleidungsstück an und liest ein Buch. Ein Buch? Wie lange mag es her sein, dass sie ein Buch so nahe gesehen hat? Dass sie sich mit ihm Stunde um Stunde beschäftigte? Eine Ewigkeit muss seither vergangen sein, so scheint es und so ist die Ruhe, mit der sie sich nun zu beschäftigen weiß, ein gutes Zeichen.

Was kann der menschliche Geist aushalten, bevor er sich dazu entschließt, dass es einfacher ist, wieder zum Tier zu werden? Denis-Pierre Filippi hat einen Comic-Charakter geschaffen, der immer aufs Neue von der Vergangenheit eingeholt wird und trotz aller Bemühungen in die, nach menschlichen Maßstäben, Barbarei zurückfällt. In der zweiten Folge führen die Comic-Macher das eher ungewöhnliche Konzept fort, nicht nur zwei Handlungen parallel zu erzählen, sondern die eine Hälfte auch gänzlich ohne störenden Text ablaufen zu lassen. Nach dem die erste Folge ziemlich rätselhaft war und viele Fragen offen ließ, lüften sich die Vorhänge in der zweiten Folge deutlich.

Gewalt ist der Schlüssel. Gewalt hat hier zu einer Verwandlung geführt. Gewalt soll ein Geheimnis schützen. Gewalt soll die Rache transportieren und es ist beinahe egal, wen sie letztlich trifft. Die beiden Ermittler, John Lord und Clara Summers, arbeiten sich Stück für Stück, Information für Information, Indiz für Indiz weiter vor, doch es nicht leicht für sie, die Spuren und Funde zu einem ganzen Bild zusammenzupuzzeln. Auch für den Leser ist es nicht leicht, der Spur zu folgen, obwohl er mehr weiß als John Lord und dessen Kollegin. Ein wenig offenbart sich hier eine ähnliche Erzählstruktur wie in Memento, ohne wirklich rückwärts gewandt zu sein.

Es fällt schwer, sich der eigentlichen Hauptfigur zu entziehen, die den Sprung auf das Titelbild geschafft hat. Es fällt auch schwer, diese Figur zu verteufeln. Einerseits konnte man im ersten Teil ihre Kindheit erleben, das Schicksal sehen, dem sie so gerade eben entgangen ist und dem sie eine bestimmte Art doch verfiel. Zuerst scheint alles auf eine Besserung hinzudeuten, auch auf den Wunsch zur Veränderung, eine Rückbesinnung auf menschliche Werte, die doch einmal vorhanden waren und das Leben bestimmten. Patrick Laumond verleiht den Figuren in dieser Folge noch mehr Format und weiß besonders mit jener tragischen Gestalt, um die sich alles dreht, hervorragend umzugehen.

Der Wandel der Figur, die sich bemüht, auch in ihre Rolle zurückfindet, nur um einen furchtbaren Rückfall zu erleiden, ist grafisch toll umgesetzt. Für einen Zeichner dürfte es im Medium Comic die Herausforderung bedeuten, wenn Text nicht mehr zur letzten Erklärung bereitsteht und das Bild als alleiniger Informationstransport herhalten muss. Hier gibt es sogar mehrere Ebenen zu beachten. In kleinen Gesten, Haltungen, Mimiken verbergen sich die Informationen. Manches geschieht (gnädigerweise) aus der Ferne, anderes wird wie vor ein sinnbildliches Mikroskop gezerrt. Abscheu oder Mitleid? Dieser Frage wird der Leser beständig in der textlosen Handlungslinie ausgesetzt.

Daneben entwirft Patrick Laumond in der Welt rund um John Lord eine Übergangsphase von Spätwestern und früher Moderne. Von der Wildnis in den optischen Osten der Vereinigten Staaten, in den tiefen Süden hinein, wo der mit der Waffe in der Hand das Sagen hat. Das ist stimmig, düster, auf dokumentarischen Realismus angelegt, der durch die feine, manchmal etwas verwischte Kolorierung von Sebastien Gerard auf das Beste verstärkt wird.

Krimi, Drama, Mystery. Der zweite Teil von John Lord funktioniert auf mehreren Ebenen und besetzt innerhalb des Mediums Comic eine seltene Nische. Gerade deshalb und wegen seiner schönen grafischen Ausführung sollten Comic-Fans, die sich z. B. mit dem Film Noir gut unterhaltne fühlen, einen Blick riskieren. 🙂

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Samstag, 14. September 2013

URBAN 1 – Die Spielregeln

Filed under: SciFi — Michael um 19:19

URBAN 1 - Die SpielregelnNeu in der Stadt, in der es nur um das Vergnügen geht? Wenn man wie Zach vom Land kommt, vorher sein Erleben aus Fernsehshows gezogen hat, dann kommt die Ankunft in Myjoy einem Kulturschock gleich. Aber Zach muss sich eingewöhnen, auch zügig, denn er ist nicht zum Spaß hier, sondern für die Arbeit. Mit seiner bulligen Statur, den riesigen Muskelpaketen ist er für die Tätigkeit als Polizist wie gemacht. Auch genießen die Gesetzeshüter in dieser Stadt ein gewisses Ansehen, sind sie doch gleichermaßen für Sicherheit und Unterhaltung von Nutzen. Zach muss sich zwar erst einarbeiten und leicht wird es für ihn auch nicht, aber vielleicht hat er ja seinen Platz gefunden?

Nicht oft gelingt es auf derart eindrucksvolle Weise in einem Comic-Roman eine neue Welt zu schaffen, die eine solche Komplexität ausstrahlt. Mit URBAN ist Luc Brunschwig (Autor) und Roberto Ricci (Grafik) dieses Kuststück gelungen. An der Seite des etwas unbedarften, weil weit weg allem aufgewachsenem Zach erlebt der Leser den Eintritt in die Welt von Myjoy, dem letzten Platz auf Erden, auf dem man sich noch amüsieren kann. Doch dieses Bild ist nur vorgeschoben. Kein Spaß ohne Arbeit, kein Spaß ohne Geld. Es gibt genügend Menschen, die nicht genug Geld hatten oder haben werden und diese sind zu lebenslanger Lohnsklaverei in Myjoy verdammt.

Hintergründige Kritik an bestehenden Systemen, Lohn-Dumping, Vergnügungsparks und eigentlich Ausbeutung aller Art wird hier von Luc Brunschwig mit ausgesuchter Finesse auf die Spitze getrieben. Das ist bissig, ironisch, nah an seinen Figuren und überbreit die Spaßgesellschaft auf eine Art, wie sie nur sehr gute Satire zu bieten hat. Oder gute Science Fiction. Zach, der hier zum Sicherheitsbeamten ausgebildet wird, hat gleichzeitig eine unterhaltende Funktion. Denn eine Jagd auf Schwerverbrecher wird gerne innerhalb des Vergnügungsparks als Happening zelebriert. Da wird auch der Tod eines Gesetzeshüters in Kauf genommen.

Luc Brunschwig kehrt mit URBAN auf vertrautes Territorium zurück, beschäftigte er sich doch schon vor mehreren Jahren mit den Urban Games. Hier fühlt sich das Szenario echter an, durchdachter und bewegt sich in einer Welt, die optisch auch einen Blade Runner enthalten könnte. Der Killer, der sich in diesem Szenario so elegant gegen die Verfolgung in Myjoy wehrt, führt dem Leser eine ungewöhnliche Variante eines Guy Fawkes vor. Roberto Ricci, verantwortlich für die Zeichnungen und die Kolorierung, inszeniert seine Figuren, höchst individuell und weiß auch bei seinen Zeichenstilen auf höchst interessante Weise umzuschalten.

Realismus mit einer Spur Karikatur ist in der Haupthandlungsschiene Trumpf. Eine weiche Kolorierung, an einen Farbauftrag mit Aquarellfarben oder Gouache erinnernd, mit feinen Tuschelinien macht aus jeder Seite ein kleines Kunstwerk. Aber Roberto Ricci kann auch anders, wie er mit einem Ausflug in eine Cartoon-Show beweist, wenn der Held aus Zachs Jugendtagen auftritt und zeigt, wie mit Verbrechern zu verfahren ist. Nicht umsonst ist dieser ganz besondere Held, Overtime mit Namen, im Gewand eines Totengräbers unterwegs und könnte auch eine sehr, sehr alte Version eines Clint Eastwood sein. Im dritten Schritt erlebt der Leser die Action außerdem auf dem Bildschirm, von HD und Konsorten weit entfernt, jedoch effektiv in der optischen Umsetzung.

Allein aus diesen grafischen Stilen heraus, auch einer Art Wimmelbildeffekt, betrachtet man das bunte Treiben auf den Straßen von Myjoy, gibt es für das Auge eine Menge zu entdecken, auch zusätzlich zu lesen, denn Luc Brunschwig versteckt hier noch manche kleine Anmerkung nebenbei. Man betrachte sich nur die tätowierte Werbung auf den freizügig zur Schau gestellten Frauenkörpern. So manche Marke wird gleich wiedererkannt werden und es ist erstaunlich, diese Marken so wiederzuentdecken, weil auch auf diese Weise eine Aussage über sie getroffen wird und nicht zum besten.

Ein sehr gutes, technisch versiertes, aber noch besser sich anfühlendes Science-Fiction-Erlebnis. Es ist doppelbödig, ist spannend erzählt, auch auf mehreren Ebenen und ist dank Roberto Ricci zweifellos ein optischer Höhepunkt des Genres. So darf die Trilogie weitergehen. 🙂

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MARSU kids 2 – Ein Ei für zwei

Filed under: Comics für Kinder — Michael um 9:23

MARSU kids 2 - Ein Ei für zweiNachwuchs im Hause Marsupilami. Aber diesmal wird es für die wohl ungewöhnlichste Familie im Dschungel noch etwas ungewöhnlicher. Gleich zwei kleine Marsupilamis klettern aus dem Ei. Als ihre beiden Schwänze entknotet werden sollen, entdeckt der Vater ein ungeheuerliches Malheur. Die beiden Kleinen sind am Schwanz zusammengewachsen. Wo der eine hingeht, Verzeihung, hinschwingt, schwingt der andere auch hin. Das hat ganz bestimmt Nachteile. Wie es sich aber sehr bald schon zeigt, überwiegen in einem gefahrenreichen Dschungel die Vorteile, wenn einer den anderen angeleint hat. Doch wenn beide zusammen entführt werden, hilft auch das nicht weiter.

Da sind die MARSU kids wieder zurück. Nach dem Auftakt, der vieles vom klassischen Humor des Originals nach Franquin in den Cartoon zurückbrachte, ist die Komödie in der zweiten Folge mit aller herzerfrischenden Macht endgültig angelangt. Die beiden für den Text Verantwortlichen, Wilbur und Didier Conrad, haben sich etwas einfallen lassen und eine ganz besonderen Jurassic Park entworfen. Denn die Pflanzen und wilden Tiere lassen die beiden Marsupilamis zwar zurück, die Gefahr allerdings weicht ihnen nicht von der Seite.

Marsupilamis als Haustiere? Richtig, kann nicht funktionieren. Der Leser weiß das. Die Akteure, genauer die beiden Kinder eines über die Maßen reichen Millionärs, wissen das nicht. Aber sie geben sich zunächst alle Mühe, damit die beiden Kleinen sich wohlfühlen. Für den Leser bedeutet das: Spaß! Der Strich von Didier Conrad, der dem Original gefühlt so nahe kommt, vermittelt genau richtig jene chaotisch komödiantische Stimmung, die durch den Ortswechsel von Dschungel und Zivilisation entsteht. Doch ganz gleich in welchem Umfeld sich die Geschichte bewegt, die Stars der Handlung sind die Tiere, nicht nur die Marsupilamis. Gerade die Darstellung der Kleinen und Großen macht die zweite Folge der MARSU kids so liebenswert.

Höhepunkte sind grundsätzlich Nebenepisoden mit Figuren, die nur einen kurzen Auftritt absolvieren, Wolfie, der Hund, der die flüchtigen Marsupilamis entdeckt, gehört in die Kategorie. Aber auch ein Dauergast des Dschungels, die Raubkatze, die sich immer so viel Mühe gibt und doch nie ans Ziel ihrer Wünsche, der Stillung ihres Hungers, gelangt. In der Zivilisation, genauer in der Villa der Entführer, werden die Anspielungen groß geschrieben. Ein neuerlicher Fluchtversuch weckt Erinnerungen. Eine Kampfszene ist eindeutig und darf so oder in ähnlicher Form in vielen neueren Komödien kaum mehr fehlen, gehört sie doch inzwischen zur Popkultur.

Ein kleiner Teil von Ein Ei für zwei ist ähnlich konzipiert wie in G-Force. Kleine Tiere werden wahrscheinlich bei kleinen Kindern als eine Art Puppenersatz angesehen, jedenfalls aus erwachsener Sicht. Ganz gleich, wer die Idee zuerst hatte, sie zündet auch hier mit einigen Knallern prächtig.

Ein schöner Ausflug in das Universum der Marsupilamis, ewig jung, da man sich auch auf die Tradition der Figur besinnt und keine Experimente gemacht hat. Mit Wilbur und Conrad haben sich die beiden richtigen Comic-Macher für dieses Projekt gefunden. 🙂

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