Sonntag, 25. August 2013
Warum will ein Dämon eigentlich aus der Hölle heraus? Dort git es doch alles, was er braucht. Die erforderliche Wärme sowieso. Allerdings ist das Leben eines Dämons auch ein wenig eingeschränkt. Ein Leben in der Hölle bedeutet für die niederen Chargen Arbeit am Hochofen. Das ist kein Spaß. Vor allem nicht für jene Dämonen, die einen gewissen Ehrgeiz entwickeln. Nick, der nach seinem irdischen Ableben seine neue Stelle im R.I.P.D., dem REST IN PEACE DEPARTMENT antritt, weiß von diesen Verwicklungen und Strukturen nichts. Sich in diese neue Arbeitsstelle einzugewöhnen, ist bereits schwer genug. Auch ist sein neuer Partner irgendwie nicht der geduldigste. Dann ist da noch der ehemalige Kollege, der sich an die ehemalige Ehefrau ranschmeißt … Und das soll jetzt hundert Jahre so weitergehen?
Der amerikanische Traum. Warum soll er nicht auch für Dämonen gelten? Und warum sollten Dämonen nicht auch an den Grundfesten der Hölle rütteln dürfen? Wenn nicht sie, wer dann? Die Geschichte von Peter M. Lenkow, die nach längerer Planungsphase nun im Kino angekommen ist, bedient sich popkultureller Vorbilder, vergisst aber (wer hätte das gedacht) auch transatlantische Verwandte nicht. Es ist nur eine kleine Anspielung und auch nur auf einem der in einer Galerie gesammelten Titelbilder zu sehen, dennoch ist der Anblick eines fliehenden Wesens aus dem Volk der Shinguz.
Die hier gesammelte Handlung, aus vier Einzelheften bestehend, bedient sich unverblümt eines Konzeptes, das von den Men In Black vor einigen Jahren ins Kino transportiert wurde und da eigentlich schon eine Weiterentwicklung jener kumpelartigen Grundkonstellation im Stile der Straßen von San Francisco war. Alter Cop, junger Cop. Gangsterjäger, Außerirdischenjäger, Dämonenjäger. Neu ist allerdings der Umstand, erst zum Team gehören zu können, wenn man sein irdisches Leben hinter sich gelassen hat. Da die Kinoverfilmung nun ihren Weg auf die Leinwand gefunden hat, werden die Unterschiede zur Comic-Vorlage allzu deutlich. Hollywood besitzt seine ganz eigenen Vorstellungen, wie eine Adaption abzulaufen hat. Nicht zum ersten Mal.
Dabei weist die Vorlage bereits viel Witz auf, der von Peter M. Lenkow schön vorbereitet und herausgearbeitet wurde. Die Kreaturen (ich liebe den Höllenhund und seine Vorliebe für …) machen allesamt Spaß. Einige könnten auch den Ideen der Macher von Supernatural oder Buffy entsprungen sein, vielleicht sogar den Erfindern der Gremlins. Der Umgang mit diesen Wesen, die auch mal auf ungewöhnliche Art und Weise den Hokey Pokey tanzen (wäre vielleicht auch für das Kino etwas gewöhnungsbedürftig), produziert hin und wieder einigen Matsch. Oder um es mit Peter Venkman zu sagen: Es schleimte mich voll.
Grafisch ist Zeichner Lucas Marangon der Mann für eher knuffige Figuren. Diese stehen mancher Szene gehörig entgegen, so dass aus einer Splatter-Szene eine Slapstick-Einlage wird (Stichwort Schwarzer Humor). Besonders gelungen ist eine lange Sequenz in der Hölle, die gleich mit mehreren Szenen auffällt. Zweikämpfe, besondere Wächter und ein ausgefallenes Publikum werden den Fans fiesspaßiger Szenarien gefallen. Eine leuchtende Farbgebung taucht das allgemeine Szenario wirkt peppig, aber niemals zu grell oder zu kalt.
Selbst jene Comic-Fans, die den Film gesehen haben, werden hier eine ähnliche Handlung entdecken, beileibe nicht dieselbe, nicht weniger humorig, vielleicht ein wenig schwärzer, gemeiner, auch mag die Fantasie ausschweifender und weniger Mainstream sein als im Film. Ein gutes Beispiel, wie sehr Vorlage und Verfilmung voneinander abweichen können. 🙂
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Samstag, 24. August 2013
Ja, wo haben sie sich denn nun kennen gelernt? Oder kennen sie sich am Ende gar nicht? Toni, die Schwester von Tony Chew, hat ein wenig Mühe die Annäherungsversuche von Caesar Valenzano abzuwehren. Schließlich gibt es noch andere Bewerber, die ein wirklich ernsthaftes Interesse haben. Antonelle, wie sie mit Langnamen heißt, ist kein Kind von Traurigkeit. Männer, Partys, Poker oder auch mal das Lutschen psychedelischer Frösche sorgen für Abwechslung in ihrem Leben, das auch von Gefahr geprägt wird. Doch eines wird nie vergehen: Die Sorge um den Bruder, der noch immer an das Krankenhausbett gefesselt ist und nur sehr langsam wieder gesund wird.
Wer könnte auf die Idee kommen, ein Hähnchen in den Mittelpunkt einer Geschichte zu stellen? Nicht ein putziges, kleines, flauschiges Hühnchenhähnchen. Sondern ein gewalttätiges, ein Kampfhähnchen! Autor John Layman und Comic-Künstler Rob Guillory haben mit Poyo einen tierischen Superagenten entwickelt, der, ziemlich wortkarg, immer dann angefordert wird, wenn sonst gar nichts mehr geht. Ein Poyo hält selbst die Hölle in Schach. Aber Poyo, der Kampfhahn, ist nur die Spitze des Eisbergs. Layman und Guillory haben hier mit Wucht aufgetischt und bieten dem Leser ein Szenario, das an schwarzem Humor kaum zu überbieten ist und selbst für eine in dieser Hinsicht ziemlich überbordende Serie noch einen Gipfel darstellt.
England. Ein Land, das für seine Wetterverhältnisse nicht unbedingt gelobt wird, eher berüchtigt ist. Und es wird noch schlimmer. Nicht wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen. Nein, es wird noch viel schlimmer. Und das bringt uns zurück zu Poyo. Allein die Ausschnitte seiner diversen Abenteuer, ein Bild meist nur, mit einem marktschreierischen Titel versehen, sind ohne Übertreibung Brüller. Aber Layman und Guillory können selbst das noch einmal übertreffen. Mit einer Liebesszene im weitesten Sinne. Hier greift die Optik perfekt und nimmt sich einer gewissen Form von Verniedlichung an, von der der sich der Verbraucher einst selbst überzeugen konnte (hört mit urby auf) und die selbst in dieser gezeigten Form noch funktioniert. Das ist, wie weite Teile dieser Handlung (sowie der gesamten Serie) auch, stets auch ein Seitenhieb auf reale Verhältnisse und eine Hommage an die existierende Popkultur.
Aber so lustig die Episode um Poyo auch ist, sie kann natürlich nicht so nahe gehen wie eine Handlung, die um menschliche Charaktere herum geschrieben wird. Der Bulle mit Biss hat nicht erst in diesem Band enorme Schwierigkeiten, doch der Feind im Hintergrund offenbart sich nun mit Macht startet einen Angriff, der schreckliche Folgen hat. Chew balanciert gerne auf einem schmalen Grad, spielt auch gerne mit den Elementen des Splatter-Genres, doch John Layman startet hier einen Frontalschlag. Es ist die Frage, wie sehr man als Leser die Figuren an sich heran lässt. Doch allein der Überraschungsfaktor spricht für sich. Layman reiht sich in die Autorenriege ein, die für sich festgestellt hat, dass keine Figur sicher ist. Zwar mag es Genres geben, in denen Charaktere gerne auferstehen. Chew gehört nicht dazu.
Die Verquickung von Figuren mit unterschiedlichen Fähigkeiten, auch solchen, die erst erschlossen werden wollen, erinnert nicht nur an Superhelden, sondern auch an Heroes. Auch die Evolution von Fähigkeiten bleibt nicht aus. Das ist nur ein kleiner Teil, den die Erzählung Laymans ausmacht. Ein anderer, sehr gewichtiger Teil, die höchst karikierende wie auch slapstickartige Darstellung der Geschehnisse, eine weiterhin ungewohnte Action, die jene, die Filme wie Pulp Fiction mögen, lieben werden, da sie selbst die Arbeit eines Tarantino in den Schatten stellen.
Das Erfolgsrezept: niemals Langeweile, unerschöpfliche Ideen, die auch unbequeme Wege gehen. John Layman und Rob Guillory haben mit diesem Band eine neue Tür geöffnet und dahinter wartet, es kann gar nicht anders sein, eine große Auseinandersetzung. Der sechste Band hinterlässt den Leser gespannt wartend, gut unterhalten. Besser geht es kaum. 🙂
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Mittwoch, 21. August 2013
Mit Dr. Doom sollte sich niemand vorsätzlich anlegen. Denn wo ein Doom ist, sind oft auch die Doombots nicht weit. Viel Feind, viel Ehr? Zu viel der Ehre könnte man angesichts der angreifenden Horden sagen. Die dunklen Rächer lassen sich nicht abschrecken. Sie wären nicht die, die sie sind, hielten sie allzu viel von Angst und würden sich beim geringsten Anzeichen von Gefahr verkriechen. Mr. Hyde teilt kräftig aus. Troll, so klein er auch ist, steht ihm kaum nach. Doch eine zünftige Keilerei kann Doom auf Dauer nicht aufhalten. Da muss etwas anderes her. Etwas wie Magie. Wie gut, dass eine Hexe zum Team gehört.
Die Rächer haben sich einen Namen gemacht, auch bei solchen Comic-Freunden, die nur die Verfilmungen kennen und mögen. Besser sollte man sagen: Avengers. Doch diese helle Seite hat sei geraumer Zeit auch eine dunkle Seite. Als die Helden, die wahren Helden in den Untergrund verschwanden und ersetzt wurden, weil die Welt, die Öffentlichkeit eben Helden braucht. Daraus entstanden einige kuriose Konstellationen, dunkle Doppelgänger sogar. Doch nun hat sich die Welt bei Marvel halbwegs normalisiert. Aber was ist aus diesen dunklen Helden geworden? Die vorliegende 42. Marvel Monster Edition, geschrieben von Jeff Parker, geht genau dieser Frage nach.
Es sind nicht wenige dunkle Helden, die nach der Herstellung einer gewissen Normalität über den Tellerrand gefallen sind und nun eigentlich nicht mehr so recht wissen, wo sie hin sollen. Einem Held wie Luke Cage, zwar auf der Seite der Guten, aber dennoch einer jener Rächer, die durch ein eher schwieriges Verhalten aufgefallen sind, kommt nun die undankbare Aufgabe zu, mit diesen Helden eine noch undankbarere Aufgabe zu lösen. Eine Hexe, ein Monster in Menschengestalt, ein Baumwesen mit übernatürlichen Kräften, ein menschlicher Rammbock, ein Minitroll, ein Bogenschütze, ein falscher Thor, sogar eine Art Spider-Man und weitere mehr sind ein kaum zu bändigender Haufen. Und trotzdem … Die machen sich ans Werk. Jeff Parker schickt sie auf eine Reise durch Raum und Zeit, die von einer Überraschung zur nächsten jagt.
Durchweg hervorragend illustriert von Kev Walker, Declan Shalvey, Gabriel Hernandez Walta und Neil Edwards finden sich nicht nur Sequenzen, die das Superheldenfanherz erfreuen. Auch Freunde der Hommage, der Comic-Nostalgie und des großen Blockbusters kommen auf ihre Kosten. Was wäre wenn? So lautet die häufig gestellte (heimliche) Frage, die Jeff Parker gerne augenzwinkernd beantwortet. Wenn Bosse über das Gesetz wachen, sich aufführen, als seien sie die Reinkarnation von Judges, dann darf sich der Comic-Fan tatsächlich über eine ordentliche Strecke lang die Augen reiben. Faszinierender ist eine unvorhersehbare Entwicklung. Wenn die Helden sich einst gegeneinander wendeten, was würde geschehen? Chaos? Der entsprechend gezeigte, äußerst rabiat geführte Konflikt hat aus Freunden die größten Feinde gemacht. Hier kann Jeff Parker in dieser wahrhaft action-lastigen Geschichte so richtig zum Rundumschlag ausholen.
Verschiedene Versionen eines Iron Man, ein gewachsenes Ding und ein sehr unsympathischer Dr. Strange trumpfen gegen die dunklen Helden auf, die es sehr unfreiwillig in diese unnatürliche Epoche verschlagen hat. Mit einem Skaar, dem Sohn des Hulk, der eher wie ein grüner Conan agiert, und einem Spider-Man, der nichts menschliches mehr an sich hat, entsteht eine Art Götterhimmel, in dem es nur noch heißt: Alle gegen alle und immer feste druff!
Die vorliegende Marvel Monster Edition umfasst Band 175-190 der Dark Avengers Reihe. Unter dem Strich ist die Handlung eindeutig mit mehr Fantasy und mehr Space Opera behaftet, als es die letzten größeren Szenarien innerhalb des Marvel Universums waren. Sobald einmal wieder ein solches Experiment unternommen wird (nicht zum ersten Mal) und die gewohnten Bahnen verlassen werden, kommt etwas überaus Interessantes dabei heraus. Damit lassen sich sogar angestammte Leser ziemlich überraschen.
Ein richtiger Action-Knaller, aber auch eine Geschichte, die mit unterschiedlichen Comic-Realitäten spielt. So eröffnen sich unvorhersehbare Möglichkeiten, die von Autor Jeff Parker weidlich ausgeschöpft werden. Die dunklen Rächer handeln nicht weniger spannend als die wahren Helden, sind nur nicht ganz so uneigennützig in ihrem Handeln. Halunken auf Abwegen, sehr schön! 🙂
Freitag, 16. August 2013
Kein Kampf mehr. Eine Geburt, das Symbol des Lebens überhaupt, soll nicht durch den Einsatz einer Waffe verfälscht werden. Nicht einmal zum Durchtrennen der Nabelschnur. So beißt sie der Vater, Marko, einfach durch. Alana, zuerst wenig begeistert von dieser archaischen Form der Entbindung, vergisst ihre Verwunderung schnell angesichts des kleinen Bündels, mit den Hörnern des Vaters und den Flügeln der Mutter. Kurz darauf haben die jungen Eltern ganz andere Sorgen. Nicht nur, dass sie mitten in ein Feuergefecht geraten. Sie können sich auch nicht sehr gut auf einen Namen für das Kleine einigen. Man muss eben Prioritäten setzen.
Es waren einmal … Nun, Königskinder sind es nicht, die hier von Brian K. Vaughan und Fiona Staples auf eine intergalaktische Odyssee geschickt werden. Sie sind eigentlich für ihre jeweiligen Kriegsparteien nur Kanonenfutter. Und trotzdem haben sie gegen jede Wahrscheinlichkeit zueinander gefunden. Und, das Titelbild verrät ganz eindeutig, ihre Liebe hat sogar, wie es landläufig heißt, Früchte getragen. Ersteres wäre noch zu verzeihen, obwohl es beiderseits des Schlachtfeldes beinahe als Sakrileg aufgefasst wird. Letzteres jedoch ist unverzeihlich. Marko, der Mann mit den Hörnern, und Alana, die Frau mit den Flügeln geraten auf ihrer Flucht fortwährend zwischen die Fronten.
Brian K. Vaughan wäre aber nicht der Erfolgsautor, beließe er es bei dieser einen Konstellation. Der Comic-Autor, der bereits mit Ex Machina, Y – The Last Man und (ganz besonders hervorzuheben) Die Löwen von Bagdad völlig zu Recht Erfolge feierte, ist mit dieser Space Opera im besten Sinne des Wortes ein neuer Handstreich gelungen. Die hier gezeigte Welt balanciert auf der Grenze von Fantasy und Science Fiction. Teilweise fühlt man sich an die eher wilderen Fantasien der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts (auch noch früher) erinnert, als den Gedanken noch keine Grenzen gesetzt wurden, es ruhig etwas ausufern durfte. So ist das Ergebnis wie ein ganz großes Bonbon, das seinen Geschmack immer wieder verändert und von Seite zu Seite neue Facetten offenbart.
Unterschiedliche Völker, aber auch merkwürdige, sich paarende Roboterwesen, Raketenwälder, Strahlenwaffen, sogar Geister und schlüpfrige Heldenliteratur sind nur wenige Bestandteile einer Explosion von spaßiger und spannender Fantasie. An der Seite von Brian K. Vaughan ist Fiona Staples für die Zeichnungen und die Kolorierung verantwortlich. Staples pflegt einen grafischen Stil, der besonders jenen gefallen dürfte, die noch die Zeichentrickklassiker von Ralph Bakshi (Feuer und Eis, Der Herr der Ringe) in Erinnerung haben. Die Bilder von Fiona Staples gleichen die nach dieser Technik entstandenen Bilder (übergezeichnete Fotografien). Die Folge ist ein reduzierter Realismus, der binnen weniger Seiten eine tolle Atmosphäre erzeugt.
Fiona Staples arbeitet gerne großformatig. Drei bis vier Bilder je Seite sind die Norm. Die Präsentation eines neuen Objektes oder neuer Charaktere wird gerne mit der Überraschungstechnik einer Fernserie in Szene gesetzt. Raumgreifend, zentriert, frontal. Schnell lassen sich die Einzelheiten und Merkmale einer Figur einprägen. Und hier zeigt sich der nächste Kunstgriff. Finden sich manchmal in anderen Graphic Novels Figuren, die überfrachtet wirken (was dem Zeichner die Arbeit bestimmt nicht leichter macht), beschränkt sich Staples auf das Nötigste und schafft dennoch einen ganzheitlichen Eindruck. Das mag auch an der Individualität der Züge in den Gesichtern liegen, die eine Reduzierung der übrigen Ausrüstung nicht unbedingt notwendig, aber möglich machen.
In der gleichen reduzierten Technik, wie sie Fiona Staples bei ihren Strichen verwendet, zeigt sich auch der Farbauftrag, der in den Figuren häufig nur mit einer Schattierungsstufe Volumen herausholt. Durch leichte Unschärfe der Hintergründe, auch den Verzicht auf harte Randbegrenzungen (Outlines) entsteht filmische Tiefe. Auch dieser grafische Ansatz bringt sie wieder in die Nähe jener erwähnten Zeichentrickklassiker. Das sah damals gut aus (immerhin schon im Falle von Feuer und Eis 1983), funktioniert aber immer noch bestens. Hier kommt ein vernachlässigter grafischer Ansatz zu sehr guten neuen Ehren.
Für Freunde der ungewöhnlicheren Science Fiction, einer gepflegten Space Opera, auch jenseits der großen Überuniversen, erscheint die Geschcihte von Vaughan und Staples frisch, frech, grafisch überzeugend und spannend bis zum vorläufigen Schluss, der hier mit einer Spur Comedy daherkommt. Sehr gut. 🙂
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Donnerstag, 15. August 2013
Die Le Crique, ein Segelschiff, befindet sich auf hoher See. Chaos ist ausgebrochen. Einige Männer haben das Kommando an sich gerissen. Sie saufen, morden und vergewaltigen. In der Zivilisation sollte es besser zugehen, doch das Gegenteil ist der Fall. Der Tote, der in dem herrschaftlichen Zimmer liegt und sich den Bauch hält, hat sich nicht vollkommen kampflos ergeben. Möbel wurden weitläufig umgeworfen, Papiere verstreut. Die Polizei geht mit Routine an die neue Aufgabe heran. Schockiert ist hier wirklich niemand, allenfalls gibt es eine persönliche Nähe zum Fall, nur will sich kaum jemand so entblößen und dies vor anderen zeigen.
Eine Erzählung in bedrückender Atmosphäre. Autor Denis-Pierre Filippi hat sich mit sehr unterschiedlichen Szenarien im Comic-Bereich hervorgetan. Neben träumerischen Handlungen und historischen Geschichten mit Abenteuern und Thrillerelementen schaufelt er hier eindeutig am Abgrund der menschlichen Existenz und wendet dazu einen enorm guten erzählerischen Trick an: Er lässt den Leser mitdenken. Und dieser kann in seiner Phantasie einiges erfinden. Denn in einem der beiden Handlungsstränge, die hier parallel erzählt werden, verzichtet Denis-Pierre Filippi auf Worte und lässt nur Bilder sprechen. Und diese haben es in sich.
Vordergründig hat der Leser es mit einem Kriminalfall zu tun, an dem sich zwei recht ungleiche Ermittler festbeißen und in dem sich die Toten häufen. Im zweiten Handlungsstrang jedoch, der dem Leser mehr mitteilt, als die Ermittler wissen, erschließt sich ein Menschenbild, dem der Untertitel des ersten Bandes der Trilogie, Wilde Tiere, durchaus gerecht wird. Auf einer Insel im Nirgendwo stranden ein Mann und mehrere Kinder. Zuerst scheint die Welt noch in Ordnung. Man arrangiert sich mit den Umständen. Doch allmählich wandelt sich das Bild, denn die Nahrung wird knapp. Denis-Pierre Filippi spielt mit einer uralten Furcht des Menschen. Und er ist als Erzähler so gerissen, dass er einen Teil der Bilder im Kopf des Lesers entstehen lässt, indem er nur den Start und das Resultat zeigt.
Optisch wird nicht nur einiges geboten, es ist auch ein Spiel mit den Gegensätzen. Die Geschichte, gezeichnet von Patrick Laumond, koloriert von Sebastien Gerard, beginnt im New Yorker Teil der Handlung mit einem Blick auf den Moloch Manhattan, eine Insel der Straßenschluchten. Die beiden grafischen Künstler führen das Auge des Leser wie in einer bewährten Kamerafahrt von hoch oben hinein in die Stadt bis zu einem Tatort. Ist die andere Handlung, zunächst auf einem Segelschiff, dann auf der Insel, eher urtümlich, ist die moderne Welt daneben in kaltes Grau getaucht, abwesend und trotz ihrer Größe ebenso leer wirkend wie der weite Ozean.
Im Zusammenspiel der beiden Grafiker entsteht eine Atmosphäre, die sich auch bei Künstlern jener Tage, ungefähr in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts, finden lässt. Die Figuren sind etwas stilisiert, auch idealisiert für ihren jeweiligen Zweck. Der Farbauftrag ist milchig in einer zurückhaltenden Farbgebung. Das ist eine stilistische Mischung aus nachkolorierten Schwarzweißfotografien und künstlerischen Spitzen eines Art Deco. Letzterer geht natürlich in den Inselansichten verloren. Hier herrscht anfangs eine paradiesische Grundstimmung vor, die später ganz klar in eine grüne Hölle umschlägt.
Ein erster Band, der eindeutig Fragen aufwirft und nicht bereit ist, alle Rätsel gleich zu lösen. Aber Denis-Pierre Filippi geht das Wagnis ein, einmal anders, auch gegen den Strich zu erzählen, indem der parallel laufende Handlungsabschnitt völlig ohne Worte auskommt. Das ist mehr Arbeit für den Leser, aber der Trick funktioniert. 🙂
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Dienstag, 13. August 2013
Als Neuling, selbst in einer bewachten Umgebung, hat man es nicht leicht. Selbst wer frei ist, führt ein Leben wie im Gefängnis. Bewacht zu sein, bedeutet nicht, beschützt zu sein. So wird die junge Ellie kurz nach ihrer Ankunft bereits verprügelt. Aber aufgeben will sie nicht. Der Junge ist viel größer, er ist kräftiger und er hat keinerlei Probleme damit, ein Mädchen zu schlagen. Nachdem sich Menschen in monströse Kreaturen verwandeln, ist die Moral bei den nichtinfizierten Menschen zu einem großen Teil auf der Strecke geblieben. Aber ein paar Menschen gibt es immer noch, die den Versuch wagen, einander beizustehen. So lernt Ellie Riley kennen. Und mögen.
Wer hier einen lustlosen Lizenzcomic erwartet, wird bitter enttäuscht. So schrieb es Sarah Burrini und trifft damit den Nagel auf den Kopf. THE LAST OF US mit dem Untertitel American Dreams steht auch ohne Computerspiel, dem es hier die Vorgeschichte bietet, sehr gut alleine auf beiden imaginären Beinen. Wer sich den Zeichenstil von Faith Erin Hicks, hier auch als Co-Autorin tätig, anschaut, wird in meinen Augen keinen Indie-Comic-Stil vorfinden. Vielmehr mischt sich in die amerikanische Comic-Szene eine Zeichnerin, die stilistisch sofort in der europäischen Graphic Novel durchstarten könnte. Auf Augenhöhe mit kontinentalen Zeichnern wie Frederik Peeters (RG – Verdeckter Einsatz in Paris) und Fane & Jim (Sonnenfinsternis) ist durch Faith Erin Hicks ein Comic entstanden, in dem sich der Horror schleichend einstellt.
Im Vordergrund steht nicht die Katastrophe, die vor 19 Jahren (zur Startzeit der Geschichte) eingetreten ist. Zwei Mädchen weisen den Leser in diese Welt ein. Die alte Zivilisation ist komplett verschwunden. Es gibt Relikte, mehr nicht. Die beiden sind in einem Alter, in dem sie nie eine gewisse Normalität kennen gelernt haben. Dank Faith Erin Hicks‘ Zeichenstil finden sich auch ein paar Mangatechniken im Comic. Es ist eine feine Mixtur, die sich hier zu einem sehr eigenständigen Stil verbindet. So sind die Bewegungsabläufe in hektischen Situationen deutlich angelehnt, aber insgesamt fetter ausgeführt. Mit einer lockeren Tuschearbeit, die auch einem Klaus Janson (einem Inker, der häufig an der Seite von John Romita Jr. arbeitet) zu Gesicht stehen könnte, finden sich zusätzlich auch amerikanische Einflüsse.
Die Mädchen besitzen rundliche, offene Gesichter und unterscheiden sich mehr durch Haarfarbe und Kleidung als durch ihre Physiognomie. Gleichzeitig aber ist ihr Auftreten für den Leser sehr sympathisch. Es ist nicht schwer, für die beiden Mitgefühl zu entwickeln. Und der Horror? So könnte die Frage lauten. Es gibt keine riesigen Horden. Sie tauchen vereinzelt auf, diese Untoten, wahnsinnig geworden durch eine Infektion, mehr oder minder missgestaltet in frühen Stadien der Verwandlung. Von den späteren Stadien, wie sie der Spieler in The Last Of Us antrifft, findet sich hier nichts. So ist der Schrecken vergleichbar mit Szenarien wie 28 Days Later. Schnell zuschlagender Horror, der gerade durch seine menschliche Erscheinung in die Magengrube trifft.
Die Titelbilder, der hier zusammengefassten Hefte, gemalt von Julian Totino Tedesco verdienen eine gesonderte Erwähnung. Sie mögen am Rechner entstanden sein (oder tatsächlich am Zeichentisch mit echten Farben) oder auch nicht. Das Endergebnis hat es künstlerisch in sich und hebt sich auch erfreulich von anderen Publikationen ab. Eines der vier Bilder ziert auch den Titel des vorliegenden Sammelbandes. Ein intuitive Farbgebung, das Spiel mit richtungsweisenden Farben, die Stimmungen vorgeben und auf eine unterschwellige Bedrohung setzen, auch Theatralik, wie die Positionierung der Figuren beweist. Mehr als üblich erinnern die Bilder an Szenenfotos, wie sie gerne auch als Werbung für kommende Theaterstücke verwendet werden, so dass mehr als nur eine Szene eingefangen wird.
Ein auf den Punkt treffender Comic zum Spiel, der vollkommen alleine, ohne Vorwissen (oder Nachwissen) genossen werden kann. Faith Erin Hicks, Zeichnerin und Co-Autorin, sollte in der Comic-Szene im Blick behalten werden. Mehr als nur Horror und Endzeitszenario, auch eine sehr gute Geschichte mit fein konstruierten Charakteren. 🙂
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Donnerstag, 08. August 2013
Die Marmeladen. Eine Ansammlung schönster Inseln in hochblauem Meer, tropisch, paradiesisch für jene, die es sich leisten können. Oder eingeladen werden. Nur sind die Zustände auf dem Eiland alles andere als paradiesisch. Ohne Geld geht hier gar nichts. Nur mit viel Geld geht hier was. Eine privatisierte Polizei will erst bezahlt sein, bevor sie eingreift. Spirou fackelt nicht lange, er eilt dem Mann, der von drei anderen auf offener Straße verprügelt wird, tatkräftig zur Hilfe. Damit gewinnt er einen neuen Freund, den er auch schon bald dringend brauchen wird.
Mein Leben gehört mir. Das dachte Spirou bisher. Er hat von seinem Einkommen großzügig viel verteilt. Er braucht halt nicht viel. Fantasio hat von seinem Anteil das Magazin auf Hochtouren gebracht. Jetzt kann endlich mal aus dem Vollen geschöpft werden. Schade nur, dass alle nur noch zur Unterhaltung der Viper da sind und diese sich bequemt mit ihnen zu machen, was sie will. Geld regiert die Welt. Autor Fabien Vehlmann vermischt Fiktion und Realität, bringt das große Geld ins Spiel, das sich so viele Menschen wünschen, aus den unterschiedlichsten Motiven heraus und plötzlich wird aus einem wackeren Comic-Helden und Abenteurer eine Marionette im Dienste eines Superreichen, der mit Leben spielt, als säße er an einem Schachbrett, auf dem einfach alle Bauern sind.
Das ist ausgesprochen satirisch, denn Spirou ist nicht die einzige Comic-Figur, die hier exemplarisch vorgeführt wird. Er kann sich nur am besten wehren. Allerdings muss auch er sich dem Druck beugen, denn der ist immens. In einem überzogen agierenden Konzern (vielleicht) herrschen mafiöse Strukturen (nur ohne Waffen, aber mit Ausbildungen in waffenloser Selbstverteidigung) und gilt das Individuum nichts mehr, weil jeder eine Schwachstelle hat, über die erpressbar ist. Fabien Fehlmann arbeitet mit fein inszenierten Albernheiten und präsentiert fast ein zyklotropisches Untergangsszenario, nur ohne Zyklotrop. Interessant, wie es letztlich nur mit Menschen gelingt, sich aus der Schlinge zu ziehen, die sich noch nichts ins Netz der Erwachsenenwelt begeben haben: Kinder. Sie bleiben bislang unbeobachtet.
Yoann pflegt des klassischen Cartoonstrich eines Andre Franquin, transportiert ihn vielleicht etwas lässiger im Ausdruck in die Gegenwart. Da fetzt die Tusche auch mal ein wenig aus dem Strich, mal dicker, mal dünner in der Linie, dadurch werden die Figuren aber auch etwas wilder und frischer. Andere Figuren haben sich hin zu eher statischen, sehr konstruierten Gestalten entwickelt, Spirou + Fantasio holen einen vergangenen, einen guten Stil zurück. Es liegt eine skizzenhafte Geschwindigkeit in den Grafiken, die auch etwas riskiert, sich etwas traut und damit über die ganze Strecke des Albums nur gewinnt. Allerdings ist dieser Gewinn, diese Einschränkung sei gestattet, hauptsächlich dort, wo altbekannte Charaktere auftreten oder solche, die an frühere Bekannte angelehnt sind.
Bei den Neuen überzeugen Gus Löwenherz und Miss Jones. Beide könnten gegenteiliger nicht sein. Ersterer ist der Typ des alten Ermittlers, ein wenig Maigret, Trenchcoat, gemütlich, faltig wie Bogart. Letztere ist der neue moderne Frauentyp, wie er propagiert wird. Groß, schlank sportlich, intelligent, blond und kurzhaarig mit rundem Gesicht und energischem Auftreten, dem kein Kraut (und auch kein Spirou) gewachsen scheint.
Abwechslungsreiche Hintergründe und Örtlichkeiten (ein Schiffsfriedhof in einem Vulkankrater) sorgen für stets anregende Bildsequenzen. Ein redaktioneller Teil wartet mit Skizzen zum Album, Titelbildern wie auch ein paar schön ausgeführten gemäldeartigen Grafiken auf. Ein Poster hiervon würde sich gut an jeder Wand eines Spirou-Fans machen. Ein Titelbild im Stile eines bekannten Schokoriegels ist eine tolle Verbeugung vor der Langlebigkeit einer jung gebliebenen Comic-Figur.
Das Ende ist ein neuer Anfang? Auf den letzten Bildern hat der Leser gleich einen Ausblick auf die sich ankündigende Fortsetzung. Spirou wird in bester Fortsetzungsmanier wieder verlangt. Bleibt stark zu hoffen, dass er auch den nächsten Fall übernimmt, denn das Duo Vehlmann und Yoann hat den Geist der Serie erfasst. 🙂
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Dienstag, 06. August 2013
Er ist gerade in Papeete gelandet. Er wird nur nach dem Namen gefragt. Und er hätte besser nicht Ja gesagt. Dann wäre ihm die Tracht Prügel, die eigentlich für seinen Vater gedacht war, erspart geblieben. Am besten wäre er gar nicht erst auf die Idee gekommen, diese Reise zu übernehmen. Am besten hielte er sich von allen Frauen, besonders den freizügigen, fern. Von eifersüchtigen Ehemännern, ob berechtigt oder unberechtigt, natürlich auch. Ach, am besten wäre er erst gar nicht Taucher geworden, dann wäre ihm so mancher Ärger erspart geblieben. Aber dann wäre auch nicht das Prickeln da, im Angesicht der Gefahr, wenn sich etwas aus der Dunkelheit schält, auch nicht die wenigen Freunde und dieses verdammt tolle Haus, in dem er sich doch so selten aufhält.
Der Narwal ist ein ungewöhnlicher Mann. Er begibt sich in die irrsinnigsten Situationen, riskiert Kopf und Kragen und lässt es noch zu, von seinem Vater einen Schwinger einzufangen. Robert Narwal taucht überall, wo Wasser ist, selbst in der Wüste, wenn es sein muss. Olivier Supiot hat sich für seine Kurzgeschichten eine starke Figur ausgedacht. Ein kompromissloser Abenteurer und Profi, dem Alkohol und Frauen nicht abgeneigt, mit pechschwarzem Haar und abstehenden Ohren und jemand, der Humor hat und sich selbst nicht immer ganz so ernst nimmt. Und ein echtes Überlebenswunder.
Das Album Der Narwal mit dem Untertitel Der Mann aus der Tiefe bildet keine durchlaufende Geschichte ab, vielmehr erzählt Olivier Supiot in Episoden, die, aneinandergereiht, binnen kurzem ein Gesamtbild der Person Narwal ergeben. Ein paar Figuren kehren wieder. Prägend in dieser Form ist Napoleon Narwal, Roberts Vater, die sich beide zueinander verhalten wie ein alter zu einem jungen Robert Wagner. Mit der grafischen Stilistik befindet sich Boris Beuzelin in guter Gesellschaft zu Künstlern wie Mike Mignola und Guy Davis, wirkt also eher amerikanisch als europäisch. Das sind einfache Linien, auch mal fette schwarze Schatten, in jedem Fall klare Bilder, die ihre Wirkung auch aus einem gesamten Seitenaufbau erzielen, der sehr künstlerisch aussieht.
Die Erzählweise und die Bildtechnik greifen Hand in Hand. Einerseits ist es durchaus ein wenig an Pulp angelehnt, da es einem groschenromanähnlichen Muster folgt. Andererseits besitzt es auch literarische Tiefe, da es auch mit der Schnoddrigkeit von Nick Adams Stories daherkommt, den berühmten Subtext hat und gleichzeitig Themen anpackt, die phantastisch, kriminalistisch, einfallsreich und auch zeitweilig kritisch sind. Der Narwal, ein junger Mann mit quadratischem Gesicht, den bereits erwähnten abstehenden Ohren und einem Haarschopf, der ihm wie eine schwarze Mütze zu Berge steht, ist ein Produkt eines feinen frankophonen Erzählers, der, so scheint es, jedes Bild, jeden noch so kleinen Text auf das Nötigste reduziert hat. Im Endergebnis sind sehr dichte Kurzgeschichten entstanden, denen ganz einfach nichts fehlt. Oder: Hier ist weniger tatsächlich noch viel mehr.
Eine ungewöhnliche Abwechslung: Vom Meer in die Kanalisation, in dunkle Gefilde, auch an Land in einer Geistergeschichte, auf dem Ozean in eine Geiselnahme. Das hat, will man eine Mischung ausmachen, etwas vom Lebensgefühl eines Nestor Burma und von den Abenteuern eines Largo Winch. Die Atmosphäre um diesen teils knurrigen jungen Mann ist sofort aufgeheizt, wenn er die bildhafte Bühne betritt. Meistens können ihn die anderen nicht leiden und Der Narwal ist gezwungen, sich nicht nur gegen widrige Umstände zu behaupten.
Eine Mischung aus Abenteuern, Thrillern und Kriminalgeschichten. Aus einer Vielzahl der Erzählungen hier würden andere Romane oder Filme machen. Olivier Supiot ist ein Meister der Reduzierung. Er überlässt es dem Leser, die Lücken im Geiste zu füllen. Am Ende ist die Handlung gefüllt viel größer. Klasse. Die Zeichnung sind eigen, künstlerisch, flott und fügen sich dem großen Ganzen. 🙂
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Montag, 05. August 2013
Wenn die Toten auf die Erde zurückkehren, dann ist nicht immer die Hölle voll. Manchmal steckt einfach schwarze Magie dahinter. In vergangenen Zeiten mag an dergleichen geglaubt haben, im finsteren Mittelalter, wie es die Bezeichnung schon sagt. Doch in heutiger Zeit, mit überragender Technik, ist dergleichen nur Humbug. Davon sind auch die amerikanischen Soldaten überzeugt. Beste Ausrüstung, Schnellfeuerwaffen und Unterstützung durch eine perfekte Logistik machen die amerikanische Armee unaufhaltsam. Doch auch Technik kann versagen. So stürzt ein Hubschrauber ab und schon stecken die Soldaten mitten im Schlamassel. Als sie auf Gotteskrieger stoßen, aber kein richtiger Angriff erfolgt, werden sie zunächst stutzig. Als der Feind selbst von jemand anderem niedergemetzelt worden zu sein scheint, werden sie nervös. Als sie ein Gegner attackiert, der von Kugeln nicht aufgehalten werden kann, bekommen die im Kampf erfahrenen Profis zum ersten Mal Angst.
Garth Ennis ist spätestens seit seinen Preacher-Comics ein Garant für schaurig andere Geschichten. Mike Wolfer hat die Idee dieser Comic-Größe aufgegriffen und folgt seinem Interesse für Untoten-Geschichten und Horroratmosphäre. Die ausgewählte Umgebung erinnert, wie auch die Gestaltung der untoten Gegner, an alte spanische Horrorfilme. Hier geht es, gemäß der von Garth Ennis angewandten Techniken, sofort handfest zur Sache. Keine lange Einleitung hält hier auf, des Rätsels Lösung wird Schritt für Schritt präsentiert. Für die Akteure ist es nur bedingt hilfreich, denn ungefährlicher wird es nicht, allenfalls wird es für sie ein wenig berechenbarer.
Neben einem Handlungsverlauf, der grundsätzlich den Überlebenskampf eines verlorenen Trupps hinter den feindlichen Linien aufzeigt (mit Zombies), der außerdem sehr geradlinig verläuft, ist die Action auch gemäß heutiger Standards extrem blutig und kann sich mit jedem Horrorfilm messen. Es gibt eine Szene, auf die auch im Sinne jeglichen Unterhaltungshorrors hätte verzichtet werden können und es verwundert ein wenig, wie diese auch jenseits des Atlantiks so einfach erscheinen konnte. Mike Wolfer bietet darüber hinaus so einiges, was im Bereich des Splatters machbar ist, nicht immer auf die Leinwand kommt und so durch seinen Einfallsreichtum auch ein paar ungläubige Momente bietet. Diese allerdings neigen derart zur Übertreibung, dass der in diesen Dingen versierte Leser, vermutlich auch schmunzeln muss.
Grafisch hat Mike Wolfer auch den Zeichenstift übernommen. Dünnste Striche formen wiedererkennbare Charaktere, die jedoch selten sehr starke Emotionen zeigen und den Leser so auf Abstand halten. In den sehr stark mit Action angereicherten Szenen, auch der Bildaufteilung, die manchmal Collagetechniken nutzt, dem Wechsel von Perspektiven kann Mike Wolfer überzeugen. Hier finden sich viele Parallelen zu Kamerafahrten, wie sie der Fan von Splatter-Filmen auch aus dem Kino kennt. Digikore Studios, verantwortlich für die Kolorierung, arbeiten bei Landschaften und natürlichen Strukturen gerne mit schattierten Füllmustern und bleiben im Bereich der Figuren bei den klassischen Verläufen oder auch leichten Brushtechniken. Die Farbgebung sorgt letztlich für das Volumen der Szenen.
Beinharter Horror, kompromisslos in Ausführung und Thematik, von Garth Ennis erdacht, von Mike Wolfer zu Ende gebracht. Amerikanisches Trauma wird mit Horror zusammengeführt, keine neue Idee, aber sicher in dieser Ausführung auf der Basis von ziemlich aktuellen Ereignissen, Kriegen eher seltener anzutreffen. 🙂
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Links: mikewolfer.tumblr.com
Freitag, 02. August 2013
Auch 1922 war Gotham City schon eine dunkle Stadt. Der Mann der dort, nur mit einem Nachthemd bekleidet, durch die nächtlichen Straßen läuft, wird von einer höllischen Angst getrieben. Der erste Polizist, der ihn aufhalten, erkennt den Mann zunächst nicht. Die Verwunderung ist groß, als der andere Ordnungshüter ihn darüber aufklärt, er habe es mit Alan Wayne zu tun, dem Mann, der die halbe Stadt habe bauen lassen. Von dem großartigen Bauunternehmer ist in diesem zitternden und paranoiden Häuflein Elend, das im Griff des Polizisten hängt, nichts mehr übrig geblieben. Kurz darauf ist der Mann verschwunden.
Es gibt bereits eine lebende Legende in Gotham City: Batman. Aber, der Rat der Eulen? Das ist doch ein Ammenmärchen. Wer soll den Geschichten über die geheimnisvollen Kräfte im Hintergrund glauben, die an Gothams Strippen ziehen wie an einer Marionette? Die Figur des Batman hat sich schon häufiger Bedrohungen stellen müssen, die augenscheinlich mächtiger waren als sie. Eine Legende in dieser Form ist eher selten. Scott Snyder ist ein Autor, der sich mit düsteren Stoffen auskennt, wie seine Zusammenarbeit mit Stephen King (American Vampire) beweist und weitere Batman-Geschichten zeigen. Hier stellt er Batman in der dunklen, wenig lebenswerten, weil vom Verbrechen zerfressenen Stadt gleich mehrere Rätsel gegenüber und eines davon führt tief in die Familiengeschichte von Bruce Wayne, Batmans zivilem Ich.
Es beginnt mit einem Knaller, bei dem sich Batman-Fans, die nicht nur lesen, sondern auch Computerspiele um den dunklen Ritter zocken, sicherlich freuen wird. Arkham hat Ausgang und Batman schafft den wilden Haufen wieder zurück in seine Zellen. Und wild ist der Haufen dank Greg Capullo, der sich mit Spawn und Haunt einen Namen im Horror-Comic-Genre machte. Der Unterschied zu besagten Publikationen ist deutlich. Greg Capullo nimmt sich ein Stück weit zurück, lässt seine Striche oder auch die Seitenkompositionen weniger ausufern, gibt sich selber mehr Raum, während er früher dichter zeichnete, jeden Platz an sich zu raffen schien. Bruce Wayne und Batman sind luftiger arrangiert, aber er bleibt, besonders in den dunklen Szenen, ein Greg Capullo, wie man ihn als Fan kennt und zweifellos auch lieben gelernt hat, denn anders ist sein Erfolg kaum zu begründen.
Die Gegner Batmans sind hier weniger ausgefallen als jene von Spawn, dafür sind sie nicht weniger gefährlich und erinnern daran, wie ein Batman als Eulenmann hätte werden können. Batman, der seit längerem optisch auf den vorgegebenen Spuren eines Frank Miller wandelt, schmutziger, gemeiner, muskulöser, so dass von Wayne zum Fledermausmann eine echte Verwandlung eintritt, tritt so auch auf Augenhöhe gegen seinen neuen Feind an, der nur die Speerspitze einer gesammelten Riege von Gegnern bildet, die allerdings niemals selbst Hand anlegen würden.
Ein Markenzeichen von Greg Capullo ist eine überaus feine Strichtechnik mit leichter bis hin zu starker Abstraktion, die hier allerdings in den Hintergrund rückt. In Spawn war er eindeutig experimenteller. So rückt er in seinem reduzierten Stil mehr in die Nähe eines Eduardo Risso (100 Bullets). Capullo arbeitet jedoch mehr organisch, weniger architektonisch. In Capullos Bildern ist die Bewegung spürbarer, seine Gesichter besitzen einen Hauch mehr Leben. Insgesamt kann er mit dieser Stilrichtung völlig überzeugen, die gerade in den Batman-Sequenzen mit der erforderlichen Härte und Düsternis aufwarten, die der Comic-Fan inzwischen erwartet, auch erwarten darf, nach diversen Kinohöhepunkten, deren Stilistik ihren Weg zwischen die Comicseiten gefunden hat (und nicht anders herum).
Eine starke Geschichte, ein sehr ursprünglicher Batman mit einem zünftigen Gegner, der mit der richtigen Mischung aus Rätsel und Aktion daherkommt. Snyder und Capullo etablieren sich hier als ordentliches Team für den Dunklen Ritter. Wenn Snyder noch mehr von solchen Szenarien schafft, dann nur her damit. 🙂
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