KHAAL gegenüber wollen die Worte mit Bedacht gewählt werden. Wer allerdings derart dumm ist und ihm kaum unterschwellig eine zunehmende Schwäche unterstellt, riskiert bereitwillig sein Leben. Daran ändern auch die riesigen Begleiter mit ihren gigantischen Schlagwaffen nichts. Kurz darauf, nachdem der Bote vor KHAAL getreten ist, liegen alle drei Besucher im Staub des Thronsaals. Und der treue Hund KHAALS ist um eine Mahlzeit reicher. Doch KHAAL, bei all seiner Macht und Brutalität, ist durchtrieben genug, um zu wissen, dass es mit dieser Machtdemonstration allein nicht getan ist. Er muss noch mehr Feinde töten, damit der Rest seiner Untertanen sieht, wie zwecklos jeder Widerstand ist. Es bedarf eines Schauspiels in der Arena.
KHAAL mag angesichts des Titelbildes zunächst ein Name sein, der zum Schmunzeln einlädt. Doch der Untertitel, Chronik eines galaktischen Herrschers, führt auf die bessere Fährte, denn derlei Sporen werden nicht durch Sanftheit oder gutes Zureden verdient. KHAAL besticht durch absolute Rücksichtslosigkeit und stellt, der prominente Vergleich ist angebracht, noch einen Metabaron in den Schatten. Stephane Louis, Autor, zeigt eine Gefängniswelt, die noch mehr dunkle Gestalten dieser Art hervorgebracht hätte, gäbe es nur mehr mit solchen Fähigkeiten. KHAAL ist kein Tyrann, der nur vorgibt, mächtig zu sein und seinen Untergebenen die Arbeit überlässt. KHAAL mordet selbst, denn nur die Furcht vor seiner Person festigt seine Macht.
Bezeichnenderweise lässt Stephane Louis seinen KHAAL in der Arena gegen jene antreten, die den Wunsch auf den Thron ebenfalls hegen und folgt damit jenen historischen Begebenheiten wahnsinnig gewordener Imperatoren, die sich im Zweikampf immer noch unter dem Schutz ihrer Praetorianergarde wussten. KHAAL verzichtet auf solche Rückendeckung, aber er, so könnte man sagen, schummelt ein wenig. Vin Diesel kann für diese Rolle schon einmal den Finger heben. Sie wäre ihm wie auf den Leib geschrieben. Der Künstler Valentin Secher hat sich dem Schauspieler optisch zwar nicht einhundertprozentig angenähert, doch gemessen an bisherigen Rollen, an der Statur sowie an der fehlenden Frisur, kann sich der Leser zweifelsohne mit dieser These anfreunden.
In der beschriebenen Gegenwart wie auch in Rückblenden bekommt der Leser eine brutale Welt, auch optisch, vorgeführt, die in ihrer ganzen Machart, auch der philosophischen an einen Alejandro Jodorowsky erinnert, der mit Juan Solo einen ähnlichen Schweinehund in den Mittelpunkt der Geschichte stellte. Auch Georges Bess, der Juan Solo zeichnete, könnte stilistisch Pate gestanden haben. Denn Valentin Secher setzt in der Endausführung der Bilder auf gestochen scharfe Grafiken, akribisch zusammengefügt, ein wenig an Stich-Technik erinnernd, mit der kalten Nadel gezogen. Die Kühle dieses Strichs, der technisch auf einem hohen Niveau ist, lässt beinahe eine dokumentarische Atmosphäre aufkommen. Die Kälte hält den Leser etwas auf Abstand.
Feinste Striche bilden die Figuren und Umgebungen ab. Eine gedämpfte Farbgebung, schwankend zwischen Kühle und einem apricotfarbenem Licht, erschaffen einerseits eine düstere künstliche Welt, andererseits entsteht, gerade bei Massenszenen, ein deutliches Breitwand-Ambiente, ein Blockbuster auf Papier, der nicht kleckert, sondern klotzt. Denn es wird zeitweilig nicht nur sehr brutal. Es wird auch größer. Gerade als die Schlacht ausbricht, der Leser zuvor schon KHAALs Kampftechniken bewundern konnte, geschieht etwas Ungeheuerliches, im wahrsten Sinne des Wortes.
Ein überaus dunkles Abenteuer im Stile eines Jodorowsky, gezeichnet un koloriert von Valentin Secher, der sicherlich noch einiges von sich hören lassen wird, denn mit dieser großartigen grafischen Stilistik kann er jedes Genre beleben. Nichts für Zartbesaitete, auch nicht für jene, die gerne eine sympathische Identifikationsfigur hätten, denn diese gibt es hier nirgendwo. 🙂
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