strong>Die Reise nach Atlantis ist beschwerlich und gefahrvoll. Selbst am Ziel können die Reisenden ihres Lebens noch nicht sicher sein. An der Küste der verborgenen Insel lauern gefährliche Brandungen und darunter, gigantisch und voller spitzer Zähne im Maul, lauern Seeungeheuer mit ewigem Appetit auf unvorsichtige Schwimmer. Die Pracht des Archipels entschädigt beinahe für die vollbrachte Mühe der langen Reise. Die Wunder, lebendig gewordene Legenden, lassen den beiden Gästen, den Quästoren, die Augen übergehen. Leibhaftige Zentauren und Nachfahren der Drachen leben Seite an Seite mit den Menschen auf dem Eiland. Dies sind beileibe nicht alle der fremdartigen Kreaturen. Einige sind, wie die Qästoren Idomeneus und Aeson feststellen müssen, den Besuchern wenig wohl gesonnen und trachten ihnen binnen kurzem offen nach dem Leben.
In der zweiten Folge der Reihe QUÄSTOR schwelgen die drei Comic-Macher Jean-Luc Sala (Autor), Nicola Saviori (Zeichner) und Matteo Bassini (Farben) regelrecht in diesem Szenario und fahren wie auf einer opulenten Tafel alles auf, was das fantasy-begeisterte Herz begehrt. Oder auch lange entbehrte. Denn Szenarien, die in den Tagen der griechischen Antike handeln, sind eher selten, obwohl sie geradezu ein Garant für eine im wahrsten Sinne des Wortes fantastische Handlung sein können. Bereits die Landkarte im Vorfeld der Erzählung ist verheißungsvoll, wird aber bei weitem von den geschilderten Ereignissen im Inneren übertroffen.
Nach einem sehr aktionslastigen Auftakt, der auch gleich die Fronten absteckt, zwischen denen unsere Quästoren ermitteln müssen, wird die Geschichte deutlich intriganter. Idomeneus und Aeson müssen wirkliches detektivisches Geschick zeigen. Hinter den Kulissen herrscht ein Tauziehen und Machtstreben, wie es verstrickter kaum sein könnte. Doch langsam gewinnen die Ermittler den Durchblick. Aber das Ergebnis ist alles andere als ermutigend. Nicola Saviori und Matteo Bassini setzen als künstlerisches Duo die Insel, die Paläste und Kerker, die Heiligtümer und unglaublichen Kreaturen wundervoll (das ist nicht übertreiben!) in Szene. Eine Art plastisches Disney-Universum, ohne Disney zu sein, mit einer Beinahedreidimensionalität, ohne dreidimensional zu sein.
In betrunkenem Zustand sollte man einen Minotaurus tunlichst nicht Herr Stierschädel nennen. Eigentlich sollte man ihn auch nicht in nüchternem Zustand Herr Stierschädel nennen. Idomeneus ist jedoch ein Mann, ein ehemaliger verdienstvoller Krieger, der gerne in viele Fettnäpfchen tritt. Da spielt der gerade aktuelle Geisteszustand keine große Rolle. Von der großen Gefahr gleiten die Situationen gerne in die Komödie über. Die Tragödie spielt auch eine Rolle, so dass sich jede dramatische Erzählform, die ihre Blüte in jenen fernen antiken Tagen erlebte, Verwendung findet. Der Humor ist allerdings die feinste Form, die sich hier zeigt. Idomeneus und Aeson sind wahre Komödianten.
Will man über die Grafik das Zepter schwingen, darf ruhig das Wörtchen bombastisch in den Mund genommen werden. Hier wird ein ähnlicher Aufwand betrieben, wie es in den Fantasy-Comics Ishanti und Canari zu finden ist. Mühe, das ist auf jeder Seite ersichtlich, wird hier nicht gescheut. Im Ergebnis bietet Matteo Bassini eine Farbenpracht, die außerdem von einem Auge für das perfekte farbliche Zusammenspiel zeugt.
Eine starke mittlere Episode des Dreiteilers, die optisch wahnsinnig viel aus den derzeitigen technischen Möglichkeiten der computergestützten Kolorierung herausholt. Verbunden mit der durchaus leidenschaftlichen Erzählung, einem spannenden Handlungsstrang, ist QUÄSTOR 2 ein Zuckerstückchen im Bereich Fantasy. 🙂
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