Der Feind kommt aus dem Nichts. Das Portal öffnet sich und überrascht die Frau, die soeben noch ihren Körper für den Kampf stählte und nun einem Krieger gegenüber steht, der ihre Kräfte nur belächelt. Ihre Gegenwehr belustigt ihn. Ihre Attacken wie auch ihre Verteidigung sind für ihn so vorhersehbar wie ein oft gelesenes Buch. Sie bleibt tapfer, rechnet sogar mit einem Sieg. Der Gedanke vergeht schnell. Zu schnell. Am Ende bleibt noch Zeit für ein paar Tränen. Und Zeit für einige letzte Gedanken. Furcht. Mehr bleibt nicht in der tödlichen Umklammerung dieses Feindes, für den der Tod des Anderen nur eine weitere gestellte Aufgabe ist. Nichts sonst.
Ein übermächtiger Gegner, mit blitzschnellen Reaktionen ausgestattet, ein natürlicher Jäger, der über eine technische Spielerei verfügt, die es ihm ermöglicht scheinbar jede Sicherheitsvorrichtung zu überwinden. Nävis, die im Kampf keineswegs ungeübt ist und so manche Gefahr mehr oder minder heil überstanden hat, gerät mit diesem Feind vor Augen an ihre eigenen Grenzen. Dieser Attentäter ist hinter ihr her, nachdem er bereits mehrere Male erfolgreich zugeschlagen hat. Nichts hat ihn stoppen können. Wie soll Nävis ihm entkommen?
Jean David Morvan hat als Autor bereits viele Geistesblitze in dieser Serie besessen. Und Philippe Buchet hat diese zeichnerisch und farblich mit großer Perfektion umgesetzt. In Sachen Action haben beide sich bisher viele Höhepunkte einfallen lassen. Das Aufeinandertreffen von Nävis und der Kreatur ist Artistik, brutaler Tanz und ein Kampf auf Leben und Tod, mit allen Mitteln und Finesse, ohne die Nävis nicht gewinnen kann.
Der Killer, eine technisch stilisierte Gottesanbeterin, mit überragenden Fähigkeiten ausgestattet, die selbst in einer Vereinigung wie Sillage noch außergewöhnlich sind, gehört eine Gruppe von Kriegern an, die bereits in kleinen Gruppen gegen ganze Völker angetreten sind. Comic-Künstler Phillippe Buchet zelebriert diese Figur, die zwar scheußlich anzuschauen ist, da sie als reine Tötungsmaschine konzipiert wurde, aber gleichzeitig fasziniert durch ihre Effizienz, ihre Unnachgiebigkeit, der Mitleidlosigkeit gegen sich selbst, bis sie an einen ganz bestimmten Punkt gelangt.
SciFi-Fans werden angesichts dieser Kreatur sicherlich Parallelen zu einem ähnlichen Cyborg-Lebewesen ziehen, aus einer anderen sehr großen Space Opera. In der Summe haben die beiden, hier wie dort, allerdings nur wenige Schnittmengen. Das Konzept der feinen Linien, der Exaktheit und der leuchtenden, sehr klaren Farben nimmt dem Szenario ein wenig die Schärfe, den Grusel, den jedenfalls die handelnden Figuren im Angesicht dieser Kreatur empfinden. Nur eine längere Vorbereitung kann endlich zu einem finalen Ergebnis führen und selbst dann wird es hart umkämpft sein. Doch sollte der Leser mit den Bildern dieser Vorbereitungen vor Augen glauben, er ahne, was nun folgt, der sollte sich getäuscht sehen.
Aus der in geometrischen Formen angelegten technisierten Welt von Sillage geht es in das weitaus ländlichere Refugium von Nävis, dorthin, wo sie aufgewachsen ist. Plötzlich helfen keine Strahler mehr, keine Rettungsboote. Nun ist nur noch ein Überlebenskampf gefragt, in dem die Intelligenz der Kämpfer mehr wiegt als die Wendigkeit. Obwohl auch diese nicht zu vernachlässigen ist. Die eleganten Zeichnungen von Philippe Buchet verstärken den unterschwelligen Abschied, den Preis, den Nävis für einen Sieg zu bezahlen bereit ist, die tänzerische Choreografie des letzten Duells. Das besitzt filmische Schnelligkeit, schneller noch als die Eingangssequenz zu Beginn für den Verlauf der Geschichte vermuten lässt.
Eine Handlung voller Action und emotionaler Tiefe von Nävis, in der ihre Einsamkeit sichtbar wird, aber auch die Kraft, die Jean David Morvan für sie entworfen hat. Einmal mehr grandios gestaltet von Philippe Buchet. Sillage bleibt eine der besten SciFi-Serien im Comic-Bereich. 🙂
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