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Comic Blog


Mittwoch, 27. Februar 2013

Das Grab Alexanders des Großen

Filed under: Abenteuer — Michael um 17:47

Das Grab Alexanders des GroßenLouise ist eine sehr gute Zeichnerin. Ihre Abbildungen der Wandzeichnungen vermitteln einen künstlerischen wie auch wissenschaftlichen Eindruck der Funde in den versteckten Gewölben. Lazarus, ein junger Mann, halber Ägypter, entdeckt noch ein wenig mehr in der jungen Frau. Als er sie nach Hause, in den Palast von Saba, begleitet, stutzt er zunächst. Doch Louise wohnt hier nur. Die übrigen ansässigen Frauen gehen hingegen ihrer Arbeit, dem ältesten Gewerbe der Welt nach. Lazarus ist ein Kind dieser Stadt. Die Höhen und Tiefen von Alexandria sind ihm alles andere als fremd. Und da er immer auch eine Nase für historische Feinheiten hat, will er unbedingt in den Keller des Palastes, denn dort könnten noch ganz andere Schätze ihrer Entdeckung harren.

Alexander der Große, ein geschichtlicher Mythos, starb weitaus weniger glanzvoll als es seine Karriere als Eroberer vermuten lässt. Geheimnisvoll wäre ein treffenderer Begriff. Sein Grab, geschichtlich erwähnt, wechselte den Standort, wurde von mächtigen Männern besucht, bis der Leichnam selbst verschwand. Die Geschichte von Isabelle Dethan beschäftigt sich mit einer abenteuerlichen Suche nach dem Verbleib des toten Heerführers. Ein Fund dieser Art hätte einen historischen Wert, der den eines Tutanchamun weit übersteigen würde. So bleibt es auch nicht bei einer Gruppe, die sich auf die Spur dieses kostbaren Fundes geheftet hat.

Im Juni des Jahres 1858 verläuft das Leben in Alexandria noch weitaus gemächlicher als heute. Auf den Straßen herrscht noch die Beschaulichkeit einer vergangenen Epoche. Der Westen hat den Orient erreicht, aber nicht verdrängen können. Im Hintergrund mag man noch an die alten Märchen glauben, die bunten Geschichten vergangener Tage und Größe. Und im Untergrund sind die Zeichen dieser Zeit noch vorhanden. Alte Gänge, Wände voller Hieroglyphen, Gewölbe, die selbst nach Jahrhunderten der Vergessenheit noch Würde und Macht ausstrahlen. Es ist eine prächtige Zeitreise, im doppelten Sinne, die von Isabelle Dethan erzählt und von Julien Maffre gestaltet wird.

Indem die Mitte des 19. Jahrhunderts sehr anschaulich eingefangen wird, entsteht eine Grundfeste der Handlung, die sich komplett durch die hier zusammengefassten drei Episoden der Geschichte zieht. Alexandria, Ägypten, eine prächtige Vergangenheit, die auf eine weniger anziehende Gegenwart trifft. Hier verstecken sich Menschen, leben in der Halbwelt, im Hinterhof des weitaus mächtigeren Europa. Die Antike hält Kostbarkeiten bereit, die nur auf ihren realen Wert hin gemessen werden. Mumien werden auf Partys ausgewickelt, als handele es sich um ein geheimnisvolles Geburtstagsgeschenk. Hier stehen Gaunereien gegen kindlich naive Unbekümmertheit vor einem Welterbe.

Doch Isabelle Dethan entspinnt die Geschichte nicht aus übergeordneter Sicht. Sie taucht ein in diese Welt an der Seite von erfahrenen Männern und Frauen, jungen Menschen, die das Leben noch vor sich haben und einen Hauch Romantik mitbringen, Lebensfreude, Abenteuerlust, aber auch keine Angst vor dem Risiko. Die Erzählung von Dethan, die den Geist alter Abenteuerromane atmet, ist durch die sehr schön skizzierten Charaktere liebenswert, ein Leseerlebnis im besten Sinne für jene, die sich noch alte Filme wie König Salomons Diamanten erinnern können oder andere Klassiker, die sich auch Zeit für ihre Charaktere nehmen und es dennoch schaffen, den Spannungsgrad in jeder Sequenz hoch zu halten.

Alexander der Große, das Herz dieses Abenteuers, öffnet sich dem Leser über das Geheimnis seines letzten Verstecks. Wunderschöne Ruinen, Schriftstücke, Schätze, Gewölbe und insgesamt mit einer Hatz durch längst vergessene Gänge, dass ein Dan Brown seine wahre Freude daran hätte. In markigen Zeichnungen, mit eindeutig eigenständiger Stilistik, in denen sich ein wenig Disney und Manga paaren, aber sich stilistisch auch auf dem amerikanischen Markt (insbesondere in der Phantastik) wiederfinden könnte, sind durch Julien Maffre, der Zeichnungen und Kolorierung gleichermaßen übernommen hat, prachtvolle und dichte Szenen entstanden.

Die Kolorierung bietet nur leichte Abstufungen, meist nur einen helleren und einen dunkleren Anteil, Verläufe sind selten. Maffre verlässt sich auf den Zeichentrickeffekt seiner Bilder, manchmal etwas kantig, stets mit sehr ausdrucksstarken Mimiken, die mitsprechen und den Bildern große Lebendigkeit verleihen.

Ein toller Abenteuerband, mit liebenswerten Charakteren (auch echten Fieslingen), mit Flair und Sinn für die Zeitperiode bearbeitet. Hat alles, was eine gute Abenteuergeschichte benötigt, richtig schönes Comic-Kino. 🙂

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Sonntag, 24. Februar 2013

Die Geißeln von Enharma 2 – Das verrückte Volk

Filed under: Abenteuer — Michael um 17:26

Die Geißeln von Enharma 2 - Das verrückte VolkVor der Nahrungsaufnahme steht die Jagd. Man kann sie elegant bestreiten, als Gestaltwandler in Form einer Raubkatze oder man es sie plump angehen. Mit einer Steinaxt auf hühnergroße Vögel. Von denen nach einem satten Schlag nichts mehr zum Verzehr übrig bleibt. Raulnir schiebt die Schuld für das Jagdversagen gerne beiseite. Da trifft es sich, dass Fanta, die Gestaltwandlerin, erfolgreicher war und die Gruppe dennoch satt wird. In den Ruinen von Sirfall sind die Nöte des Hungers nur noch nebensächlich. Diese versunkene Zivilisation kündet von der Macht des Monsters, einem untoten Drachen, der ein Reich in der Blüte seiner Zeit zugrunde richtete. Welche Chancen sollen da ein paar Söldner haben, wenn es einem ganzen Volk nicht gelang, das Übel aufzuhalten?

Mal ehrlich, wenn es legendäre Auftragsmörder und Söldner gibt, die kaum einer jemals gesehen hat, die aber in aller Munde sind, würde man die Gelegenheit als unbekannter Auftragsmörder und Söldner nutzen, um diese bekannten Identitäten anzunehmen und so Nutzen aus einer gewissen Prominenz zu ziehen? Würde man so etwas tun? Nun, jemand, der intelligent genug ist, um die möglichen Konsequenzen zu erkennen, würde so etwas nicht machen. Glücklicherweise, für den Leser selbstverständlich, sind jene, die sich für Die Geißeln von Enharma ausgeben, nicht ganz so schlau. Allerdings sind sie ebenso rücksichtslos, kaum weniger gewalttätig und wollen wie alle anderen in dieser fremden Welt überleben.

Sylvain Cordurie hat eine Gruppe zusammengestellt, wie sie kaum unterschiedlicher zusammengesetzt sein könnte und sicherlich, neben den Fantasy-Comic-Fans, auch Fantasy-Rollenspieler begeistern sollte. Eine Gestaltwandlerin, ein Zauberer, der mehr schlecht als recht in der Magie bewandert ist, ein Hau-drauf, ein Untoter und ein Hans-Dampf-in-allen-Gassen gegen den Rest der Welt. Genauer: gegen ein großes Monster, sehr großes Monster und die Plage der Untoten, die damit einher geht. Die Sirfalliten könnten eine Möglichkeit der Gegenwehr kennen, sind aber nicht die besten Verbündeten.

Dieses Volk, von Stephane Crety wie Abkömmlinge von Mandrills gestaltet, mag, urig wie es ist, auch an Pikten erinnern. Gruseliger, sehr modern und in jedem neuen Horrorfilm einsetzbar, sind die geflügelten Ghule, deren Leckerbissen Untote sind, die aber auch gerne selbst für Nachschub sorgen und sich an Lebende heranmachen. Aus einer abenteuerlichen Phase wird so ein toll gezeichnetes, neudeutsch gesagt, Horror-Event. Aber das ist nur der eine Handlungsstrang. Der andere führt dem Leser die Macht des Monsters vor Augen und präsentiert außerdem ein Fahrzeug, das frühe Warcraft-Enthusiasten ebenfalls Vergleiche ziehen lassen wird.

Ein walähnliches Wesen, mit einem Aufsatz auf dem Rücken, der eine Besatzung aufnehmen kann, dient zur Flucht aus einer umkämpften Stadt. Das letzte Drittel des zweiten Teils dieser Trilogie ist eine infernalische Sequenz, die keine Zeit zum Luftholen lässt. Eine optische Achterbahnfahrt entlockt den Helden letzte Kraftanstrengungen, die vorführen, wie gut sie es dann doch noch gelernt haben, sich als Gruppe durchzusetzen. Dabei wissen sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass sie sehr bald alle ihre Kräfte noch brauchen werden. Die Farbenpracht, von Simon Champelovier aufgetragen, verwendet eine zurückhaltende Palette, lasierend, auf Natürlichkeit bedacht. Die Qualität des Titelbildes findet sich auf dem selben Niveau im Innenteil wieder.

Eine sehr gelungene Fortsetzung einer Halunkengeschichte im Fantasy-Milieu. Neben Abenteueratmosphäre findet sich Horror und eine sehr dichte Weltuntergangsstimmung. Spannend erzählt, von Stephane Crety mit sehr eigenem Stil gezeichnet. Fein. 🙂

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Samstag, 23. Februar 2013

Benni Bärenstark 13 – John-John

Filed under: Comics für Kinder — Michael um 21:00

Benni Bärenstark 13 - John-JohnBenni Bärenstark darf in den Urlaub mit seinem Onkel Hubert fahren. Na, ja, für seinen Onkel Hubert ist es eher ein Arbeitsurlaub. Er muss als Leibwächter arbeiten. John-John, der Sohn eines Filmstars, ist ein anderes Leben als Benni gewöhnt. Benni erlebt viel draußen, John-John liebt Videospiele und Filme. Ja, obwohl er draußen Skifahren könnte, erlebt er das sportive Gefühl lieber in einer Computerspielsimulation. Doch sehr bald schon werden beide Jungen von der Realität eingeholt, denn aus einem einfachen Winterurlaub wird ein spannendes Abenteuer.

Ein Freund für Benni: John-John. Die Zeiten haben sich geändert. Filmstars haben in die Welt von Benni Einzug gehalten. In der modernen Welt beschützen Leibwächter die Kinder der Stars. Und Benni, obwohl ganz bestimmt nicht als solcher angestellt, passt auf seinen neuen Freund mindestens ebenso gut auf wie sein Onkel, der für diese Aufgabe vorgesehen war. Unter der textlichen Regie von Frederic Jannin und Thierry Culliford ist das Szenario etwas frecher geworden, der Zeit angepasst selbstverständlich auch. Dank des Onkels Hubert bekommt Benni das Abenteuer regelrecht vorgesetzt. Nicht nur Paparazzi sind ein Ärgernis, auch Entführer machen sich auf den Weg, um Onkel Hubert auf Trab zu halten.

Benni Bärenstark verschlägt es in die verschneiten Berge. Wie kann er sich da über einen Schnupfen wundern, wenn er dort immer noch mit kurzer Hose unterwegs ist? Der Junge mit den Superkräften, die nur bei einer Erkältung nachlassen, offenbart hier noch andere Schwächen. Kraft ist nicht mit Geschicklichkeit gleichzusetzen und so macht er auf den Brettern, die im Schnee die Welt bedeuten zunächst eine eher unglückliche Figur. Dafür ist er im folgenden, sehr abenteuerlichen Szenario ein wahrer Tausendsassa. In halsbrecherischer Höhe macht er vergleichsweise James Bond Konkurrenz, wenn er an einem Hubschrauber in sehr waghalsiger Manier seine Kräfte demonstriert.

Pascal Garray orientiert sich genau an Peyos Vorgaben, wirkt vielleicht etwas steriler in der Imitation der künstlerischen Tradition des Altmeisters. Die Zurschaustellung von Bennis Fähigkeiten darf Garray auf unterschiedliche wie auch skurrile Weise zeigen. Wenn Benni durch den Tiefschnee schwimmt und wie das Titelbild bereits verrät, Abgründe springend überwindet, wird auch hier die Tradition aufrecht erhalten. John-John, weniger wie ein Freund, mehr wie ein kleiner Bruder anzuschauen, bildet ein schönes optisches Pendant zu Benni. Die beiden könnten (manche Charaktere kehren ja gerne wieder) in Zukunft auch weitere Abenteuer gerne im Doppelpack erleben, da sich hierdurch ganz neue Seiten Bennis zeigen lassen.

Darüber hinaus wird das klassische Cartoon-Gefühl der guten alten Zeit am Leben erhalten. Keine Experimente oder Verjüngungen, keine Rückblicke. Was gut war, bleibt weiterhin optisch gut. Einzig in der Kolorierung schleicht sich vereinzelt die Moderne des Computers ein. Ein paar Wischer, ein paar Verläufe, ein wenig gebrusht. So entsteht etwas mehr Tiefe im Schnee (Wortspiel).

Im 13. Band eine traditionsreiche Fortführung der Reihe, im Geiste des Originals, mit den modernen Zeichen der Zeit, mit einer etwas flotteren Gangart vielleicht, auch mit Anspielungen auf die Popkultur (Hollywood lässt zwangsweise grüßen, da ein Filmstar eine nicht geringe Rolle spielt). Schön für Kinder und jung gebliebene Fans. 🙂

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Donnerstag, 21. Februar 2013

Benni Bärenstark 1 – Die roten Taxis

Filed under: Klassiker — Michael um 19:42

Benni Bärenstark 1 - Die roten TaxisNiemand will Benni glauben. Er ist ja noch Kind. Erwachsene glauben Kinder keine Räuberpistolen. Allerdings erzählt Benni keine Märchen. Die Taxifahrer aus den roten Taxis sind allesamt Ganoven. Aber Benni ist nicht irgendein Junge. Er hat besondere Fähigkeiten, die es ihm erlauben, die Finsterlinge an der Nase herumzuführen. Als sie ihn fangen wollen, führt er sie nach allen Regeln der Kunst an der Nase herum. Das löst aber das eigentliche Problem nicht. Denn er will ja Herrn Piepke helfen, der noch ein ganz altmodisches Taxi fährt und dessen Existenz durch die rote Konkurrenz massiv bedroht wird.

Wenn Comics wieder auftauchen, an die man sich aus seiner eigenen Kindheit erinnern kann, dann fühlt man sich nicht alt, sondern gleich viel jünger. Als Peyo den kleinen Benni Bärenstark ins Comic-Leben holte, wandelte er auf ähnlichen Spuren wie einige der bekannten Kinderautoren von einst, die in die Herzen ihrer Leser schauen und ihre Wünsche nach Abenteuern erkennen konnten. Nach Geschichten für Kinder setzte er hier eine schöne Idee Kindern um: Benni Bärenstark. Ein kleiner Junge mit schwarzer Schirmmütze, blauem Schal, weißem T-Shirt, rotem Jäckchen, kurzer schwarzer Hose und Straßentretern, da Turnschuhe sich im Straßenbild noch nicht so durchgesetzt hatten.

Benni war nicht nur Bärenstark, er war auch pfiffig. Er war schnell und geschickt. Eigentlich war er in vielerlei Hinsicht schlauer als die Erwachsenen. Als die Ganoven, die er in seinem ersten Band Die roten Taxis zur Strecke bringt, sowieso. Das sind beileibe nicht alle seine besonderen Fähigkeiten. Und einen Nachteil besitzt er auch. Ein Schnupfen beraubt ihn seiner Kräfte. Man könnte auch sagen, Bazillen sind Bennis Kryptonit. Peyo setzt diese Schwäche gezielt ein, natürlich für Benni stets im falschen oder auch schlechtesten Moment. Aber das muss auch so sein, denn ansonsten wäre es für den kleinen Helden allzu leicht.

Problematisch sind auch die kleinen Missgeschicke, die Benni geschehen, wenn er seine Kräfte einmal öfter unterschätzt. Eine Pflastersteinstraße muss darunter leiden oder auch ein Schokoladenautomat. Da geht bei aller Vorsicht etwas zu Bruch. Peyo erzählt seine Geschichte (und zeichnet sie ebenso) derart liebevoll, wie es im Vergleich von diversen Märchenverfilmungen oder auch Kinderserien jener Tage her bekannt ist. Thematisch ist es sicherlich ganz anders, doch das Einverfühlungsvermögen, auch die Begeisterung der Erzählers ist hier auf ähnliche Weise spürbar.

In den Zeichnungen wird selbstverständlich auch die Komödie sichtbar. Mit exaktem Strich eröffnet sich eine Comic-Welt, die äußerlich parallel selbstverständlich zu den Schlümpfen existieren könnte (und nachweislich im Kino die Neuzeit erreicht haben). Einfache Formen bilden die Figuren, aber ungeheuer effektiv in ihrer jeweiligen Endversion. Sie haben auch nichts von ihrer Modernität verloren. Nachdem dieser Stil zwischenzeitlich einmal aufgeplustert werden sollte, sind die Comic-Künstler wieder auf der Spur der alten Meister wie eben Peyo. Hier ist, um es einmal so zu nennen, zeitloses Design entstanden.

Wer nun glaubt, die Geschichte Dir roten Taxis bliebe auf städtisches Flair beschränkt, sieht sich durch einen kleinen Kniff Peyos getäuscht. Plötzlich sind die Charaktere reif für die Insel und für Benni beginnt eine kleine Odyssee. Das ist schön fürs Auge und für Kinder abwechslungsreich, unvorhersehbar und spannend, denn genau so funktionieren die Abenteuer für die Kids heute noch. Auch wieder: zeitlos.

Peyo hatte ein feines Händchen für Kindergeschichten, die allerdings auch von Junggebliebenen und Comic-Fans immer noch gelesen werden können. Die Aufmachung ist fein, das Leseerlebnis sehr schön. Ein Klassiker, vollkommen zu recht. 🙂

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Sonntag, 17. Februar 2013

NOSFERATU 2 – Para Bellum

Filed under: Horror — Michael um 18:51

NOSFERATU 2 - Para BellumVampire sind keine eingeschworene Gemeinschaft. Sie betrügen einander. Sie foltern sich. Sie jagen und töten sich. Für Macht über ihresgleichen und die Menschen, die ihnen kaum etwas entgegenzusetzen haben. Nosferatu hat seine Lektionen vor langer Zeit gelernt. Nachdem er zu einer Stärke gefunden hat, will er alte Fehler nicht nur niemals wieder begehen, er will auch alte Fehler ausmerzen. Aber Nosferatu ist nicht ohne Schwäche. Eine besitzt er. Eine Schwäche, der sein Herz gehört. Die er schwor zu beschützen. Lange Zeit ging alles gut. Sein Geheimnis blieb gewahrt. Doch die Zeiten haben sich geändert, die Jäger und Gegner sind besser geworden und Nosferatus Geheimnis gerät in tödliche Gefahr.

Woher stammt der Mythos, das Blut Jesu während des Abendmahls zu trinken? Könnte es weniger ein symbolischer Akt sein als vielmehr tatsächlicher Ausdruck eines wirklichen Rituals? Mit echtem Blut? Die Erinnerungen des Vampirs an jene längst vergangene Zeit zeichnen ein völlig anderes Bild der Gründung der christlichen Religionsgemeinschaft. Jesus, hier Jehoschua genannt, ist in dieser Geschichte ein sehr alter Vampir, der Glaubensanhänger um sich schart und einen Kult begründet. Die Ausmaße dieser Religionsstiftung kann weder Jehoschua noch Nosferatu zu diesem Zeitpunkt ermessen. Olivier Peru, der Autor, macht auf diese Art deutlich, dass altchristliche Symbole rein gar nichts zur Verteidigung gegen die Blutsauger nutzen werden.

Die Herkunft der Vampire wird thematisiert, jenes alte Geschlecht, so finster und versteckt, dass kein Sterblicher ihre Heimstatt je gefunden hat. Ein wenig darf sich der an Fantasy interessierte Leser hier vielleicht sogar an die tiefen Heimatgefilde von Dunkelelfen erinnert fühlen. Da endet der Vergleich allerdings auch schon. Diese Ur-Vampire haben ihre ganz eigene Zivilisation geschaffen, die allerdings auch so gestaltet ist, dass manch einer auf Dauer nicht damit einverstanden sein kann. Und so entsteht mit den beiden Neulingen in diesem Kreis, Jehoschua und Nosferatu auch gleichzeitig der Untergang jenes finsteren Geschlechts.

Vor dem Hintergrund eines die Jahrhunderte umspannenden Handlungsbogens zeichnet Stefano Martin eine durchweg düstere Bildserie, die in Verbindung mit der Kolorierung der Digikore Studios hervorragend funktioniert. Hier verlassen sich beide Künstlerseiten aufeinander. Die Kolorierung setzt sich nicht nur einen Feinschliff an, sie liefert auch eine durchgehende Friedhofsatmosphäre. Sehr erdig, nächtlich gestaltet. Ein Blick auf alte Fotografien.

Die Handlung, die zwischen Horror und dunklem Märchen hin und her pendelt, eine finstere Liebesgeschichte einflechtet, bietet viele abwechslungsreiche Szenen in verschiedenen Zeitperioden und entsprechend mitreißend sind die Seiten, auch durch die pointierte Erzählung Perus. Wenn Gefühle ins Spiel kommen, die ganz großen freilich, (denn Rache ist hier zum Beispiel auch ein durchgängiges Motiv) dann werden die Bilder auch entsprechend beeindruckend. Liebe, der Druck eines jahrhundertelangen Lebens und eine Wiedergeburt bilden die Kernmotivationen. Eine Frau zwischen zwei Männern, allesamt Vampire, bilden mit ihrer Dreiecksbeziehung Anlass zu einigen leidenschaftlichen wie auch tragischen Szenen. Für den Freund von dunklen Liebesgeschichten wie auch handfesten Kämpfen oder Kriegen zwischen Blutsaugern gibt es allerhand zu entdecken.

Gerade letzteres ist, schlicht gesagt, nicht von schlechten Eltern und würde im Kino mit einer entsprechend hohen Altersfreigabe versehen sein. Vampire, so wird es auch seitens des Lehrers festgestellt, müssen erst einmal lernen, mit ihren neu gewonnenen Kräften umzugehen. Oder sie besonders drastisch zu nutzen. Jemand, der von Rachegelüsten angetrieben wird, hält nichts davon, nur auf halber Kraft zu agieren.

Ein zweiter Teil mit mehreren Handlungssträngen und alle sind sie höchst spannend. Jeder für sich taugte für eine alleinige Geschichte, aber vielleicht fühlt sich Olivier Peru auch inspiriert, einen Ableger zu kreieren, der noch mehr Licht ins Dunkel bringt. Ein gemeiner Cliffhanger erzwingt das einstweilige Warten auf die Fortsetzung. Endlich mal wieder eine Vampirgeschichte, die ein echter Knaller ist. 🙂

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Donnerstag, 14. Februar 2013

Sienna 1 – Gabrielle

Filed under: Thriller — Michael um 18:51

Sienna 1 - GabrielleSienna Mandeville ist eine erfolgreiche Geschäftsfrau. Für ihre Firma, Brain Capital, ist sie international unterwegs. Für die andere Firma erledigt sie auf ähnlich professionelle Weise ihre Aufträge. Wenn Sienna Mandeville nicht an Umstrukturierungsplänen für Konzerne arbeitet, bringt sie Menschen um. Sienna ist effizient, aber nicht gefühllos. Als sie erfährt, dass ihr ehemaliger Universitätsprofessor in einem Hotel einem Herzanfall erlegen ist, ist auch sie tief getroffen. Der verstorbene Roberto Solis hat nicht nur Sienna Mandeville beeindruckt. Auch Gabrielle Chevaliers Lebensweg wurde von Roberto Solis beeinflusst. Diese beiden sehr verschiedenen Frauen versuchen, jede auf ihre Art, zu ergründen, was es mit dem Tod des lang gedienten Universitätslehrers auf sich hat. Leider gibt es ein Problem. Beide lieben denselben Mann. Die eine ist mit ihm verheiratet. Die andere nicht.

Wenn eine äußerst kapitalistisch orientierte, für den Geheimdienst tätige Berufsmörderin und eine sehr engagierte Rechtsanwältin gemeinsam, zuerst sehr widerwillig, an einem, wie sie glauben, Mordfall arbeiten, bleiben Spannungen untereinander wie auch die Spannung für den Leser nicht aus. Das ist eine Seite der Medaille, die von Stephen Desberg in diesem Thriller behandelt wird. Hinter den Kulissen, die sich länderweit dahin ziehen, gärt ein Konflikt der Systeme, ein Kampf der Kulturen und Religionen. Und eine Idee könnte das fragile Gebäude der Vorherrschaft der Intellektuellen in den westlichen Nationen und den oberen gesellschaftlichen Schichten weltweit zu brechen. Ein geradezu umstürzlerischer Plan, der als Angriff auf ein globales System angesehen wird.

Zusammen mit Philippe Emmanuel Filmore entwirft Stephen Desberg (hierzulande bekannt durch Die Unsterblichen, I.R.$.) ein Szenario, das mit Verschwörungen, religiösem Fanatismus und den Winkelzügen der Macht spielt. In der Kombination ähneln sie in manchen Belangen den wahnwitzigen Begebenheiten, die sich immer wieder in den Vereinigten Staaten ereignen, wo unter dem Deckmantel endloser Freiheit irre gesellschaftliche Stilblüten entstehen. Da wird ein Bildungsprojekt zur Bedrohung eben dieser Freiheit verstanden und religiöse Fanatiker und Terroristen gegensätzlicher Konfessionen agieren ungewohnt einträchtig bis zu einem gewissen Grad.

Chetville zeichnet mit modernem Realismus, beschwört gleichzeitig die Optik der neuen Art von Fernsehthrillern, die den Zuschauer, hier den Leser sehr nah an die Charaktere heranführen. Chetville darf die Figuren sich entfalten lassen. Action wird von Chetville in einem überschaubaren Rahmen zu Papier gebracht. Die Szenen sind allgemein sehr dicht gestaltet, die Schauplätze durch den Wechseln von Ländern, auch Zeiten und Rückblicken sehr vielfältig und abwechslungsreich. Der Strich ist dünn, fast zerbrechlich, nicht zu sklavisch exakt, sondern auch mal sehr organisch locker aufgebracht. Dennoch entsteht der Fernseheffekt oder, im Umkehrschluss, als habe Chetville ein Storyboard, eine bildliche Anleitung zur Umsetzung auf Film zu Papier gebracht.

Tom Boa trifft die Stimmungen einer Szene sehr gut. Auch hier entsteht wieder der Vergleich zum Film, in dem das richtig gesetzte Licht, die Wärme oder Kälte eines Bildes stark zur Atmosphäre einer Szene beitragen kann. Schöne Wechsel von Außenszenen und Innenansichten erzeugen optische Spannung, auch Halt für das Auge, halten auf und lassen einen den Thriller in aller Ruhe genießen, mit der notwendigen Lesegeschwindigkeit.

Dewsberg und Filmore haben sich eine gelungene Geschichte einfallen lassen, in der es zwar auch um Macht und Geld geht, die wahren Hintergründe aber tiefer liegen, weniger offensichtlich sind. Grafisch schön umgesetzt von Chetville und Boa sind hier zwei tolle Serienheldinnen am Start. Sehr gerne mehr davon! 🙂

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Montag, 11. Februar 2013

The Homeland Directive

Filed under: Thriller — Michael um 19:27

THE HOMELAND DIRECTIVEDr. Laura Regan, Mitarbeiterin am CDC, hält ihre viel beachtete Rede, nicht ahnend, dass ein Kollege von ihr ermordet worden ist. Zeitgleich sorgen sich Ärzte um einen kleinen Jungen, dessen Krankheitsursache ungeklärt ist. Ein Empfang bedeutet auch Arbeit. Laura Regan tauscht sich mit dem behandelnden Arzt aus, verspricht Hilfe. Ein Polizist unterbricht das Gespräch. Die Nachricht bestürzt sie. Ein Kollege ermordet? Erstochen? In Atlanta? Der Detective möchte Laura bei den Ermittlungen hinzuziehen, will ihre Befragung durch die Kollegen aus der anderen Stadt ermöglichen. Es kommt anders. In der Tiefgarage, auf dem Weg zum Wagen, werden sie gestoppt. Ein Taser setzt den Polizisten mit einem Stromstoß außer Gefecht …

Traue deiner Regierung nicht. Diese Grundeinstellung ist eines der Argumente für den Besitz von Schusswaffen in den Vereinigten Staaten. Aber diese Grundeinstellung generiert auch einige hoch spannende Thriller, in denen die Regierung das ihr entgegengebrachte Misstrauen trefflich unter Beweis stellt. Mit The Surrogates gelang Autor Robert Venditti bereits eine sehr interessante Dystopie zum künftigen Leben in der Heimat der Tapferen.

Nach dem 11. September 2001 hat sich das politische Leben einmal mehr in den Staaten verändert. Ähnliche Wendepunkte waren vielleicht der Überfall auf Pearl Harbor oder der (getürkte) Tonkin-Zwischenfall. Ein Land fühlt sich bedroht. Oder soll sich bedroht fühlen. Der Einsturz der Zwillingstürme zeigte der USA nicht zum ersten Mal ein Maß der Angreifbarkeit von innen. Doch nach Meinung der Verantwortlichen in Regierung und Administration sowie des neu gegründeten Homeland Security Ministeriums flacht das Bedrohungsgefühl in der Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit allzu schnell ab. Eine neue Bedrohung muss her, eine, die nachhaltiger ist. Eine, die die Regierung in besserem Licht erstrahlen lässt. Als Retter in der Not.

Wenn also nicht die Bedrohung nicht nur von innen kommt, sondern auch noch von ganz oben, wer kann da überhaupt noch sicher sein? Eine junge, sehr fähige Ärztin, Dr. Laura Regan, arbeitet für das CDC, das Zentrum für Krankheitskontrolle und Prävention. Plötzlich wird sie entführt. Aber die Männer, die sie verschleppen, wollen ihr nicht schaden, sondern sie vielmehr beschützen. Man eröffnet ihr, dass die Regierung die Absicht habe, sie zu töten. Die Männer, die ihr diese Nachricht überbringen, sind selbst in unterschiedlichen Funktionen für den Regierungsapparat tätig.

Im Hintergrund ist ein schmutziger Plan bereits in vollem Gange. Robert Venditti beschränkt sich auf ein relativ enges Szenario und wirft weiterführende Informationen wie Puzzleteile in die Handlung ein. Vordergründig verfolgt der Leser die Gejagten wie auch die Jäger in dieser Geschichte. Jeder agiert aus seiner Überzeugung heraus. Von Patriotismus bleibt nicht mehr viel übrig, wenn das Leben tausender Menschen auf dem Spiel steht. Die Erzählweise fügt sich schön in neue Techniken ein, wie sie zur Zeit gerne in Roman und Film Verwendung finden. Nah dran an den Personen, ohne Gefühlsduselei, präsentiert Robert Venditti einen Verschwörungsthriller, die sich auch ein Tom Clancy für seine Thriller hätte einfallen lassen können.

Grafisch arbeitet Mike Huddleston mit seiner Erfahrung als Comic-Zeichner, Konzeptzeichner und Illustrator mit einem ebenfalls leichten Konzept. Darauf abzielend die Handlung nicht unnötig auszubremsen, zeigen die Grafiken das Nötige. Haltungen, Gesichtausdrücke, Farbeindrücke, inspirierende Hintergründe, auch mal ein echtes Accessoire sorgt für Aufmerksamkeit. Das besitzt mehr Realismus, als es ein Brett Wedele in The Surrogates aufwendete, Vendittis anderem, sehr erfolgreichen Thriller.

Andererseits werden gute alte Rasterfolien eingezogen, werden Hintergründe speziellen Aktionen und Motiven zugeordnet (so finden sich in den Szenen mit den Regierungs-Nerds Millimeterpapierraster im Hintergrund). Huddleston liebt das Spiel mit der Verfremdung, verwendet auch Collageanklänge und unternimmt immer neue Anläufe, um das Auge des Lesers zu fordern, um die Aufmerksamkeit hoch zu halten. Die Idee funktioniert und hält zieht mit der Erzählung gemeinsam an der Spannungsschraube.

Ein solide erzählter Thriller, dessen Handlung immer engmaschiger wird und einen gewissen Suchtfaktor von Seite zu Seite entwickelt. Das grafische Konzept der Graphic Novel ist mutig, aber nicht überfordernd und trifft den Nerv der Geschichte, auch neuere Lesegewohnheiten. Zeitgemäß und rasant. 🙂

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Sonntag, 10. Februar 2013

Spider-Man – Das Ende der Welt

Filed under: Superhelden — Michael um 18:54

Spider-Man - Das Ende der WeltPeter Parker hat eine richtige Aufgabe. Er schießt keine Fotos mehr von seinem anderen Ich, Spider-Man. Er kann als Wissenschaftler und Erfinder arbeiten. Seine Ergebnisse finden Eingang in den Alltag der Menschen. Sie sind nützlich. Sie helfen. Spider-Man ist, bei aller Hilfsbereitschaft, eine Maske geworden, die mit Chaos einher geht. Und so sehr sich der Netzschwinger auch bemüht, so geht bei seiner Hilfe auch immer einiges mehr zu Bruch, als es eigentlich sollte. Als der todkranke Dr. Octopus verkündet, er wolle in seinen letzten Tagen die Erde mittels eines planetaren Satellitennetzwerkes retten, glaubt ihm Peter Parker kein Wort. Er weiß auch, dass dies ein Fall für Spider-Man ist. Angesichts der Ankündigung des vielarmigen Meisterverbrechers weiß er auch, dass es um nichts Geringeres geht als um Das Ende der Welt.

Dieser Dr. Octopus ist zu einer wahren Monströsität geworden. Im Angesicht des Todes hat er die Sinistren Sechs um sich versammelt. Zum letzten Mal, wie es scheint. Wenn eine Figur die Bezeichnung Erzfeind als Gegenstück zu Spider-Man verdient, dann ist es der ehemalige Wissenschaftler, der durch einen Unfall zu einem genialen und nicht minder brutalen Meisterverbrecher wurde. Dan Slott, der sich als Autor hauptverantwortlich zeichnet (bis auf kleine Ausnahmen), bildet einen Dr. Octopus ab, der abgrundtief verbittert ist und nur noch voller Hass agiert. Das setzt sogar bisherigen Verhaltensweisen die Krone auf. Das Szenario selbst ist entsprechend großes Kino, denn es geht quer um die Welt.

Zwei großartige Zeichner stechen hier in dieser Storyline deutlich hervor. Stefano Caselli und Humberto Ramos sind beide Marvelisten. Caselli betreute außer der freundlichen Spinne von nebenan auch die Avengers. Humberto Ramos, mit einem ganz eigenen, fast überdreht zu nennenden Strich unterwegs, überzeugte vor geraumer Zeit mit seiner Interpretation des Venom, nahm sich aber auch schon des Spinnenmanns an. Obwohl technisch unterschiedlich, fügen die beiden Künstler ihre jeweiligen Handlungsstränge sehr schön zusammen.

Stefano Caselli fährt eine klinisch schöne klare Linie, angesiedelt zwischen Realismus und leichtem Disney-Stil. Seine Helden sind proper, seine Bösewichte schöne Weiterentwicklungen bestehender Charaktere und mittlerweile von hoher Anziehungskraft. Eine neue Spider-Man-Rüstung, ein beinahe borgscher Dr. Octopus auf gegnerischen Seiten und ein Electro, der seit seinem ersten Erscheinen deutlich ernsthafter geworden ist, ferner ein Rhino, der einem roten Hulk fast ebenbürtig scheint. Das besonders feine Element, vor allem auch im Sinne von grafischen Überraschungen, ist Mysterio mit seinen optischen Spielereien.

Die Figuren von Humberto Ramos sind knuddeliger anzuschauen, ein wenig mehr vom Zeichentrick inspiriert, vielleicht weniger von der großen Leinwand als vielmehr vom Pantoffelkino. Wenn Ramos sich in Bombastszenen verliert, besonders eindrucksvoll mit einem Kampf gegen Sandman, dann wirkt die Action noch eine Spur rasanter als bei seinem Kollegen Caselli.

Frischen Wind, und nicht nur nebenbei, bringen andere Helden außer Spider-Man und den Avengers. Herausragend, ein kleines Zückerchen auf ihre Art, sind die Big Hero 6, in Japan ansässig, mit ungewöhnlicheren Einsatzmethoden, etwas anders agierenden Gegnern und schöner Kräfteverteilung. Das trägt nicht zu viel zum Haupthandlungsstrang bei, zieht aber das Netz von Dr. Octopus um den Globus noch etwas enger.

Ein dicker Knaller, der, auf die Leinwand gebracht, mehr als nur mit der Avengers-Verfilmung konkurrieren könnte. Ein verzweifelter Spider-Man, eine scheinbar unüberwindliche gegnerische Macht und der Countdown läuft. Dan Slott hetzt die freundliche Spinne von nebenan durch einen halsbrecherischen Parcours. Perfekte Superheldenunterhaltung. 🙂

Links:
stekart.blogspot.de (Stefano Caselli)
www.humbertoramos.com (Humberto Ramos)

Freitag, 08. Februar 2013

Lou Cale 5 – Das Zentauren-Tattoo

Filed under: Thriller — Michael um 11:12

Lou Cale 5 - Das Zentauren-TattooHalloween. Die Kinder freut es. Am Abend ziehen sie von Haus zu Haus. Sie sammeln Süßigkeiten und ärgern die Erwachsenen. Manche Erwachsene ärgern sich etwas zu sehr und rutschen schon einmal aus. Nicht vom Regen in die Traufe, sondern gleich ins Meer. Nun könnte der Mann, der da vom Steg nach unten fällt und mit seiner Taschenlampe ins finstere Nass leuchtet, an einen schlechten Halloween-Scherz glauben, sähen die beiden am Meeresgrund angeketteten und kopflosen Leichen nicht täuschend echt aus. Dem Schrecken der Entdeckung folgt die Polizei und eine Ermittlung, die zunächst ins Leere verläuft. Keine Köpfe. Keine Fingerkuppen. Nur eine Tätowierung, identisch bei beiden. Bei der männlichen wie auch der weiblichen Leiche.

Das organisierte Verbrechen erlebt seine erste große Blütezeit und beschert der Polizei eine Menge Arbeit. Aber nicht nur diese setzt sich mit den Verbrechern auseinander. Auch den Zeitungen geht der Stoff nicht aus. Lou Cale hat wichtige Strippen gezogen, die nötigen Bekannten, um immer gleich zu wissen, wo was geschehen ist und befindet sich häufig im Zentrum der Ermittlungen, am Puls der Ergebnisse, immer eine Nasenlänge vor seinen Kollegen. Aber Lous eigene Nachforschungen wirbeln auch Staub auf und so findet er sich manchmal selbst im Zentrum des Interesses finsterer Elemente wieder.

Das Künstlerduo Eric Warnauts und Guy Raives nimmt den Leser im fünften und abschließenden Reihe um den Reporter Lou Cale mit in die 50er Jahre. Das Wörtchen Mafia ist mittlerweile ein Markenname für das organisierte Verbrechen geworden. Der Fall ist zwar außergewöhnlich, doch zunächst immerhin ein gewöhnlicher Mordfall. Erst nach und nach kristallisieren sich Einzelheiten heraus, die eine erhöhte Gefährlichkeit der Umstände unterstreichen. Lou Cale bringt nicht nur sich, sondern auch andere in Schwierigkeiten.

Ausgewählte Schauplätze wie eine Sektionshalle, ein Diner, die Hochbahn, der verrottete Pier, auch das ferne Sizilien liefern feine Ansichten einer verlorenen Lebensart und vermitteln eine Mischung aus crime noir und jenen Tagen, als der Schwarzweißfilm auf der endgültigen Kippe zum Farbfilm stand. Lou Cale, als Charakter, ist ein Mann, der sich nie zur Gänze einmischt, den lebensnotwendigen Abstand wahrt. So schafft er auch die Zeitenwende. Die Schlussszene verrät, was ihm wirklich wichtig ist.

Die Geschichte ist untermauert von den Eindrücken eines längst vergangenen Jahrzehnts, den Straßen New Yorks, allen modischen Einflüssen und auch den moralischen Vorstellungen, die hier über unterschiedlichste Charakterdarstellungen eingefangen werden. Der Strich erinnert an einen flotten Herge, realistischer als Tim und doch spielen Warn’s & Raives mit den bekannten Knopfaugen. Guido, der Eisverkäufer und gerade eine Figur, die als Italiener noch über einige Kontakte in die Unterwelt verfügt, ist das beste Beispiel hierfür.

Die Schattierungen der mit leichten Strichen festgehaltenen Figuren, Gegenstände, Kulissen und Strukturen kommen mit einer Stufe aus. Wichtiger sind Einzelheiten, die wie kleine Hinweise der Lebensumstände sind. Ein Kristallleuchter an der Decke, dessen Kerzen am helllichten Tag entzündet sind. Wäsche auf der Leine. Buntglasfenster. Ein Schnitt in den Unterbauch einer Frauenleiche bei einer Autopsie. Oder das bunte und sommerliche Taormina auf Sizilien, das einen starken Kontrast zum verlebten Brooklyn bildet.

Ein gelungener Thriller im Stil der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts. Vorkenntnisse aus den vor mehreren Jahren erschienenen ersten vier Bänden sind nicht erforderlich. Eric Warnauts und Guy Raives haben ihre Figuren und die Zeitperiode so gut im Griff, dass alle Informationen ausreichen, um die Geschichte unterhaltsam und spannend voranzutreiben. 🙂

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Montag, 04. Februar 2013

Die gläsernen Schwerter 2 – Ilango

Filed under: Abenteuer — Michael um 13:54

Die gläsernen Schwerter - Buch 2 - IlangoEine prachtvolle Stadt, weiß und strahlend, mit einem Herzen aus Stein. Die Flüchtlinge vor der Stadt, im Elend lebend und auf der Baustelle des Staudamms schuftend, verfluchen ihr Leid, sehen jedoch keinen anderen Ausweg. Jedes Aufbegehren wird im Keim erstickt. Yama und ihr Mentor Miklos erfahren die Lage am eigenen Leib. Miklos reagiert richtig und zieht sich mit der hitzköpfigen Yama für den Augenblick zurück. Mit etwas Geduld werden sie Orland finden, jenen Mann, der Yamas Familie ins Unglück stürzte, für den Tod von Yamas Vater verantwortlich ist und Yamas Mutter verschleppte. Doch Yama würde vielleicht weniger leidenschaftlich handeln, wüsste sie um das Schicksal ihrer Mutter und die Existenz eines Jungen namens Ilango.

Eine starke Welt, die ihre Lebendigkeit, auch Wahrhaftigkeit, will man einen Ausdruck für das echte Gefühl, das diese Welt umgibt, finden, sind sehr groß dank der grafischen Meisterschaft von Laura Zuccheri. Ohne Frage ist diese Welt an alte, längst vergangene Zivilisationen angelehnt. Vielleicht schwingt auch hier und dort eine filmische Anleihe mit, doch in ihrer Gesamtheit, ihrer Mixtur ist das bildhafte Ergebnis äußerst eindrucksvoll. Sylviane Corgiat bringt als Autorin ein zweites Kind ins Spiel, einen Jungen, jünger als das Mädchen Yama, aber nicht weniger störrisch, mürrisch und ganz und gar von einem eigenem Sturkopf beseelt.

Die Pracht der Stadt Karelane steht im totalen Gegensatz zur Slum-Atmosphäre der Flüchtlingsansiedlung. Hier treffen asiatische Elemente auf ägyptische. Auch könnte Laura Zuccheri von den Moai, den steinernen Wächtern der Osterinseln, inspiriert worden sein. Es ist eine Stadt, die mit ihrer Inszenierung auch Erinnerungen an Filmklassiker wie Die zehn Gebote aufkommen lässt. Die erste Hälfte der Handlung des zweiten Teils stellt die Umgebung ausführlich vor, die Machtstrukturen innerhalb der Stadt wie auch innerhalb von Orlands kleiner Familie, die sein tyrannisches Verhalten zu erdulden hat. Doch hier wie auch übergeordnet gärt der Widerstand und steht kurz vor dem Ausbruch.

In der zweiten Hälfte der Geschichte gerät das Fass zum Überlaufen. Ihre Arroganz wird den Wachen zum Verhängnis, ihr Glaube an ihre Unbesiegbarkeit, der sich spätestens dann erschöpft, wenn die Unterdrückten eine reale Chance sehen, sich mit Erfolg zu wehren. Das Mittel dazu lautet Überzahl. Sehr bald kehrt sich dieses Prinzip leider um, wenn die Soldaten Einzelne oder kleine Gruppen von der Hauptmenge abtrennen. Die Aufteilung der Handlung kann mit Zahnrädchen beschrieben werden, die mehr und mehr, auch kräftiger ineinander greifen, je mehr die Handlung voranschreitet. Wenige Akteure werden von Vernunft geleitet. Viele verlassen sich auf ihre Instinkte und Leidenschaften und schaffen so, ein altes Wortspiel, Leiden.

Obwohl es sich um eine Fantasy-Geschichte handelt, werden phantastische, magische Elemente sparsam eingesetzt. Interessante Details geben dieser Welt Dichte. Jene Flüsterer, die für das staatliche Wohl eifern und vom Wegesrand her aus geschnitzten Bäumen heraus die Arbeiter auf dem Weg zum Staudamm zu indoktrinieren suchen, imitieren auf ihre Art neuzeitliche Propaganda und besitzen gleichzeitig eine gewisse Gruseligkeit in der Art und Weise, wie sie grafisch ausstaffiert wurden. Es sind solche und viele andere Kleinigkeiten, die auf eine regelrechte Entdeckung warten.

Eine sehr schöne Fortsetzung, sehr stimmig umgesetzt, mit toller Atmosphäre und feinen Illustrationen von Laura Zuccheri, die sich hier für weitere Publikationen eindrucksvoll empfiehlt. Für Fans von Fantasy udn Abenteuern. 🙂

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