Der Comic im Kopf ist erst einmal die Geschichte im Kopf. Wie erzähle ich eine Geschichte? Mit welchen Figuren? Aus welchen Blickwinkeln? Wie inszeniere ich Sequenzen, Szenen? Wie arrangiere ich Dialoge? Und viele Fragen mehr werden von Frank Plein in diesem Band behandelt, der sich allgemein mit der Technik des Erzählens von Geschichten befasst und im Besonderen die Art und Weise des Aufbaus eines Comics vor Augen führt. Schnell wird bei der Lektüre deutlich, wie nah das Medium Comic am Medium Film ist. Letzteres hat sicherlich noch einige Ebenen mehr, einige Möglichkeiten zur Stützung der Atmosphäre, die ein Comic nicht besitzt, doch ist die Bildsprache ein zentraler Punkt, den beide gemeinsam haben.
Warum sollen Geschichten erzählt werden? Eine gute Frage, die Frank Plein sicherlich im Ansatz beantwortet, die aber jeder, der gerne an Geschichten arbeitet, vor allem solchen, die ihm oder ihr am Herzen liegen, stets anders beantworten kann. Dennoch gibt es bestimmt eine Menge von Erzählertypen, verschiedenste Ansätze, eine Geschichte zu erzählen, Gesetzmäßigkeiten, die das Entwickeln von Handlungsbögen erleichtern und vielerlei Techniken mehr, die hier mehr oder weniger erschöpfend erläutert werden.
Dem Autor ist durchaus bewusst, dass er nicht alles bis in die letzte Kleinigkeit beschreiben kann. Warum jemand kreativ ist, was Kreativität überhaupt bedeutet, welche Sorten von Comic-Zeichnern und Autoren es gibt. Die Gruppe der beiden zuletzt Genannten unterteilt Frank Plein sehr amüsant in verschiedene Formen des Scheiterns. Kontinuität, Disziplin und Handwerk stehen an erster Stelle, alles andere mag nur in die Irre führen. Comic-Macher übernehmen sich, desillusionieren, bewerten sich zu hoch, unterschätzen das Handwerk oder den Markt. Demgegenüber stellt Frank Plein viele wertvolle Tipps zur Bildsprache, auch der Besetzung eines Comics, der Kulissen, der Verbindung von Wort und Bild, dem Zusammenhang von Körpersprache und Dialog.
Storytelling: Den Weg, eine Geschichte zu erzählen, gibt es nicht. Ebenso wenig gibt es das Genre, das Bild, den Charakter, die jeden Leser mitreißen. Zuerst steht das Thema, es folgen die Charaktere, die wie sind? Wie sehen sie aus? Wie ist ihr Hintergrund? Wie ist die Welt drumherum? Allein das Drumherum könnte dazu führen, sich zu verzetteln, denn Frank Plein verdeutlicht die Informationen, die zur Darstellung eines Comics zur Verfügung stehen können, nicht zwangsläufig müssen. Sie müssen abrufbar sein, können ein grundsätzliches Gefühl der Komplexität erzeugen, wenn zum Beispiel reale Orte in die Handlung einbezogen werden und den so genannten Subtext erweitern.
Die Geschichte ist eine Sache, aber wie kommt der Comic auf die Seite? Nicht nur das Bild will arrangiert sein, die ganze Seite wartet auf ein Layout und dieses wiederum auf einen schlüssigen Zusammenhang zum Rest des Comics. Welche Techniken erleichtern die Arbeit? Seitenraster von der Stange? Eigene Ideen? Wie machen es gestandene Profis? Ralf König, Jan Suski, Flix und andere gewähren einen Einblick in ihre jeweilige Arbeitsweise, die oft erst mit der fertigen Kolorierung endet. Man sieht, nur das Geschichtenerzählen genügt nicht. Skizze, Reinzeichnung und weitere Stationen sind die Spitzen eines arbeitsamen Berges, der im Verlauf des Prozesses der Entstehung eines Comics erklommen werden will.
Nicht nur die Anleitung, sondern auch eine gute Beispielsammlung dient hier der Veranschaulichung wie der Comic aus dem Kopf auf die Seite gelangt. Ein Comic mag im Ergebnis leicht produziert aussehen, hat aber bis zu diesem Punkt einen langen Weg hinter sich, den interessierte Comic-Leser oder junge Comic-Macher hier ausbaldowern können. 🙂
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