Die neue Reporterin macht einen leicht vorlauten Eindruck auf die Soldaten, die bereits seit geraumer Zeit ihren Dienst in Afghanistan versehen und wissen, wie der Hase läuft. Wenn das Camp verlassen wird, um Aufträge zu erfüllen, sind Zeitpläne einzuhalten. Nicht unnötig aufhalten, dem Feind keine Zeit geben, einen Angriff zu planen, Truppen heranzuführen oder Nachricht zu geben, wo der Trupp sich gerade befindet. Die Journalistin hingegen ist mit engen Zeitplänen noch nicht so vertraut. Bald schon gibt es die ersten Schwierigkeiten, die geradewegs in höchste Bedrängnis führen. Und so wird aus einer Hilfsaktion eine Flucht.
Deutsche Soldaten befinden sich im Krieg. Aus ziviler deutscher Sicht mag die Situation eine andere sein, für die Soldaten selbst mag das kaum zutreffen, für jene, die sie durch ihr Land patrouillieren sehen, sind hier ebenfalls aktive Soldaten unterwegs. Und die können angegriffen werden. So einfach ist das. Motivationen verschwimmen vor dem Hintergrund von Einsätzen schnell. Wer fährt wann hinaus? Wie schützt man sich? Auf welche verräterischen Anzeichen ist bei möglichen Anschlägen zu achten? Während die Bundeswehrsoldaten im Einsatz sind, sie erneut mit ansehen müssen, wie ein Sarg mit einem ihrer Kameraden darin auf die Heimreise geschickt wird, trainieren andernorts Journalisten den Ernstfall einer Gefangennahme. Doch die Simulation gibt nur einen ungenauen Blick auf die wirklichen Gefahren.
Afghanistan. Ein Land im Kriegszustand und die Deutschen befinden sich mittendrin. Unsere Sicherheit wird nicht nur, aber auch am Hindukusch verteidigt. Das Zitat vom damaligen Verteidigungsminister klang merkwürdig und sieht, folgt man der Geschichte in Wave And Smile, aus Sicht der Afghanen auch merkwürdig aus. Autor und Zeichner Arne Jysch beschreibt eine Situation, die historisch betrachtet, stets in komplett oder halb desaströsen Zustand mündeten. Krieg hat noch nie eine kulturelle Kluft überwunden, höchstens zugeschüttet. Wenn die Soldaten Turbinen zur Stromerzeugung an ein Dorf liefern, ist die Stimmung friedfertig, doch der Weg dorthin, selbst aus der Luft (oder gerade) ist höchst gefährlich.
Aus der Ferne fällt es immer noch schwer, sich mit der Tatsache auseinanderzusetzen, dass deutsche Soldaten im Ausland Einsätze tätigen. Ihr Mut ist unbestritten, ihr Einsatz legitimiert, doch so richtig verstanden haben ihn die Soldaten nicht, denn stets liegt eine Art Schleier über den Informationen, den politischen Richtungen, der Arbeit der Soldaten. Wie schwierig es für die Soldaten in dieser Situation ist, sich mit ihrer Arbeit abzufinden, die tödlich enden kann und scheinbar keinerlei Dankbarkeit oder wenigstens Achtung, höchstens Ächtung erfährt, zeigt Wave And Smile in vielen Szenen. Exemplarisch an der Seite einer Journalistin erlebt der Leser den Alltag hautnah und ohne unnötig zugespitzte Dramatik mit.
In relativer Mitte erfährt die Geschichte eine Wende. Die Hauptfigur, Chris, im Range eines Hauptmanns, setzt sich nach Beendigung des Dienstes auf die Spur seines Entführten Kameraden Marco. Ohne Unterstützung von offizieller Seite gerät Chris immer tiefer in Feindesland, bis ihm selbst die Gefangennahme droht.
Klare Formen, realistisch wie von einem Gerichtsreporter oder eben einem Kriegsberichterstatter illustriert, schnörkellos, ohne Übertreibungen, mit lasierenden Farben koloriert, verzichtet Wave And Smile auf Effekthascherei. Grundlegend decken sich die Ansichten mit denen, die der Leser auch als Zuschauer aus diversen Wüstenkriegsszenarien der letzten Jahre kennt, ergänzt durch die Blicke hinter die Kulissen, das Kasernenleben, einsame Einsätze, zu Lande und in der Luft und den Begegnungen mit den Einheimischen, freundlich wie feindlich.
Der Blick auf das Geschehen ist stets neutral, ohne Verklärung einer Seite (es gibt durchaus mehr als zwei). Zwischenmenschlichkeit geht vor Aktion. Heimliches Vorgehen steht über Feuergefechten, die kaum zu gewinnen scheinen. Das ist liest sich echt, so, wie es auch beabsichtigt gewesen und durch die Rechercheangaben nachzuvollziehen ist.
Ein ernsthafter Blick auf ein Kapitel, das trotz ständiger Präsenz in den letzten Jahren immer nur am Rande aufgeschlagen wird (oder die nächste Meldung über einen gefallenen deutschen Soldaten Schlagzeilen macht). Interessant, realistisch, selten in seiner Machart zu gerade diesem Thema. Arne Jysch hat eine Geschichte kreiert, die auch als Roman oder Fernsehfilm funktioniert hätte. 🙂
Wave And Smile: Bei Amazon bestellen