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Comic Blog


Donnerstag, 27. September 2012

Reconquista 1 – Die Horde der Lebenden

Filed under: Abenteuer — Michael um 19:27

Reconquista 1 - Die Horde der LebendenDie Flüchtlinge haben keine echte Gelegenheit, um sich in Sicherheit zu bringen. Der Feind ist überlegen und gnadenlos. Kurz darauf ist die kleine Gruppe von Männern, Frauen und Kindern tot und die Hethiter rühmen sich des mageren Sieges. Die Skythen jedoch sind von einer ganz anderen Größe. Ihre Fähigkeiten als Krieger sind legendär, ihre vorübergehende Sesshaftigkeit ist nur eine Ruhepause. Wer in dieser Phase dachte, von den Skythen gehe keine Gefahr mehr aus, sieht sich bald getäuscht. Nur allzu bereitwillig greifen sie wieder zu den Waffen, setzen Mensch und Tier in Marsch, mitten hinein in einen großen und vernichtenden Krieg.

Vor langer Zeit, als die Menschen Kriege führten, der Krieg für Nomadenvölker dazu gehörte, verschoben sich die Machtverhältnisse und starke Armeen marschierten gegeneinander auf. In einer Zeit, in der ein Menschenleben nichts gilt, Sklaven gefangen genommen, als Geschenk empfangen, benutzt und geopfert werden, verdunkelt sich der Horizont durch die Machtgier des Königs der Hethiter. Sylvain Runberg entwirft aus einigen geschichtlichen Vorgaben ein eigenes Historienabenteuer, ganz im Sinne klassischer Schwert-Fantasy. Drei Nomadenvölker, die Kallipiden, die Sarmaten und die Kimmerier haben sich zu einem Skythen-Bund, der Horde der Lebenden, zusammengefunden und bilden einen außerordentlichen Machtfaktor.

Das an Zahl riesige Volk der Skythen soll den Kampf gegen die Hethiter aufnehmen, einen Kampf, der durch die Babylonier dokumentiert werden wird. Als Leser fühlt man sich an Szenarien von Robert E. Howard erinnert, aber auch neuere Leinwandepen wie Alexander, die es mit der historischen Realität nicht so genau nehmen. Das Titelbild wie auch der Titel selbst mögen eine südamerikanische Ausrichtung der Handlung andeuten, doch damit wäre man auf dem völlig falschen Kontinent. Die Grandiosität des vorliegenden Bandes ist in der Optik zu finden, die dank der Vorgaben von Sylvain Runberg einiges auffährt: Kampfelefanten, Stiere, Bären, Pferde und Kamele selbstverständlich, Wildschweine, Hirsche, seltsamerweise auch Tiere, die an das selbst zu jener gezeigten Epoche längst ausgestorbenen Paraceratherium erinnern (Vorläufer des Rhinozerosses).

Francois Miville-Deschenes, der die Zeichnungen wie auch die Kolorierungen übernommen hat, rangiert mit seiner herausragenden Technik auf Augenhöhe mit Künstlern wie Iko (Finsternis), Greg Land (Ultimate Fantastic Four) oder auch (Träume, Spider-Man). Ein Höchstmaß an Realismus, seien es Menschen, Tiere, Technik, Architektur oder Umgebung ist hier in jeder Szene mit großem technischen Anspruch zu finden. Der Illustrator scheut keine Perspektive (zum Beispiel von schräg unten gegen ein menschliches Gesicht geblickt) und generiert Nahaufnahmen ebenso gekonnt wie das beliebte Breitwanderlebnis, möglichst groß, mit vielerlei Geschehen an allen Ecken und Enden.

Es ist eine brutale Welt. Einer betonten Körperlichkeit begegnet der Leser auf jeder Seite. Männer und Frauen (Sarmaten) kämpfen gleichermaßen. Suchen letztere ihre Visionen in Dämpfen, opfern andere Seher Menschen für Informationen über die Zukunft. Kleine Siege werden als große Kämpfe gepriesen und ein jeder feiert seinen Sieg auf seine Art. Die Ansichten sind barbarisch ebenso wie sinnlich, kein unwesentlicher Aspekt der gesamten Handlung. Hier wird keine Gesellschaft gezeigt, die alt sterben will. Die älteren Skythen ziehen mit Begeisterung in ihre wahrscheinlich letzte Schlacht. Die einzigen wirklich Alten, hoch begabt in der Magie, aber keineswegs besonders weise, Überlebende des versunkenen Atlantis, haben sich dem Alter ergeben. Auch wieder jeder auf seine Weise.

Vornehmlich sehr, sehr feine und sehr, sehr genau gesetzte Striche bilden das Korsett der Bilder. Nicht weniger atmosphärisch, mit Sinn für die richtige Farbe zur richtigen Situation, auch kräftig und realistisch in anderen, für die Skythen alltäglichen Szenen gestaltet Francois Miville-Deschenes den Band durchgehend. Gerade über den lasierenden Farbauftrag schafft er viel Volumen in den Bildern und ein weitaus höheres Filmempfinden beim Betrachten der Grafiken, als es andere Comics gewöhnlich schaffen.

Ein grafischer Knaller, für Freunde meisterschaftlicher Zeichner sehr zu empfehlen. Klassische Schwert-Fantasy, die einige kommende Überraschungen bereits andeutet und auch nicht mit drastischen Darstellungen spart. Spannend, aus der Sicht einer babylonischen Schreiberin erzählt. 🙂

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