Sondereinsatz. Die beiden Agenten der FDA, Chu und Colby, sollen dem US-Landwirtschaftsministerium zur Seite stehen. In einem Einsatz der nach Selbstmordkommando riecht, nein, stinkt! Für den Notfall wird den beiden Agenten sogar eine Waffe bereitgestellt. Für den absoluten Notfall, Für den Fall des möglichen Scheiterns. Leider wurden die beiden Agenten von ihrem Chef im Unklaren darüber gelassen, welche Waffe überhaupt im Gepäck ist. Bei den Damen vom Landwirtschaftsministerium ernten die offensichtlich inkompetenten Agenten nur lautes Gelächter. Als die Waffe schließlich zum Einsatz kommt, stockt allen nur noch der Atem.
Vierte Runde: Einmal mehr geheimnisvoller, einmal mehr mit verblüffenden Fähigkeiten seiner Helden und Nebenfiguren. Ungewöhnliche Ereignisse und Wendungen sorgen für Abwechslung und werfen viele Fragen auf. Autor John Layman hat keine Lust auf 08/15. Hier wird erzählt, dass sich die Balken biegen, mit Spaß an Geschichten, an ironischen Spitzen, phantastischen Begebenheiten mit viel Witz und einem Ideenreichtum, der es sich traut, im nicht mehr ganz so neuen Jahrtausend neue Wege zu beschreiten.
Die Grundlage der Reihe, die weltweite Katastrophe durch millionenfache Todesfälle durch Hühnchenfleisch, wird wieder an den Anfang gesetzt. Gleichzeitig wird der Wandel gezeigt, den eine Hähnchenbude über Jahrzehnte vollzogen hat. Tony Chu, Agent der FDA und gleichzeitig ein Mensch, der allein über seine Geschmackssinne, allem Essbaren Informationen über vergangene Ereignisse entziehen kann, führt kein einfaches Leben. Da sein Vorgesetzter ihm außerdem ganz bewusst das Leben zur Hölle machen will (seinem Kollegen Colby, einem Menschen mit Cyborg-Implataten ebenso), wird es auch nicht leichter.
John Layman, der die Situationen, mit denen er seine Helden traktiert (ab und zu auch belohnt), sehr genüsslich ausbreitet, garantiert so dem Leser auf alle Fälle zwei Dinge auf einmal: Spaß und Spannung. Denn im Hintergrund hat Chus Erzfeind seinen ganz eigenen Handlungsstrang. Dieser wirkt zunächst weniger komisch als geheimnisvoll und birgt auch seine Überraschungen, die sicherlich noch zur Grundlage künftiger Ereignisse werden. Stilistisch schließt sich Rob Guillory, Zeichner und Kolorist, mit einem ausgefallenen Cartoon-Strich an, vollkommen modern, aber auch so wirkend als folge er einer Welle, die ohne MTV erst einmal nicht oder erst viel später möglich gewesen.
Dünnste Striche, mitunter langgestreckte, deformiert wirkende Figuren, kantig, falsch proportioniert und trotzdem gibt alles zusammen ein in sich stimmiges, passendes Ganzes. Wer sich manchen Aufbau der Figuren anschaut, wird aber auch eine Fortentwicklung von Comic-Gestalten frühester Stunde erkennen. Guillory, fast eine Art Picasso des Comics, kreiert mit Chu und Colby ganz nebenbei ein Komikerduo der besonderen Art, eine kleine Verbeugung vor den allgegenwärtigen Action-Helden des Kinos und stellt ihnen Figuren zur Seite, deren Verhalten realistischer ist (pubertierende Töchter, mobbende Chefs).
Ein humoristischer Blick auf die Gegenwart, voller Seitenhiebe, Ironie, auch Hohn und manchmal einer Spur Mitleid. Der findet sich gleich zu Beginn mit der Historie eines amerikanischen Unternehmens. Gleichzeitig ist die Geschichte auch ein Angriff auf die Völlerei Amerikas, ihre Fastfood-Kultur und sogar ihr Geschick, aus jedem noch so absonderlichen Thema eine Religion zu kreieren. Die Kirche der Heiligkeit der ungerührten Dotter in diesem Band mit dem Untertitel Flambiert ist das beste Beispiel hierfür. Respektlos, aber nicht lieblos, haben sich hier mit Layman und Guillory Autor und Zeichner getroffen, die wie die berühmte Faust aufs Auge passen.
So funktioniert Humor im neuen Jahrtausend auch. Albern, aber intelligent, Bissig, aber nicht zu gemein. Mit überspitztem Stift gezeichnet, ungewöhnlichem und neuem Thema, rasant und spannend. Allerdings sollten Leser am Ball bleiben und nicht quer einsteigen. 🙂
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