Byron Peck ist zu vornehm für diese öde Gegend, in der nur Gewalt zum Ziel führt und ein Reisender stets auf der Hut sein muss. Wenigstens hat er mit Knut Hoggaard einen imposanten Hünen an seiner Seite, der Furcht einzuflößen versteht. Tim Bishop ist weder vornehm, noch ist er besonders groß. Und Furcht flößt er schon gar keinem ein. Liebe auf den ersten Blick war es, die ihn in diese Schwierigkeiten brachte. Eine schöne Frau mit flammend roten Haaren, am Fenster eines Waggons gesessen, brachte ihn dazu, einfach auf den Zug aufzuspringen, um bei nächster Gelegenheit ihre Bekanntschaft zu machen. Leider wirft ihn der Zugaufseher bei der nächsten Gelegenheit aus dem Zug. Geradewegs auf einer Brücke.
Wilfrid Lupano ist zurück. Beschrieb der Autor mit Alim der Gerber ein ungewöhnliches Fantasy-Abenteuer (aber auch ein ungewöhnlich schönes), zieht es ihn nun in den Wilden Westen. Man darf behaupten, dass Lupano einige Western-Filme gesehen hat, so ganz bestimmt auch Die gefürchteten Vier mit Lee Marvin und Burt Lancaster. Eine Frau landet schließlich in den Fängen eines mexikanischen Banditen. Drei Männer eilen zur ihrer Befreiung herbei. Na, immerhin einer. Die anderen beiden, seltsamerweise jene, von denen man es am wenigsten erwarten würde, wollen sie lieber umlegen. (In einem Western tötet man nicht, man legt jemanden um.)
Sehr früh, nicht nur durch die eingangs beschriebene Szene, wird klar, dass es sich nicht um einen sehr ernsten Western handelt. Die Charaktere sind schillernd beschrieben, manchmal durchaus glaubhaft, aber auch kantig, mit vielen Merkmalen, die bei Comicfiguren nicht oft zu finden sind. Wilfrid Lupano traut sich was, er verlässt angestammte Pfade, nimmt sich auch bekannte Charakterformen her, zieht sie etwas, staucht sie etwas (das ist mitunter auch tatsächlich optisch nachzuvollziehen) und verbeugt sich sogar vor sehr bekannten Figuren. So könnten die beiden Figuren Peck und Hoggaard infolge ihres Verhaltens sogar als Hommage an Dr. Jekyll und Mr. Hyde verstanden werden. Hoggaard sieht der Filmfigur Hyde, wie sie in Van Helsing auftauchte, sogar etwas ähnlich.
Humor und Abenteuer: Zeichner Paul Salomone arbeitet mit sehr feinen Strichen in einer Stärke und erinnert in seiner Technik ein wenig an Scott Kolins (Die Rächer), hat aber einen viel witzigeren Ausdruck in seinen zahlreichen Charakteren, die er hier zu Papier zu bringen hat. Im Anführer der mexikanischen Banditen werden sich Western-Fans an Jack Palance erinnert fühlen, der in Die gefürchteten Vier in einer ähnlichen Rolle brillierte. Margot de Garine, die weibliche Hauptrolle, besticht durch ein äußerst weibliches Auftreten, geizt weder optisch noch anderweitig mit ihren Reizen.
Jesus bewacht die Tür. Aber außer dem Namen haben der christliche Messias und der Mexikaner, der für den erwähnten Banditen Manolo auf die Beute der Bande aufpasst, nichts gemein. Etwas dümmlich, jederzeit bereit, eher zu schießen, als zu fragen, ist er recht voluminös geraten, mit kleinem Kopf, dafür mit umso mehr Munition. Durch Paul Salomone findet sich eine schicke und durchaus naturgetreue Westernausstattung, eine stimmige Kulisse und überaus gelungene Gesamtansichten, die einen sofort in die glorreichen Tage solcher Leinwandepen zurückversetzen.
Dank der sehr plastischen und atmosphärischen Kolorierung von Lorenzo Pieri erhalten die Bilder Tiefe, wird auch der nostalgische Effekt herausgekitzelt, der das Genre mit dieser Publikation neu beleben könnte.
Ein Westernspaß, sicherlich, aber mit allem Drum und Dran, was zu einem ordentlichen Western gehört, nur witziger. Charmant, versiert gezeichnet, stimmig koloriert und durchgehend unterhaltsam. Auf die Fortsetzung des Abenteuers um die skurril liebenswerten Hauptfiguren bin ich gespannt. 🙂
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