Es ist ein seltsamer Ort für ein Gespräch. Nävis sammelt ihren alten, vielleicht auch ehemaligen Freund Weweh in einem Tunnel ein. Niemand soll ihre erneute Kontaktaufnahme dokumentieren, noch soll jemand ihr Gespräch belauschen können. In halsbrecherischer Fahrt rast Nävis über die Straßen. Die junge Frau lenkt das Trike mit unterdrückter Wut, aber ist zu jeder Zeit Herrin der Lage. Erst als sie sich von Weweh wieder verabschiedet, lässt sie sich ein wenig gehen und verpasst ihm mit einem überaus schmerzhaften Ausstieg, besser gesagt Rauswurf, einen kleinen, aber deutlichen Denkzettel. Kurz darauf lässt sie den Planeten auch schon hinter sich.
Science-Fiction-Fans und Lesern, die gute und sehr ausgefeilte Space-Operas mögen, sollte es nicht schwer fallen, sich mit Sillage mehr als nur anzufreunden. Nach 13 Ausgaben ist die Welt von Sillage allerdings derart vielschichtig geworden, dass ein Einstieg in dieses von Jean David Morvan erdachte und von Philippe Buchet gestaltete Universum zu diesem Zeitpunkt schwierig ist. Wie es seit längerer Zeit eine gängige Praxis geworden ist, zieht sich auch durch Sillage ein roter Faden und haben die handelnden Figuren ein großes Beziehungsgeflecht entwickelt. Aber Morvan und Buchet installieren auch immer einen Handlungsabschnitt, der auch ohne Vorkenntnisse für den Leser funktioniert. Hier heißt das Zauberwort: CANNONBALL.
Rennen sind in der Unterhaltung eine feste Größe. Ob historische Szenarien, Autorennen oder auch in der Science Fiction oder Space Opera: Rennen üben eine besondere Faszination aus, ganz besonders dann, wenn sie laut Szenario illegal sind. Der Name Cannonball für ein Rennen ist keine Erfindung von Morvan. In der hier gezeigten Form war ein solches Rennen allerdings noch nie zuvor zu sehen. In der 13. Episode von Sillage mit dem Untertitel Kontrolliertes Schleudern (der Name ist Programm) wird immer wieder ein anderer Planet zum Austragungsort des Rennens erkoren, sehr zum Leidwesen von Sicherheitskräften wie auch Zivilisten, die nicht selten die Leidtragenden besonders spektakulärer Unfälle werden.
Gerade die Bilder der Rennabschnitte bestechen durch hohes technisches wie auch dramaturgisches Niveau. Neben der fantastischen Gestaltung der Trikes, die einfach alles zur Rennstrecke machen, was ihnen in die Quere kommt, bieten die Perspektiven eine ungeheuer dramatisch installierte Kamerafahrt. Morvan bietet seinem Kollegen, dem Zeichner und Koloristen Philippe Buchet aber noch weitere Möglichkeiten zur Entfaltung, die einerseits am roten Faden der Serie spinnen, andererseits Szenen hinter den Kulissen, in denen Entführer und ein zwielichtiger Anwalt eine Rolle spielen.
Eines der Geheimnisse des Erfolgs der Reihe ist die überaus plastische und voller toller Ideen steckende Grafik durch Philippe Buchet. Man könnte auch sagen, der Erfolg stecke im Detail, denn jedes noch so kleine Gerät oder jeder noch so selten (vielleicht sogar einmalig) auftretende Außerirdische (als einziger Mensch ist eigentlich Nävis hier die Außerirdische) wird ohne Nachlässigkeiten gestaltet. Das Haarflechtgerät ist eine jener Ideen, die am Rande eingestreut werden, aber weitaus aufregender ist ein Blick in jene Welt und Zeitperiode, die Nävis schon lange hinter sich gelassen hat.
Ein Tigerbär! Die wilde Kreatur in dem winzigen Reservat, das einen Dschungel imitiert, bricht szenisch völlig aus der technisierten Umgebung in Sillage aus. Allenfalls eine Szene unter Wasser kann mit Erzählrichtung mithalten und eine ähnliche, sehr bedrohliche Atmosphäre entfalten. Es beweist gleichzeitig Buchets großes Talent, sich vor jeder Hintergrundkulisse mit Bravour austoben zu können und dem Fan von Space Operas ein optisch makelloses wie auch auf jeder Seite interessantes Szenario zu bieten.
Rasant, so wie es sich für ein Rennszenario gehört. Morvan und Buchet kreieren vor der Kulisse der Serie etwas ganz eigenes und halten auch für langjährige Fans der Serie Überraschungen und neue Rätsel bereit. 🙂
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