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Comic Blog


Samstag, 28. Juli 2012

Die Welten von Thorgal – Kriss de Valnor 2

Filed under: Abenteuer — Michael um 18:21

Die Welten von Thorgal - Kriss de Valnor 2 - Das Urteil der WalkürenKriss de Valnor ist der Gefangenschaft entronnen. Auch scheint ihre Tortur schon gerächt, doch das Mädchen hat noch nicht genug und so ersinnt sie mit Hinterlist bereits den nächsten Schachzug. Ihr väterlicher Gefährte, der gezeichnete Sigwald, besitzt nicht die Macht, das Kind in der Ausübung ihrer Rache zu stoppen. Er bringt dem Kind alles bei, was jemand benötigt, der draußen am Rande der Zivilisation überleben muss. Kampf mit dem Schwert und dem Bogen, Reiten, Diebstahl. Als sie eine Frau ist, ist sie ihm beinahe ebenbürtig. Ihre Rache hat sie nicht vergessen und ihre Erinnerungen quälen sie, als hätten sie Pein und Schmach erst kürzlich getroffen. Da sich die Gelegenheit ergibt, zahlt sie alles mit Feuer und Blut zurück.

Kriss de Valnor wurde es nicht leicht gemacht. In ihrer Verteidigungsrede, ihrer Geschichte von Kindheit an, die immerhin vor ihren Richtern, den Walküren, Gehör findet, erkennen auch die göttlichen Kriegerinnen ein schlimmes Schicksal. Aber auch viel unkontrollierbare Wut und rasenden Hass, die durch nichts zu entschuldigen sind. Autor Yves Sente schickt die ohnehin rachsüchtige Kriss de Valnor auf einen Lebensweg, der es in sich hat. Die Gefühlsregungen, die das Leben von Kriss bestimmen, werden zur Gänze erklärbar, dennoch bleibt das Mitgefühl für diesen Charakter auf die Dauer auf der Strecke. Allerdings lässt Yves Sente den Leser auch immer aufs Neue an dieser Meinung zweifeln. Stellvertretend für diese Wankelmütigkeit ist der Freund und Erzieher an der Seite von Kriss, Sigwald, der Mann, den selbst das Schicksal strafte und der trotzdem nicht in diesen Rachewahn verfallen ist.

Giulio de Vita wandelt einerseits stilistisch auf den Spuren von Grzegorz Rosinski, dem ursprünglichen Zeichner dieses Comic-Universums, andererseits ist es ein wunderbar klassischer Stil, wie ihn auch der verstorbene John Buscema zu Papier brachte. Sehr intuitiv anmutend weiterhin, mit filigranem, sehr leichten Tuschestrich gestaltet De Vita nicht nur sehr starke Frauen und Männer, er bewältigt auch unterschiedlichste Gesichter und Emotionen mit Leichtigkeit. Besonders dramatisch gelingen die Zusammenfassungen der Übergangszeit von Kriss und Sigwald, während derer sie sich als Halunken einen Namen machen. Außerdem ist die, zwar stark schattierte, Racheepisode sehr eindrucksvoll gelungen.

Die Bilder von Giulio de Vita, die besonders in den Abschnitten im Reich der Walküren an die Glanzzeiten von John Buscema mit seinen Conan-Illustrationen bei Marvel erinnern, reißen mit. Im Abschnitt der ganz persönlichen Rache von Kriss, als sie noch einmal allen Hass aufbietet, um den Schmerz in ihrer Seele endgültig zu vernichten, finden sich die theatralisch besonders packenden Szenen. Hier wandelt sich langsam auch die Farbgebung von Graza von einem Grau hinüber zu einem Braunrot, bis alles in Flammen aufgeht und ein Orange die beherrschende Farbe wird. Dann wieder am Tage erscheint wieder alles freundlich und heiter in natürlichen Farben.

Das Titelbild wurde von Grzegorz Rosinski selbst geschaffen, in seiner gemäldeartigen, technisch feinen Stilistik ausgeführt. Einzig zu bemängeln wäre, dass das Bild zu viel verrät, lautet der Titel des Bandes doch Das Urteil der Walküren. Da es sich aber hier um einen Ableger der Hauptserie Thorgal handelt, das Schicksal der Figuren ohnehin feststeht, mag man es den Machern der Welten von Thorgal verzeihen.

Dramatisch von Anfang bis Ende, mit sehr dicht charakterisierten Figuren. Ausgezeichnet gestaltet von Giulio de Vita. Auch ohne jegliche Kenntnis der Hauptserie beste Fantasy-Lektüre. 🙂

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Der Vampir von Benares 2

Filed under: Horror — Michael um 12:43

Der Vampir von Benares 2 - Der Ursprung des BösenMircea hatte zuvor einen besseren Reisebegleiter durch die Stadt. Diese Kreatur, ausgezehrt, gehörnt, ohne Beine, dafür mit einem schlangenartigen Ende versehen, scheint ihn außerdem zu verhöhnen. Nichts von dem, was er in diesem Augenblick erlebt, kann real sein. Und doch fühlt es sich so an. Das Licht, der schwankende Boden, die Dämpfe, die Leere, die Weite und die anderen bedrohlichen Wesen, die nur aus dem Alptraum eines anderen entstammen können. Aber Mircea gelingt es nicht, diese Situation abzuschütteln. Im Gegenteil zieht es tiefer und immer tiefer, bis es kein Entkommen mehr zu geben scheint.

Ein Vampir definiert sich nicht nur über seine Sucht nach Blut. Ein Vampir will die Kontrolle. Blut ist ein Beiwerk, ein Lebensspender vielleicht, auch ein Instrument der Angst. Doch die wahren Beweggründe lassen sich schlicht zusammenfassen: Kontrolle. Autor und Zeichner Georges Bess schickt seinen Helden, den Fotojournalisten Mircea, in eine geradezu groteske Hölle, oder auch in die Simulation einer solchen. Vielleicht ist es ein Rausch oder ein Fiebertraum. Georges Bess selbst fantasiert seine hier entworfene Hölle nicht einfach so. Wer dieses Konstrukt betrachtet, eine architektonische Höchstleistung, wird vielleicht Vorbilder wie M. C. Escher oder den wahrscheinlich weniger bekannten Giovanni Battista Piranesi erkennen.

Gerade die Bilder zum Thema Kerker (denn nichts anderes entwirft Georges Bess hier auch) des bereits 1778 verstorbenen Giovanni Battista Piranesi besitzen diese theatergleiche Inszenierung und Gigantomanie, die Georges Bess auch hier anwendet. Ein scheinbar unendlicher Raum, in dem Geraden und Krümmungen aufeinandertreffen. Die Tiefen der Abgründe sind nicht bis zum Boden auszumachen. Exaktheit mit vortrefflich geplanter Architektur trifft auf vollendete Verrottung. Wo eben noch eine wunderbare hölzerne Konstruktion den Weg ebnete, wartet auf den Helden plötzlich eine beinahe unbegehbare Hängebrücke. Das Licht der Umgebung taucht alles in ein blutiges Rot. Gleißende Lichtstrahlen vergittern und durchschneiden einzelne Passagen.

Doch damit entwirft Georges Bess nur die Umgebung. Inmitten dieses richtungslosen Alptraums (für den, der sich darin bewegen muss) tauchen Kreaturen auf, die zwischen den Entwürfen von Monstern aus der Entwicklungsriege eines Sam Raimi und dem Wahnwitz eines Fiebertraums rangieren. Über der Gewalt, die diese Figuren ausstrahlen, vergisst Bess auch nie eine Prise Humor einzustreuen. Wenn er Dämonen wie Königin Victoriaarrangiert oder sie mit dem Gesicht einer Bulldogge auftreten lässt, gleichzeitig hochherrschaftlich ausstaffiert, dann blitzt etwas aus der MAD-Vergangenheit des Illustrators durch.

Georges Bess konzentriert mit wenigen Bestandteilen innerhalb seiner Dämonenbilder den Blick des Betrachters. Kein Strich ist zuviel, kein Farbauftrag lenkt ab. Dieses Prinzip setzt er gekonnt ein. Seine Grauengestalten lassen sich ansehen, der Schrecken ist halb verborgen, lässt Raum für eigene Vorstellungen, von denen man lieber nicht wissen will, ob sie sich bewahrheiten. Mit dem Auftritt einer Höllenkreatur, die nicht mehr als ein Kopf ist, erinnert er nicht nur in der Konzeption an den Herrn der Fliegen, der geheimnisvolle Auftritt ist eine der gruseligsten Passagen in dieser Geschichte.

Weiterhin vortrefflich grafisch gestaltet. Georges Bess ändert die Richtung des Geschichte, wird surrealistischer, mystischer, in Anlehnung an Vorlagen aus Kunst und Kultur. Der gezeigte Alptraum lässt die im zweiten Handlungsstrang eingefügte reale Geschichte fast nebensächlich werden. Aber eben nur fast. 🙂

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Donnerstag, 26. Juli 2012

SILLAGE 13 – Kontrolliertes Schleudern

Filed under: SciFi — Michael um 12:36

Sillage 13 - Kontrolliertes SchleudernEs ist ein seltsamer Ort für ein Gespräch. Nävis sammelt ihren alten, vielleicht auch ehemaligen Freund Weweh in einem Tunnel ein. Niemand soll ihre erneute Kontaktaufnahme dokumentieren, noch soll jemand ihr Gespräch belauschen können. In halsbrecherischer Fahrt rast Nävis über die Straßen. Die junge Frau lenkt das Trike mit unterdrückter Wut, aber ist zu jeder Zeit Herrin der Lage. Erst als sie sich von Weweh wieder verabschiedet, lässt sie sich ein wenig gehen und verpasst ihm mit einem überaus schmerzhaften Ausstieg, besser gesagt Rauswurf, einen kleinen, aber deutlichen Denkzettel. Kurz darauf lässt sie den Planeten auch schon hinter sich.

Science-Fiction-Fans und Lesern, die gute und sehr ausgefeilte Space-Operas mögen, sollte es nicht schwer fallen, sich mit Sillage mehr als nur anzufreunden. Nach 13 Ausgaben ist die Welt von Sillage allerdings derart vielschichtig geworden, dass ein Einstieg in dieses von Jean David Morvan erdachte und von Philippe Buchet gestaltete Universum zu diesem Zeitpunkt schwierig ist. Wie es seit längerer Zeit eine gängige Praxis geworden ist, zieht sich auch durch Sillage ein roter Faden und haben die handelnden Figuren ein großes Beziehungsgeflecht entwickelt. Aber Morvan und Buchet installieren auch immer einen Handlungsabschnitt, der auch ohne Vorkenntnisse für den Leser funktioniert. Hier heißt das Zauberwort: CANNONBALL.

Rennen sind in der Unterhaltung eine feste Größe. Ob historische Szenarien, Autorennen oder auch in der Science Fiction oder Space Opera: Rennen üben eine besondere Faszination aus, ganz besonders dann, wenn sie laut Szenario illegal sind. Der Name Cannonball für ein Rennen ist keine Erfindung von Morvan. In der hier gezeigten Form war ein solches Rennen allerdings noch nie zuvor zu sehen. In der 13. Episode von Sillage mit dem Untertitel Kontrolliertes Schleudern (der Name ist Programm) wird immer wieder ein anderer Planet zum Austragungsort des Rennens erkoren, sehr zum Leidwesen von Sicherheitskräften wie auch Zivilisten, die nicht selten die Leidtragenden besonders spektakulärer Unfälle werden.

Gerade die Bilder der Rennabschnitte bestechen durch hohes technisches wie auch dramaturgisches Niveau. Neben der fantastischen Gestaltung der Trikes, die einfach alles zur Rennstrecke machen, was ihnen in die Quere kommt, bieten die Perspektiven eine ungeheuer dramatisch installierte Kamerafahrt. Morvan bietet seinem Kollegen, dem Zeichner und Koloristen Philippe Buchet aber noch weitere Möglichkeiten zur Entfaltung, die einerseits am roten Faden der Serie spinnen, andererseits Szenen hinter den Kulissen, in denen Entführer und ein zwielichtiger Anwalt eine Rolle spielen.

Eines der Geheimnisse des Erfolgs der Reihe ist die überaus plastische und voller toller Ideen steckende Grafik durch Philippe Buchet. Man könnte auch sagen, der Erfolg stecke im Detail, denn jedes noch so kleine Gerät oder jeder noch so selten (vielleicht sogar einmalig) auftretende Außerirdische (als einziger Mensch ist eigentlich Nävis hier die Außerirdische) wird ohne Nachlässigkeiten gestaltet. Das Haarflechtgerät ist eine jener Ideen, die am Rande eingestreut werden, aber weitaus aufregender ist ein Blick in jene Welt und Zeitperiode, die Nävis schon lange hinter sich gelassen hat.

Ein Tigerbär! Die wilde Kreatur in dem winzigen Reservat, das einen Dschungel imitiert, bricht szenisch völlig aus der technisierten Umgebung in Sillage aus. Allenfalls eine Szene unter Wasser kann mit Erzählrichtung mithalten und eine ähnliche, sehr bedrohliche Atmosphäre entfalten. Es beweist gleichzeitig Buchets großes Talent, sich vor jeder Hintergrundkulisse mit Bravour austoben zu können und dem Fan von Space Operas ein optisch makelloses wie auch auf jeder Seite interessantes Szenario zu bieten.

Rasant, so wie es sich für ein Rennszenario gehört. Morvan und Buchet kreieren vor der Kulisse der Serie etwas ganz eigenes und halten auch für langjährige Fans der Serie Überraschungen und neue Rätsel bereit. 🙂

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Dienstag, 24. Juli 2012

Die Abenteuer von Philip und Francis 2

Filed under: Abenteuer — Michael um 11:13

Die Abenteuer von Philip und Francis 2 - Die machiavellistische FalleEigentlich, ja, eigentlich sollte einer Hochzeit nichts mehr im Wege stehen. Olrik ist Premierminister, ein geachteter Bürger und Politiker und er hat das Herz der mächtigsten Frau des Britischen Imperiums höchstselbst erobert. Olrik wird die Königin heiraten. Wären da nur nicht diese Zwischenfälle. Auf Erinnerungsfotos steht Olrik neben wildfremden Frauen. Damenunterwäsche findet sich in politischen Akten wieder. Offensichtlich lässt Olrik die Augen auch seitlich des Königshauses schweifen. Aber Olrik ist unschuldig, ausnahmsweise. Und so gehen die kleinen Attacken auf den königlichen Hausfrieden weiter. Irgendjemand will nicht, dass die Hochzeit stattfindet. Aber werden die Saboteure Erfolg haben?

Das Empire ist erneut in Not. Dieses Empire? Nicht ganz. Philip und Francis, die beiden doch recht chaotischen Abenteurer im Dienste des Königreichs, stehen wohl vor ihrer größten Herausforderung. Die beste Falle mag jene sein, von der niemand zu sagen vermag, dass er überhaupt hineingeraten ist. Die machiavellistische Falle schickt die beiden Helden in dieser zweiten Folge der Parodie auf Blake und Mortimer in eine Parallelwelt, in der vieles ähnlich ist und doch so mancher Fettnapf auf die außergewöhnlichen Ermittler wartet.

Wenn eine Parodie sich selbst auch noch aufs Korn nimmt, dann bleibt kein Auge trocken. Wenn zugleich hemmungslos aus Zeitgeschichte und Popkultur zitiert wird, Figuren wie Winston Churchill und Schauspieler wie Harry Andrews ihren Auftritt haben, dann setzen Pierre Veys und Nicolas Barral wieder einen Kalauer an den nächsten. Der Wechsel in eine Parallelwelt wurde schon häufiger thematisiert. Die Wechselmethoden waren unterschiedlich, mal mehr, mal weniger gut begründet, doch noch nie wurden die Hauptfiguren durch ein Kinderkarussell in eine andere Welt versetzt.

Zuerst streut Pierre Veys nur Kleinigkeiten in die Veränderungen ein. Diese werden jedoch immer haarsträubender, bis Philip und Francis keine andere Schlussfolgerung als die Feststellung bleibt, dass sie anderweltlich gestrandet sind, nicht andernorts. Denn auch dieses London hat einen Philip und einen Francis, doch wie anders sind diese beiden Männer, sogar erfolgreich auf ihre Art. Andererseits werden ihnen von den uns bekannten Helden zuallererst die Leviten gelesen.

Hier gibt es Anspielungen auf Hollywood und seine Auswüchse. Später kann der Leser über ein paar Ecken sogar Anspielungen auf Folgen der Uralt-Serie Raumschiff Enterprise entdecken, in denen Kirk und Kosorten selbst auf alternative Welten trafen. Doch auch Sandalen-Abenteuer jüngeren Datums sind auch von den kleinen Spitzen betroffen. Superhelden bekommen ihr Fett weg und selbst die Queen ist vor satirischen Seitenhieben nicht geschützt. Die royale Berichterstattung, die jedes Wort auf die Goldwaage legt, jedes Kleidungsstück abschätzt und jeden Pickel entdeckt, wird von Pierre Veys auch nicht vergessen.

Nicolas Barral zeichnet den neuerlichen Niedergang des britischen Imperiums mit einer Süffisanz, die genüsslich an allen Ecken und Enden englischer Traditionen zupft. Die schmalen Striche, leicht hingeworfen treffen nicht nur die beiden Hauptfiguren Philip und Francis auf den Punkt, auch ein Winston Churchill und andere Charakterköpfe (die zweifellos jemandem nachempfunden sind, die ich aber leider nicht zuordnen kann), erinnern an die Kunst der Karikatur, wie sie ein Morris vielen Zeichnern vorgemacht hat.

Sobald die beiden Helden in der Verkleidung von Fred Feuerstein und als Clown in die Arena schreiten, bleibt kein Auge trocken. Bei Barral ist jeder Brite von einer piefigen Arroganz durchdrungen, wirkt in jeder Lebenslage hochmütig, gelangweilt und erschreckt zugleich. Letztlich sind diese Szenen aber nur die Sahnetüpfelchen, denn die absoluten Höhepunkte sind jene Szenen, die Philip und Francis und Philip und Francis einander gegenüber stellen. Das setzt den bisher dagewesenen Verwechslungskomödien die sprichwörtliche (britische) Krone auf.

Eine strikte Komödie, für Fans des Originals, auch solche Leser, die Python-Humor mögen, stilsicher in Szene gesetzt und mit wahnwitzigen Einfällen versehen. 🙂

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Samstag, 21. Juli 2012

QUÄSTOR 1 – Menage A Troja

Filed under: Abenteuer — Michael um 15:16

QUÄSTOR 1 - Menage A TrojaDie Stadt ist gefallen, der Widerstand kaum noch vorhanden. Die Männer, Frauen und Kinder von Troja sind Freiwild vor den heranstürmenden Horden der Angreifer. Niemand vermag noch gegen diese nach Blut dürstenden Krieger zu bestehen. Der Krieger Idomeneus Decalionid sieht zur hölzernen Konstruktion eines Riesenpferdes hinauf. Dieser Gegenstand, furchtbar grob gezimmert, abstoßend in seiner Einfachheit, hat die Trojaner überlistet. Idomeneus ist enttäuscht. Betrug brachte den Sieg. Sein letzter Akt auf diesem Schlachtfeld besteht in der Rettung einiger Zivilisten, bevor er sich mit seinem Schildträger Aesus Simonides auf den Rückweg nach Kreta macht und einen neuen Lebensweg einschlägt.

Jahre später ist aus all der Suche nach und dem Einstehen für Gerechtigkeit eine eher gelangweilte und überfütterte Existenz geworden. Enthusiasmus ist wieder eingeschlafen. Der Held von einst und sein Gehilfe sind faul, fett geworden. Orgien, Wein und Frauen haben die Bequemlichkeit gefördert. Der Name, den sich Idomeneus als Quästor machte, ist zu einem Aushängeschild verkommen. Als jedoch die wunderschöne wie auch rätselhafte Klytia in sein Haus kommt und wenig später eine unerwartete wie auch kaum überwindbare Bedrohung folgt, ist Idomeneus vor allem eines klar: er braucht ein größeres Schwert. Und außerdem: war dieser Schild nicht vor einigen Jahren noch leichter zu tragen?

Jean-Luc Sala wirft zusammen mit Zeichner Nicola Saviori und Kolorist Matteo Bassini einen nicht ernsthaften, dafür aber einen umso phantastischeren Blick auf das alte Griechenland und die Nachkriegszeit von Troja. In der Einleitung wird dem Leser noch die schreckliche Kriegspraktik vorgeführt, ungeachtet einer Disney-Optik der jüngeren Generation findet bei der Vernichtung von Troja ein grauenhaftes Gemetzel statt. Die Ausblicke sind wenig, aber deutlich. Angesichts dessen ist die Motivation von Idomeneus, sich auf profitablere Arbeiten zu beschränken, vor allem auf weniger gefährliche, verständlich.

Es ist ein drastischer Schnitt, der sich in seinem Leben und dem seines Gehilfen Aesus vollzieht. Aus dem starken und schlanken Recken wird ein zwar immer noch stattlicher Mann, der aber die Liege vorzieht und einen sichtbaren Genießerbauch entwickelt hat. Der Auftrag, der ihm angeboten wird, könnte schon interessant sein, weil er besonders lukrativ ist, wird aber zwingend, als Idomeneus nicht nur sein Leben, sondern all das der Menschen um sich herum bedroht sieht. Hier lässt Jean-Luc Sala seiner Fantasie freien Lauf und bietet einen Stoßtrupp auf, der auf den Betrachter auf den ersten Blick wie eine ozeanische Version der goldenen Armee wirken mag. Dabei steht sie in der Umsetzung durch Nicola Saviori völlig eigenständig da. In ihrer Komplexität wissen diese mechanischen Wesen zu überzeugen.

Komplex ist das Stichwort für die gesamte Umsetzung des ersten Bandes von QUÄSTOR. Mag sich Saviori mit seiner Art zu zeichnen auch in höherwertige Zeichentrickfilme einreihen, holt Matteo Bassini mit seiner Kolorierung ein wahres Bilderfeuerwerk aus dem Szenario heraus. Gerade durch seine Farbgebung entsteht Tiefe, ein weicher Glanz mit sehr sorgfältigen Übergängen. Hier wurde alles aus der Computerkolorierung herausgeholt.

QUÄSTOR ist eine Empfehlung für Leser, die schon von SinBad oder Belladonna von Zeichner Pierre Alary begeistert waren. Auch Leser, die an Alim der Gerber von Wilfried Lupano und Virginie Augustin ihre Freude hatten, liegen hier genau richtig. Die märchenhafte Erzählweise, besonders im Verlauf der zweiten Hälfte, und die zeichentrickhafte Anmutung der Bilder kann den Leser angenehm und sehr unterhaltsam fesseln.

Einfach schön in jeder Hinsicht. Fein erzählt, mit Sinn für Humor und Spannung, perfekt gesetzten Wendepunkten und vielen schönen Ideen. Die Bilder von Saviori und Bassini machen aus dem ersten Band der Reihe QUÄSTOR für Comic-Freunde etwas besonderes. 🙂

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Comanche 15 – Red Dust Express

Filed under: Abenteuer — Michael um 12:23

Comanche 15 - Red Dust ExpressMit Rattle-Snake-Annie sollte sich niemand anlegen. Ten Gallons ist wahrlich kein Greenhorn, aber gegen die beiläufige Brutalität der Frau vermag er sich nicht zur Wehr zu setzen. Außerdem muss er an den ihm anvertrauten Jungen denken, der mit ihm zusammen in Lebensgefahr schwebt. Denn Rattle-Snake-Annie sind Kinder vollkommen egal. Kurz darauf sind Ten und der Junge gefesselt auf einem rasenden Pferd unterwegs Richtung Ranch. Sie sollen eine Botschaft an Comanche überbringen. Das wäre nicht das größte Problem, hätte Annie nicht eine Ladung Dynamit am Sattel befestigt. Und die Lunte brennt.

Der Abschlussband der Reihe erinnert an die Zeiten, als alles begann. Einmal mehr gibt es bei der Entstehung der Eisenbahnlinie Probleme. Und mittendrin müssen die Arbeiter auf der Triple-Six-Ranch um ihr Leben bangen. Aber noch einmal können Comanche und Red Dust zeigen, was sie können. Natürlich kann sich der Leser auch gebührend von den anderen Charakteren verabschieden, so auch insbesondere von Ten Gallons, den wohl besten Oldtimer, den der Wilde Westen jemals gesehen hat.

Aber Ten Gallons hat sich durch die Zeichnung von Michel Rouge auch ein wenig verjüngt. Obwohl die Figur sehr nah am Original von Hermann ist, der die ursprünglichen Figuren einst gestaltete, ist der neue Ten weniger klapprig, die Knollennase weniger knollig. Insgesamt jedoch passt sich der etwas genauere, vielleicht weniger intuitiv wirkende Zeichenstil von Michel Rouge sehr gut in die Serie ein. Zwar verkündet das Titelbild schon eine explosive Handlung, die erste Seite des vorliegenden Bandes greift diese Thematik nahtlos auf. Der Leser sieht die Lunte brennen, der Zug nähert sich und schnell ist klar, hier läuft kein einfacher Bandenkrieg ab, als die Lokomotive in einem Feuerball von den Schienen katapultiert wird.

Zum guten Schluss versammeln sich die Helden zu einem Abenteuer, in dem auf jeden von ihnen ein ganz persönlicher Gegner wartet. Für die Gesetzlosen wurde ein, wie es so schön heißt, illustrer Haufen zusammengestellt. Brutal, gewissenlos, aber auch schlitzohrig, waghalsig, hinterhältig. Die Bande, die zur Unterstützung des gegnerischen Bahnchefs, aufgeboten wurde, vereint Bekanntes, Einfallreiches und vor allem für den Leser höchst Unterhaltsames. Hervorzuheben ist Lobster, ein Gangster, dessen linke Hand durch eine Metallklaue ersetzt wurde. Außerdem hat mit Rattle-Snake-Annie eine verteufelt gemeine Pistolenbraut einen Auftritt, der die Mannschaft der Triple-Six-Ranch ganz schön in Schwierigkeiten bringt.

Rodolphe, der den Abschluss der Reihe als Texter übernimmt, nachdem der ursprüngliche Autor und Ideengeber Greg seine Arbeit am vorliegenden Album nicht mehr vollenden konnte. Greg (genauer: Michel Regnier) verstarb 1999. In einer Mischung aus Italo-Western und Hollywood-Inszenierung (die sich beizeiten auch den italienischen Varianten annäherte) werden Fallen gestellt, setzen sich die Bösewichte manchmal kurios in Szene und präsentieren sich so, dass ein Tarantino mit seinem neuen Streifen Django Unchained eigentlich genau in diese Kerbe schlägt.

Die Zeichnungen von Rouge bestechen in Aktionsszenen durch ihre präzise Ausführung und eine Bilderfolge, die den Leser mitten ins Geschehen hinein nimmt. Mal steht er an der Seite der Bösewichte oder erlebt das Geschehen in der Totalen, wenn Rouge die komplette Seitenbreite für seine Bilder in Anspruch nimmt und Westernkino auf Comic-Seiten zelebriert. Abgesehen von einem kleinen Epilog, einer Einleitung am späten Nachmittag, einem Schluss am frühen Morgen, spielt sich das Abenteuer während einer einzigen Nacht ab. Entsprechend dunkler ist die Farbgebung, aber auch mit jener Experimentierfreudigkeit, die schon früh in der Serie vorherrschte.

Selbst nach so langer Zeit der Fertigstellung des vorliegenden Bandes ist die Serie nach wie vor jung und haben Rodolphe und Rouge die Arbeit von Greg (natürlich auch von Hermann) zu einem würdigen und knallenden Abschluss gebracht. Ein modernes Westernabenteuer, aus dem Stand leinwandtauglich. 🙂

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Dienstag, 17. Juli 2012

Der Staub der Ahnen

Filed under: Mystery — Michael um 21:38

Der Staub der AhnenDer Tag der Toten dient der Rückschau an jene, die gegangen sind. Wann sie gestorben sind, spielt keine Rolle. So lange ihrer gedacht wird, sind sie noch da, auf ihre Art. Aber so lange ihrer gedacht wird, sind auch noch all jene Tragödien lebendig, die sich zu ihren Lebzeiten oder im Tode zutrugen. Im Gedenken an die Toten, hier nachgefühlt durch Eusebio Ramirez, eröffnen sich die Gefühle von einst, niemals vergessen und nach so langer Zeit noch so stark wie damals. Eusebio gedenkt der Verstorbenen der Familie Rojas. Zunächst ist es nur eine Zeitreise, ein liebevolles Erinnern. Doch hinter den Erinnerungen erhebt sich die Wahrheit, die nicht einmal Eusebio immer kennt.

Doch der Leser kennt sie. Er erfährt, was hinter den Kulissen geschah, wie sich die Ereignisse zuspitzten, die zum Tode einzelner Familienmitglieder führten. Autor und Zeichner Felix Pestemer in Eusebios Erinnerungen eine Familie vor, die mexikanische Kultur, zeigt Gemeinsamkeiten und deutliche Unterschiede. Außerdem führt er dem Betrachter die Sicht der Toten selbst vor Augen, in einer Welt, in der das Leben ein Spiel ist und Sorgen nicht mehr existieren. Jedenfalls nicht wirklich.

Die Alten und die Jungen sind nicht gegen den Tod gefeit. Jeden kann es treffen, zu allen Zeiten, am Tag und in der Nacht. Benito ist der erste, den es trifft, durch eine Unachtsamkeit, einen Zufall. Manchmal ist es auch fehlende Anteilnahme. Zuweilen ist es Zorn. Beim nächsten Mal ist es sogar Hass, der die Ursache für den Tod eines Menschen ist. Nach und nach tun sich in dem liebevollen Gedenken Eusebios wahre Abgründe hinter den Kulissen auf. Und die Toten? Die haben, in der Anderswelt zum Gerippe geworden, all die Ursachen ihres Todes und all die Mühsal ihres Lebens hinter sich gelassen. Diesen Blick beschert Felix Pestemer dem Leser und lässt seinen Erzähler Eusebio im Ungewissen über diese andere Existenz, in der endlich Frieden herrscht.

Der Blick auf die Toten durch die Lebenden ist heiter und bunt. Die Erinnerungen und wahren Ereignisse glänzen braunweiß, wie alte verblichene Fotografien. Die Gesichter sind vage gehalten, maskenhaft, auch sind die Haltungen manchmal puppenhaft und ist eine Inszenierung deutlich zu erkennen. Die Lebensausschnitte, eben jene, die zum Tode führten, werden dem Leser stumm präsentiert, theatralisch, während Eusebio seine Kommentare beisteuert. Felix Pestemer zeichnet mit sehr weichem Bleistiftstrich und koloriert sanft, mit traumhaften Farben.

Ist die Vergangenheit unbunt, ist die Gegenwart der Lebenden am Tag der Toten von einer prallen Buntheit, bonbonfarben. Pestemer greift die leuchtenden Farben der Blumen, der Süßigkeiten, der vielen Verzierungen an Gräbern und Altären auf. Als Betrachter ist man geneigt den Ursprung des Festes zu vergessen, würden die Toten nicht zugleich auf ihre Weise feiern, nicht ganz so bunt, aber nicht weniger fröhlich. Es gelingt Pestemer, in die Züge der kleinen Skelette eine außerordentliche Fröhlichkeit zu legen, die dem Leser sicherlich auch ein Lächeln ins Gesicht zaubert, obwohl die Szenerie einen morbiden Hauch besitzt. Aber durch das Puppenhafte, auch die Imitation des wirklichen Lebens ist der Eindruck ein sehr glücklicher, wenn im Tode (so wird es hier präsentiert) sämtliche Querelen beigelegt sind.

Gastauftritte. In einer Episode, einer besonders bedrückenden dazu, geben sich Frida Kahlo und Leo Trotzki die Ehre als geisterhafte Erscheinungen, obwohl zu jener geschilderten Zeit noch am Leben. Sie geben Zeichen, verhindern aber das Geschehen nicht.

Eine sehr atmosphärische Geschichte mit vielen Episoden und unterschiedlichen Blicken auf eine uns in dieser Form fremde Zeremonie innerhalb einer entfernten Kultur. Felix Pestemer lässt Raum für Gedanken, zur Entschlüsselung und letztlich ist Der Staub der Ahnen auch eine Anregung zur Beschäftigung mit Mexiko. 🙂

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Montag, 16. Juli 2012

Blut und Schweigen 1

Filed under: Thriller — Michael um 19:52

Blut und Schweigen 1Nicht wenige kamen aus Sizilien in dieses neue Land, um dort ihr Glück zu suchen, ihr Glück zu machen oder es sich zu nehmen. Mit Gewalt, falls nötig. Viele legten ihre italienischen Namen ab, viele blieben ehrlich. Aber manche hatten die Erfahrung gemacht, dass der Weg des Gangsters in vieler Hinsicht der leichtere ist. Ansehen, Macht, Geld, für jene bettelarmen Einwanderer aus Sizilien waren es erklärte Ziele. In der neuen Welt, in Amerika, konnte jeder alles erreichen. Für jene, die daheim dem Tode entronnen waren, klang es verheißungsvoll. Für die zwei Freunde, Ciro Villanova und Giovanni Macaluso, Jungen noch, ist es eine Reise ohne Wiederkehr. Daheim hält sie nichts. Dort wartet nur der Tod.

In Amerika angekommen entscheiden sich beiden Jungen. Ihr Lebensweg trennt sich. Der eine, Ciro, wird Journalist. Er will lernen, sich für sein Land engagieren und zieht in den Ersten Weltkrieg. Er lernt eine Frau kennen, will eine Familie haben. Der andere, Giovanni, rächt sich für sein Schicksal, wählt einen vollkommen anderen Weg, wird Gangster und nimmt einen neuen Namen an: Johnny Puparo. Die Prohibition verhilft Menschen wie ihm zu Geschäften, von denen er vorher nicht einmal zu träumen wagte. Ihre Lebenswege driften auseinander. Bis eines Tages aus Freunden Feinde zu werden drohen.

Den Autor Francois Corteggiani werden Comic-Fans hierzulande natürlich von Blueberry her kennen. Corteggiani, der gerne mit Zeichnern zusammenzuarbeiten scheint, die einen eher klaren Strich bevorzugen (wie Colin Wilson oder Michel Blanc-Dumont) hat mit dem ersten Teil von Blut und Schweigen die Geschichte zweier Freunde entworfen, die in einer Art zweiter Gründungszeit der USA, nämlich zu Beginn des 20. Jahrhunderts, ihr Leben erst so richtig beginnen.

Aufgewachsen in ärmlichen Verhältnissen und doch ständig bedroht kommen die beiden Freunde als Teenager ohne die Begleitung Erwachsener über den Atlantik in ihre neue Heimat. Bereits im ersten Kapitel Wolfsjäger macht Corteggiani keinen Hehl aus der Härte dieser Zeit. Steht die Überfahrt der Jungen noch im Zeichen der Rache, ist die Einwanderung eine Prüfung, absonderlich, die nur der Vorspann für neue Unbill ist. Mulberry Street, das zweite Kapitel, beschreibt, wie sich Giovanni den Gegebenheiten anpasst und stets versucht, stärker zu sein. Wenn nötig, dann auch mit der Waffe. Es ist ein sehr sorgfältig aufgebautes Charakterbild der beiden Freunde, stimmig, einfühlsam erzählt und in jeder Szene schlüssig für die Entwicklung der Charaktere.

Aus der Sicht von Ciro Villanova, des späteren Journalisten, erzählt, ergibt sich auch ein Bild des New York bis hinein in die Zwanziger Jahre. Es ist ein Blick auf einfache Menschen, das alltägliche Leben, abseits der großen Politik und Dynastien, wie sie ansonsten so gerne für Geschichten über jene Zeit verwendet werden. Marc Males zeichnet in einer sehr klaren Linie diese vergangene Welt auf, mit dokumentarischem Blick, sehr akkuraten Tuschelinien und farblich untermalt von bräunlichen, rötlichen und grauen Tönen, mit gelblichen, grünlichen, bläulichen Einsprengseln. Der Eindruck ist kühl, fern, auch industriell. Dieses New York ist nicht einladend. Selbst die so beeindruckende Freiheitsstatue wirkt abweisend.

Dank Marc Males kann der Leser den Charakteren sehr nahe kommen. Sind die Figuren auch sehr individuell gestaltet, mag der Comic-Fan in der Zeichnung der beiden Freunde Ciro und Giovanni doch zwei andere Figuren wiedererkennen. Ciro mit seinen weichen, rundlichen Gesichtszügen erinnert an den von John Romita sen. entworfenen Peter Parker, während Giovanni an Torpedo angelehnt sein könnte, wie ihn ein Jordi Bernet entwarf. Ein längliches, schmales Gesicht mit einem ausdrucksstarken Kinn, schlank, mit intensivem Blick ausgestattet ist Giovanni geradezu eine Paradefigur eines Gangsters geworden.

Wenn aus Freunden Feinde werden und schließlich wieder Freunde: Francois Corteggiani lässt aus der Sicht des Journalisten Ciro Villanova das New York des frühen 20. Jahrhunderts aufleben. Mit sorgfältiger Charakterzeichnung und einer genauen Wiedergabe der damaligen Lebenssituation ist ein wunderbar nostalgischer Rückblick wie auch eine spannende Gangsterballade gelungen. Sehr schön. 🙂

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Freitag, 13. Juli 2012

Black Jack 4 – Alfonso

Filed under: Thriller — Michael um 11:35

Black Jack 4 - AlfonsoDie Kinder sind in verflixt großen Schwierigkeiten. Alfonso und Laura wurden gefangen genommen. Von Vitto und Kröte glauben die beiden, dass die Freunde tot sind. Doch sie sind es zum Glück nicht. Dafür musste der Pfarrer sterben, einer der wenigen Erwachsenen, die hätten helfen können. Jeder sucht irgendwie nach Hilfe, auf seine Art und findet sie doch kaum. Alfonsos Mutter versucht ihren Jungen zu retten, indem sie denjenigen um Hilfe bitten will, den einzigen, der wirklich helfen kann, weil er die Macht dazu besitzt. Sogar aus dem Gefängnis heraus: Al Capone.

Vier Millionen Dollar. In jenen Tagen der Prohibition ist dies Vermögen groß genug, um Könige zu kaufen. Dumm nur, dass diese vier Millionen Dollar abhanden gekommen sind. Die Kinder sind zwischen die Fronten geraten. Die Erwachsenen interessiert nur das Geld. Doch wo ist es? Wäre es dort, wo es versteckt worden war, hätte niemand ein Problem, doch so lagert es in unscheinbaren Behältnissen zwischen anderen unscheinbaren Behältnissen, die allesamt mit illegalem Schnaps gefüllt sind. Auch das wäre vielleicht kein Problem, wären es nicht hunderte dieser unmarkierten, unscheinbaren Behältnisse, die auch noch von der Polizei bewacht werden.

Steve Cuzor beendet mit der vierten Folge seinen Ausflug in die Zeit der Prohibition und die Glanzzeit des Alkoholschmuggels. Die hauptsächlich aus der Sicht von Kindern erzählte Geschichte reiht sich in die vortreffliche Erzählweise ein, die Cuzor bereits mit O’Boys hierzulande zeigen konnte. Cuzors Talent findet sich zweifellos in der darstellung von Charakteren. Hier balanciert auf dem Grad zwischen Karikatur, stilistisch durchaus in der Nähe eines , und absolutem Realismus. Cuzor kann seinen Figuren Emotionen, Gedanken und Gesundheitszustände ins Gesicht malen. So ist nicht nur die gesamte Atmosphäre des Prohibtions-New-Yorks mit jenem Pinselstrich eingefangen, der auch einen gewissen dokumentarischen Stil hat. Jeder einzelne Kleingangster weiß noch durch seine Individualität zu faszinieren.

Wer genauer hinschaut, wird in der Gestaltung auch Nostalgie entdecken, Bewegungen und Gesichtsausdrücke, die an Comicstrips vergangener Tage erinnern, als auch noch experimentiert wurde. Steve Cuzor kann weiterhin mit einer sorgfältigen Schwarzweißtechnik punkten, nur durch wenige Farbnuancen durchbrochen, die gerade bei Zwielichtszenen zum Einsatz kommt. Wenn der Leser das Schicksal der eingesperrten Kinder verfolgt oder das nächtliche Versteckspiel um die verloren geglaubten vier Millionen Dollar.

Im hellen Tageslicht, eine Sequenz mitten im Trubel von New York, auf einer langen Straße, die geradewegs auf eine Brücke unter einer Hochbahn zuführt, soll der beschlagnahmte Alkohol publikumswirksam vernichtet werden. Trotz des blauen Himmels ist es ein kühles New York, in dem die Blautöne mit den rötlichen Farben zu konkurrieren scheinen. Cuzor imitiert verblassende Fotografien, aber erreicht auch die Optik aus nachkolorierten Fotos jener Zeit. In der sich zuspitzenden Szenerie gelingt eine der tollsten Doppelseiten, vielleicht grafisch nicht einmal bemerkenswert, aber erzählerisch so schön zusammengesetzt, dass ein filmischer wie auch humoristischer Glanzeffekt entsteht.

Ohne Humor geht es nicht. Orientiert sich Cuzor mit O’Boys an Tom Sawyer und Huckleberry Finn, sind es hier eher etwas ältere kleine Strolche (ohne Hund), die sich mit der Mafia anlegen. Zwar sterben auch Menschen (bei der Mafia gehört das in jenen Tagen dazu), doch gipfelt die Geschichte in einer Auseinandersetzung nach Wildwestmanier, die den Leser auf Abstand hält, während das Schicksal der Kinder wieder absolut fesselt.

Ein sehr guter Abschluss, die Kenntnis der vorherigen drei Bände ist ein Muss. In dieser von Steve Cuzor gefundenen Nische, Abenteuer von Kinder inmitten von knallharten Schurken, mit Humor, Sinn für Timing und tollen Bildern, bietet Black Jack perfekte Comic-Unterhaltung. 🙂

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Mittwoch, 11. Juli 2012

Driver For The Dead

Filed under: Horror — Michael um 19:43

Driver For The DeadDas Kind ist besessen. Die Eltern hätten das Kindermädchen nicht entlassen dürfen. Im tiefen Süden kann die Rache fürchterlich sein. Meist steht sie in keinem Verhältnis zur begangenen Tat. Hier ist es letztlich nur eine Kränkung. Der Junge weiß von alldem nichts. Er siecht in seinem Bett vor sich hin, während seine Eltern krank vor Sorge sind und einen Heiler rufen, ihre letzte Hoffnung, nachdem alles andere nichts geholfen hat. Moses Freeman ist ein über die Jahrzehnte erfahrener Mann. Er hat vieles gesehen, kaum etwas kann ihm noch etwas vormachen. Für den simplen Zauber hat er das passende Gegenmittel parat. Aber auch Meister ihres Fachs sind nicht vor Selbstüberschätzung gefeit und so läuft etwas gewaltig schief.

Der Süden der USA, voller Geheimnisse, Sümpfe und Alligatoren, teuflischer Rituale und Hinterwäldler. Einige Autoren haben diesen verwunschenen Süden für sich entdeckt. True Blood, die Fernsehserie, lebt von diesen Grundgedanken, Angel Heart ebenso, Comics wie Poison Ivy starten in dieser scheinbar von Gott verlassenen Gegend. Hier begegnet der Leser Moses Freeman, der optisch an Morgan Freeman erinnert, einem Heiler, der gleichzeitig eine Szene heraufbeschwört, die einem Szenario wie Der Exorzist alle Ehre machen würde. Leider ist dies auch zugleich das Ende von Moses Freeman. Wo der Heiler sein Ende findet, startet Alabaster Graves, der Driver For The Dead.

Die Geschichte verbindet nicht nur die allzeit sehr beliebten Horrorfiguren und Mythen: Vampire, Zombies, Werwölfe, Voodoo, schwarze Magie und Exorzismus. Sie fügt auch noch den Mythos des Drivers hinzu, des Alleingängers, der auch auf einem PS-starken Muscle-Car sitzt und seine Probleme regelt. Alabaster Graves ist der Fahrer der Toten, bringt sie zu ihrer letzten Ruhestätte und sorgt dafür, dass sie heil dort ankommen. In einer hinter der Oberfläche magischen Welt ist ein Leichnam wie Moses Freeman ein gefundenes Fressen für jene, die ihre Macht vergrößern wollen. Und das ist nicht einmal so dahin gesagt.

John Heffernan ist dem Interview im Anhang des Comics zufolge dem Zeichner Leonardo Manco nie begegnet. Erst ein Online-Chat brachte die beiden kurz virtuell zusammen. Obwohl keine enge Zusammenarbeit stattfand, Heffernan seine Arbeit ablieferte und Manco seine aufsetzte, die Koloristen Kinson Loh und Jerry Choo das Projekt vollendeten, ist ein dreiteiliger, hier in einem Band zusammengefasster, Horrorthriller entstanden, der aus einem Guss erstellt wirkt. Darüber hinaus ist die Umsetzung insgesamt filmisch, von Kino und Fernsehen inspiriert und von einer optischen Brillanz, die selbst grafikverwöhnte Comic-Leser umhauen kann.

Heffernan und Manco schicken einen Helden ins Rennen, äußerlich eine Mischung aus Bruce Willis und Arnie, in einem schwarzen Leichenwagen mit dem Namen Black Betty. Hier wird optisch wie erzählerisch mit Klischees gespielt, sie werden bestätigt, aber auch umgekrempelt. Mal verläuft es für Graves allzu leicht, dann wieder beißt er sich die Zähne aus. Sein Gegner, eine untote Version eines Outlaws, aus verschiedenen Leichenteilen zusammengesetzt, ist wie alles andere auch realistisch gezeichnet und fast schon fotografisch koloriert. Hier wurde aus entsprechenden Programmen viel herausgeholt, aber auch nur gerade so viel, dass weiterhin ein gemäldeartiger Charakter der Bilder vorhanden bleibt.

So dürften die Horrorkreaturen in ihrer jeweiligen gestalterischen Ausführung zu den schönsten gehören, die der Horrorcomic zu bieten hat. Wer als Horrorfan diverse Entstehungsdokumentationen zu Publikationen solcher Art verfolgt hat, weiß wie viel Arbeit darin stecken kann. Hier ist jede einzelne Arbeitsstunde zu sehen. Dabei wird nie über das Ziel hinausgeschossen. Die Vampire sind eher klassisch geraten, der Werwolf schließt sich Kreationen an, wie sie aus Underworld her bekannt sind, nur die Untoten könnten zuvor einen Abstecher in die Sadomaso-Szene unternommen haben. In ihrer Gefräßigkeit stehen sie ihren weniger gestylten Kollegen aber in nichts nach. Styling findet sich besonders im Leichenwagen wieder, ein böses Geschoss, wie es seit Death Proof so nicht mehr zu sehen war.

Über fehlende Action kann sich der Genre-Fan nicht beklagen. John Heffernan schaukelt die Handlung immer weiter nach oben und findet stets noch ein Spannungssteinchen, das er obenauf setzen kann. Als Kenner der Materie spielt er sogar mit den allseits beliebten Sith-Blitzen, hier in magischer und vergleichsweise zerstörerischerer Form.

Ein Horrorknaller, das lässt sich kaum anders sagen. Grafisch wurde herausragend gearbeitet und Gruselkino im Comicformat geschaffen. John Heffernan lässt dem Leser kaum Zeit zum Luftholen, die grafischen Künstler, die Koloristen insbesondere, liefern einen Comic mit Vorbildcharakter für das Genre ab. Top! 🙂

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