In der Vergangenheit sucht Touna nach einem Weg, um sich zu rächen. Ihr Gegner besitzt große Macht, ist brutal, geht wortwörtlich über Leichen und treibt sie an den Rand der Verzweiflung. Fast ist sie bereit, den selben Weg wie ihr Feind einzuschlagen, nur um ein Gleichgewicht der Kräfte zu erreichen. Im letzten Augenblick widersteht sie der Versuchung. Es muss eine andere Möglichkeit geben. Touna erkennt nicht, wie sehr sie aus Rache ihr Schicksal an jenes von Tar-Khan knüpft. Der Wolfsmensch fordert sie stets aufs Neue heraus, überfällt ihr Volk, plündert, entführt und mordet. Es kann nur einen Entscheidungskampf geben. Oder die Flucht. Diese kommt für Touna jedoch nicht in Frage.
Patrick Galliano, der Autor dieses Zweiteilers, der diese Geschichte mit der Fortsetzung Das Gold der Skythen abschließt, sorgt in beiden Zeitschienen, in der die Handlung voran schreitet, für gleich mehrere Zuspitzungen. Nicht nur die Hauptfiguren sind betroffen, auch einige Nebencharaktere müssen unter den Folgen der Entscheidungen im Kampf Gut gegen Böse leiden. Aber es ist nicht so durchsichtig, wie es klingt. Touna, die in der Steinzeit lebt, ist nicht gut im Sinne von uneigennützig, friedfertig oder edelmütig. Ebenso wenig ist Tar-Khan, ihr Gegner, das absolut Böse und Dunkle. In der Durchsetzung ihrer Ziele sind beide unnachgiebig. Galliano lässt seine Helden in diese sorgsam bereitete Falle aus Hochmut tappen.
Mario Milano könnte bei Betrachtung der Bilder aus der gleichen Schule wie ein Michael Blanc-Dumont, Marc Bourgne, Philippe Francq oder Colin Wilson stammen. Klare, deutliche Umrisse, immer goldrichtig platziert. Die Figuren, Landschaften, Ausstattung und jeder andere Gegenstand in den Grafiken sieht schön aus, lässt das Auge ruhen und ermöglicht die Konzentration auf die Geschichte. Haben sich in den letzten Jahren im Comic-Bereich auch Geschwindigkeiten eingeschlichen, versuchte man bisweilen schnelle Schnitte auch in dieses Medium zu übertragen, ist diese Aufbereitung hier nicht zu finden. Die komplexe Geschichte, die auch optische Kämpfe aufzuweisen, zwingt das Auge zur Betrachtung.
Galliano und Milano lassen einen erotischen Aspekt einfließen. Liebe, Fortpflanzung, Begierde, Eifersucht, nackte Frauen (für den männlichen Leser) in asiatisch anmutender Optik lassen im Vergangenheitsszenario wie auch in den gegenwärtigen Abschnitten des Abenteuers die Spannung in anderer Manier weiterknistern, bevor es wieder handfester wird und die Mystery die Oberhand gewinnt. Diese wird in Form der Wolfsmenschen gezeigt, von Milano als äußerst dürre Gestalten skizziert.
Die Wolfsmenschen, deren stärkerer Vorfahr in der Vergangenheitshandlung eine eher unbesiegbar wirkende Variante darstellt, sind junge Ausgestoßene. Sie haben sich in ihrem gemeinsamem Schicksal zusammengefunden, in einem wahren Überlebenskampf, den sie einerseits mit ihrer tierischen Natur führen, andererseits scheuen sie auch den Einsatz von modernen Waffen nicht. Von Galliano beschrieben, von Milano gezeichnet entsteht das Bild von Verlorenen, Mischwesen, die allenfalls unter den strengen und mitleidslosen Blicken von Wissenschaftlern, abgeschirmt im Laboren, eine kurze Zeitspanne überleben werden.
Dunkel, tragisch, dramatisch, spannend und sehr realistisch gestaltet. Für Mystery-Fans, die einen sehr weit gespannten Bogen in Geschichten mögen, eine gelungene Mischung aus Gegenwartsthriller und Steinzeitabenteuer, genau die richtige Comic-Lektüre. Dieser Band schließt das zweiteilige Abenteuer ab. 🙂
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