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Comic Blog


Donnerstag, 29. März 2012

Horacio D’Alba 1 – Republik der Ehre

Filed under: Abenteuer — Michael um 19:59

Horacio D′Alba 1 - Republik der EhreIst es nicht zivilisierter, wenn die Soldaten zu Hause bleiben und nur ausgewählte Duellanten den Kampf austragen? Kommen nicht viel weniger Menschen zu schaden? Blut fließt sicherlich, aber nur das Blut von wenigen, während viele ihr normales und geschütztes Leben weiterleben können. Die Duellanten, so tödlich ihr Beruf auch sein mag, sind eine angesehene Kaste, die eine gestrenge Ausbildung durchläuft, bevor der erste offizielle Zweikampf stattfindet. Das System könnte funktionieren, bestände nicht die Möglichkeit, dass sich auch Freunde im Duell begegnen. Oder sogar Eheleute. Als im frühen 17. Jahrhundert der maskierte Horacio D′Alba auf seinen Widersacher trifft, ahnt er nicht, dass es sich um seine Frau handelt. Die er töten wird.

Jerome Le Gris hat sich für seine Handlung eine eher seltene Epoche und auch ein in Comics eher stiefmütterlich behandeltes Land ausgesucht. Vor der ausgehenden Renaissance entspinnt sich ein kultureller Wandel, in dem das System der Duelle von Nachbarstaaten zunehmend barbarisch empfunden wird und der rote Kardinal, der eigentliche Machthaber im Vatikan, nur darauf wartet, mit seinen Truppen der Barbarei ein Ende zu bereiten. Im Land selbst sind Strömungen entstanden, die ein Ende dieses Systems verlangen. Doch solche, die davon betroffen sind, die Duellanten, trachten danach, dies zu verhindern.

Ehre: Ein Duellant führt ein sehr diszipliniertes und ehrenvolles Leben. Entsprechend manierlich treten die Männer und Frauen auf. Sie sind gebildet und für den Kampf trainiert worden. In gewissem Sinne gehören sie zur Elite ihres Landes. Jerome Le Gris schildert die politische Struktur wie auch die einzelnen Charaktere, die für und wider der gesellschaftlichen Normen agieren mit großem Fingerspitzengefühl. Er schafft innere Dramen, setzt seine Figuren geradezu wie auf einem Schachbrett in Position. Kaum eine Szene, so scheint es, vergeht, ohne dass die einzelnen Charaktere taktieren. Wie so oft geht es um die Macht, darum, wer sie hat, haben will und wer sie behält.

Neben der sehr ausgefeilten Erzählung, der man nicht nur mit Spannung, sondern auch mit hohem Interesse an den Einfällen folgt, überzeugt Nicolas Siner mit seinen ebenfalls höchst realistischen Illustrationen, die in einer Mischung aus europäischem und amerikanischem Ausdruck brillieren. Feine Gesichter unterstreichen jede einzelne Figur sehr individuell. Eine ebensolche Ausstattung macht aus dem Comic vor der Kulisse eines altertümlichen Italiens, einer toscanischen Atmosphäre einen klassischen Kostümfilm auf Papier.

Finstere Treffpunkte, weitläufige Paläste, Duelle und Truppenaufmärsche. Präzise, sehr fein ausgeführte Striche füllen die Seiten effizient, manchmal mit einem Maximum an Information. So betrachtet verdient der erste Band der Trilogie fast schon das Wort Bildroman, präsentiert sich doch hier eine Geschichte, die sich ausführlich der Beschreibung der vorherrschenden Gesellschaft ergibt und gleichzeitig ihren Charakteren immer neue Nuancen hinzufügt. Ein schönes Beispiel ist das Projekt eines der Duellanten neue Schrifttypen für den Buchdruck zu kreieren. Wenig später muss der Mann, der seiner Nachwelt etwas hinterlassen will und so viel mehr leisten könnte, in einem Duell sein Leben riskieren.

Die exakte Tuscheführung wird durch eine plastische wie auch künstlerische, auf Effekte setzende Kolorierung begleitet. Dämmerungen, Sonnenaufgänge, nächtliche Innenräume in Kerzenlicht getaucht: In diesem Land, in dieser Geschichte ist jede Szene optisch ein wenig verzaubert.

Ein sehr schöner, ungeheuer stimmiger Auftakt mit einem ungewöhnlichen, frischen Thema. Für Historienfans, die eine Vermischung von wahrer Geschichte und Fantasie mögen, mit realistischen Illustrationen, unsentimental und packend erzählt. 🙂

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Montag, 26. März 2012

Die Geißeln von Enharma 1

Filed under: Abenteuer — Michael um 14:35

Die Geißeln von Enharma 1 - Die Herkunft der TapferenDas ist so eine Sache mit großen Namen. Viele haben von ihnen gehört. Sie kennen die Sagen und Legenden, die sich darum ranken. Doch wer hat in jenen Tagen wirklich jene Recken gesehen, die unter dem Namen Die Geißeln von Enharma bekannt sind? Die kleine Bande von Halunken, die sich diese Unkenntnis zunutze macht, ist selbst nicht unbegabt, wenn es darum geht, sich in dieser Welt durchzusetzen. Sie sind jedoch weit davon entfernt, eine Geißel zu sein. Für einen Mordauftrag reichen ihre Fähigkeiten allemal. Doch sie hätten ahnen sollen, dass den Geißeln von Enharma recht schwere und gefährliche Ziele zugemutet werden.

Des Geldes wegen, für Aufträge, die sonst kaum jemandem angetragen werden: Sie hatten die Idee, doch nicht jeder von ihnen hält sie für gut. Zu Recht. Autor Sylvain Cordurie hat eine für Fantasy-Verhältnisse typische Gruppe zusammengestellt. Ein Zauberer, geschickte Kämpfer, ein wackerer Haudrauf, eine Attentäterin, mit der Fähigkeit ausgestattet, die Kräfte des Feindes durch einen Schluck Blut zu übernehmen. Eigentlich bieten die Söldner, wenn sie sich so nennen lassen wollten, die besten Voraussetzungen, fehlte ihnen nicht noch ein gewisses Element, um tatsächlich eine echte Geißel zu sein: Glück.

Aber Sylvain Cordurie hat mit seinen Helden auch Sympathiefiguren geschaffen, denen man gerne zuschaut, wie sie am Ende doch noch um Haaresbreite ihren Kopf aus der Schlinge ziehen. Sie mögen glücklos sein, haben jedoch einen Zauberer an ihrer Seite, der wie ein Fluchtweg funktioniert. Hin und wieder klappt es auch nicht. Nicht nur der erste Auftrag ist ein grafisches Feuerwerk, schon die gesamte Handlung bis dahin wird durch eine sehr schön gestaltete Welt gestützt, die für eine hohe Lebendigkeit sorgt. Zeichner Stephane Crety und Kolorist Simon Champelovier vermögen es als Duo in großer Meisterschaft eine zwar nicht immer ganz ernsthafte Fantasy-Geschichte zu illustrieren, dafür kehren ihre Bilder den Humor noch deutlicher hervor.

Charakterköpfe und figürliche Sonderfälle: Eine Reise durch diese Welt kommt dem Besuch der berühmten Cantina aus dem ersten Krieg der Sterne Film gleich. Hemmungslos wird entworfen, werden Völker, Monster und Gestalten aus dem Hut gezogen. Da schauen die Lebewesen äffisch, kätzisch, auch merkwürdig. Da ist manche Figur wie ein lebendiges Abbild der starken Männer, wird der Auftritt von Untoten zu einem Drama und einem Schlachtengemälde sondergleichen. Wenn der Endgegner sein Gesicht und seinen gigantischen Körper zeigt, mag es auch Verbeugungen vor anderen Publikationen geben, in der Masse ist die Darstellung eine regelrechte bildhafte Wucht.

Simon Champelovier, der mit seinen Farben eine sehr plastische Ansicht schafft und eine große Bandbreite von Örtlichkeiten beleuchtet, sorgt für Kinoatmosphäre. Der szenische Einstieg ist dank ihm episch, Ansichten von Landschaften und Städten wirken idyllisch. Die filigranen, von Stephane Crety (,) bis ins kleinste Glied von Kettenhemden gestalteten Figuren gewinnen so an Fülle, werden die sehr genau definierten Charaktere eher zu verkleideten Schauspielern als zu bloß gezeichneten Figuren.

Ein starker Auftakt zu einer Fantasy-Trilogie mit etwas anderen Helden: Gauner, die eigentlich nur lukrative Aufträge haben wollten, müssen ernsthaft ran. Sylvain Cordurie hat eine erfrischende Bande von Sidekicks geschaffen. Prachtvoll ausgestattet von Stephane Crety und Simon Champelovier. 🙂

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Sonntag, 25. März 2012

Wer einmal auf dem Friedhof liegt …

Filed under: Thriller — Michael um 14:49

Wer einmal auf dem Friedhof liegt ...Charles Desiris ist tot. Selbstmord. Seine Frau liegt mit einer Schussverletzung in der Brust auf dem Bett, den leeren Blick gen Himmel gerichtet. Bevor Desiris sich das Leben nahm, hat er seine Frau erschossen. Diese Schlüsse kann Nestor Burma in aller Eile ziehen, ohne sich besonders anzustrengen. Ein wenig Enttäuschung macht sich breit. Eigentlich sollte dieser Termin einen Auftrag einbringen. Das offensichtliche Beziehungsdrama langweilt Burma sogar ein wenig. Die wenigen Informationen, die Burma noch erhält, klingen interessant, auf ihre Art ein wenig bedeutsam, aber ohne Auftraggeber wird er dem Fall nicht folgen. Die Monate vergehen. Da macht Burma die Bekanntschaft einer Schauspielerin und aus einem losen Ende wird eine Spur.

Schauspielerinnen waren schon immer ein Anziehungspunkt. Sie haben die Fantasie beflügelt und Geschäfte befördert. Die Figur des Nestor Burma von Leo Malet ist ein Feingeist. Burma genießt. Eine Pfeife, die Gesellschaft einer Frau, ein Glas Wein. Allerdings verstellt es ihm nicht den Blick vor der Realität und den finsteren Machenschaften der Menschen, die von den schlichten Gemütern bis in die besseren Gesellschaften von Paris reicht. Auch James Elroy beschäftigte sich in Stadt der Teufel mit Doppelgängerinnen von Schauspielerinnen und Showgrößen. Doch bevor Burma in diese Niederungen ebenfalls hinabsteigt, beginnt eigentlich alles wunderbar.

Neuer Fall, neues Pech: Auftraggeber sind für einen Privatdetektiven überlebenswichtig, Dumm nur, diese gleich bei der ersten Begegnung ermordet vorzufinden. Kein Auftraggeber, kein Auftrag. Ein Privatdetektiv muss in erster Linie an sich selbst denken, so überlässt er die Klärung des Falles der Polizei. Denn wie gesagt, ohne Auftraggeber auch kein Geld. Aber Paris ist nicht nur die schönste Stadt der Welt, sie ist auch das berühmte Dorf, in dem sich alle Stränge früher oder später doch wieder überkreuzen.

Ein neuer Fall, eben jene Aufgabe um Doppelgängerinnen, die abgelichtet in einem Herrenmagazin für feuchte Augen sorgen, bringt unerwartete Informationen, die Burma neugierig werden lassen. Leo Malet spielt mit den Schicksalslinien. Man begegnet sich immer zweimal im Leben, könnte man sagen. Oder auch: Burma ist nicht nur ein Genießer, er ist auch mit einem hervorragenden Gedächtnis, einem guten Gespür und der Fähigkeit ausgestattet, um die Ecke zu denken.

Auf der Basis von Jaques Tardis Figuren zeichnet und adaptiert Moynot die Geschichten um Nestor Burma von Leo Malet fort. Wir schreiben das Jahr 1959, die 1960er stehen vor der Tür. Die Nachkriegszeit steht vor ihrem endgültigen Umbruch hin zur Moderne. Ein hinter verschlossenen Türen frei(zügig) gelebtes Leben verkehrt sich langsam nach außen. Vor diesen Eindrücken, der Mode insbesondere, den Kleidern und den Frisuren, hinkt Paris alt, ein wenig grau und geheimnisvoll hinterher. Im Zwielicht geht Nestor Burma seinen Spuren nach.

In den atmosphärischen Bildern, ein wenig sogar bühnenreif, theatralisch angelegt, sind die Figuren beinahe klassisch skizziert. Nur wenige Striche genügen zur jeweils individuellen Darstellung und vielerlei Gesichtszügen. Moynot, nach den Figurenvorlagen von Tardi, zeichnet echte Menschen, so wie der Fall echten Menschen Platz zur Entfaltung bietet. So städtisch Paris ist, so provinziell stellt es sich manchmal dar. An Burmas Seite entblättert sich eine alte Dame, doch es ist nicht ungefährlich, ihr zuzuschauen. Die Erfahrung macht auch Nestor Burma.

Ein vorwiegend kühleres Braun, kein komplett eiskaltes, bietet die optische Grundlage der Kriminalgeschichte. Auf klar aufgeteilten Seiten entsteht der langsame Sog der Handlung, der mit seinen immer neuen Enthüllungen ein Mosaiksteinchen dem anderen beifügt, bis die Spürnase Burma am Ziel ist. Moynot lässt sich mit seiner Bildsprache auf keine Experimente ein. Ein klarer Stil folgt einem klar strukturierten Krimi.

Nestor Burma, das Schlitzohr: Ein Mordfall allein ist noch kein Arbeitsmotiv. Es muss etwas verzwickter sein, auch Geld muss bei der Lösung herausspringen. Wenn dann noch ein paar schöne Frauen dabei sind … Eine Kriminalgeschichte, im besten Sinne Französisch, dicht, mit einer fast heiteren Spannung, auf den Punkt illustriert. Für Freunde des französischen Krimis (und solche, die es werden wollen), einer ganz eigenen Nische des Genres, empfehlenswert.

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Donnerstag, 15. März 2012

Astonishing Thor

Filed under: Superhelden — Michael um 19:52

Astonishing ThorNur ein Gott kann zum Weltenretter werden. Thor macht sich auf ins Weltall, da das Gleichgewicht im irdischen Sonnensystem empfindlich gestört wird. Bald hat er die Ursache gefunden. Ego, der lebende Planet, hat seinen angestammten Platz im Universum verlassen und strebt Richtung Sonne. Thor mit all seiner Macht wird zur letzten Hoffnung vor dem drohenden Untergang menschlichen Lebens. Der Donnergott stellt sich dem gigantischen Wesen und vielleicht gelänge es ihm auch, den Planeten aufzuhalten, hätte Ego nicht ebenfalls einen Beschützer: Der Stranger, mächtiger als Thor, weist den Gott in die Schranken. Thor folgt der Flugbahn des lebenden Planeten und entdeckt ein ungeheuerliches Geheimnis.

Ein Gott gegen einen ganzen Planeten? Thor muss sich wahrhaft anstrengen. Robert Rodi, Autor der hier zusammengefassten Miniserie, gibt sich nicht mit Kleinigkeiten zufrieden. Für einen der mächtigsten Helden des Marvel-Universums müssen entsprechend kräftige Brocken her, hier sogar im wahrsten Sinne des Wortes. In Astonishing Thor handelt es sich nicht um die erste Begegnung zwischen dem Donnergott und dem lebenden Planeten. Auch mischten sich bereits andere, Freunde wie Feinde (Galactus, Firelord, Die Fantastischen Vier und andere), in diese Begegnungen ein. Auf der Seite der Verbündeten hat Thor diesmal jedoch seine Probleme.

Auch ein Gott kann lieben. Und auch er ist nicht vor Irrtümern gefeit. Letztlich gibt es doch eine Allianz, die dank der Vorbereitungen von Robert Rodi dringend nötig sind. Mike Choi, Zeichner und Tuscher, sehr erfahren im Bereich Phantastik, wie er im Umfeld der X-Men, Witchblade oder auch Tomb Raider beweisen konnte, gestaltet einen besonders edel aussehenden Thor. Er darf ihn aber auch als Grünschnabel und Casanova in Rückblicken zeigen. Aber Marvel steht nicht nur für gut ausgearbeitete Superheldencharaktere, sondern natürlich auch für Kämpfe.

Den Kampf, den Thor hier optisch zu bestreiten hat, ist nicht zuletzt durch die aufwendige Kolorierung von Frank D′Armata ein cineastischer Leckerbissen. Es scheint auch beabsichtigt gewesen zu sein, den beiden Künstlern entsprechenden Raum einzuräumen. Vier Bilder je Seite sind in der Regel zu finden, einige ganzseitige Grafiken bringen in der Tat einen Kinoeffekt auf Papier. Wer Planeten illustriert, die in ein Duell unterwegs sind, braucht diesen Platz auch. Nun mag es sicher Leser geben, auch Comic-Fans, die sich einen Planeten als Akteur schwer vorstellen können, betrachtet man jedoch die mystische Seite des Ganzen, auch Thors Herkunft und all die Sagengeschichten, denen er entstammt, passt ein lebender Planet genau in die lange Linie übernatürlicher Feinde.

Mit einem lebenden Planeten steht das Marvel-Universum nicht alleine da, eine derart starke charakterliche Ausprägung ist allerdings selten. Auf frühere Erscheinungsformen von Ego wird nicht so sehr zurückgegriffen. Auf einen Bart haben die Illustratoren verzichtet. Dafür erinnert das Erscheinungsbild an eine brutale Variante des Mann im Monds, wie er schon seit vielen Jahrzehnten in eher kitschigen Motiven vorkommt. Dieses Bild in ein Monster verwandelt zu sehen, ist ungewöhnlich und sehr interessant, letztlich auch mitreißend. Denn: Wie wird sich ein Planet verhalten?

Eine Antwort soll im Detail nicht gegeben werden, einzig darf auf das Feuerwerk an Fantasie verwiesen werden, das alle drei beteiligten Künstler hier abbrennen. Kleine Einschübe, so auch ein überaus privates Ereignis, ein Picknick im Central Park, lockern die Szenerie immer wieder auf, drehen aber auch stetig an der Spannungsschraube. Beinahe unnötig zu erwähnen, dass selbst der Ausflug in die wirkliche Welt perfekt gestaltet ist.

Ein pralles Abenteuer um den Donnergott, abseits der Rächer und der Erde, von einem Künstlerduo illustriert, die in großer Gestaltungslaune waren und mit absoluter Perfektion zu Werke gingen. Popcornkino im Comicformat. 🙂

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Mittwoch, 14. März 2012

Galfalek

Filed under: Abenteuer — Michael um 19:40

GalfalekGalfalek wartet auf seinen Auftraggeber. Seine Arbeit ist erfüllt, der Diebstahl durchgeführt. Nun wartet er auf seine Bezahlung. Für einen Dieb ist Galfalek ein seltsamer Zeitgenosse. Weder scheint er besonders stolz auf seine Arbeit zu sein, die doch ein gewisses Geschick erfordert, noch ist die Entlohnung dafür ein allzu hoher Anreiz. Einst war Galfalek ein Söldner. Er hatte Freunde, für deren Leben er sich einsetzte. Jetzt fehlt ihm nicht nur eine Hand. Sein Selbstwert ist abhanden gekommen. Eigentlich hat er dem Leben längst entsagt und sich dem Suff ergeben, wenn er nicht gerade einen Auftrag ausführt. In dieser Nacht meldet sich seine Vergangenheit zurück, mit einem Geschenk: Einem Handschuh.

Jean-Charles Gaudin wandelt auf den Spuren klassischer Fantasy-Erzähler, geradlinig, schnörkellos. Ein Held, der keiner sein will und eine letzte Gelegenheit erhält, eine Veränderung in seinem Leben herbeizuführen. Ein geheimnisvoller Handschuh bietet die Möglichkeit, in seine Heimatstadt zurückzukehren, zur geliebten Frau. Der Handschuh verfügt über die einzigartige Gabe, seinem Träger eine neue Identität zu verschaffen. Doch das ist so eine Sache mit Handschuhen: Es gibt immer ein Paar. Aber wer besitzt den anderen?

Bis diese Frage beantwortet wird, vergeht einige Zeit. Jean-Charles Gaudin schenkt dem Leser einige Rückblicke, die jedoch mehr über die Vergangenheit des Helden und seiner persönlichen Beziehungen aussagen. Galfalek lernt seine Stadt wie eine neue Welt kennen. Ein harter König regiert über die Stadt höchst diktatorisch. Das Volk murrt, wagt es aber kaum gegen die Knute der Soldaten aufzubegehren. In weiten Teilen ist die Erzählung geradezu auf moderne oder erst jüngst vergangene Zustände übertragbar. Bis auf das Mysterium der Handschuhe wird auf Magie verzichtet. Das Schwert steht im Vordergrund, Intrigen und die Auseinandersetzung zwischen zwei ehemaligen Freunden, die sich schließlich bis aufs Blut bekämpfen.

So klassisch (und spannend) wie Geschichte baut auch Zeichner Franck Biancarelli seine Bilder auf. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Gestaltung der Charaktere, die gerade im Kern besonders herausgearbeitet worden sind. Galfalek verändert sich zwar im Laufe der Zeit, bleibt aber stets ein optisches Gegenstück zu seinem Erzfeind Gordrom. Galfalek, schwarzhaarig, ein schmaler Conan, wie ihn Barry Windsor-Smith zeichnete, wandelt sich in einen kurzhaarigen Beau, der sich zur Tarnung einen Bart wachsen lässt. Wer, um bei diesem Beispiel von Conan zu bleiben, die Strichführung in dieser Richtung mag (vielleicht auch eines Mike Grell), wird sich sogleich von der ersten Seite heimisch fühlen.

Die Hohen Mauern: Die Stadt ist von typisch mittelalterlicher Beschaffenheit, nur etwas größer, etwas höher, älter, verzweigter. Sie ist Festung, Labyrinth und Gefängnis gleichermaßen, Frondienst für alle Bürger eingeschlossen. So steinern sie ist, so schmucklos ist sie auch. Wo das Geheimnisvolle an der Oberfläche fehlt, da ist es düsterer im Untergrund, mit geheimen Gängen und Schächten, sogar Hinrichtungsstätten. Das ist exakt, aber auch mit der entsprechenden Nüchternheit gestaltet, fast schon dokumentiert.

Die in dieser Ausgabe zusammengefassten vier Alben der Geschichte sind in den ersten drei Folgen stilistisch nahezu identisch. In der vierten und letzten Episode, in der der Zeichner Franck Biancarelli die Kolorierung selbst übernimmt, ändert sich auch der Tuscheauftrag. Die Grafiken wirken etwas gröber, intuitiver, rauer, auch düsterer, was mit dem Abschluss sehr gut vereinbar ist. Insgesamt wird der durchgehende Realismus beibehalten, erscheint aber hier ein wenig flüchtiger.

Jean-Charles Gaudin versteht es, eine Schwert-Geschichte zu erzählen, in der einem Helden nichts geschenkt wird. Wer eher dem Realismus in der Fantasy zugeneigt ist, in der die Charaktere vor allem anderen in Szene gesetzt werden, liegt in diesem Abenteuer, in dem Rache in primärer Antrieb ist, genau richtig. Grafisch schön und klassisch ausgeführt sind die Bilder von der ersten bis zur letzten Seite stimmig. 🙂

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Montag, 12. März 2012

Ronson Inc. 1 – Die Abrechnung

Filed under: Abenteuer — Michael um 20:44

Ronson Inc. 1 - Die AbrechnungIn einer Zeit, in der das Verbrechen, Überfälle auf Banken und Postkutschen, sehr oft stattfinden und die Gerechtigkeit in Form von Sheriffs und Marshals einen schweren Broterwerb hat, wenden sich jene Bürger, die es sich leisten können, hilfesuchend an private Detekteien. Angesiedelt in einem kleinen Kaff hat sich die Ronson Inc. bereits einen kleinen Namen gemacht, nicht zuletzt deshalb, weil sie in der Wahl ihrer Mittel ebenso wenig zimperlich ist, wie jene, die sie zur Strecke bringt. Revolverhelden, Messerstecher, knallharte Burschen und eine Frau, die in jeder Beziehung mithalten kann geraten in arge Schwierigkeiten. Für jemanden, für dessen Beruf derlei die Grundlage ist, kann das nur eines bedeuten: Es geht um Leben und Tod.

Oder um Geld. Autor Willem Ritstier bringt nämlich eine Detektei ins Spiel, deren Name im Wilden Westen einen besonderen Klang hatte: Pinkerton. Die berühmte Detektei, die auch auf Einsätze in Blueberry zurückblicken kann und dort eher ehrenhaft auftritt, zeigt hier ihre absolut dunkle Seite, die anscheinend auch historisch verbürgt ist. Letztlich aber agier sie damit auf Augenhöhe mit Ronson Inc.. Willem Ritstier stellt erst einmal klar, wie die Beziehung zwischen den beiden Detekteien liegt. Ein Besuch einer Abordnung von Pinkertons Leuten endet mit einem recht brutalen Rauswurf. Und einer Überraschung, die den Stein so richtig ins Rollen bringt.

Die Halunken, die für Ronson arbeiten, sind Gauner, wie sie der Westerfan aus modernen Umsetzungen des Genres her kennen mag. Den klassischen Outlaw, der zwar gesetzlos ist, aber dennoch einen Ehrbegriff hochhält, bedienen sie nicht. Für Willem Ritstier ist dieser Westen ein verdammt wilder und tödlicher Landstrich. Hier schrecken die Gangster auch nicht davor zurück, ein Kind zu erschießen, falls es ihrer Sache dient. Für den richtigen Strich sorgt der verstorbene Zeichner Minck Oosterveer, der zu Lebzeiten durch eine große Genrevielfalt seiner Arbeiten aufgefallen ist, europäisch und überseeisch arbeitete.

Grafisch sorgt Oosterveer für die recht unterschiedlichen Mitarbeiter von Richard Ronson. Becker und John, alt und jung, ein gegensätzliches Paar, auch in der Wahl seiner Waffen. Inga, die blonde und resolute Vorzimmerdame, Denny Forever, der in Diane chancenlos verknallt ist, da sie wiederum nur auf Frauen steht. Auch die moderne Sexualität hat den Wilden Westen erreicht. Wenn du Leute mit schwarzgrauer Kleidung siehst, die gehören zu mir: Die seriöse Anmutung der Detektive ist gleichzeitig eine Anspielung auf das Endprodukt ihrer Arbeit. Irgendwie finden sich viele Leute nach einer Begegnung in einem Grab wieder.

Die Umgegend von Dalbart, in der Ronson Inc. startet, stellt Minck Oosterveer vor keine großen Herausforderungen. Es ist das typische Wildwestnest mit einigen Holzhäusern, einer Hauptstraße im Nirgendwo, einer amerikanischen Gebirgslandschaft. So liegt das Augenmerk auf den Charakteren, die vom Italoiwestern inspiriert wirken. Jeder von ihnen ist noch ein wenig echter als echt. Einzig die etwas zu vollbusig geratene Diane irritiert etwas. In den Vorskizzen und Bildern in verschiedenen Arbeitsstadien (auf seiner Homepage einsehbar) zeigt sich Oosterveers Meisterschaft und wie gut er dem Western leben einhauchen kann. Optisch zwischen Kinoleinwand und Fernsehserie platziert, entwickelt sich ein tolles Westernfeeling.

Mal ganz andere Helden: Mit allen Wassern gewaschen, eine Gruppe, die genau weiß, dass nur der überlebt, der nicht nur zuerst zieht, sondern am besten auch noch schmutzige Tricks anwendet. Knallhart erzählt, schön gezeichnet, prima Westernkost. 🙂

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Links:

www.ritstier-blog.blogspot.com (Homepage von Willem Ritstier)
www.minckoosterveer.com (Homepage von Minck Oosterveer)

Die neue Welt 1 – Emy

Filed under: Abenteuer — Michael um 17:39

Die neue Welt 1 - EmyMai 1755, Akadien, im Nordosten des nordamerikanischen Kontinents: Das Schiff kämpft sich in der Nacht auf die Küste zu. In der Ferne strahlt ein großes Feuer und verheißt Hoffnung. Niemand an Bord ahnt, dass Strandräuber sich bereits bereit halten, um das Schiff zu plündern. Die Klippen sind in der Brandung nicht zu erkennen. Die Menschen an Bord kämpfen mit aller Kraft um ihr Überleben. Sobald das Segelschiff auf die Felsen aufsetzt, versuchen sie ihr Heil in der Flucht mit einem Beiboot. Leichter wird es dennoch nicht, das rettende Ufer zu erreichen. Dort werden sie bereits erwartet.

Die neue Welt: Emy, die mit ihren Zufallsgefährten ihren Fuß auf diese fremde Welt setzt, stellt in Windeseile fest, wie gefährlich dieser Kontinent ist. Die Gefahren drohen von den bereits angekommenen Siedlern. Indianische Stämme suchen sich die Weißen, denen sie ihre Freundschaft schenken, sehr genau aus. Meist gehen sie Bündnisse ein, um gegen andere Stämme einen Vorteil zu erlangen. Und schließlich sind die Rotröcke, die Engländer, auf Emys Spur, die nur ein Ziel hat.

Denis-Pierre Filippi setzt vom Start der Serie weg, genauer von der ersten Seite an, auf Dramatik. Es scheint unmöglich, in diesem Land auch nur einen ungefährlichen Schritt zu setzen. Dies ist das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, wenn es um Feinde und Todesarten geht. Zwischen den einzelnen Wegabschnitten, denen der Leser im Laufe der Zeit folgt, gibt es kurze Rückblicke zu der nicht minder gefährlichen Überfahrt, die Emy und ihre neuen Freunde überhaupt erst an diese Küste gebracht hat. Die Schilderung dieses gänzlich unzivilisierten Landes bewegt sich auf den Spuren von Abenteuerromanen, die dieses Genre so anziehend gemacht haben. James Fenimore Cooper und sein Lederstrumpf lassen grüßen.

Der wilde Osten: Über den Wilden Westen gibt es viele Geschichten. Cowboys, die durch die Prärie streifen, sind sattsam bekannt. Doch der Osten, üppig bewaldet, eher dunkel als hell, ist teilweise wie ein blinder Fleck im Westerngenre. Umso spannender ist es, dieser Frühphase der amerikanischen Kolonialisierung in diesem Serienauftakt beiwohnen zu dürfen. Sind auch Indianer bekannt, so bestechen diese Ureinwohner durch ihre Andersartigkeit, Irokesen und Delawaren, und ihre größere Wildheit, die noch weniger durch weiße Einflüsse durcheinandergebracht wurde. Denis-Pierre Filippi macht dem Leser mit diesen und weiteren Einflüssen schnell deutlich: Hier kann an jedem Punkt alles geschehen.

Und so bleibt man an der Geschichte dran, die von Gilles Mezzomo in flottem und gleichzeitig klassischem Strich inszeniert wird und manches Mal einem frühen Francois Bourgeon oder Jean Giraud nahe kommt. Gilles Mezzomo, der zusammen mit Denis-Pierre Filippi schon die eher städtisch orientierte Westernreihe Ethan Ringler umsetzte, pflegt eine Strichführung, die zurück den Wurzeln früherer beliebter Stile in Tuschezeichnungen reicht. Im Zusammenhang mit Mezzomo dürfen auch die Zeichnungen eines Hugo Pratt zum Vergleich herangeführt werden. Sehr inspiriert, instinktiv, ein wenig wie eine Momentaufnahme, aber immer mit sicherem Blick für die richtige Bildeinstellung.

Diese heben sich von den herkömmlichen Western ab. Die Kämpfe verlaufen anders, noch weniger maschinell, auch ein Folge von Gewehren, die nur einen Schuss abgeben können und dann wieder nachgeladen werden müssen. Die Wanderung erinnert mehr an Dschungelabenteuer, mit den Rückblicken auf die Ereignisse zur See erhalten die Bilder sogar eine Spur Seeräuberflair.

Denis-Pierre Filippi zaudert nicht: Sofort ins Geschehen, mitreißend, an der Seite einer starken Frauenfigur auf einem noch sehr ungezähmten neuen Kontinent. Gilles Mezzomo geht versiert zu Werke, mit dem Gespür für einen flüssig zu lesenden Bildaufbau, sehr filmisch, genau richtig für diese Handlung. Wer klassische Abenteuergeschichten aus der Frühphase Nordamerikas mag, liegt hier richtig. 🙂

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Donnerstag, 08. März 2012

Schmetterlingsnetzwerk 3 – Stigmata

Filed under: Thriller — Michael um 19:47

Schmetterlingsnetzwerk 3 - StigmataEustache hat augenscheinlich viele Leben. Bislang hat ihm sogar das Glück zur Seite gestanden. Er selbst würde es sehen, da ihm das Schicksal die Frau entrissen hat, die er liebt. Nicht zum ersten Mal fühlt er diese tiefe Trauer. Heute ist er ein Mann. In einer langen Gaunerkarriere hat er gelernt, wie man sich durchschlägt. Vor allem hat gelernt, nicht aufzugeben. Sein kleiner Kollege Mücke, der sich ähnlich hartnäckig durch das Leben schlägt, hält allerdings nicht viel davon so viel Energie in Rache zu stecken, wenn einem die Häscher auf den Fersen sind. Viele Jäger sind des Hasen Tod, so heißt es und der sinnbildliche Strick um den Hals der beiden Meistereinbrecher zieht sich weiter zu.

Cecil, als Autor und Zeichner zuständig, schickt seine beiden Helden sehenden Auges in einen sprichwörtlichen Mahlstrom, aus dem es kein Entrinnen mehr zu geben scheint. Oftmals müssen sich Helden mit nur einem Feind auseinandersetzen oder sie können sich wenigstens sicher sein, aus welcher Richtung die Kugel auf sie abgeschossen werden wird. Hier jedoch sind Eustache und Mücke von allen Seiten her bedroht. Ihr Können bringt sie noch tiefer ins Schlamassel hinein. Sie verkörpern jene Figuren, die das Beste wollen und doch nur eine Lawine lostreten.

Schmetterlingsnetzwerk, ein Titel in Anlehnung an die geschickt gespannten Stahlseile quer über die Dächer der gesamten Stadt hinweg, an denen sich die Diebe entlang zu hangeln wissen, ist auch im dritten und abschließenden Teil der Geschichte ein düsteres Abenteuer: Eine Mischung aus Thriller, mit Gruselelementen und den abgründigen Geschichten, in denen sich sonst Serienmörder tummeln. Cecil hat hier keine strahlenden Helden aufgebaut. Sie sind nicht überragend gut, sie haben gelitten und viel ertragen und in Teilen ihres Charakters sind sie schlichtweg am Ende. Der eine mehr, der andere weniger.

Mücke, obwohl eher eine Nebenfigur der beiden Hauptdarsteller, geht einem als Leser ziemlich als Herz. Er ist der Charakter, der von der Natur bereits geschlagen, noch zusätzlich getreten und geschunden wird. Das Gute in seinem Leben, die Freundschaft zu Eustache, so brüchig sie auch sein mag, steht kurz vor der Vernichtung. Cecil spielt mit dieser Möglichkeit vor den Augen des Lesers und lässt lange Zeit offen, wie die Meinungsverschiedenheit zwischen den beiden Männern ausgehen wird.

Gleich hinter dieser Beziehung kocht die die Vergangenheit und bereiten sich die Häscher darauf vor, der beiden Einbrecher mit allen Mitteln habhaft zu werden. Cecil begnügt sich nicht mit einer Falle, sondern legt gleich mehrere aus, alle von gleich hohem Gefährlichkeitsgrad. Vor der Kulisse einer Stadt, die wie ein lebensunwertes Kunstwerk in diesem Band wirkt, künstlerisch entworfen, abweisend, rostend und selbst am Tage dunkel zu nennen, entspinnt sich ein Kampf, der im besten Sinne an die schwarzen Serien vergangener Tage erinnert. Ein Edward G. Robinson oder ein Jean Gabin könnten sich im Hintergrund die Klinke in die Hand geben.

Gestreckt und gedrungen: Realistisch gestaltete Ausstattungen und Hintergründe, Körper und Kleidung stehen eher künstlerisch aufgebauten Köpfen und Gesichtern gegenüber. Die Kolorierung der Bilder durch Tatto Caballero und Protobunker Studio, eine Mischtechnik aus Aquarell, Tusche und Buntstift nachahmend, schafft eine Atmosphäre der Jahrhundertwende vom 19. ins 20. Die Stadt ist zwar eine erfundene, dennoch lassen sich Vergleiche anstellen. Cecil und seinen Kollegen gelingt die Verschmelzung aus einem gefühlten Paris und Elementen des Steampunk.

Ein optisch düsterer Abschluss, stimmungsvoll, aber ebenso dunkel und dramatisch wie die Optik. Packend erzählt, dramatisch von Anfang bis Ende, ein absoluter Höhepunkt der Trilogie. 🙂

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Montag, 05. März 2012

Mouse Guard – Legenden der Wächter

Filed under: Abenteuer — Michael um 18:32

Mouse Guard - Legenden der WächterEine Geschichte für die Zeche: Im June Alley Inn sind die Mäuse herzlich willkommen. Aber häufig ist June zu gutmütig und die Mäuse lassen zu oft anschreiben. An diesem Abend ruft sie einen kleinen Wettbewerb aus. Wer die beste Geschichte erzählt, muss seine aufgelaufene Zeche nicht bezahlen. Die anwesenden Gäste sind mit den Vorgaben einverstanden: Es darf nicht die ganze Wahrheit sein. Doch die Geschichte darf auch keine komplette Erfindung sein. Und June darf die Mär noch nie gehört haben. Mäuse lieben Geschichten, die meisten sind gute Erzähler und lassen sich auf den Wettstreit ein.

David Petersen ist zurück in seinem Mäuse-Universum, das er mit sehr viel Liebe zu Figuren, Historie und Strukturen dieses ungewöhnlichen Reigens erschaffen hat. Allerdings geht er diesmal nicht alleine zu Werke. Da er mit seiner Arbeit auch Kollegen begeistern konnte, gelang es ihm, diese für einen Sonderband ins Boot zu holen: Legenden der Wächter. Die kleinen kämpferischen Mäuse, die für den Schutz der Kolonien zuständig sind und sich gegen Feinde in den Kampf stürzen, die um ein Vielfaches größer als sie selber sind, stehen im Mittelpunkt der kleinen Abenteuer, die in der Rahmenhandlung von Besuchern des Gasthauses von June erzählt werden.

Mit Petersens umschließender Geschichte zusammen finden sich hier gleich 14 verschiedene Bildansätze zu dieser wirklich zauberhaften kleinen Welt. Die Variationen, die durch die einzelnen Künstler entstehen sind nicht nur höchst unterhaltsam, sie bieten auch ein hervorragendes Beispiel, wie ein Thema sich wandeln kann, wenn unterschiedliche Kreative aus ihrem jeweiligen Blickwinkel an die Arbeit gehen. Hinzu kommt, dass keiner von ihnen viel Zeit hat, denn es stehen jeweils nur wenige Seiten für die eigene Erzählung zur Verfügung.

Zeichner wie Alex Sheikman oder Gene Ha orientieren sich mehr an den Originalvorgaben von David Petersen und greifen die halbrealistische, besonders knuffige Erscheinungsform in ihren Bildern auf. Andere Zeichner wie Guy Davis, Katie Cook oder Karl Kerschl arbeiten getreu ihrer gewohnten Stilistik und lassen dieses Universum teils noch knuffiger, teils realistischer oder auch härter erscheinen. Härte ist hier gleichbedeutend mit Tod, dem sich die Mäuse oft in mannigfaltiger Form stellen müssen.

Erzähltechnisch findet sich jeder der Künstler perfekt in die Linie von Petersen ein. Dies funktioniert selbst dann, wenn ein Zeichner wie Jason Shawn Alexander die Gruselmär Der Rabe von Edgar Allan Poe als Grundlage für seinen Beitrag nimmt. Im Umfeld der Mäuse existiert wenig anderes als Feinde. Schlangen, Eulen, Füchse, da ist es passend einen pechschwarzen Vogel mit scharfem Schnabel als eine Art Nemesis einer verzweifelten Maus zu wählen.

Geschichten über Schicksal, Kampf, den eigenen Weg, natürlich auch Liebe und die Erlebnisse, die einer Wächtermaus haben kann. Zu diesen Erlebnissen gehört die wunderschön illustrierte Episode von Karl Kerschl, die gänzlich ohne Text auskommt. Optisch fast schon an dreidimensionale Leinwanderlebnisse angelehnt, aber mit deutlichem Realismus in Szene gesetzt, gerät eine Wächtermaus einer Wanderung einer Herde von Hirschen in die Quere. Selbst ohne den Erzähler der Rahmenhandlung, der eine kleine Erläuterung hinterher schiebt, ist die Aussage der Geschichte klar, fast philosophisch. Humor ist aber auch nicht fern, sollte jemand annehmen, es handele sich hier nur um Grusel und Abenteuer. Guy Davis und Terry Moore gelingen mit ihren Geschichten genau die richtige Mischung zum Mitfiebern und Schmunzeln.

Ein ausführlicher Teil mit Titelbildern zu den einzelnen Geschichten, einer Vorstellung der Erzählerriege der Mäuse sowie kleinen Artikeln zu den beteiligten Künstlern rundet den Sonderband ab.

Wer die Mouse Guard bisher nicht kannte und einen sehr, sehr vielfältigen Überblick über die Art und Weise der vorliegenden Welt und ihrer Abenteuer haben möchte, liegt hier richtig. David Petersen beweist mit dieser Anthologie einmal mehr, dass er ein altersübergreifendes Lesewerk geschaffen hat. Ein sehr schönes noch dazu. 🙂

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Samstag, 03. März 2012

Der Incal 2 – Incal des Lichts

Filed under: SciFi — Michael um 20:15

Der Incal 2 - Incal des LichtsEin komischer Vogel ist die Rettung. Er spricht, fliegt und wächst über sich hinaus. Er zerstört zeitweilig das schwarze Ei über dem Haupt des Technopapstes. John Difool gelingt die Kontrollübernahme über die schwebende Plattform. Kurz darauf entschwebt er in die Freiheit. Seine Situation verbessert sich nur wenig. Man könnte auch sagen, er kommt vom Regen in die Traufe. Auf der Kugel, auf der er sich wiederfindet, in einem merkwürdigen Raum schwebend, wartet eine furchtbare Monströsität auf ihn. Aber Difool ist nicht nur ein Pechvogel. Manchmal steht ihm auch ein winziges Stück vom Glück zur Seite. Wenn auch nicht sehr lange.

Die Nebenfiguren: Es gibt sie wirklich! Die Geschichte um John Difool besticht durch die skurrilen Gestalten, die sich überall in der Geschichte tummeln. Berks, von denen selbst ein Meta-Baron sich überrascht fühlt, sind nicht nur unausgereifte Küken auf vier Beinen, sie sind innerhalb des Reigens der aberwitzigen Einfälle beinahe harmlos. Allerdings sind sie auch durch ihre fast beiläufige Normalität ein kleiner wiederkehrender Anker, wie ein Running Gag. Berks könnten auch den Pythons eingefallen sein.

Manchmal gewinnt oder verliert eine Geschichte auch, je nachdem wann man sie liest. Im vorliegenden Fall erhalten die gezeigten Kämpfe, die zynische Berichterstattung der örtlichen TV-Sender, der Möglichkeit sogar in 3D die Stadtrevolte auf der Mattscheibe zu sehen, eine ganz andere Sichtweise, betrachtet rückblickend und aktuell die bewaffneten Konflikte, die sich immer wieder in den Fokus der Medien schieben. Und natürlich lässt Jodorowsky die Oberschicht ein munteres Treiben auf einer malerischen Insel durchleben, während andernorts Menschen sterben. Man kann als Leser den Incal durchweg von der heiteren Seite nehmen. Oder man kann ihn als Satire auffassen, dann bleibt einem das Lachen mitunter auch mal im Halse stecken.

Präzisere Strichführung: Die Grafiken von Moebius sind hier genauer ausgeführt. Er hat seine Figuren besser kennengelernt und arbeitet sie feiner aus, künstlerischer. Da ist eine Spur mehr Jugendstil, auch ein Toulouse-Lautrec blinzelt durch. Das Design des Umfelds kennen Fans von Moebius mit all seinen Strukturen auch von Publikationen wie Sternenwanderer. Darüber hinaus haben sich Gestaltungen von Technik, auch Raumschiffen in Variationen scheinbar inzwischen in aktuelleren Medienproduktionen durchgesetzt. Das beste Beispiel hierfür ist sicherlich der Film Das 5. Element, der wiederum Anstöße zu anderen Designarbeiten gab.

Kammerspiel und Massenszenen: Zu Beginn beherrscht mehr Spaß die Szene, sind die Räume auch klarer eingegrenzt. Im zweiten Teil der Episode tobt sich Moebius auch in Massenszenen aus. Das Dekor wechselt elegant zwischen steril, medizinisch, einer faschistischen Krankenhausatmosphäre, einem Kriegsszenario in einem gigantischen Mietshaus und dem Untergrundversteck einer Befreiungsarmee. Alles können aber auch diese kurzen Beschreibungen nicht erfassen. Die Phantasie der beiden Macher schlägt einer kurzen Zusammenfassung stets ein Schnippchen.

War sehr gut am Anfang, geht besser weiter: Noch besser ausgearbeitet, in gewissem Sinne auch virtuos, Sprünge von Cliffhanger zu Cliffhanger. Kann nur unterhalten, kann aber auch als Satire begriffen werden. Jodorowsky und Moebius bedienen beides. 🙂

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