Die Gruppe von Kim Keller versucht nach ihren Absturz zurück zur Siedlung des Landungstrupps zu gelangen. Nur mit einem massiven Raupenfahrzeug ausgestattet, gestaltet sich die Reise langwierig und voller Gefahren. Die Landschaft mag überschaubar sein, die Tierwelt hingegen birgt stets neue Überraschungen und oft wirkt etwas harmlos, das sich kurz darauf als lebensgefährlicher Beutejäger entpuppt. Dennoch schien es für einen Spähertrupp zunächst wie jede andere Welt auch. Belebt, aber nicht von intelligenten Wesen bewohnt. Inzwischen ist für jeden einzelnen Menschen auf dem Planeten klar, dass es ein Geheimnis gibt.
Zunächst stand die Vermutung im Raum, jemand beobachte den Planeten und betreibe ausführliche Studien an den Tieren wie auch an den Menschen, die kurzer Zeit landeten. Kim Keller und ihre Freunde entdecken ein weiteres Rätsel. Wandmalereien und deutliche Spuren in einer Höhle weisen auf die Anwesenheit einer menschenähnlichen Spezies hin. Ob sie noch auf dem Planeten existiert? Ob die Malereien uralt oder neu sind? Niemand vermag das zu sagen. Von Kim unbemerkt machen sich die führenden Personen des Siedlungstrupps daran, eine Expedition auszurüsten, die den Nachbarplaneten erkunden soll. Denn eines ist sicher: Dort sitzen die rätselhaften Beobachter.
Leo macht es spannend: Der Autor und Zeichner der Reihe Antares macht es weiterhin furchtbar spannend. Die Reihe, inzwischen der dritte Zyklus um Kim Keller und ihre Abenteuer während der menschlichen Kolonisierung des Weltalls, erreicht hier einmal mehr den Punkt, an dem alles zu scheitern droht. Haben sich die fremden Intelligenzen in der vorhergehenden Zyklen beizeiten zu erkennen gegeben oder gab es wenigstens Hinweise auf eine Motivation der oder des Fremden, ist an dieser Stelle immer noch alles offen.
Mehr noch: Die Schwierigkeiten mit den religiösen Eiferern innerhalb der Siedlungsgruppe wachsen. Frauen sollen gnadenlos auf einen letzten Platz innerhalb der Gesellschaft verbannt werden. Moderne, tatkräftige Frauen wie Kim Keller stören hierbei nur, sind zu aufsässig und müssen sich wehren. Leo geht sogar einen Schritt weiter: Was wäre, wenn religiöse Fanatiker die Gelegenheit wahrnehmen könnten, als erste Kontakt zu einer außerirdischen Intelligenz aufzunehmen? In dieser hier vorliegenden Form geht er noch einen Schritt weiter, als eine Science-Fiction-Geschichte wie Contact getan hat.
Die Theorie: Außerirdische müssen eine sittlich klare Gesellschaftsform entwickelt haben, mit deutlicher Trennung von männlich und weiblich, Körper, Geist und Seele. Leo treibt die Dramatisierung innerhalb der Gruppe vollkommen auf die Spitze. Kim Keller, mit der Leo den Typus einer vollkommen emanzipierten Frau geschaffen hat, gerät innerhalb dieses Abenteuers zum ersten an die Grenzen ihrer Kräfte. Noch nie zuvor war sie durch die Entführung ihrer Tochter so stark belastet. Leo zeigt eine Frau, die Schwächen hat, diese aber immer zu verbergen sucht. Von allen Seiten wird ihr deshalb noch mehr aufgebürdet. Schließlich wird alles zuviel.
Leo zeichnet weiterhin mit dieser bewundernswerten Genauigkeit, Erfindungsgeist und einem Blick für das Wesentliche. Dies gelingt ihm in seinen Zeichnungen ebenso wie in seiner Erzählung. Kleine Gesten, Gesichtsausdrücke, Haltungen. Das Menschliche gewinnt hier vor der Kulisse eines fremden Welt die Oberhand, in jeder Beziehung. Und Leo zieht den Leser durch seine Bilder so nah an die Charaktere heran, dass die Fremdartigkeit der Umgebung zwar nicht aus dem Blick verloren wird, aber sich mehr am Rande der Wahrnehmung wiederfindet.
Sehr dicht, ungeheuer spannend durch toll entworfene Charaktere, die erst diese ungewöhnliche Dramatik möglich machen. Feine Science Fiction, für mich fraglos innerhalb des Comic-Mediums eine der besten ihrer Art. Die Kenntnis wenigstens der vorherigen Bände des Antares-Zyklus ist allerdings Pflicht. 🙂
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