Der Professor hat kein leichtes Leben. Irgendwie scheinen seine Versuchsobjekte nicht so recht zu wollen. Auch scheinen sie die Behandlung nicht zu mögen. Mit eigentümlicher Kälte setzt der Mann seine Tätigkeit, nicht ahnend, dass sich bald eine Veränderung in seinem Leben ergeben wird. Zu seinem Nachteil. Die kleine Kanone, eine junge Frau, soll zuvor für weitere absonderliche Experimente zur Verfügung stehen. Chronover, der Fremde, der sich in die Wüste gerettet und der kleinen Gemeinschaft von Nomaden angeschlossen hat, muss selbst um sein Leben fürchten. Die Überwindung dieses Horts des Wahnsinns ist noch lange nicht das Ende von Chronovers Reise.
Nicht nur einer flog über das Kuckucksnest: Mitten in der Wüste, im Nirgendwo treibt ein Mad Scientist, ein verrückter Wissenschaftler, sein Unwesen, betreibt Experimente mit Menschen, zerstört Körper und Geist, bestrebt neue Ordnungen nach seinen (sehr kranken) Ideen zu kreieren. Andre Houot, weiterhin bildlich in einer Mischung eines Moebius () und eines Eric Stalner (Die Legende von Malemort) arbeitend, gewährt neue Einblicke in die Welt von Siebengestirn. Es sind schön und technisch perfekt gezeichnete Einblicke, gleichzeitig aber auch eine alptraumhafte Welt.
Siebengestirn, genauer die verbotene Zone, ist eine Welt, die ihren Zusammenbruch schon lange hinter sich gebracht hat. Es gibt Leben in dieser Welt, allerdings ist es ein seltsames, ein genügsames auch, mitunter ist es auch ein gruseliges. Andre Houot begnügt sich nicht mit verrückten Wissenschaftlern. Auch Cyborgs machen dem Helden, Chronover, das Leben schwer. Einiges von dem mögen Anklänge von anderen Geschichten sein, vielleicht die berühmte Verbeugung vor dem Original, vielleicht ist es aber auch nur reiner Zufall. Wenn allerdings eine Mixtur aus gigantischer Krabbe und Skorpion in das Geschehen eingreift, mag der Genre-Fan auch an die zweite Episode von Der dunkle Turm oder an Straße der Verdammnis denken.
Die von Houot gezeichneten Trümmer einer vergangenen Zivilisation lassen sehr gut erahnen, wie es einmal ausgesehen haben muss. Vieles erinnert an die reale Welt. Häuserruinen von Wohnblocks, U-Bahntunnel, Gleisstrecken, alte Ordnungen, die vom Sand überflutet wurden. Mancherorts zeichnet Houot ausgetrocknete Leichen, von Staub überzogen, in dem Moment erstarrt, als das alltägliche Leben auf den Straßen plötzlich zu enden schien. Auch die Charaktere in dieser Geschichte wundern sich über diese Darstellung des Zusammenbruchs.
Die Stimmung des vorliegenden zweiten Bandes der Reihe bietet Spannung, geboren aus einem gut konstruierten Inhalt und ein wenig Ekel, der beim Anblick der Experimente und den daraus resultierenden Ergebnissen zwangsläufig entsteht. Houot zeigt beileibe nicht alles und überlässt vieles den Gedankenspielen des Lesers. Aber Houot wartet auch mit Melancholie auf. Die junge Frau findet eine Schachtel Zigaretten, mehr als zehn Jahre alt, unrauchbar, aber immerhin äußerlich gut erhalten. Ein Relikt des Überflusses, ein winziges Erinnerungsstück an eine intakte Zivilisation.
Chronover ist kein Roland, kein Revolvermann, wie ihn Stephen King für den Dunklen Turm entwarf, auch fehlt jegliche Magie, doch die Grundstimmung, das Abgründige, ist teilweise auch hier zu finden. Mit einer Prise Mad Max abgeschmeckt.
Eine konsequente, sehr düstere Fortsetzung. Angusalem, in Anlehnung an die gelobte Stadt, ist tot, verderbt. Die Geschichte bietet eine unheimliche Endzeithandlung, ein Roadmovie durch zerstörtes Land. Toll gezeichnet, voller Details gestaltet. Fans von Endzeitszenarien sollten einen Blick riskieren. 🙂
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