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Comic Blog


Mittwoch, 31. August 2011

ODIN 1

Filed under: Mystery — Michael um 15:20

ODIN 1Ymirs Tod ist der wahre Anfang. Und das Ende. Denn aus der Ermordung des Riesen erwächst nicht nur eine Welt. Dieser Beginn steht auch für den Größenwahn der Mörder. Odin, der später sich den Nornen anvertraut und geweissagt bekommt, welches Schicksal ihn im Gegenzug erwartet, bricht fast unter der Last dieser Prophezeiung zusammen. Von nun an gilt es, Krieger um sich herum zu versammeln. Nur die besten Kämpfer sollen es sein, gefunden auf den Schlachtfeldern von seinen eigens dafür ausgeschickten Töchtern. Wenn das Ende kommt, soll es nicht kampflos hingenommen werden. Die Götter werden sich verabschieden, wie sie kamen: Mit Mord und Totschlag.

Nicolas Jarry liebt den germanischen Götterreigen. Daran besteht keinerlei Zweifel. Mit ODIN begibt er sich an eine weitere Darstellung der Geschichte der nordischen Götter (wie bereits mit Götterdämmerung), ist hier jedoch einerseits knapper, andererseits stärker konzentriert auf den Göttervater, der doch in seinem Gebaren allzu menschlich ist.

Alles begann mit drei Brüdern. Odin war nicht einmal der älteste von ihnen. Hönir und Lodur hießen die anderen. Die drei Götter bilden den Ausgangspunkt einer tragischen Geschichte. Hochmut kommt vor dem Fall könnte die Überschrift dieses göttlichen Dramas lauten. Sie schaffen die Welt, doch gibt es niemanden, der sie für ihre Taten und ihre Macht verehrt. Die folgende Geschichte, nicht von Nicolas Jarry erfunden, aber sehr gut nacherzählt, zeichnet zwar einen Aufstieg nach, doch selbst Odin entdeckt darin die ersten Anzeichen eines die Welten erschütternden Untergangs.

Durch die Bilder von Erwan Seure-Le Bihan entsteht aus einem einem altbekannten Epos eine theatralische Apokalypse, die von einer gedanklichen opernhaften Musik untermalt zu sein scheinen. Oder auch von Bombastrock. Erwan Seure-Le Bihan nimmt sich viel Platz für seine Bilder. Je nach Technik darf es eine ganze Seite sein, manchmal auch eine Doppelseite. Er wendet zur Darstellung die Szene, die Collage, aber auch die Buchillustration an, die so eher in alten Legenerzählungen, vielleicht sogar in der Bibel zu erwarten wären. Die einleitenden Seiten eines neuen Kapitels imitieren eine Originalseite, mit Frakturschrift und nachgeahmten Malgrund inklusive.

Das Ende steht am Anfang. Der Leser begegnet Odin, als dieser bereits auf ein langes und wenig schönes Götterleben zurückblicken kann. So mächtig es war, so tragisch war es auch. Mitleid kann der Leser für diesen Gott nicht empfinden, herrschsüchtig wie er ist, bei allen begangenen Fehlern. Dafür sind die Grafiken, die dieses Götterschicksal spiegeln, umso schöner, aufregender. Odin, der einmal gewahr wird, dass es eine noch höhere Macht geben mag, begegnet dem Unglaublichen in vielerlei Gestalt. Optisch reißt Erwan Seure-Le Bihan diese Abschnitte wie Blitzlichter heraus. In deckenden und durchscheinenden Farben, mit der jeweils erforderlichen Technik für den bestmöglichen Effekt, präsentiert der Künstler Ansichten, von denen man sich sofort mehr wünscht.

Vieles ist martialisch, auch märchenhaft: Die Erschaffung der Welt, Schwarzalben, Lichtalben, Dämonen, Loki, der Gang zum Schlachtfeld, Baldurs Tod. Letztere ist eine der besonders beeindruckenden Sequenzen, gefolgt vielleicht von Odins Erkenntnis, dass selbst er als Gott den Preis für seine Taten zahlen wird. Bihan spielt mit Licht und Farben. Herausragend sind jene Seiten, in den sich rote und blaue Malerei treffen, am besten ganzseitig. Hier finden sich eher Gemälde als Comic-Bilder.

Die Bösen: Faszinierend. Loki ist zu einem genialeren Charakter geworden, als er es ohnehin in der Sage ist, ein Zerstörer zwar, aber auch der alleinige Anstifter zur Verdammnis, während die Guten viele sind und uneins. Die Nornen, eine eher außergöttliche Macht, sorgen für unheimliche Augenblicke.

Die nordischen Götter einmal anders: Angelegt auf zwei Bände zeigt sich bereits im ersten Teil das Zeug zum Klassiker. Mag die Geschichte auch sattsam bekannt sein, sind die Bilder aufwendig gestaltet, von einem Künstler, der das Gespür für besonders dramatische Einzelbilder besitzt und einer phantastischen Technik, um diese umzusetzen. 🙂

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