Goon kann nicht mit Frauen. Nicht, dass er nichts für sie übrig hätte, doch er lässt keine mehr an sich heran. Auch jene, die es durchaus ernst und ehrlich meinen. Nicht zu ändern. Denn Goon hat andere Probleme als eine blondierte Barsängerin. Mr. Wicker versaut ihm das Geschäft, übernimmt Ware, die für den Goon bestimmt war und scheint auch noch körperlich stärker zu sein. Doch hinter der Kampfansage von Mr. Wicker scheint noch mehr zu stecken. Wicker will dem Goon nicht einfach das Geschäft streitig machen, sondern ihn völlig vernichten. Woher kommt der Hass von einem Feind, dem der Goon noch nie zuvor begegnet ist?
Auch ein Verbrecher hat ein Herz, war einmal jung und war auch schon verliebt. Auch der Goon. Doch es gab Wendepunkte in seinem Leben, die es ihm unmöglich machten, so weiter zu leben, wie es andere Menschen auch tun, Davon erzählt die abgeschlossene Geschichte Chinatown und das Geheimnis von Mr. Wicker. Erfinder, Autor und Zeichner Eric Powell soll nach eigener Aussage sehr unschlüssig gewesen, eine Geschichte über Goon in dieser Weise zu erzählen. Obwohl es sich hier um den siebten Band der Reihe handelt, die Figur längst etabliert und bekannt ist, wird hier die Vergangenheit und Herkunft von Goon auf schöne, auch außergewöhnlich respektvolle Art beleuchtet.
Stammleser haben die Geschichten von Eric Powell auf vielerlei Weise kennengelernt. Popkulturell ausgedrückt hatte es manchmal den Anschein einer Mixtur aus From Dusk Till Dawn und einer Produktion mit Louis de Funes, ab und zu auch mit einer Spur Mike Mignola, der einen schlechten Traum hatte. Es fand sich ein wenig des Flairs, das dem ersten Film der Reihe House anhaftete. Hört sich seltsam an, ergab aber überdurchschnittlich oft eine feine Mischung aus Horror und Komödie. Horror findet sich hier auch, aber Powell wendet sich seinem Goon mehr so zu, wie es ein Frank Miller mit seinem Marv in Sin City tat.
Goon wird hier ein wenig zum Ritter der traurigen Gestalt, einem Helden, der heldenhaft handelt, alleine steht (sieht man von seinem Kumpel Frankie ab) und sich doch nach der Liebe sehnt, die ihn dazu bringt, das Leben eines Gangsters hinter sich zu lassen. Aber der Goon und Frauen? Ja, nur irgendwie können beide nicht zueinander finden. Die Vergangenheit steht dazwischen. Eric Powell verschachtelt Vergangenheit und Gegenwart des Goon sehr geschickt, wie das berühmte Puzzle, dessen Teile sich mehr und mehr zusammenfinden, bis das Gesamtbild erkennbar ist.
Und was für ein Gesamtbild! Die in kalten Brauntönen gehaltene Vergangenheit, angepasst an die Atmosphäre uralter Fotographien, wechselt sich ab mit den leichten, transparenten Farben der Gegenwart. Powell liebt den Look aus weichen Farbaufträgen wie Aquarelltechnik und Markerstiften. Powells Bilder haben auf diese Art immer etwas vom Blick in einen Traum. Die hohen Schwarzweißanteile oder auch Braunweißanteile im Hinblick auf die Nachahmung alter Fotografien verstärkt diesen Eindruck noch. Natürlich, auch dieser Vergleich ist stimmig, steigt Powell stark auf die Atmosphäre alter Gangsterfilme ein und auf die bühnenhafte Inszenierung, die manchmal damit einherging.
Gesichter: Wer sich die einen oder anderen Gesichter betrachtet, mag insbesondere diese Inszenierung als zu bedeutend angelegt interpretieren. Aber Powell greift hier auf Bildsprache, reinen Ausdruck zurück. Auf ganzseitigen Bildern offenbart sich Goons grenzenlose Traurigkeit, die schließlich in Wut und Hass umschlägt. Obwohl Goons Kumpel Frankie kaum weniger leidet, verblasst seine Trauer gegen jene von Goon ziemlich.
Das kann der Goon: Bewegen und zum Lachen bringen, spannend unterhalten. In keiner Ausgabe mag Eric Powell besser das Flair der Figur eingefangen haben als hier. Kaum eine Ausgabe hat sich wohl mehr dem Spirit von Will Eisner angenähert, weshalb der nach dem Comic-Meister benannte Award ins Schwarze getroffen hat. Tolle Ausgabe der Reihe, mit einer immens guten Charakterisierung des Goon. 🙂
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