Diese Gangster fackeln nicht lange, machen keine Gefangenen und lassen keine Zeugen zurück. Dem Sheriff ist noch nicht bewusst, welche Männer er da eigentlich verfolgt. Diese ehemaligen Sträflinge haben Spaß am Töten. Red Dust, der nicht immer auf der richtigen Seite des Gesetzes stand, erkennt in der Beschreibung der Männer jene wieder, an deren Seite er vor langer Zeit einmal ritt. Er weiß um die Gefährlichkeit jener Wilden, die vor nichts zurückschrecken werden, um in Freiheit zu bleiben und den nächsten Dollar zu rauben. Diese Männer dürfen aber nicht entkommen. Die Jagd hat begonnen.
Nachdem Hermann nicht mehr für die Serie zeichnete, wurde mit Michel Rouge ein Nachfolger gefunden. Red Dust, abweichend vom Titel der Reihe die Hauptfigur, erlebt an der Seite von Kopfgeldjägern in dieser betont aktionslastigen Geschichte einen Kampf auf Leben und Tod. Der Autor der Serie, Michel Regnier alias Greg lässt das normale Westernleben Einzug halten. Die Postkutsche verbindet die kleinen Orte miteinander. Die Reisenden halten nach Indianern und Halunken Ausschau. Kein leichtes Reisen, aber mit überschaubaren Risiken: Bis eine Bande die Grenzen der Normalität sprengt und zu einer großen Bedrohung wird, die zwangsläufig gestoppt werden muss: Die Wilden.
Diese Wilden, die eben keine Indianer sind, sind ehemalige Sträflinge. Sie haben nichts zu verlieren und gehören zur wilden Vergangenheit von Red Dust. Interessant ist, wie Greg die Geschichte aufbaut. Die Halsabschneider sind ein zusammengewürfelter Haufen, sehr brutal, fast schon wahnsinnig zu nennen. Die Cheyenne, die den Überfall zu Beginn beobachten, schreiten nicht ein. Sie hätten den Verbrechern mit ihren Jagdwaffen auch nichts entgegenzusetzen. Dennoch raffen sie sich dazu auf, in der nahegelegenen Ortschaft den Sheriff zu warnen.
Aus dem Blickwinkel der Indianer betrachtet, die natürlich kurzzeitig selbst der Untaten verdächtigt werden, ist die Sache zwar eine ernste Angelegenheit, aber auch eine, die sie beobachten, von der Ferne, weil es sie nichts angeht und sie auch nichts mehr damit zu tun haben wollen. Für die Cheyenne, Greg zeigt das sehr schön, ist das Zusammenleben mit den Weißen eine Koexistenz. Weder friedlich, noch besonders freundlich. Man weiß, dass der andere da ist. Das reicht.
Nach diesem Einstieg verlässt Greg die leicht kritischen Klänge und inszeniert einen Western klassischer Machart, indem er seinen Helden Red Dust einmal mehr bis an das Ende seiner Kräfte gehen lässt. Zur Hälfte des Bandes löst sich Dust von der Gruppe, um sich des Problems allein anzunehmen. Michel Rouge, der Nachfolger von Hermann als Zeichner, kann spätestens hier zeigen, was er kann. Hermann hat die Serie nachweislich geprägt, durch seinen alten wie auch seinen neuen Zeichenstil. Rouge versucht gar nicht erst, ihn zu kopieren, muss das auch nicht, da seine realistischen Zeichnungen ausdrucksstark sind und er sich auf einen guten Blickwinkel versteht.
Will man Vergleiche ziehen, so arbeitet Rouge stilistisch ähnlich wie ein früher Giraud (Blueberry), etwas exakter vielleicht, in die Richtung eines Blanc-Dumont (Blueberry), aber weitaus weniger statuenhaft wirkend. Generell sind die Bilder sehr groß wirkend, obwohl Rouge auch durchschnittlich fünf bis sieben Bilder pro Seite platziert. Sorgfältig gewählte Ansichtsausschnitte sorgen für den locker aussehenden Seitenaufbau.
Ein Cowboy ohne Hose: Gleich mit seinem Einstand kommt Michel Rouge die Umsetzung einer der ungewöhnlichsten Einsätze von Red Dust zu. Dust, leider in eine missliche Lage geraten, verliert neben seinen Colts auch seine Hose. Die Sequenz dieser hoch dramatischen Auseinandersetzung ist sehr gelungen und mitreißend in Szene gesetzt. Mit teils fettem Pinselstrich und einfacher Kolorierung entsteht eine dynamische Bildfolge.
Ein Zeichnerwechsel, leider, aber auch nicht zum Nachteil der Reihe. Michel Rouge zeichnet anders, doch schön, kraftvoll und sehr exakt. Das neue Team, Greg/Rouge, funktioniert. Ein routinierter, aber auch sehr spannender Western. 🙂
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