Der Mann, der kurz zuvor die Besucherplattform am Rande der Zone besucht hat, machte eigentlich nichts falsch. Doch er forderte die Wachen zu sehr heraus. Der Mann, der sich später Chronover nennen wird, ahnte nicht, dass dieses Verhalten ausreichen würde, um ihn zu internieren. Ihm gelingt die Flucht, mit der ein vollkommen neues Leben beginnt. Abseits der Zivilisation leben Menschen, die laut der herrschenden Doktrin nicht existieren dürften, da jedes Betreten der Verseuchten Zone mit dem Tod bestraft wird. Chronover entdeckt, dass die Macht der Herrschenden nicht so weit reicht. Allerdings wird sein Aufenthalt in dieser Wüstenei dadurch nicht ungefährlicher.
Eine fremde, ungewöhnliche Welt, mit vielen faszinierenden Ideen angehäuft, mehr als nur endzeitlich. Fremde Welten sind entweder vollkommen anders als die uns bekannten Gebiete oder Autoren denken sich Mischformen aus. Andre Houot ersinnt mit Siebengestirn eine Welt mit einem phantastischen Einschlag, der an Die Sternenwanderer von Moebius und Der Wüstenplanet von Frank Herbert erinnert.
Ein Siebtel eines Planeten ist eine verbotene Zone. Und doch ist sie für viele Menschen auch ein Zufluchtsort vor einem gewalttätigen Regime. Lieber nehmen sie die Unbill dieses zerstörten Landes in Kauf, als sich der Willkür der Machthaber und grausamen Soldaten unterzuordnen. Der Weg in diese Zuflucht führt durch einen wenig einladenden Weg, durch Abwässer. Es ist ein Weg, der nur mit Hilfe zu bewältigen ist. So führt Andre Houot die ersten Weggefährten zusammen.
War dieser Weg eher eklig als phantastisch, wird die Welt dahinter eine Einöde, aus der die Vielfalt immer wieder hervorbricht. Ein Schiff liegt auf dem Trockenen der Wüste. Im Zusammenleben und im Einfallsreichtum der Gerätschaften und Konstruktionen entfaltet sich Andre Houot. Mit sehr feinem Strich, der in dieser gedruckten Endversion mit der Lupe gezeichnet zu sein scheint, gehört er zu den Zeichnern, die gerne viel stricheln, um schwache Schattenlinien anzudeuten. Einzelheiten, ringförmige Abstufungen, Fell, Haare, Gesteinsformationen werden so sanft in eine Form gedrückt. Eine ähnliche Technik findet sich beim späteren Hermann (Zeichner u.a. von Comanche) oder auch Michel Blanc-Dumont (Zeichner u.a. von Colby).
Surreal: Bereits das Titelbild gibt einen Blick auf die zuweilen bizarren Einfälle, die aber nicht weniger interessant sind und auf die man sich als Leser schnell und gerne einlässt. In der dreigeteilten Geschichte (zu umschreiben mit Flucht, Eingewöhnung, Schicksalsfindung) lässt das letzte Drittel Erinnerungen an frühere Science Fiction der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts aufkommen. Ein wenig Luc Orient, eine Spur Barbarella. Man ist in der Fremdartigkeit angekommen, aber zuweilen doch nur auf halbem Wege. Auch schwingt in der Erzählung der Hauch alter Rittergeschichten mit. Prinzessin verliebt sich in geheimnisvollen und mutigen Fremden. Vom Söller herab erblickt sie ihn zum ersten Mal und ist sogleich fasziniert. So ungefähr jedenfalls.
Die Farben, durch Jocelyne Charrance aufgetragen, wirken zart, wie Aquarell teilweise ineinanderfließend. Charrance entwirft einen Welteneindruck, der bunt, aber nicht grell ist. Später in der verbotenen Zone ist der Himmel unirdisch. Die Farben wirken an die Realität angelehnt, doch das Blau ist etwas grünlicher, das Rot ist etwas gelblicher oder blasser. Der Gesamteindruck ist passend, atmosphärisch, im wahrsten Sinne des Wortes.
Ungewöhnlich: Andre Houot geht einen eigenen Weg, bringt viele neue Ideen ein und kreiert eine Welt, die fasziniert, weil sie so anders ist und fast schon beiläufig vor den Augen des Lesers entsteht. Spannende Science-Fiction-Fantasy, sehr schön illustriert. 🙂
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