Donnerstag, 30. Juni 2011
Auch ein schurkischer Herzog wie Philipp hat einen Vater. Auch ein solcher Mensch kann seinen Vater vermissen. Obwohl ihm das kaum einer zugetraut hätte. Und erst recht keiner traut es sich, dem neuen Herzog etwas ähnliches ins Gesicht zu sagen. Eine Jagd, eine Hatz, lässt die Maske kurzzeitig fallen. In der Raserei des Jagdglücks offenbart sich eine Trauer, der niemand in die Quere kommen möchte, denn diese Trauer will Rache. Was bleibt den Anhängern des rechtmäßigen Thronfolgers zu tun? Sogar die Bitte um Vergebung für den Tod des alten Herzogs wird in Betracht gezogen. Aber sollte ein Thronfolger Frankreichs vor dem herzöglichen Erben Burgunds zu Kreuze kriechen?
Kein Bösewicht: Der hier besonders vorgestellte König von England, Henry, der auch König von Frankreich werden will, ist keiner dieser Bösewichte, die einfach nur schlecht handeln, weil sie schlecht sind. Der englische König folgt alten Verwandtschaftsgraden, noch älteren Regeln, nach denen nur ein Reich, das sich vergrößert, auf Dauer bestehen kann. England und Frankreich, mal mehr, mal weniger, über die Jahrhunderte verbandelt, je nachdem von welcher Seite des Kanals gerade die Invasion anrollte, sollen hier nun endgültig vereint werden. Die Autoren Nicolas Jarry und France Richemond präsentieren hier jenen Abschnitt der Historie Frankreichs, in dem dieses Ziel erreicht scheint.
Ein geschickter Schachzug manövriert die Anhänger des Dauphins aus. Ihre Anhängerschaft schrumpft. Schlechte Ratgeber an der Seite des französischen Thronfolgers reißen das Ruder noch weiter in Richtung Untergang. Tanneguy Du Chatel, der getreue Ritter an der Seite des Dauphins, der bereits mit dem ersten Band eingeführt wurde, ist ein Mann der Tat und der Waffe. In den Ränken hinter den Kulissen übt er sich, gelangt dort aber keineswegs zur gleichen Meisterschaft wie im Kriegshandwerk. Der dritte Band beschreibt eine für Frankreich verfahrene Situation, in der das Land von England und Burgund gefleddert wird, sorgfältig aufgeteilt, über die Köpfe des Volkes hinweg.
Die ersten drei Viertel der Handlung befassen sich mit den taktischen Manövern der Mächtigen, führen auch sorgsam den neuen Mann an der Spitze Burgunds ein. Der Geschichtsinteressierte, der immerhin um den bekanntesten Abschnitt jenes langen Krieges weiß, wird ein kleines Mädchen entdecken, das in einer Höhle auf ein Kreuz stößt und jenen Weg betritt, der es geradewegs zum Dauphin führen wird, allerdings erst viele Jahre später. Der allgegenwärtige Zorn und die Gier nach Macht, wie auch die Ohnmacht derer, die Frankreich retten wollen, ziehen auch den Leser in die Handlung. Gerade jener äußerst menschliche Abschnitt ist pures Drama.
Weniger dramatisch, eher handfest wird das letzte Viertel des dritten Teils. Tanneguy Du Chatel und seinen Königsgetreuen bleibt nur die Wahl eines, wie man es heutzutage nennen würde, Guerillakampfes. Angreifen, zurückziehen, empfindliche Hiebe austeilen und sich dem eigentlichen Kampf verweigern, der gegen eine Übermacht zwangsläufig verloren gehen muss. In allen Belangen, ob nun mit höfischen Szenen oder Schlachtengetümmel, zieht Zeichner Theo Caneschi wieder alle Register. Besonders eindrucksvoll sind die Sequenzen mit Philipp von Burgund und Henry von England, insbesondere ein Fest kann hier den Leser in seinen Bann ziehen. Der Aufmarsch von zig Figuren ist fein choreografiert und von Theo wieder mit dem nötigen Realismus gezeichnet.
Die Kolorierung hingegen, erneut von Lorenzo Pieri ausgeführt, ist nicht mehr so farbenprächtig wie in den ersten beiden Folgen. Zum Teil bedient sich Pieri eines Konzepts der Unfarben, die zwar einen künstlerischen, vielleicht auch atmosphärischen Eindruck hinterlassen, aber gegen die bisherige Technik verblassen. Gäbe es die andere Kolorierungsvariante nicht, könnte man durchaus zufrieden sein, wird doch derlei Technik gerne im Comic angewendet. So aber findet sich keine Erklärung für diese Änderung. Einzig dürfte der zeitliche Aufwand etwas geringer sein. Nur hier und dort blitzt in einigen Szenen der frühere Glanz wieder auf.
Intrigen, Intrigen, Intrigen: Spannend! Nicolas Jarry und France Richemond reihen sich mit ihrer Erzählung über diese Phase des Einhundertjährigen Krieges in die Spitze anderer historischer Adaptionen ein. Gelungene Unterhaltung, nicht nur für Historienfreunde. 🙂
Der tönerne Thron 3, Henry, König von England und Frankreich: Bei Amazon bestellen
Im Wald da sind die Räuber. Im Frankreich des Jahres 1418 ist dieser Satz kein Gassenhauer, sondern furchtbare Wirklichkeit. Ritter Tanneguy Du Chatel will dem Dauphin sein Schicksal aufzeigen. Wie immer sich der junge Mann entscheiden mag, wehren muss er sich. Zu diesem Zweck, dieser Lektion, die erst gelernt werden will, hat Tanneguy den Dauphin in einen Wald gebracht, in dem die Ärmsten der Armen, die Wahnsinnigsten der Wahnsinnigen leben und nur noch einen Weg kennen, wie sie am Leben bleiben können: Über die Leichen anderer hinweg. Bald schon klirren die Waffen in der Nacht. Und der Dauphin wehrt sich!
Der französische Thronfolger ist auf der Flucht. Burgund greift nach der Macht. England will die französische Krone. Ein Land droht im Chaos unterzugehen. Die zweite Folge der Reihe Der tönerne Thron mit dem Titel Die Brücke von Montereau präsentiert eine Gruppe um den Dauphin, den Thronfolger, die sich angesichts einer militärischen Übermacht erst Hilfe und auch Rat suchen muss. Nicolas Jarry und France Richemond haben sich, historisch betrachtet, eine der aufregendsten Epochen Frankreichs ausgesucht, um eine spannende Geschichte zu erzählen.
Aber es ist auch eine dunkle Stunde in Frankreichs Vergangenheit. Der Herzog von Burgund hat ein Bündnis mit der Königin geschlossen. Der König selbst ist nur noch eine geistig umnachtete Marionette. Der Sohn, der als Thronfolger um sein Leben fürchten muss, ist aus Paris geflohen. Die Stadt ist in der Hand des Feindes. Die Schergen der Burgunder meucheln jeden, den sie für Anhänger des Thronfolgers halten. Willkürliche Gewalt ist an der Tagesordnung.
Während die Meuchelmörder ihren widerlichen Spaß haben, ordnen andere, höher gestellte Adelige ihre Dinge zu ihren Gunsten neu oder bemühen sich wenigstens redlich eine neue Ordnung herzustellen. Nicolas Jarry und France Richemond beschreiben den Einhundertjährigen Krieg in die Tiefe gehend, ausschweifend, aber nicht langatmig, im Sinne neuerer Umsetzungen historischer Themen. Historie wird hier menschlich begreifbar, indem deutlich wird, dass sich an Motivationen bis in die heutigen Tage nichts geändert hat. Die Vorgehensweisen jedoch, die geschilderten Ränkeschmieden fallen drastischer aus. An der Gewalt hat sich ebenfalls nichts geändert. Allerhöchstens waren die Hemmschwellen noch etwas niedriger angelegt.
Vor dem Hintergrund der Machtspielchen der Erwachsenen muss ein Thronfolger sich entscheiden, ob er überhaupt König werden will. Nachdem der erste Zorn über den Verlust von Paris verraucht ist, wächst die Erkenntnis, welche Last künftig auf diesen jungen Schultern ruhen soll. Der Dauphin ist kein Alexander der Große, dem die Lust an der Eroberung in die Wiege gelegt wurde, noch fühlt er sich berufen, einst die Krone zu tragen. Neben dem großen Ganzen beobachtet der Leser, wie sich der Dauphin dank eines klugen Ratgebers zu jemandem entwickelt, der Verantwortung übernehmen will. Denn letztlich geht es für ihn auch um das nackte Überleben. Selbst bei einem Thronverzicht werden seine Feinde unnachgiebig sein.
Grafisch wurde mit dem Zeichner Theo Caneschi genau der richtige Künstler für dieses Historienepos gefunden. In liebevoller Kleinarbeit ist ein sehr schöner Blick auf das intrigante Geschehen gelungen. Mode, Ländereien und Architektur jener Zeit wird mit großer Präzision gezeigt. Charaktere rund um den Dauphin und seinen Erzfeinde, den König von England und den Herzog von Burgund, wirken, dank ihrer sehr individuellen Gestaltung, regelrecht gecastet, wie man auf neudeutsch sagen würde.
Theo beherrscht den kantigen Heldenkopf, das weiche Frauengesicht oder den irren Wackelschädel (hier der dem Wahnsinn verfallene Charles VI. von Frankreich). Mittels perfekt gesetzter Striche arbeitet er Mimiken heraus, die so nicht oft in Comics zu sehen sind. An perspektivisch gezeichneten Ansichten von Gesichtern lässt sich erkennen, wie perfektTheo sein Handwerk beherrscht. Ist die Zeichenarbeit bereits sehr gelungen, arbeitet die Kolorierung von Lorenzo Pieri mit ihrer Leuchtkraft eine schöne Tiefe der Bilder heraus.
Eine hervorragende 2. Episode der Reihe um den tönernen Thron, der noch lange nicht erobert ist, von keiner Seite. Nicolas Jarry und France Richemond machen aus Geschichte ein packendes Abenteuer, Theo Caneschi und Lorenzo Pieri sorgen für beste Grafik. 🙂
Der tönerne Thron 2, Die Brücke von Montereau: Bei Amazon bestellen
Montag, 27. Juni 2011
Der Weltraum, unendliche Weiten, fremde Welten. Der Mensch hat sich aufgemacht, um diese Welten zu besiedeln und hat dafür Techniken entwickelt, die es ihm ermöglichen, diese Entfernungen zu überwinden, ohne erst im Greisenalter dort anzukommen. Das Zauberwort für diese Technik lautet: Kryogenik. Tausende von interstellaren Reisenden sind tiefgefroren und verschlafen die Reise wortwörtlich. In Wellen werden sie zwischendurch aufgetaut, um einige Zeit Dienst zu leisten, damit nicht nur eine Besatzung für die Steuerung und Wartung des Schiffes verantwortlich ist. Alles auf dieser Reise läuft am Schnürchen. Bis ein Fehler katastrophale Folgen hat.
Es sind ZOMBIES! Bevor die aktuelle Untoten-Welle durch Film, Roman, Comic, inzwischen auch Fernsehen rollte, erschien bereits 1996 der Science-Fiction-Horror-Thriller um ein Raumschiff, unterwegs um eine neue Welt zu kolonisieren, das schließlich eine Fracht voller Untoter ans Ziel zu bringen droht. Thierry Cailleteau schrieb die Geschichte dieses Krachers, der in der Tradition von Kinofilmen wie Outland, Alien oder Lost in Space steht. Ein beengter Raum und ein Gegner, besser gesagt, das Monster sind der Kern des Konzepts. Doch immer gibt es das gleiche Problem: Wie kommt das Monster auf das Schiff?
Drogen (oder nenne man es Medikament) sind der Auslöser, ein unheimlicher Fund, ein Verräter. Hier ist es ein wenig von allem, um am Ende der Bedrohung auf einem Raumschiff entgegen zu stehen, die einst ein George A. Romero so populär gemacht hat. Die Herleitung, warum vermeintlich Tote auf einmal wieder unter den Lebenden wandeln, sogar einem beschleunigten Verfall ausgesetzt sind, ist passend und in diesem Szenario logisch aufgebaut. Mehr noch: Menschen sind nicht die einzigen Lebewesen, die dem Tode zumindest zeitweise entgehen.
Nachdem das Szenario etabliert ist, die Figuren vorgestellt, die Fronten klar geregelt sind, tritt Thierry Cailleteau auf das imaginäre Gaspedal und jagt mit dem Leser durch die Handlung. Die Helden müssen von A nach B und zwischen diesen beiden Punkten hat Thierry Cailleteau eine Menge Hürden in den Weg gestellt. Als Zeichner dieses Parcours konnte der Autor den bis dato unbekannten Denis Bajram gewinnen. Bajram (Universal War One), zu diesem Zeitpunkt verlagslos und bislang von Fachleuten mit seiner Arbeitsmappe abgelehnt worden, ließ sich von Cailleteau zu Zombies im Science-Fiction-Szenario überreden.
Zum Glück, denn Bajram hat ein Händchen für Science Fiction. Um derlei Geschichten glaubhaft zu vermitteln oder auch um die richtige Atmosphäre aufzubauen, sollten das Umfeld stimmen. Bajram kann Technik, die nicht existiert, mit dem nötigen realistischen Aussehen darstellen. Ob mit Leitungen bestückte Wände, Kommandokonsolen, Fahrzeuge, Schusswaffen, Innenarchitektur, ein komplettes Kolonieschiff: Jedes dieser Einzelteile fügt sich zu einer runden Sache zusammen. So wird die Himmelfahrt durch das Weltall zu einem beklemmenden Thriller sondergleichen, der aber auch auf humoristische Seitenhiebe nicht verzichtet.
Nach eigener Aussage hatte Thierry Cailleteau einen frühen Film von Peter Jackson gesehen (Braindead), als in ihm der Wunsch stärker wurde, eine Zombie-Geschichte in Comic-Form zu entwerfen. Ein Augenzwinkern durfte aber nicht dabei fehlen, wie bereits das Titelbild mit einem muskulösen, mit einer futuristischen Kettensäge bewaffneten Soldaten zeigt. Aber gerade, als es scheint, die Lage könnte mit einer solchen Waffe zum Vorteil der Überlebenden geklärt werden, stellt sich den Menschen ein Feind entgegen, den der Leser in einem Raumschiff am allerwenigsten erwarten würde. Es ist die Mischung aus skurrilen und durchaus möglichen (von Zombies einmal abgesehen) Situationen, die hier einen Seitenumblätterer entstehen ließ. Thierry Cailleteau, der die Untoten abseits von Friedhöfen und Großstädten zeigen wollte, kann abschließend von einer gelungenen Mission sprechen.
Für Genre-Fans: Untote im Weltraum, von Thierry Cailleteau schlüssig wie auch rasant erzählt, von einem frühen Denis Bajram mit starkem Hang zum Perfektionismus illustriert. Ein schöner Blick hinter die Kulissen im Anhang rundet dieses Horrorabenteuer in einem Band ab. 🙂
CRYOZONE: Bei Amazon bestellen
Oder bei Finix Comics.
Samstag, 25. Juni 2011
Diese Gangster fackeln nicht lange, machen keine Gefangenen und lassen keine Zeugen zurück. Dem Sheriff ist noch nicht bewusst, welche Männer er da eigentlich verfolgt. Diese ehemaligen Sträflinge haben Spaß am Töten. Red Dust, der nicht immer auf der richtigen Seite des Gesetzes stand, erkennt in der Beschreibung der Männer jene wieder, an deren Seite er vor langer Zeit einmal ritt. Er weiß um die Gefährlichkeit jener Wilden, die vor nichts zurückschrecken werden, um in Freiheit zu bleiben und den nächsten Dollar zu rauben. Diese Männer dürfen aber nicht entkommen. Die Jagd hat begonnen.
Nachdem Hermann nicht mehr für die Serie zeichnete, wurde mit Michel Rouge ein Nachfolger gefunden. Red Dust, abweichend vom Titel der Reihe die Hauptfigur, erlebt an der Seite von Kopfgeldjägern in dieser betont aktionslastigen Geschichte einen Kampf auf Leben und Tod. Der Autor der Serie, Michel Regnier alias Greg lässt das normale Westernleben Einzug halten. Die Postkutsche verbindet die kleinen Orte miteinander. Die Reisenden halten nach Indianern und Halunken Ausschau. Kein leichtes Reisen, aber mit überschaubaren Risiken: Bis eine Bande die Grenzen der Normalität sprengt und zu einer großen Bedrohung wird, die zwangsläufig gestoppt werden muss: Die Wilden.
Diese Wilden, die eben keine Indianer sind, sind ehemalige Sträflinge. Sie haben nichts zu verlieren und gehören zur wilden Vergangenheit von Red Dust. Interessant ist, wie Greg die Geschichte aufbaut. Die Halsabschneider sind ein zusammengewürfelter Haufen, sehr brutal, fast schon wahnsinnig zu nennen. Die Cheyenne, die den Überfall zu Beginn beobachten, schreiten nicht ein. Sie hätten den Verbrechern mit ihren Jagdwaffen auch nichts entgegenzusetzen. Dennoch raffen sie sich dazu auf, in der nahegelegenen Ortschaft den Sheriff zu warnen.
Aus dem Blickwinkel der Indianer betrachtet, die natürlich kurzzeitig selbst der Untaten verdächtigt werden, ist die Sache zwar eine ernste Angelegenheit, aber auch eine, die sie beobachten, von der Ferne, weil es sie nichts angeht und sie auch nichts mehr damit zu tun haben wollen. Für die Cheyenne, Greg zeigt das sehr schön, ist das Zusammenleben mit den Weißen eine Koexistenz. Weder friedlich, noch besonders freundlich. Man weiß, dass der andere da ist. Das reicht.
Nach diesem Einstieg verlässt Greg die leicht kritischen Klänge und inszeniert einen Western klassischer Machart, indem er seinen Helden Red Dust einmal mehr bis an das Ende seiner Kräfte gehen lässt. Zur Hälfte des Bandes löst sich Dust von der Gruppe, um sich des Problems allein anzunehmen. Michel Rouge, der Nachfolger von Hermann als Zeichner, kann spätestens hier zeigen, was er kann. Hermann hat die Serie nachweislich geprägt, durch seinen alten wie auch seinen neuen Zeichenstil. Rouge versucht gar nicht erst, ihn zu kopieren, muss das auch nicht, da seine realistischen Zeichnungen ausdrucksstark sind und er sich auf einen guten Blickwinkel versteht.
Will man Vergleiche ziehen, so arbeitet Rouge stilistisch ähnlich wie ein früher Giraud (Blueberry), etwas exakter vielleicht, in die Richtung eines Blanc-Dumont (Blueberry), aber weitaus weniger statuenhaft wirkend. Generell sind die Bilder sehr groß wirkend, obwohl Rouge auch durchschnittlich fünf bis sieben Bilder pro Seite platziert. Sorgfältig gewählte Ansichtsausschnitte sorgen für den locker aussehenden Seitenaufbau.
Ein Cowboy ohne Hose: Gleich mit seinem Einstand kommt Michel Rouge die Umsetzung einer der ungewöhnlichsten Einsätze von Red Dust zu. Dust, leider in eine missliche Lage geraten, verliert neben seinen Colts auch seine Hose. Die Sequenz dieser hoch dramatischen Auseinandersetzung ist sehr gelungen und mitreißend in Szene gesetzt. Mit teils fettem Pinselstrich und einfacher Kolorierung entsteht eine dynamische Bildfolge.
Ein Zeichnerwechsel, leider, aber auch nicht zum Nachteil der Reihe. Michel Rouge zeichnet anders, doch schön, kraftvoll und sehr exakt. Das neue Team, Greg/Rouge, funktioniert. Ein routinierter, aber auch sehr spannender Western. 🙂
Comanche 11, Die Wilden: Bei Amazon bestellen
Mittwoch, 22. Juni 2011
Auf der Flucht vor Alkibiades: Die Freunde, die sich gegen die Organisation entschieden haben, versuchen dem Kessel zu entkommen. Die Festung des Daymio ist umzingelt. Selbst auf dem einzigen noch möglichen Ausweg lauern Soldaten. Ein Pfeilhagel geht auf die Fliehenden nieder. Ihre Beschützer wehren sich. Der Kampf verläuft leise, bis Heimlichkeit keine Rolle mehr spielt und die Musketen sprechen. Dann ist der Weg frei. Das gekaperte Schiff nimmt Fahrt auf, doch die Verfolger sind ihnen bereits auf der Spur. Ein erfolgreiches Entkommen scheint wohl doch nur eine Illusion gewesen zu sein.
Ein letztes Rennen: Die jungen Mitglieder der Korsaren der Alkibiades geben alle ihre Positionen preis. Wer hat aus freien Stücken angeheuert? Wer ist ein Agent einer feindlichen Organisation oder gar eines Staates? Wer beschattet die anderen? Neben der allgegenwärtigen Action, während derer die Helden um den halben Erdball gejagt wurden und auch selbst andere verfolgt haben, ist die Paranoia ein starker Bestandteil der Geschichte geworden. Zuletzt ließ sich kaum noch richtig sagen, wer hier wem eigentlich noch trauen kann und darf.
Denis-Pierre Filippi löst die Knoten auf. Im fernen Japan, vor exotischer und gleichzeitig historisch sehr interessanter Kulisse, treffen die gegnerischen Parteien aufeinander. Es ist ein Blick in die oberen Etagen der Kanonenbootdiplomatie, in der es eine Geheimorganisation wagt, nicht nur das britische Imperium, sondern auch gleich ihre in Nordamerika abgespaltene Kolonie herauszufordern. Filippi hat ein Szenario entworfen, in dem es eine weitaus fortgeschrittenere Technologie gibt, als zu jener Zeit der Historie tatsächlich vorhanden. Wie diese Geschichte angelegt ist, würde es zu keinem Zeitpunkt wundern, Kapitän Nemo auftauchen zu sehen. Aber auch ein viktorianischer Agent Mulder wäre denkbar.
Filippi mischt hier im abschließenden Band (des ersten) Zyklus gekonnt Fakten mit Fiktion. Technik trifft Phantastisches. Nachdem es sich bisher über und unter dem Wasser, sogar unter dem Eis, über und unter der Wüste geht es nun mit dem gleichen Ideenreichtum in die Lüfte. Wie könnte ein Luftkampf aussehen, durchaus inspiriert von Fiktionen wie Star Wars oder auch Realitäten wie der des Ersten Weltkriegs, hätte eine Entwicklung des Luftfahrzeuge etwas früher, etwas anders stattgefunden?
Die Optik ist ein entscheidender Faktor der fünfteiligen Reihe. Da die Geschichte sehr verschachtelt ist (man könnte meinen, eines von Filippis Vorbildern sei Chris Carter), ist ein konzentriertes Lesen erforderlich. Geduld, um bis zum Schluss durchzuhalten, um alle offenen Fragen zu klären, ist zwingend. Besagte Optik, von Eric Liberge, mit hoher Detaildichte versehen, weiß von band zu Band immer wieder zu überraschen. Liberge verwendet eine Technik, die an überarbeitete 3D-Modelle erinnert. Vergleiche mit anderen Veröffentlichungen von ihm zeigen jedoch, dass er diesen Effekt durch eine geschickte Kolorierung erreicht.
Die Vorzeichnungen fallen sehr fein und grazil aus. Die Striche sind dünn gesetzt und beschränken sich meist auf das Nötigste. Volumen erreicht Liberge durch spezielle Füllmuster wie zum Beispiel bei Stoffmustern. Fehlt es in Gesichtern, Mimiken an Individualität, werden durch Kolorierung und die Arbeit mit Texturen die Unterschiede herausgearbeitet. Insgesamt ist der Eindruck trotz manchmal statischer Gesichtszüge sehr lebendig. Die Bilder besitzen eine optische Tiefe, die einen filmischen Effekt zur Folge hat.
Dieser filmische Eindruck findet sich insbesondere in der Dramaturgie von Action-Szenen, generell in der Serie, speziell hier in der Luftschlacht, die auf rund einem Drittel des Bandes ein lang gestrecktes und imposantes Finale bildet. Gelungene Wechsel von Breitwandansichten und Nahaufnahmen sind die Einleitungen zu einem regelrechten Feuerwerk des Kampfes zwischen der geheimorganisation Alkibiades und seinen Feinden.
Ein höchst eindrucksvoller Abschluss der fünfteiligen Reihe um die verbrecherische Organisation Alkibiades. Die losen Ende werden miteinander verknüpft, der jeweilige Standpunkt der Charaktere klargestellt. Letztlich eine überaus gelungene Mischung aus Jules Verne und Akte X mit einer Prise James Bond. Mehr von diesem Team! 🙂
Die Korsaren der Alkibiades 5, Aletheia: Bei Amazon bestellen
Montag, 20. Juni 2011
In der Bar erkennen die Leute den Mann mit dem Vollbart nicht. Die Flucht hat sich gelohnt. In Paris kann Jim Morrison unerkannt herumlaufen, nachdenken und wieder zu sich selbst finden. Abseits der Kritiken lebt der echte Jim Morrison. Doch wer ist das? Morrison lässt sich treiben. Der nächste Tag interessiert nicht. Das neue Album der Doors, deren Frontmann er ist, erscheint und wird nicht sehr gut von der Kritik angenommen. Morrison ist müde. Die Kerze in seinem Inneren loderte schnell auf und brannte nieder. Innerhalb weniger Jahre wird der Sänger und Songschreiber zur Kultfigur. So laut er auf der Bühne ist, so wird er als Mensch immer stiller.
Poet des Chaos, ein chaotischer Poet: Jim Morrison. Die Doors sind eine musikalische Legende, dank Jim Morrison. Eine Künstlerseele zu erfassen, ist immer schwierig. Seien es Biographen, die sich einer solchen Figur annehmen. Oder seien es auch die Künstler selbst, die sich zu ihrem eigenen Schaffen äußern. Eines ist ihrem Leben aber häufig gemein: Ein gewisses Drama. Einige sind besonders provozierend. Sie leben drastisch und schnell. Sie vertreten radikale Ansichten. Und ganz wichtig, besonders für jene, die aus einer Flower Power Generation entstammen: Sie sterben jung.
All das trifft auch ein Stück weit auf Jim Morrison zu, dessen Leben hier portraitiert wird, so wie es die beiden Macher auch interpretieren. Frederic Bertocchini lässt Morrison selbst erzählen. Der Sänger, der Doors, inzwischen in seinem Exil in Paris angekommen, älter geworden, erinnert sich an Kindertage, Jugendzeit und den Beginn der Musikkarriere, die Aufregung, die tolle Zeit, aber auch an die Widerstände, die sie erfahren mussten. Bis das Blatt kippte und Morrison es war, der den anderen mitteilte, dass er die Doors verlassen wollte.
Das Merkwürdige an solchen Biographien ist häufig ihre Gewöhnlichkeit. Morrison kommt aus einer, wie es hier erscheint, normalen Familie ohne besondere Vorkommnisse. Aber irgendwie entwickelt sich ein Hang zum Morbiden. Der Tod übt eine ungeheure Faszination auf Morrison aus. Auch Erfahrung in Grenzbereichen durch Alkohol und Drogen kostet Morrison aus, teils gegen jede Warnung und nimmt so auch eine Überdosis in Kauf. Morrison hängt nicht am Leben, so viel wird sehr schnell klar. In schwarzweißen Bildern, mit dem Pinsel gemalt, reißt Jef Szenen und Eindrücke aus Morrisons Lebenslauf heraus.
Man mag eine gewissen Bewunderung zu Morrison aufbauen, wenigstens für die Art, wie er seinen Weg geht. Eine sympathische Figur ist er nicht. Er glaubt von sich, ein Künstler zu sein. Der Glaube an sich wächst. Als die Chancen kommen, sich vor Publikum auszudrücken, wächst das Korsett des Business mit. Der Poet wird erdrückt. Provokation wirkt bis zu einem gewissen Grad. Irgendwann ist die letzte Grenze überschritten, die Gunst des Publikums kippt. So geschehen bei seiner Interpretation des Oedipus-Mythos. Morrison passt sich an, flieht.
Wie gut oder wie schlecht Morrison in dem war, was er tat, kann diese Geschichte nicht zeigen. Denn Morrison war The Doors. Das ist Musik, die kein Bild einfangen kann. Und gerade seine gesungenen Interpretationen seiner Texte zeigen den wahren Poeten. Sprache und Text sind nicht automatisch gleich Ausdruck. Insofern geht hier ein Stück der Persönlichkeit verloren, die trotz der interessanten Erzählung nicht vermittelt werden kann. Ein Tipp kann hier nur lauten, für Nichtkenner das Minimum, sich parallel dazu wenigstens ein Hit-Sammlung der Doors anzuhören.
Interessant, fragmentarisch: Ein Künstlerleben. Parallelen zu anderen Künstlerbiographien existieren. Steil in die Höhe, der Zusammenbruch. Eine Interpretation der Figur Jim Morrison von Fans für Fans, eindrücklich schwarzweiß illustriert. 🙂
Jim Morrison, Poet des Chaos: Bei Amazon bestellen
Freitag, 17. Juni 2011
Das Schiff pflügt durch die Wellen. Besondere Vorkommnisse sind nicht zu erwarten. Ein Funkspruch durchbricht die Routine: Schiffbrüchige in Seenot. Die Seeleute ändern den Kurs. Sie kommen gerade rechtzeitig, wie es zuerst aussieht. Doch sehr schnell übernehmen die Geretteten das Kommando an Bord. Die außergewöhnliche Ladung, die in aller Heimlichkeit den Atlantik überqueren sollte, verschwindet. Lange Zeit nehmen die Verantwortliche an, das Schiff sei gesunken. Eine trügerische Schlussfolgerung!
In gefährlicher Mission unterwegs: Eine geheimnisvolle Organisation bedroht ganz Frankreich. Ganz Frankreich? Ja, in der Tat, nicht nur ein kleines Dorf an der Küste. Vielmehr steht sogar Paris im Mittelpunkt dieses Terroristenszenarios, das ganz so beginnt, als würde nicht Frankreich, sondern ein weiter nördlich gelegenes Empire bedroht. Immerhin sind es englische Jagdmaschinen, die sich als konkrete Bedrohung herausstellen. Jean-Michel Charlier stellt hier in einer Doppelfolge mit den Titeln Vampire kommen bei Nacht und Terror am Himmel ein Flugzeug in den Mittelpunkt, dessen Konzept ich nie so richtig in der Militärtechnik durchsetzen konnte: den Hawker Siddeley Harrier.
Ihre seltene Fähigkeit, nämlich der Senkrechtstart, stellt die französische Abwehr zunächst vor ein Rätsel. Als das erste Album des Abenteuers 1971 erschien, war dieser Flugzeugtyp immer noch eine Besonderheit bei Düsenstrahlflugzeugen (und ist es noch). Die Einbußen an Fähigkeiten gegenüber der französischen Jagdfliegerkonkurrenz, der Mirage, lässt Charlier anfangs außer Acht, da die Terroristen sich blindlings auf die Landefähigkeit ihres Flugzeugs verlassen. Wie ein Blofeld (Supergauner in der Filmreihe über den Superagenten James Bond) zieht hier der Vampir seine Fäden.
Seinen besonderen Reiz bezieht die Mischung aus Fliegerabenteuer und Agentenszenario aus der direkten, vor der Haustür liegenden Umgebung. Jedenfalls für französische Leser. Touristen, Cineasten, Googlisten werden die Faszination aber ebenfalls nachempfinden können, wenn Zeichner Jije die Kampfjets über das nächtliche Zentrum von Paris jagt, in Richtung Triumphbogen, und auf den Straßen das Chaos ausbricht. Hier ist ein Charlier am Werk, der ein Terrorszenario bis auf den Grund ausschöpft und teilweise das vorweg nimmt, was Jahrzehnte später zum Horror der westlichen Welt geworden ist, in welcher Flugzeugform auch immer.
Jije, inzwischen in seinem ganz eigenen Stil in der Serie unterwegs, ohne mehr den Beschränkungen seines Vorgängers Uderzo zu unterliegen, zeichnet kraftvoll, fett, wuchtig. Hier wird Jijes Überschwang sehr deutlich. In den Charakteren kann er sich nicht sehr austoben, denn ernste Helden geraten allgemein sehr eingeschränkt. Den gebrochenen Helden findet man hier nicht. Dafür aber den Komödianten in Form von Laverdure und diesen zeigt er auch in herrlichen Situationen, die im spannenden Doppelszenario aber deutlich geringer ausfallen als sonst.
In weitaus kleineren Abenteuern, mit mehr menschlicher Interaktion hat auch ein Laverdure die Möglichkeit, stärker ins Rampenlicht zu treten. In den hier abgedruckten Geschichten, die in den Pocket-Ausgaben des Magazins Pilote erschienen, können Tanguy und Laverdure zuerst mehr vom Alltag der Piloten zeigen (Der Saboteur). In der Geschichte Der Piratensender (ebenfalls ein Pocket-Abenteuer in mehreren Teilen) geht es schließlich wieder handfester und mit mehr Action zur Sache. Jijes Bilder, die in den Pocket-Ausgaben weniger Platz hatten und ein anderes Format berücksichtigen mussten, fallen in der Vergrößerung für die Albumversion deutlich luftiger aus als die echten Album-Geschichten.
Ein dichtes und düsteres Hauptabenteuer, einerseits mit einem Filmgauner, andererseits mit einer äußerst realistischen Bedrohung konstruiert. Zusammen mit den kleineren Geschichten im Vorfeld und im Anschluss eine gelungene Mischung. 🙂
Die Abenteuer von Tanguy und Laverdure 6 , Terror am Himmel: Bei Amazon bestellen
Der Mann, der kurz zuvor die Besucherplattform am Rande der Zone besucht hat, machte eigentlich nichts falsch. Doch er forderte die Wachen zu sehr heraus. Der Mann, der sich später Chronover nennen wird, ahnte nicht, dass dieses Verhalten ausreichen würde, um ihn zu internieren. Ihm gelingt die Flucht, mit der ein vollkommen neues Leben beginnt. Abseits der Zivilisation leben Menschen, die laut der herrschenden Doktrin nicht existieren dürften, da jedes Betreten der Verseuchten Zone mit dem Tod bestraft wird. Chronover entdeckt, dass die Macht der Herrschenden nicht so weit reicht. Allerdings wird sein Aufenthalt in dieser Wüstenei dadurch nicht ungefährlicher.
Eine fremde, ungewöhnliche Welt, mit vielen faszinierenden Ideen angehäuft, mehr als nur endzeitlich. Fremde Welten sind entweder vollkommen anders als die uns bekannten Gebiete oder Autoren denken sich Mischformen aus. Andre Houot ersinnt mit Siebengestirn eine Welt mit einem phantastischen Einschlag, der an Die Sternenwanderer von Moebius und Der Wüstenplanet von Frank Herbert erinnert.
Ein Siebtel eines Planeten ist eine verbotene Zone. Und doch ist sie für viele Menschen auch ein Zufluchtsort vor einem gewalttätigen Regime. Lieber nehmen sie die Unbill dieses zerstörten Landes in Kauf, als sich der Willkür der Machthaber und grausamen Soldaten unterzuordnen. Der Weg in diese Zuflucht führt durch einen wenig einladenden Weg, durch Abwässer. Es ist ein Weg, der nur mit Hilfe zu bewältigen ist. So führt Andre Houot die ersten Weggefährten zusammen.
War dieser Weg eher eklig als phantastisch, wird die Welt dahinter eine Einöde, aus der die Vielfalt immer wieder hervorbricht. Ein Schiff liegt auf dem Trockenen der Wüste. Im Zusammenleben und im Einfallsreichtum der Gerätschaften und Konstruktionen entfaltet sich Andre Houot. Mit sehr feinem Strich, der in dieser gedruckten Endversion mit der Lupe gezeichnet zu sein scheint, gehört er zu den Zeichnern, die gerne viel stricheln, um schwache Schattenlinien anzudeuten. Einzelheiten, ringförmige Abstufungen, Fell, Haare, Gesteinsformationen werden so sanft in eine Form gedrückt. Eine ähnliche Technik findet sich beim späteren Hermann (Zeichner u.a. von Comanche) oder auch Michel Blanc-Dumont (Zeichner u.a. von Colby).
Surreal: Bereits das Titelbild gibt einen Blick auf die zuweilen bizarren Einfälle, die aber nicht weniger interessant sind und auf die man sich als Leser schnell und gerne einlässt. In der dreigeteilten Geschichte (zu umschreiben mit Flucht, Eingewöhnung, Schicksalsfindung) lässt das letzte Drittel Erinnerungen an frühere Science Fiction der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts aufkommen. Ein wenig Luc Orient, eine Spur Barbarella. Man ist in der Fremdartigkeit angekommen, aber zuweilen doch nur auf halbem Wege. Auch schwingt in der Erzählung der Hauch alter Rittergeschichten mit. Prinzessin verliebt sich in geheimnisvollen und mutigen Fremden. Vom Söller herab erblickt sie ihn zum ersten Mal und ist sogleich fasziniert. So ungefähr jedenfalls.
Die Farben, durch Jocelyne Charrance aufgetragen, wirken zart, wie Aquarell teilweise ineinanderfließend. Charrance entwirft einen Welteneindruck, der bunt, aber nicht grell ist. Später in der verbotenen Zone ist der Himmel unirdisch. Die Farben wirken an die Realität angelehnt, doch das Blau ist etwas grünlicher, das Rot ist etwas gelblicher oder blasser. Der Gesamteindruck ist passend, atmosphärisch, im wahrsten Sinne des Wortes.
Ungewöhnlich: Andre Houot geht einen eigenen Weg, bringt viele neue Ideen ein und kreiert eine Welt, die fasziniert, weil sie so anders ist und fast schon beiläufig vor den Augen des Lesers entsteht. Spannende Science-Fiction-Fantasy, sehr schön illustriert. 🙂
Siebengestirn 1, Die gelbe Zone: Bei Amazon bestellen
Mittwoch, 15. Juni 2011
Es soll Menschen geben (und Minimenschen sind nicht davon ausgenommen), die müssen immer und immer wieder ihre Kräfte messen. Es mag sogar so weit gehen, dass ein längst vergessen geglaubtes Kräftemessen nach Jahrzehnten wieder aufflammt. Als eines Tages eine englische Spitfire und eine deutsche Messerschmidt, beides Jagdflugzeuge aus dem Zweiten Weltkrieg, am Himmel auftauchen, im Miniformat, aber in waghalsigen Flugmanövern dahin rasend, macht sich Renaud, einer der führenden Bewohner von Eslapion 2, der Heimstatt der Minimenschen, auf den Weg, um das Rätsel um diese Flugzeuge zu lösen. Leider bleibt es nicht nur bei Jagdflugzeugen. Riesenhafte Insekten sorgen für zusätzliche Verwirrung und sind weitaus bedrohlicher als die unbekannten Fliegerasse.
Viel mehr Hilfe braucht ein kleines Kind, das seine Eltern verloren hat. Ein Baby in Eslapion? In normaler Größe? Neben einem Minimenschen wirkt ein solcher Säugling wie ein Schulbus und verbreitet auch nicht weniger Aufregung als seine Insassen. Das ist Aufregung, die für die Kleinen nur schwer zu verkraften und noch schwieriger zu meistern ist. Sehr bald eskaliert die Situation. Madeleine, die sehr gut mit dem Riesenbaby umzugehen versteht, will das Kind nicht mehr gehen lassen.
Der 11. Band der gesammelten Werke um die Minimenschen von Pierre Seron zeigt eine abenteuerliche Brandbreite, die von Erde schließlich in den Weltraum führt. Sind es zunächst alte Fliegerasse, die für Wirbel sorgen, sorgt Seron für einen gehörigen Kontrast im nächsten Abenteuer, als er mit Baby Tango eben dieses in den Mittelpunkt der Handlung stellte. Doch zuvor kann Seron noch einmal seine Leidenschaft für alte Fluggeräte unter Beweis stellen. Die kleinen Fugzeuge, die hier zu Beginn für ferngesteuerte Modelle gehalten werden, absolvieren Kapriolen an den unmöglichsten Orten. Einfallsreichtum, Serons großes Talent, sorgt so für eine Achterbahnfahrt. Die Grenze ist hier nicht der Himmel, allenfalls der nächste Strommast, der den beiden Luftrowdies nur als Hindernis bei ihren Luftrennen dient.
Eigentlich hätte er mit diesem Thema bereits das gesamt Album bestreiten können, aber Seron mischt noch eine phantastische Komponente unter. Ist die Jagd der beiden Fliegerasse fast eine ernste Angelegenheit (in ihrer Art und Verbissenheit an Tollkühne Flieger erinnernd), wird die Bekämpfung der müde dahin schlurfenden Gottesanbeterinnen im japanischen Monsterformat eine völlig komödiantische Sache und eine Hommage an den japanischen Monsterhorrorkintopp. Hingegen könnte die heimliche Überschrift des zweiten Abenteuers lauten: Viele kleine Männer und ein Baby.
Anspielungen müssen im dritten Abenteuer mit dem vielsagenden Titel Tchakakahn mit der Lupe gesucht werden. Hier schöpft Seron aus dem Füllhorn seiner Fantasie. Es wird keine Absurdität gescheut, kein Klamauk abgelehnt. Erlaubt ist, was Spaß macht und es macht einen Höllenspaß. Sobald Seron den Weltraum mit seinen Minimenschen anstrebt, scheinen jegliche Regeln über Bord zu gehen. Die Figuren, die er den Minimenschen gegenüber stellt, verweigern sich in ihrer extremen Buntheit und Knuddeligkeit jedem Vergleich. Die Gegner der Minimenschen sind eine derart merkwürdige Zusammenstellung, die einem sicherlich im Traum begegnen würde, aber man aber niemals in einer Geschichte erwarten würde (nicht einmal in einem japanischen Monsterhorrorabenteuer). Herrlicher Humor!
Eine vollkommen gelungene Zusammenstellung von komödiantischen Abenteuern Serons. Wer hier nicht lacht oder wenigstens schmunzelt, dann stimmt etwas nicht. Die Minimenschen in Topform! 🙂
Die Maxiausgabe der Minimenschen 11: Bei Amazon bestellen
Montag, 13. Juni 2011
Mit diesen Feinden hat der befehlshabende Offizier nicht gerechnet. Mit diesen Verbündeten allerdings auch nicht. Die Wesen, die vor ihnen aufmarschieren, wirken teils vage menschlich, andere sehen wie überdimensionale Insekten aus. Keiner der Verteidiger macht sich Illusionen über den Fortgang der Ereignisse. Bisher waren diese Kreaturen niemals zu Verhandlungen aufgelegt. Auch waren sie nie bereit, eine Niederlage einzugestehen. Ein Kampf, der unausweichlich ist, endet erst mit ihrer totalen Vernichtung. Und so rüsten sich die menschlichen Soldaten an der Seite von Kriegermönchen, Schneemenschen und Drachen zur Schlacht.
Liz Sherman wurde entführt. Ihre Freunde von der Behörde wollen sie unbedingt retten. Hellboy ist weit weg. Längst finden die Kämpfe gegen die dunkle Mächte nicht mehr im Verborgenen statt. Seit die Froschplage Zeichen setzte, München dem Erdboden gleich gemacht wurde, ist die Arbeit der B.U.A.P. fast so etwas wie ein Kampf gegen Windmühlen geworden. Alle Bemühungen scheinen angesichts einer Übermacht und eines schier unentwirrbaren Rätsels rund um das Verschwinden von Liz sinnlos.
Mike Mignola und John Arcudi führen hier eine Geschichte ihrem langsamen Ende zu, die sehr, sehr lange aufgebaut wurde. Zwar lässt sich jedes Abenteuer durchaus unabhängig voneinander lesen, doch gibt es immer wieder mehr oder weniger starke Verflechtungen zu früheren Begebenheiten und Feinden. Selbst gestandene Fans müssen dazu schon einmal ordentlich in ihrem Gedächtnis kramen, um da den Faden nicht zu verlieren.
Feinde und alte Bekannte geben sich die Ehre. Einer der ungewöhnlichsten Helden, bisher nur am Rande aufgetaucht, hat einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen: Lobster Johnson. Er ist hier die geheimnisvolle Figur im Hintergrund. Seine Vergangenheit wird durchleuchtet, doch der Schleier lüftet sich immer noch nicht richtig. Allerdings wird klar: Lobster Johnson wird entscheidend für die Zukunft der B.U.A.P. (und der Welt) sein. Mignola und Arcudi belassen es nicht bei dieser Geheimniskrämerei, sondern entreißen auch andere Figuren ihrer Rätselhaftigkeit. Insgesamt stellen die beiden Autoren einmal mehr ihre lebhafte Phantasie unter Beweis.
Geheimnisse sind eine Seite des Hellboy-Universums. Action ist die andere Seite. Diese wird hier sehr ausgewogen vorgeführt. Eine Schlacht sondergleichen präsentiert sich breitwandtauglich, immer gut eingestreut und so gesetzt, dass die Spannungsschraube immer weiter angedreht wird. Guy Davis, auf seine Art ein Meister des skurrilen Entwurfs fährt nicht nur bereits bekannte Wesenheiten auf (die nichts von ihrer Faszination verloren haben), sondern kreiert auch neue Gestalten (auf der Seite der Guten), die in einem Kampf antreten, den der Mystery-Fan vielleicht eher aus den phantastischen Universen asiatischer Fantasy her gewöhnt ist (oder wenigstens gerade dort erwartet).
Vielfalt ist Trumpf. Bilder wie auch Handlung zeigen mehrere ineinander verwobene Handlungsstränge, die eine sehr akribische Vorbereitung deutlich machen. Es ist allein vom erzählerischen Standpunkt her bewundernswert, wie dicht der Aufbau der Charaktere erfolgt und (scheinbar) ganz nebenbei die Hölle ausbricht. So pendelt das 9. Abenteuer der B.U.A.P. mit dem Titel Die schwarze Göttin geschickt zwischen ruhigen, rätselhaften wie rätselknackenden Passagen und Szenen, in den Guy Davis zusammen mit dem Koloristen Dave Stewart ein leuchtendes Inferno entfacht.
Der grafische Stil mag skizzenhaft sein, ist aber reich an Details. Die Seiten wirken gefüllt, einfangend und es gelingt ihnen gerade hier in diesem Band eine Lovecraftsche Atmosphäre zu erzeugen, die durch die brillante Farbgebung von Stewart noch verstärkt wird.
Packend geschrieben, düster illustriert: Der 9. Band der Abenteuer um die ehemaligen Weggefährten Hellboys ist einer der besten der gesamten Reihe. Eine Vorkenntnis bisheriger Ereignisse ist hier nicht gerade Pflicht, aber wünschenswert. Mystery und Fantasy in einer tollen Kombination. 🙂
B.U.A.P. 9, Die schwarze Göttin: Bei Amazon bestellen