Der Auftragsmörder hat seinen Standort gut gewählt. Sein Vorhaben ist erledigt. Das Flugzeug mit der Zielperson stürzt ab. Abschließend muss nur noch die Leiche geborgen werden. Mit einem zornigen Wal hat der Mann nicht gerechnet. Von diesen Vorkommnissen weiß die kleine Gruppe von Jugendlichen und Kindern nichts, die sich an der Küste aufhalten und versuchen mehr schlecht als recht über die Runden zu kommen. Bei einem ihrer Tauchgänge entdecken sie am Rand einer unterseeischen Klippe das Wrack eines Flugzeugs. Die Leiche der jungen Frau, die sie vorfinden, scheint ein lohnenswerter Fund zu sein, der sich gut verkaufen lässt. An mögliche Schwierigkeiten denken sie nicht einmal.
Mit dem ersten Band der Reihe Golden City mit dem Untertitel Strandpiraten beginnt ein bereits abgeschlossener Zyklus, der perfekt zwischen Science Fiction und Thriller balanciert. Eine gigantische schwimmende Stadt, Golden City kreuzt auf den Weltmeeren, an Bord die finanzielle Elite des Planeten (vielleicht nicht alle, aber wer etwas auf sich hält, hat ein Domizil an Bord). Golden City ist ein Mythos, etwas, bei dem Beobachter, die sich niemals einen Aufenthalt an Bord leisten können, leuchtende Augen bekommen. Und wo Neider sind, ist auch Gefahr. Harrison Banks, nicht nur Präsident eines mächtigen Pharmakonzerns sondern auch Kopf von Golden City, gerät in eine sorgfältig eingefädelte Intrige.
Bild und Text ergänzen sich hier bestens. In dieser Reihe wird sehr viel Wert auf eine stimmige Welt gelegt einerseits, außerdem stützen Szenen, die scheinbar nebenher geschehen, die fortlaufende Handlung andererseits. Daniel Pecqueur hat eine Science Fiction Geschichte verfasst, die aufmerksam gelesen und angeschaut werden will. Dialog trägt die Handlung weiter, gibt Informationen, aber nicht weniger wichtig ist das, was vom Auge erfasst werden soll. So finden sich eine Reihe von Szenen, die keinerlei Text haben, noch benötigen.
Ein kunterbuntes SciFi-Action-Spektakel mit starken Charakteren. Die Reihe könnte in der Nische Euro-Manga einen Platz finden. Für sich allein gefasst, wäre das aber zu kurz gegriffen. Die technische Seite und die Anlage des Szenarios besitzt, obwohl in einer moderneren zeitlichen Schiene angesiedelt, beinahe den Charakter einer Geschichte von Jules Verne. So hat die schwimmende Stadt Golden City das Sagenhafte einer Nautilus, wie auch die Anlage der Grundhandlung durchaus klassisch im besten Sinne ist und seine Helden mit Ruhe aufbaut und zu Sympathieträgern macht.
Nicolas Malfin liefert mit seinen Zeichnungen die Grundlagenarbeit für eine Welt, die einen Niedergang bereits erfahren hat. Die Menschen haben sich an den Küsten niedergelassen. Das Leben konzentriert sich auf das Meer. Boote und Hafenansiedlungen bieten eine Mischung aus Waterworld und Mad Max (dem ersten der Reihe). Die Stimmung ist trotz ihrer kräftigen Buntheit unterschwellig düster, was nicht zuletzt an den Details liegt, die Malfin platziert: Riesige angriffslustige Krokodile und Wale. Kanalisationen als Verstecke. Leichenhandel. Spelunken. Dem gegenüber steht chromglänzende Pracht einer Golden City, Gegensätze, die auch die Handlung herausarbeitet. Die Optik ist insgesamt filmisch und mitreißend.
Auftakt einer sehr spannenden, sehr gut aufgebauten Thrillerhandlung, mit einer exzellent gestalteten Hintergrundwelt. Inzwischen ist dieser Zyklus abgeschlossen. SciFi-Fans, die Endzeitszenarien mögen, sollten einen Blick riskieren. 🙂
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