In der Dämmerung wollten die Männer kampieren. Da fallen Schüsse, nicht weit entfernt. Vielleicht ist sogar Kanonendonner zu hören. Ein Gewitter wäre den Männern lieber. Leider unterliegen sie keiner Täuschung. Sie folgen den Geräuschen und geraten mitten einen Kampf zwischen Soldaten und Navajos. Das weiße Halbblut, das die Mörder seiner Familie jagt, bittet die Navajos um Hilfe. Im Austausch weiß es vom kommenden Abzug der Blauröcke zu berichten, vorausgesetzt, es kann diesen eine wichtige Nachricht überbringen.
Die Jagd geht weiter: Der Kopfgeldjäger mit dem Spitznamen WANTED will und muss Geld verdienen. Einen Mann an seiner Seite zu haben, der gesucht wird, den er aber nicht einfängt, schadet nicht nur seinem Ruf, sondern auch ein Stück weit seinem Selbstwertgefühl, gibt er doch beständig vor, ein besonders harter Knochen zu sein. Simon Roca, der Autor dieses beinharten Westerns, der sich nicht auf die Altherrenepen eines John Wayne zurückzieht, sondern weiter in Richtung Wiegenlied vom Totschlag reitet, legt auch einen Helden vor, der in bester Manier eines Clint Eastwood sich dann doch nicht raushält.
Es ist die Zeit des Bürgerkriegs, in der die weißen Amerikaner nicht nur gegen sich selbst, Norden gegen Süden, kämpfen. Vielmehr nutzen nicht selten Halunken und Halsabschneider die Gelegenheit zur persönlichen Bereicherung. Wer tot ist, redet nicht mehr und braucht auch seine Habseligkeiten nicht mehr. Aber es ist auch die Zeit, in der Rache nicht nur ein Wort war und sich mancher Amerikaner diesem Gefühl verschrieb und jene jagte, die sein Leben zerstört oder geliebte Menschen umgebracht hatten. Simon Roca beschreibt diese Jagd ruhig. Der Jäger besticht durch enorme Geduld, kurz darauf auch durch Kaltblütigkeit.
Diese Kaltblütigkeit mag dem einen oder anderen Leser vielleicht aufstoßen, aber sie hält sich dennoch in Grenzen. Mehr noch als das Gezeigte spielt sich manches im Kopf des Lesers ab. Simon Roca erzählt, wie der Krieg in das Leben der Menschen eingreift, auch in den Rachefeldzug des Mannes, den WANTED nicht verhaften will. Es ist eine irrwitzige Welt, in der sich Navajos gegen Unionssoldaten verteidigen müssen, obwohl die Rebs, Konförderierte, längst an anderer Stelle zuschlagen und für dieses Scharmützel eigentlich überhaupt keine Zeit ist.
Texas ist der Schauplatz des Geschehens, unwirtlich, rau, trocken, heiß und mit unwirklichen Gesteinsformationen bedeckt. Es bildet den kargen Hintergrund der Bilder von Thierry Girod. Auf Schlachten und dörfliche Straßenszenen, überhaupt Szenen mit vielen Akteuren gleichzeitig versteht sich der Zeichner. Nahaufnahmen, wie der Western-Fan es spätestens seit der Dollar-Trilogie kennt, meistert Girod auch sehr gut. Aber in der mittleren Entfernung fehlen Details und der Strich wirkt mitunter unsicher.
Die Kameraeinstellungen, die Blickwinkel auf das Geschehen sind von der Leinwand oder dem Fernsehschirm her bekannt und gewohnt. Andere Blickwinkel, direkt aus dem Geschehen heraus, manchmal aus einer Bodenperspektive, dramatisieren die Handlung. Allerdings hätte man bei manchen Szenen gewünscht, Girod hätte sich mehr Platz dafür nehmen können, einzig, weil die Szenen gut getroffen und packend sind.
Ein gut erzählter Western von Simon Roca, gezeichnet von Thierry Girod, dessen Bilder vielleicht nicht jedem verwöhnten Western-Fan auf Anhieb gefallen, der aber rasant inszenierte Seiten zu gestalten weiß. 🙂
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