Die Antichristen haben das Gebäude umzingelt. Jeder für sich ist eine gewaltige Macht, ein unüberwindliches Hindernis. Yiu, von der Liebe zu ihrem Bruder angetrieben, wagt es dennoch. Durch die Hilfe ihres ehemaligen Freundes und jetzigen Konstruktes Daka kann sie die Reihen des Feindes durchbrechen. Im Gebäude wird es alles andere als einfacher. Wo das Inferno wütet, tun sich die Leichenfledderer an den Resten gütlich. Letzte Verteidigungslinien wollen Yiu aufhalten. Sie haben keine Chance.
Ji-A hat die Operation gut überstanden, doch nun steht er dem absolut Bösen gegenüber, angetreten, die Menschheit auszulöschen. Ein Kind, so rein und unschuldig wie dieses, ist das perfekte Ziel. In der siebten und letzten Folge dieses Zyklus über die Attentäterin Yiu naht das Ende für alle Beteiligten. Und für die Menschheit sowieso. Der Aktionsanteil, die Action, ist immer noch hoch, aber es menschelt auch sehr stark. Ein eindrucksvoller Abschied braucht auch starke Gefühle. Neben diesem Abschied von Yiu und ihrem kleinen Bruder Ji-A darf der Leser sich auch gleichzeitig von der ganzen Menschheit verabschieden, die bis zur letzten Sekunde noch glaubt, der Kelch würde an ihr vorübergehen. Aber wie das Dreiergespann der Comic-Macher im Titel verrät: Das ist die Apokalypse. Ohne Wenn und Aber.
Tehy und J.M. Vee zelebrieren eine Geschichte und ein Finale der Gegensätze. Die ehemalige religiöse Führungsschicht versucht einerseits einen letzten Rettungsversuch, während andere, die längst vom Untergang überzeugt sind, sich der Wollust hingeben. Auch hier: Ohne Wenn und Aber. Das Tier macht vor niemandem Halt. Das besitzt einen gewissen komischen Anteil mit einem herben Nachgeschmack. Auch hier steht ein Kind im Zentrum, dazu erzogen und verführt, der letzte Kirchenfürst zu sein, wie ein kindlicher Pharao, der gar nicht weiß, wie ihm geschieht.
Die Kämpfe in der siebten Episode schreien einmal mehr: TECHNO. Die beiden Zeichner Tehy und Guenet choreografieren wieder eine Action, die sich hinter den großen Szenen dieser Art aus der Kinoecke nicht zu verstecken braucht. Hier wird mit Feuer, Licht und Geschwindigkeit gearbeitet. Wenn das Tier seine Macht und Größe präsentiert kehrt kurz unbestimmbare Ruhe ein, ausgefüllt durch ein ganzseitiges Bild mit einer Kreatur, die Erinnerungen an Dr. Manhattan hervorruft. Es ist ein wenig ironisch aus dem gottgleichen Vorgänger einen Antichristen zu gestalten. Denn die Form hätte durchaus ganz anders ausfallen können.
Die letzten Stunden der bekannte Welt … Und was für welche! Bisher, in den ersten sechs Bänden wie auch in der ersten Hälfte des vorliegenden Bandes, schien es immer fraglich, wie die drei Comic-Macher den Vorgängerband toppen wollten. Es ist ihnen stets aufs Neue gelungen. So explodiert der Untergang hier geradezu vor den Augen, seitenfüllend, düster, eine wahre apokalyptische Darstellung, vergleichbar mit 2012. Und dann: Es findet ein Wechsel statt. Von der Oberfläche weit hinunter, von der Weite in die dunkle Enge, hin zu einem Zufluchtsort, der so nicht mehr zu erwarten gewesen ist. Der Funken Hoffnung fällt hier unwesentlich minimaler aus als in Virus, Das letzte Ufer oder vergleichbaren Endzeitfilmen.
In einer Zeit, in der die Untergangsvisionen in Roman und Film an Deutlichkeit und Drastigkeit wieder zugenommen haben, ist diese siebenteilige Reihe ein Mosaiksteinchen, aber eines mit ungeheurem Eigenpotential, wuchtig, bildgewaltig, ein optisches Zusammenspiel aus Techno und Heavy Metal. Sicherlich nicht jedermanns Sache, aber in seiner thematischen Nische eine der besten Veröffentlichungen der letzten Jahre. 🙂
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