Diese Arbeit müssen sich die beiden Freunde teilen: Pancho ist der Spur des seltsamen Papierfetzens gefolgt. Endlich hat er einen Namen, aber der Adressat ist nicht daheim. Pancho schwant das Schlimmste. So schnell er kann, macht er sich an die Verfolgung. Hier ist die Lösung sehr zügig bei der Hand. In anderen Fällen müssen Spring und Pancho mehr Geduld an den Tag legen und auch einer noch größeren Gefahr trotzen. Gelingt es ihnen so eben noch, eine Auseinandersetzung mit ursprünglich friedlichen Indianern zu verhindern, sind Gangster und Gauner weitaus schwieriger zur Räson zu bringen. Und nicht hinter jedem Sheriffstern steht auch ein Ehrenmann.
Nicht nur ein Sheriff braucht mal Hilfe. Auch ein U.S. Marshal kann einen guten Freund gebrauchen. Mit Pancho an seiner Seite hat Jerry Spring genau den richtigen Mann. Erfahren im Wilden Westen, nicht zimperlich, hartnäckig, mutig und treu. Jije schuf mit Jerry Spring und Pancho ein gegensätzliches wie auch sehr gut zueinander passendes Duo, die selbst, wenn sie getrennte Wege gehen, letztlich wieder in letzter Sekunde füreinander einstehen. Und das haben beide bitter nötig.
Vier Alben finden sich hier vereint. An Einzeltiteln sind das Der Pass der Indianer, Die Spur in den hohen Norden, Das Gold des alten Lender, Die Unglücksranch, Ermittlung in San Juan, Die drei Bärtigen von Sonoyta, Onkel Toms Testament. Ein zentrales Thema der hier versammelten Abenteuer ist die Habgier. Jemand hat etwas, ein anderer will es. Da wir uns im Wilden Westen befinden, ist ein Mittel, um es zu bekommen, der Colt, das Gewehr oder auch Pfeil und Bogen. Aber die Gauner von Jije treten nicht immer offen zutage. Sie tarnen sich, haben auch nicht die berühmte Verbrechervisage. Manchmal erinnern sie sogar eher an einen smarten Rhett Butler.
Jerry Spring weiß sich seiner Haut zwar zu wehren, aber er ist viel mehr auf sein Köpfchen angewiesen als auf seinen Colt. Geduld erweist sich mitunter als elementar. Fallen zu stellen, ist häufig nötig. Der U.S. Marshal Spring bewegt sich balancierend zwischen Westmann und Polizist. Aufrecht, sorgfältig und keiner Situation ausweichend. Manchmal wird er gerufen, manchmal aber auch schlittert er durch puren Zufall in eine Situation hinein. Und obwohl er eigentlich ganz woanders hin will (zu einer eigenen Farm in Kalifornien, nicht nach Australien wie einst James Garner).
In reiner Schwarzweißgestaltung wird der Wilde Westen lebendig. Jije lässt zu Beginn die Utah Opfer einer Intrige werden, die beinahe einen kleinen Krieg auslöst. Die Szenen im Indianerdorf, Angriffe, Figuren zu Fuß und zu Pferd werden von Jije mit großer Lebendigkeit gezeichnet. Die Tusche, so scheint es, hat für Jije mitgearbeitet. Exaktheit und scheinbare Zufälligkeit liegen nahe beieinander. Die Bilder fallen sehr kräftig aus, einzig könnte beanstandet werden, dass Jije sich auch öfter mehr Platz hätte gönnen können. Seine Szenen sind ein Augenschmaus für jeden Comic-Interessierten, wenn sie in eher seltenen Momenten eine zweidrittelgroße Seite einnehmen.
Ansonsten begnügt sich Jije mit klassischen drei Zeilen pro Seite mit maximal neun Bildern. Es ist sehenswert, wie Jije mit dem Platz auskommt, wie er selbst in der kleinsten Aufteilung noch den richtigen Blickwinkel findet. Das ist schnell voranschreitend und legt auf Hintergründe nicht wahnsinnig viel wert. Jije erzählt Geschichten, wie es der Western von Gestern, schnell, unterhaltsam, spannend. Wechselnde Handlungsorte, wie das Indianerreservat, Schneelandschaft, Ranches, Siedlungen in verschiedenen architektonischen Ausprägungen (mexikanisch, amerikanisch) verändern die Atmosphäre. So entstehen entweder klassische Szenarien mit Kino-Flair oder die Colts rauchen in Nahaufnahme.
Für den Western-Fan ist von jeder Zutat etwas dabei: Die Geschichten steigern sich von Abenteuer zu Abenteuer, bis Jije hier mit den drei Bärtigen die dichteste Episode des vorliegenden Sammelbandes vorlegt. Beste Western-Unterhaltung. 🙂
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